turniere - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.
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pferderecht<br />
Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />
ihres Zeichens Rechtsanwältin und Notarin,<br />
ist als Juristin spezialisiert auf Pferderecht.<br />
Seit 1995 bearbeitet Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />
Pferdesachen; vor allem seit der<br />
Schuldrechtsreform ist sie fast ausschließlich<br />
in diesem Bereich tätig und übernimmt bundesweit<br />
und international Fälle.<br />
Dass die Juristin Pferdehalter mit fachlicher<br />
Kompetenz beraten kann, ist kein Zufall: Von<br />
Kindesbeinen an bis heute ist sie aktive Reiterin<br />
– momentan bereitet sie zwei Araber<br />
auf internationale Distanzritte vor – und<br />
kann damit über 30 Jahre Pferdeerfahrung<br />
aufweisen. Seit 1990 betreibt sie eine Deckstation<br />
mit drei Hengsten der Rasse Mangalarga<br />
Marchador. Außerdem gehören ihr<br />
noch drei Araber, und bis vor kurzem auch<br />
ein Quarter Horse.<br />
Mit diesem Hintergrund ist klar, dass Susanne<br />
Güldenpfennig-Hinrichs im Sinne des<br />
Tierschutzgesetzes arbeitet und kein Pferd<br />
bei ihr als „Sache“ abgestempelt wird.<br />
Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />
auf einem Distanzritt<br />
Die Haftung bei Verletzung von<br />
Verkehrssicherungspfl ichten<br />
mit Beispielen aus der Praxis<br />
■ Was sind Verkehrssicherungspfl ichten?<br />
Wenn jemand eine Gefahrenlage für Dritte<br />
schafft, oder in seinem Verantwortungsbereich<br />
eine Gefahrenlage andauern lässt, die mit einer<br />
Gefahr für Rechtsgüter von Dritten verbunden<br />
ist, obliegt ihm eine allgemeine Rechtspfl icht,<br />
die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen<br />
zu treffen, um eine Schädigung anderer<br />
möglichst zu verhindern.<br />
Beispiel:<br />
Ein Veranstalter veranstaltet ein Westernturnier<br />
und hat damit einen zusätzlichen Gefahrenkreis<br />
für eine mögliche Schädigung anderer eröffnet.<br />
Andererseits besteht kein allgemeines Gebot,<br />
andere vor Selbstgefährdung zu bewahren.<br />
■ Wer ist geschützt?<br />
Grundsätzlich sind die Personen geschützt, mit<br />
deren Gefährdung der Pfl ichtige üblicherweise<br />
rechnen muss. Nicht hingegen Personen, die<br />
sich unbefugt in den Gefahrenbereich begeben.<br />
Beispiel:<br />
Ein zehnjähriges Mädchen begab sich bei einem<br />
ländlichen Reitturnier auf den Abreiteplatz, der<br />
mit Holzlatten umzäunt war. Auf dem Abreiteplatz<br />
befand sich nahe dem Ausgang zum<br />
Springparcours eine Anzeigetafel, auf der die<br />
Startreihenfolge der Pferde eingesehen werden<br />
konnte. Dorthin begab sich das Kind, als ein<br />
dort entlang gerittenes Pferd scheute und das<br />
Kind mit dem Huf im Gesicht traf.<br />
Die Klägerin hat den veranstaltenden Verein<br />
u.a. wegen Verletzung der Verkehrssicherungspfl<br />
icht verklagt.<br />
Das Landgericht Osnabrück hat der Klage zunächst<br />
stattgegeben. In der Berufung ist jedoch<br />
das Oberlandesgericht Oldenburg zu dem Ergebnis<br />
gelangt, dass keine Ansprüche gegenüber<br />
dem Verein bestünden. Zur Begründung<br />
wird angeführt, dass ein Veranstalter von Reitveranstaltungen<br />
grundsätzlich verpfl ichtet sei,<br />
Maßnahmen zu ergreifen, die den Schutz der<br />
Zuschauer gewährleisten. Eine Gefahrenabwehr<br />
könne jedoch nur im Rahmen des Möglichen<br />
und Zumutbaren verlangt werden. Jedoch dürfen<br />
bei dem beklagten Verein, der ein ländliches<br />
Reitturnier veranstaltet hat, die Anforderungen<br />
nicht überspannt und verglichen werden mit<br />
dem Sicherheitsstandard bei großen, von Profi<br />
sportlern besuchten Reit<strong>turniere</strong>n. Die ländli-<br />
WESTERNREITER – Juli 2010<br />
chen Reit<strong>turniere</strong> werden überwiegend von Teilnehmern<br />
besucht, die den Reitsport als Hobby<br />
betreiben und vom Engagement der ehrenamtlichen<br />
Helfer leben. Die örtlichen und fi nanziellen<br />
Verhältnisse auf einem ländlichen Turnier sind<br />
nicht vergleichbar mit den großen Reit<strong>turniere</strong>n.<br />
Im vorliegenden Fall hat unstrittig eine Umzäunung<br />
des eigentlichen Springparcous und des<br />
Abreiteplatzes vorgelegen, so dass grundsätzlich<br />
ein unkontrolliertes Zusammentreffen von<br />
Zuschauern und Pferden vermieden wurde. Auch<br />
sei es nicht erforderlich gewesen, den Ausgang<br />
des Abreiteplatzes durch eine Schranke besonders<br />
zu sichern, da der Verein davon ausgehen<br />
konnte, das bei dem hauptsächlich aus Reitern<br />
und Vereinsmitgliedern zusammengesetzten<br />
Besucherkreis diesem bekannt sei, dass das<br />
Betreten eines Abreiteplatzes mit Gefahren verbunden<br />
sei.<br />
Auch sei unter dem Gesichtspunkt der Verletzung<br />
einer Verkehrssicherungspfl icht nicht zu<br />
beanstanden, dass die Anzeigetafel, auf der<br />
die Startzeiten bekannt gegeben wurden, auf<br />
dem Abreiteplatz in der Nähe zum Ausgang<br />
positioniert war. Die auf der Tafel angezeigte<br />
Startreihenfolge war nur für die startenden<br />
Reiter gedacht und nicht für die Zuschauer. Die<br />
Zuschauer wurden unstrittig über den Lautsprecher<br />
und durch Programmhefte über die Startreihenfolge<br />
informiert. Deshalb habe der Verein<br />
nicht damit rechnen müssen, dass durch die Anzeigetafel<br />
Zuschauer angelockt würden, die sich<br />
mit dem Betreten des Abreiteplatzes unnötig in<br />
Gefahr begeben.<br />
Fazit:<br />
Umfang und Inhalt der Verkehrssicherungspfl<br />
icht muss immer am Einzelfall überprüft<br />
werden. Im vorliegenden Fall hat zwar der Verein<br />
nicht gehaftet, jedoch der Halter des verursachenden<br />
Pferdes, der zu einer Zahlung von<br />
Schmerzensgeld verurteilt wurde.<br />
■ Wer übt die Verkehrssicherungspfl icht<br />
aus?<br />
Grundsätzlich der, in dessen Verantwortungsbereich<br />
die Gefahrenquelle liegt, wie z.B. der Veranstalter<br />
eines Turniers.<br />
Inhalt der Verkehrssicherungspfl icht:<br />
Eine Verkehrssicherungspfl icht, die jeden Unfall<br />
ausschließt, ist nicht erreichbar. Daher muss