24.11.2012 Aufrufe

SUBWAY Mai 2009

SUBWAY Mai 2009

SUBWAY Mai 2009

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

FILMtIPPS<br />

Interview mit Francois ozon zu „ricky“<br />

»Ich spiele gern mit den<br />

Ängsten der Zuschauer«<br />

Francois Ozon<br />

spielt gern mit<br />

Baby-Puppen<br />

Er ist der Kino-Liebling der Grande Nation.<br />

Sein Kinodebüt „Sitcom“ durfte Francois<br />

Ozon ebenso wie „Swimming Pool“ in Cannes<br />

präsentieren, auf der Berlinale zeigte er die<br />

Theaterverfilmung „Tropfen auf heiße Steine“,<br />

das Lustspiel „8 Frauen“, das Kostümdrama<br />

„Angel“ und zuletzt „Ricky“, die wundersame<br />

Geschichte eines fliegenden Babys. <strong>SUBWAY</strong><br />

unterhielt sich mit dem 41-jährigen Regisseur.<br />

Von Melodram über Krimi zum<br />

Kostümfilm und nun zu Fantasy –<br />

wie kommt es zu diesen extremen<br />

Schwankungen?<br />

Ich bin ja selbst ebenfalls ex-<br />

trem. Nach „Die Zeit die<br />

bleibt“, der sehr simpel und<br />

pur war, hatte ich einfach<br />

Lust auf ein aufwändigeres<br />

Projekt. Bei jedem Film möchte<br />

ich etwas Neues erleben und<br />

das Gefühl haben, dass ich etwas<br />

ganz anderes ausprobiere.<br />

Ohne diese Lust auf das Neue<br />

würde mir der Antrieb für das<br />

Filmemachen völlig fehlen.<br />

Was sagen Sie Leuten, die eine<br />

erkennbare Handschrift in Ihren<br />

Filmen vermissen?<br />

Das ist mir egal. Solange ich<br />

mich selbst im Film wiederfinde,<br />

genügt mir das. Wenn mich<br />

andere in meinen Filmen nicht<br />

erkennen, stört mir das nicht<br />

besonders. Ich möchte lieber<br />

überraschen als mich zu wie-<br />

derholen. Wenn die Zuschauer<br />

wissen, wohin die Reise geht,<br />

wird es doch langweilig.<br />

Was fesselt Sie an dieser Geschichte<br />

über ein fliegendes Baby?<br />

Mich interessiert das Thema<br />

Familie, davon hat schon einer<br />

meiner ersten Filme „Sitcom“<br />

gehandelt, in dem eine große<br />

Ratte plötzlich alle Beziehungen<br />

durcheinanderbringt.<br />

Diese Funktion übernimmt<br />

hier das ungewöhnliche Baby:<br />

Zum ersten Mal in ihrem Leben<br />

besucht diese ungebildete<br />

Mutter eine Bibliothek. Sie<br />

ist glücklich mit ihrer älteren<br />

Tochter. Und sie entdeckt,<br />

dass sie keine Männer mehr<br />

nötig hat, auch nicht den Vater<br />

des Kindes.<br />

Ein unschuldiges Gesicht und dazu<br />

noch Flügel – wie viel Engel steckt<br />

in Baby Ricky?<br />

Wir wollten dieses Image so<br />

gut wie möglich vermeiden.<br />

Zu Beginn sehen diese kleinen<br />

Flügel aus wie bei einem<br />

Hühnchen. Die Farbe der Flügel<br />

ist bewusst nicht weiß, sondern<br />

braun, bisweilen blutverklebt.<br />

Ihr späteres Wachstum<br />

sollte an Horrorfilme wie „Die<br />

Fliege“ von David Cronenberg<br />

erinnern. Das Bild eines<br />

Engels entsteht erst am Ende,<br />

wenn man es mit der Mutter in<br />

dem kleinen See sieht. Manche<br />

vergleichen diese Szene mit<br />

der Jungfrau Maria – aber das<br />

überlasse ich ganz der Interpretation<br />

der Zuschauer.<br />

Darf man überhaupt verraten,<br />

dass Ihrem Baby Flügel wachsen?<br />

Wir hatten lange Diskussionen,<br />

wie viel wir von dem<br />

Film vorab verraten können.<br />

<strong>Mai</strong> <strong>2009</strong><br />

Es gab einen Trailer, bei dem<br />

das Baby auf dem Schrank<br />

sitzt – darauf reagierten alle<br />

schockiert und dachten, es<br />

wäre ein Horrorfilm. Deshalb<br />

einigten wir uns darauf, dass<br />

wir ein wenig von den Flügeln<br />

des Babys zeigen und damit<br />

ein bisschen vom Geheimnis<br />

preisgeben. Wenn es nach mir<br />

gegangen wäre, hätte ich überhaupt<br />

nichts verraten – aber<br />

man muss ja die Zuschauer ins<br />

Kino locken.<br />

Wenn das Baby fast vom Schrank<br />

auf den Boden fällt, könnte man<br />

eine Stecknadel im Kino fallen hören<br />

– haben Sie da mit dem Kleinkind<br />

in Gefahr eines der letzten<br />

Tabus gefunden?<br />

Klar, ich bin ja ein Perverser<br />

(lacht)! Natürlich macht<br />

es Spaß, mit den Ängsten der<br />

Zuschauer zu spielen. Dazu<br />

eignen sich Säuglinge ausgezeichnet,<br />

schließlich findet sie<br />

jeder sehr süß und unschuldig.<br />

Dabei können Babys durchaus<br />

mächtig werden: Sie verschieben<br />

die Koordinaten in<br />

der Familie, verändern das<br />

Verhältnis der Ehepartner<br />

und können für Depressionen<br />

der Mütter sorgen. Über diese<br />

Thematik wollte ich sprechen.<br />

Deswegen wirkt unser Baby<br />

mit seinen Hühnerflügelchen<br />

am Anfang wie ein Monster –<br />

trotzdem wird es von der Mutter<br />

abgöttisch geliebt.<br />

Relativ überraschend für Sie ist<br />

der Stil im ersten Drittel, der an<br />

den Sozialrealismus des britischen<br />

Kinos erinnert …<br />

Die Vorlage, eine Kurzgeschichte,<br />

spielt in armen Verhältnissen,<br />

deswegen habe<br />

FOTOS: CONCORDE FILMVERLEIH GMBH

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!