24.11.2012 Aufrufe

turniere - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.

turniere - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.

turniere - Erste Westernreiter Union Deutschland e.V.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

12<br />

pferderecht<br />

Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />

ihres Zeichens Rechtsanwältin und Notarin,<br />

ist als Juristin spezialisiert auf Pferderecht.<br />

Seit 1995 bearbeitet Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />

Pferdesachen; vor allem seit der<br />

Schuldrechtsreform ist sie fast ausschließlich<br />

in diesem Bereich tätig und übernimmt bundesweit<br />

und international Fälle.<br />

Dass die Juristin Pferdehalter mit fachlicher<br />

Kompetenz beraten kann, ist kein Zufall: Von<br />

Kindesbeinen an bis heute ist sie aktive Reiterin<br />

– momentan bereitet sie zwei Araber<br />

auf internationale Distanzritte vor – und<br />

kann damit über 30 Jahre Pferdeerfahrung<br />

aufweisen. Seit 1990 betreibt sie eine Deckstation<br />

mit drei Hengsten der Rasse Mangalarga<br />

Marchador. Außerdem gehören ihr<br />

noch drei Araber, und bis vor kurzem auch<br />

ein Quarter Horse.<br />

Mit diesem Hintergrund ist klar, dass Susanne<br />

Güldenpfennig-Hinrichs im Sinne des<br />

Tierschutzgesetzes arbeitet und kein Pferd<br />

bei ihr als „Sache“ abgestempelt wird.<br />

Susanne Güldenpfennig-Hinrichs<br />

auf einem Distanzritt<br />

Die Haftung bei Verletzung von<br />

Verkehrssicherungspfl ichten<br />

mit Beispielen aus der Praxis<br />

■ Was sind Verkehrssicherungspfl ichten?<br />

Wenn jemand eine Gefahrenlage für Dritte<br />

schafft, oder in seinem Verantwortungsbereich<br />

eine Gefahrenlage andauern lässt, die mit einer<br />

Gefahr für Rechtsgüter von Dritten verbunden<br />

ist, obliegt ihm eine allgemeine Rechtspfl icht,<br />

die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen<br />

zu treffen, um eine Schädigung anderer<br />

möglichst zu verhindern.<br />

Beispiel:<br />

Ein Veranstalter veranstaltet ein Westernturnier<br />

und hat damit einen zusätzlichen Gefahrenkreis<br />

für eine mögliche Schädigung anderer eröffnet.<br />

Andererseits besteht kein allgemeines Gebot,<br />

andere vor Selbstgefährdung zu bewahren.<br />

■ Wer ist geschützt?<br />

Grundsätzlich sind die Personen geschützt, mit<br />

deren Gefährdung der Pfl ichtige üblicherweise<br />

rechnen muss. Nicht hingegen Personen, die<br />

sich unbefugt in den Gefahrenbereich begeben.<br />

Beispiel:<br />

Ein zehnjähriges Mädchen begab sich bei einem<br />

ländlichen Reitturnier auf den Abreiteplatz, der<br />

mit Holzlatten umzäunt war. Auf dem Abreiteplatz<br />

befand sich nahe dem Ausgang zum<br />

Springparcours eine Anzeigetafel, auf der die<br />

Startreihenfolge der Pferde eingesehen werden<br />

konnte. Dorthin begab sich das Kind, als ein<br />

dort entlang gerittenes Pferd scheute und das<br />

Kind mit dem Huf im Gesicht traf.<br />

Die Klägerin hat den veranstaltenden Verein<br />

u.a. wegen Verletzung der Verkehrssicherungspfl<br />

icht verklagt.<br />

Das Landgericht Osnabrück hat der Klage zunächst<br />

stattgegeben. In der Berufung ist jedoch<br />

das Oberlandesgericht Oldenburg zu dem Ergebnis<br />

gelangt, dass keine Ansprüche gegenüber<br />

dem Verein bestünden. Zur Begründung<br />

wird angeführt, dass ein Veranstalter von Reitveranstaltungen<br />

grundsätzlich verpfl ichtet sei,<br />

Maßnahmen zu ergreifen, die den Schutz der<br />

Zuschauer gewährleisten. Eine Gefahrenabwehr<br />

könne jedoch nur im Rahmen des Möglichen<br />

und Zumutbaren verlangt werden. Jedoch dürfen<br />

bei dem beklagten Verein, der ein ländliches<br />

Reitturnier veranstaltet hat, die Anforderungen<br />

nicht überspannt und verglichen werden mit<br />

dem Sicherheitsstandard bei großen, von Profi<br />

sportlern besuchten Reit<strong>turniere</strong>n. Die ländli-<br />

WESTERNREITER – Juli 2010<br />

chen Reit<strong>turniere</strong> werden überwiegend von Teilnehmern<br />

besucht, die den Reitsport als Hobby<br />

betreiben und vom Engagement der ehrenamtlichen<br />

Helfer leben. Die örtlichen und fi nanziellen<br />

Verhältnisse auf einem ländlichen Turnier sind<br />

nicht vergleichbar mit den großen Reit<strong>turniere</strong>n.<br />

Im vorliegenden Fall hat unstrittig eine Umzäunung<br />

des eigentlichen Springparcous und des<br />

Abreiteplatzes vorgelegen, so dass grundsätzlich<br />

ein unkontrolliertes Zusammentreffen von<br />

Zuschauern und Pferden vermieden wurde. Auch<br />

sei es nicht erforderlich gewesen, den Ausgang<br />

des Abreiteplatzes durch eine Schranke besonders<br />

zu sichern, da der Verein davon ausgehen<br />

konnte, das bei dem hauptsächlich aus Reitern<br />

und Vereinsmitgliedern zusammengesetzten<br />

Besucherkreis diesem bekannt sei, dass das<br />

Betreten eines Abreiteplatzes mit Gefahren verbunden<br />

sei.<br />

Auch sei unter dem Gesichtspunkt der Verletzung<br />

einer Verkehrssicherungspfl icht nicht zu<br />

beanstanden, dass die Anzeigetafel, auf der<br />

die Startzeiten bekannt gegeben wurden, auf<br />

dem Abreiteplatz in der Nähe zum Ausgang<br />

positioniert war. Die auf der Tafel angezeigte<br />

Startreihenfolge war nur für die startenden<br />

Reiter gedacht und nicht für die Zuschauer. Die<br />

Zuschauer wurden unstrittig über den Lautsprecher<br />

und durch Programmhefte über die Startreihenfolge<br />

informiert. Deshalb habe der Verein<br />

nicht damit rechnen müssen, dass durch die Anzeigetafel<br />

Zuschauer angelockt würden, die sich<br />

mit dem Betreten des Abreiteplatzes unnötig in<br />

Gefahr begeben.<br />

Fazit:<br />

Umfang und Inhalt der Verkehrssicherungspfl<br />

icht muss immer am Einzelfall überprüft<br />

werden. Im vorliegenden Fall hat zwar der Verein<br />

nicht gehaftet, jedoch der Halter des verursachenden<br />

Pferdes, der zu einer Zahlung von<br />

Schmerzensgeld verurteilt wurde.<br />

■ Wer übt die Verkehrssicherungspfl icht<br />

aus?<br />

Grundsätzlich der, in dessen Verantwortungsbereich<br />

die Gefahrenquelle liegt, wie z.B. der Veranstalter<br />

eines Turniers.<br />

Inhalt der Verkehrssicherungspfl icht:<br />

Eine Verkehrssicherungspfl icht, die jeden Unfall<br />

ausschließt, ist nicht erreichbar. Daher muss

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!