SUBWAY Mai 2009

Cause I sez so HH✩✩✩
Warner Music
New York Dolls
High Heels, harte Drogen und
Rock‘n‘Roll. Die schrill gekleideten
New York Dolls, Anfang der 70er gegründet,
erlebten und erlitten alle erdenklichen
Klischees: Groupiegelage, Drogenabfahrten,
Todesfälle. Die zwei sichtlich zerstörten
Originalmitglieder Johansen und Sylvain sind
übriggeblieben und beschwören heute mit
drei Mitstreitern den einstigen Mythos herauf.
Altherren-Glam- und Boogie-Rock‘n‘Roll, der
ohne provokatives Outfit nur noch wie eine
traurige, nostalgische Fußnote der Musikgeschichte
wirkt.
NEUE MUSIK
Jugend Violencia HH✩✩✩
Bitzcore/FDI/Soulfood
Sixxxten
Hanseatische Bands strotzten
oft vor Selbstbewusstsein und
augenzwinkernder Großmäuligkeit. So auch
Sixxxten – mit Triple-X wie Vin Diesel. Gas
geben, losbrettern, rumrüpeln. Volle Pulle,
voll auf die Fresse. Rotz-Rock‘n‘Roll, der den
Gestank der Großstadtstraßen atmet und
von Elektro-Infusionen unter Strom gesetzt
wird. Die New Kids on the Rox mit Blut auf der
Motorradlederjacke, die man am Besten mit
viel Schnaps und Bier hören sollte.
My Maudlin Career HHHH✩
4AD/Beggars Group/Indigo
Camera Obscura
Woran erkennt man Menschen?
Klar, an ihrer Plattensammlung.
Die erzählt das ganze Leben. Das wissen auch
Camera Obscura, die das im Song „Swans“
sarkastisch fallen lassen. Ansonsten klingeln
die Glöckchen, jangeln die Gitarren, Melodien
und Melancholie flirren wie eine Frühlungsbrise
durch die Lüfte. Sängerin Tracyanne
Campbell klingt wie die ausgeschlafenere
Schwester von Hope Sandoval, der Mazzy-
Star-Stimme – von denen die Glasgower
Gruppe auch musikalisch eine Menge hat.
Violence is golden HHH✩✩
Unter Schafen Records/Alive
Scanners
Der NME sabbelt was von Motörhead
bumst mit Sonic Youth –
Bullshit. Dafür sind Scanners nicht böse und
kaputt genug, nicht verkopft und verkunstet
genug. Dafür fabriziert der Londoner Girl/
Boy-Vierer aber feinsten 90er-Indie-Rock
und Pop mit 80er-Wave-Verweisen, der von
Streichern, Synthies und Gitarren vorangetrieben
wird. Und über all dem schwebt die
abgründige Sex-Stimme von Sängerin Sarah.
50 KLANGWELT mai 2009
Art Brut beschwören den Punk-Satan
Geweckt von Jarvis Cocker
mit vertrackten grooves und
schrägen texten haben sich
die Brit-Wave-Rocker art Brut
innerhalb weniger Jahre stetig
nach oben gespielt. sUBWaY
traf mastermind Eddie argos.
Es ist ein sonniger morgen im märz
und wir sind mit dem art Brutsänger
und Fulltime-nerd Eddie
argos in einem Hotel im Hamburger
stadtteil st. georg verabredet. in blauen
Cordhosen, rotem Hemd mit weinroter
Krawatte und einem braunen Jackett
gekleidet poltert der sichtlich übermüdete
musiker die treppe herunter. „ich
hab‘ gestern nacht in sheffield aufgelegt
und war noch nicht einmal zu Hause. ich
hab‘ sogar noch meine Platten dabei“,
entschuldigt er seinen desolaten Zustand.
trotz allem plaudert er gut gelaunt über
das neue album „art Brut vs. satan“.
„Die aufnahmen waren super, wir haben
in den Usa aufgenommen und Frank
Black von den Pixies hat produziert. Er
hat uns alle in einen Raum geschickt und
alles live aufgenommen. Es sind super
Schräge Indie-Rock-Truppe mit
ganz speziellem Stil: Art Brut
H Ausfall HH Einstieg HHH Abfahrt HHHH Express HHHHH Abflug
Popsongs, die von einer Punkband gespielt
sind“, erzählt Eddie. Die texte sind
mal wieder vom Leben beeinflusst und
stets autobiographisch: „Die erste single
,alcoholics Unanimous‘ wollte ich eigentlich
über unseren Drummer schreiben,
denn er ist ständig unterwegs und macht
Party, aber plötzlich merkte ich, dass der
song doch eher über mich ist.“
in ihrer Heimat England ließ der Erfolg
etwas länger auf sich warten, weshalb
art Brut sehr oft in Deutschland sind.
„Hier hat man uns von anfang an ins
Herz geschlossen und umarmt, aber
mittlerweile gleicht sich unser Bekanntheitsgrad
auch in der Heimat an.“ nicht
zuletzt deshalb haben sie schon Bands
wie oasis supported und kennen auch
szenegrößen wie Ex-Pulp-Boss Jarvis
Cocker und mike skinner von the
streets. „aus irgendeinem grund hatte
ich irgendwann Jarvis‘ Handynummer
und habe ich gesimst. morgens wurde ich
vom Klingeln meines Handys geweckt.
als ich die sms las, konnte ich es nicht
glauben: sie kam von Jarvis und er
gratulierte mir zu unserem album. Das
war echt ein traum.“ svEn WEsCHnoWsKY
Termin 11.05.2009 Ort Kulturzentrum Faust (H)
Fotos: aRt BRUt, Una mas tRio