Dpi bericht 2011
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3.2 Podiumsgespräche<br />
Steuermann in stürmischer See<br />
Die Ziele der polnischen EU-Ratspräsidentschaft<br />
XIV. DeutschPolnisches Podiumsgespräch<br />
am 29. November <strong>2011</strong> in Darmstadt<br />
Am 29. November <strong>2011</strong> fand in der IHK Darmstadt das<br />
XIV. DeutschPolnische Podiumsgespräch statt, das<br />
einer Zwischenbilanz der polnischen EURats präsi dentschaft<br />
gewidmet war. Auf dem Podium saßen der polnische<br />
Botschafter Marek Prawda, Hessens Euro paminister<br />
JörgUwe Hahn und der FAZWirtschaftsexperte<br />
Sven Astheimer. Das Gespräch moderierte Dieter Bingen,<br />
Direktor des Deutschen PolenInstituts, das gemeinsam<br />
mit dem Hessischen Ministerium der Justiz, für Integration<br />
und Europa Veranstalter des Abends war.<br />
In seinem Eingangsstatement betonte Marek Prawda<br />
die Bereitschaft Polens, sich als Vollmitglied der EU in<br />
besonderem Maße für die Lösung der Eurokrise einzusetzen.<br />
Die polnische EURatspräsidentschaft, die am<br />
1. Juli <strong>2011</strong> begann, hatte eigene Akzente auf die<br />
Agenda (Wachstum, Sicherheit, Binnenmarkt, Öst liche<br />
Partnerschaft u. a.) setzen wollen, angesichts der dramatischen<br />
Staatsschulden und Finanzkrise in der<br />
Eurozone stand aber faktisch das Krisenmanagement<br />
im Zentrum der Aktivitäten, an denen Polen als Nicht<br />
Mitglied der Eurozone nicht zentral beteiligt war.<br />
Ähnlich wie Staatsminister Hahn beurteilte Prawda<br />
diese Krise nicht als Währungs, sondern als Vertrauenskrise.<br />
Polen beabsichtige, so schnell wie möglich<br />
der EuroZone beizutreten, die Erfüllung der Euro<br />
Kriterien sei das erklärte Ziel der in den Parlamentswahlen<br />
(7.10.<strong>2011</strong>) bestätigten Regierungsparteien PO und<br />
PSL. Polen – und vor allem die erfolgreiche polnische<br />
Wirtschaft – glaubt an den Euro, so Prawda.<br />
28<br />
Der Botschafter unterstrich, dass sich die Zustimmung<br />
der polnischen Bevölkerung zur europäischen<br />
Integration seit Jahren auf einem stabilen hohen Niveau<br />
bewege und dass antieuropäische Parolen nicht mehrheitsfähig<br />
seien: Das belegen die letzten Wahlen, bei<br />
denen europaskeptische Parteien in Polen eine Niederlage<br />
erlitten. Die Polen sind sich der vielen Vorteile<br />
bewusst, die ihnen der EUBeitritt brachte, und sie sind<br />
bereit, auch in schwierigen Zeiten, Verantwortung zu<br />
übernehmen. Ganz im Sinne der gegenwärtig diskutierten<br />
Lösungsansätze der Eurokrise zeigt die polnische<br />
Regierung den Willen zu sparen und das Haushaltsdefizit<br />
zu reduzieren. Bereits seit 1997 hat Polen übrigens eine<br />
Schuldenbremse in der Verfassung verankert, die dem<br />
Land Schulden von mehr als 60 % des BIP verbietet.<br />
Von daher war die polnische EURatspräsidentschaft<br />
auch entscheidend an den Regelungen des sogenannten<br />
»Sixpack« beteiligt, die u. a. automatische Sanktionen<br />
bei der Nichterfüllung von fiskalischen Zielvorgaben<br />
vorsehen. Bei der Diskussion um eine Fiskalunion<br />
plädiert Prawda für eine offensivere Dis kussion,<br />
die sich von der Figur der EU als »Notgemeinschaft«<br />
löst, denn mit negativen Symbolen sei heute kein Staat<br />
zu machen. Die Legitimation muss sich wieder auf eine<br />
positive Narration berufen.<br />
So braucht Europa heute eine neue Legitimationsbasis.<br />
Die »Friedensrhetorik« hat sich nach Prawda abgenutzt,<br />
zumal Generationen am Steuer sitzen, die den<br />
Krieg längst nur noch aus Büchern kennen. Stattdessen<br />
sollte mehr der Begriff der Freiheit in den Vordergrund<br />
gestellt werden. Polen kann hier die Vorreiterrolle beanspruchen,<br />
denn die Erinnerung an die friedliche<br />
Revolution des Jahres 1989 ist dort in besonderer<br />
Weise lebendig. Dieser »Drang nach Freiheit« des polnischen<br />
Volkes hat das heutige Europa mit begründet<br />
und soll weiterhin auch Grundlage jeglicher europäischen<br />
Politik werden.