Bei so viel HD kommt man leicht ins FIBERn! - Wohnart
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IntErVIEW ■<br />
Die ersten <strong>so</strong>zialen Wohnbauten sind für die<br />
Mitarbeiter von Wienerberger entstanden.<br />
Wie hat sich das Produkt Ziegel in den letzten<br />
Jahren verändert?<br />
Heimo Scheuch: Es gab immer wieder große<br />
Technologiesprünge, wie zum <strong>Bei</strong>spiel vom<br />
Feldbrandofen in den Anfängen hin zu einem<br />
Ofen, in dem die Ziegel durchgeschoben und<br />
gebrannt wurden. Heute haben sich die Anforderungen<br />
in<strong>so</strong>fern geändert, als es darum geht,<br />
schneller und energieeffizienter zu bauen. Statik<br />
und Erdbebensicherheit spielen ebenfalls<br />
eine wichtige Rolle. Wenn Sie zum <strong>Bei</strong>spiel in<br />
erdbebengefährdeten Regionen bauen, dann<br />
kommen spezifische Erdbebenziegel zum E<strong>ins</strong>atz.<br />
Die haben eine andere Verzahnung und<br />
ein anderes Muster. Der Ziegel hat allgemein<br />
eine neue Entwicklung durchgemacht, im Bereich<br />
Dämmung und Bauzeit.<br />
Würden Sie diese Themen konkretisieren?<br />
Heimo Scheuch: Die neuesten Produkte<br />
sind Verfüllziegel, die eine Gesamtlösung für<br />
die Wand schaffen. Damit ist auch keine zusätzliche<br />
Dämmung mehr notwendig, da diese<br />
schon integriert ist. Durch unser DRYFIX-<br />
System, bei dem die Ziegel durch eine neue<br />
Technik verklebt werden, ersparen Sie sich<br />
noch dazu bis zu 40 Prozent Arbeitszeit. Die<br />
Arbeit wird auf diese Weise extrem er<strong>leicht</strong>ert,<br />
und nach einer kurzen E<strong>ins</strong>chulung könnten<br />
auch Sie und ich eine Mauer errichten. Zudem<br />
fällt der Mörtel weg, al<strong>so</strong> auch das Anrühren,<br />
und es gibt noch zahlreiche andere Vorteile.<br />
Hier haben Sie einen Ziegel, mit dem sie ein<br />
Aktivhaus bauen können.<br />
Wie darf <strong>man</strong> den Begriff Aktivhaus verstehen?<br />
Tendenziell ist doch momentan das Thema<br />
Passivhaus sehr präsent.<br />
Heimo Scheuch: Das Passivhaus war von der<br />
Entwicklung her der richtige Schritt bezüglich<br />
Energieeffizienz und Heizwärmebedarf.<br />
Aber ein Passivhaus braucht <strong>viel</strong> Energie für<br />
die Luftumwälzung und <strong>viel</strong> Technik. Außerdem<br />
muss <strong>man</strong> ein lebenswertes Umfeld schaffen.<br />
Die Häuser <strong>so</strong>llen in Zukunft einen Status<br />
erreichen, durch den sie mehr Energie produzieren,<br />
als sie verbrauchen. Ein Aktivhaus al<strong>so</strong>.<br />
Das Projekt „e4 ZIEGELHAUS 2020“ ist ja<br />
beispielgebend.<br />
Heimo Scheuch: Ja. Es geht mir darum, dass<br />
Wienerberger zeigt, dass es für eine junge Familie<br />
wirtschaftlich möglich ist, ein Haus zu<br />
bauen, das energetisch effizient ist.<br />
Wo wird das Haus errichtet?<br />
Heimo Scheuch: Das Haus wird in Zwettl errichtet,<br />
al<strong>so</strong> in einer klimatisch anspruchsvollen<br />
Gegend. Im Fokus des e4-ZIEGELHAUS-<br />
Konzepts steht eine ganzheitliche Gebäudebetrachtung,<br />
die vier Eigenschaften berücksichtigt:<br />
eine energieeffiziente massive Gebäudehülle<br />
aus Ziegeln, den E<strong>ins</strong>atz erneuerbarer<br />
Energieträger, erschwingliche Bau- und Energiekosten<br />
und eine einzigartige Lebensqualität.<br />
In Zwettl entsteht aber nur eines dieser<br />
Häuser – wir werden quer über Europa diese<br />
Haustypen errichten.<br />
In welchen Ländern?<br />
Heimo Scheuch: Es gibt auch in Belgien, den<br />
Niederlanden oder Frankreich Hausmodelle,<br />
bei denen wir unser Know-how eingebracht<br />
haben. Es geht uns aber vorrangig nicht darum,<br />
zu zeigen, dass es möglich ist, mehr Energie<br />
zu produzieren, <strong>so</strong>ndern auch die optimale<br />
Struktur zu finden, wie und wann <strong>man</strong> die<br />
Energie e<strong>ins</strong>etzt.<br />
Wie weit hat das noch mit dem Werkstoff Ziegel<br />
zu tun?<br />
Heimo Scheuch: Das Unternehmen Wienerberger<br />
hat sich in den letzten Jahren sehr verändert.<br />
Wir sind von einem produktion<strong>so</strong>rientierten<br />
Unternehmen zu einem lösung<strong>so</strong>rientierten<br />
Unternehmen geworden, das<br />
mehr die Lösungskompetenz in den Vordergrund<br />
rückt. Wir kombinieren verschiedene<br />
Produkte, wir arbeiten verstärkt mit anderen<br />
Unternehmen zusammen – zum <strong>Bei</strong>spiel im<br />
Bereich Heizungstechnik oder Lüftung – und<br />
entwerfen eine ganzheitliche Sicht des Gebäudes.<br />
Wir sind auch ein führender Anbieter von<br />
Wasser- und Rohrsystemen und von Dachziegeln.<br />
Die Gesamtheit macht die Autarkie des<br />
Wohnbaus aus. Das Robin<strong>so</strong>n-Cru<strong>so</strong>e-Thema<br />
ist ein teurer Spaß, und das <strong>so</strong>ll es nicht sein.<br />
Robin<strong>so</strong>n Cru<strong>so</strong>e?<br />
Heimo Scheuch: Wenn je<strong>man</strong>d komplett unabhängig<br />
leben will, <strong>so</strong> ist das möglich, aber<br />
es kann auch sehr teuer werden. Wichtig ist,<br />
dass die Leistbarkeit im Mittelpunkt steht, und<br />
das gilt für den gewerblichen Wohnbau mehr<br />
denn je. Mein erklärtes Ziel ist es, die Erfahrung,<br />
die wir im Einfamilienhaus haben, auch<br />
im mehrgeschossigen Wohnbau einzubringen<br />
und entsprechende Lösungen für energetisches<br />
Bauen zu schaffen. Speziell in Wien haben<br />
wir durch die neuen Produkte eine große<br />
Chance, diese Ideen zu realisieren. Aber es<br />
muss auch von Seiten der Baubranche ein Prozess<br />
stattfinden, damit <strong>man</strong> sich diesen Lösungen<br />
auch öffnet. Im Bauwesen hat <strong>man</strong> Gegebenheiten<br />
und Gewohnheiten, die eingefahren<br />
sind – und da muss <strong>man</strong> sich neuen Ideen einfach<br />
annähern.<br />
18 • <strong>Wohnart</strong> • 03/12<br />
Ihre E<strong>ins</strong>tellung zum Thema Wohnen?<br />
Heimo Scheuch: Wohnen ist ein Grundrecht.<br />
Aber es <strong>so</strong>ll nicht nur ein Recht bleiben, es muss<br />
auch für die Menschen die Möglichkeit geben,<br />
es zu leben. Jeder Mensch träumt von Geborgenheit,<br />
Sicherheit, einem angenehmen Umfeld,<br />
einem natürlichen Raumklima. Die Menschen<br />
leiden zunehmend an Allergien, haben<br />
Stress oder Burn-out-Symptome. Ich glaube,<br />
dass das sehr <strong>viel</strong> mit dem Wohnumfeld und<br />
dem Wohnklima zu tun hat und ein gesunder<br />
Wohnraum wichtig ist. Wir müssen sinnvoll für<br />
die Zukunft bauen. Wenn <strong>man</strong> sich die alten <strong>so</strong>zialen<br />
Wohnbauten anschaut, merkt <strong>man</strong>, dass<br />
die sehr sinnvoll gebaut sind, nicht zu hoch und<br />
mit sehr <strong>viel</strong> Grün, damit die Menschen auch<br />
hinausgehen können. Sie haben auch nicht <strong>so</strong><br />
eine hohe Verbauungsdichte.<br />
Aber Grund und Boden ist knapp …<br />
Heimo Scheuch: Ich weiß, dass Grund und<br />
Boden eine große Rolle spielen, aber <strong>man</strong> darf<br />
die Menschen nicht in Ghettos unterbringen,<br />
<strong>so</strong> wie in Paris oder London. Das hat große<br />
Auswirkungen auf die Gesellschaft, wie <strong>man</strong> ja<br />
sieht. Außerdem nutzen wir <strong>viel</strong> zu <strong>viel</strong> Platz<br />
für die Infrastruktur. Natürlich brauchen wir<br />
eine Infrastruktur, aber die Frage ist: Wie <strong>viel</strong>?<br />
Wienerberger hat heuer den Brick Award<br />
verliehen. Hatten Sie einen Favoriten?<br />
Heimo Scheuch: Es gibt <strong>viel</strong>e Projekte, die<br />
mich ansprechen, und es ist immer schwer, eines<br />
davon herauszunehmen. Jedes spricht für<br />
sich. Was mir aber persönlich am besten gefällt,<br />
ist die Möglichkeit, mit unserem Baustoff<br />
in allen möglichen Ausprägungen zu arbeiten.<br />
Waren die Projekte 2012 be<strong>so</strong>nders?<br />
Heimo Scheuch: 2012 konnte ich feststellen,<br />
wie harmonisch sich das Produkt Ziegel in die<br />
Landschaft einbettet. Das war auch ein grundsätzliches<br />
Thema der Architekten und der Jury.<br />
Wir nehmen etwas aus der Natur, nämlich<br />
den Ton für die Ziegel, und geben wieder etwas<br />
zurück. Das fügt sich in die Natur wieder<br />
ein und ist nicht losgelöst von ihr zu sehen.<br />
Das spiegelt auch den Zeitgeist wider,<br />
denn wir müssen mit der Natur behutsam umgehen.<br />
Bauen ist ja ein Eingriff in die Natur,<br />
und der hohe Anspruch des Bauens besteht<br />
darin, wie ich der Natur wieder etwas zurückgeben<br />
kann. Der Ziegel ist ein super Produkt,<br />
das <strong>man</strong> langfristig und nachhaltig verwenden<br />
kann. Er ist immer wieder verwertbar. Daher<br />
bin ich auch für die Zukunft optimistisch, da<br />
wir ein tolles Produkt haben und tolle Lösun-<br />
gen bieten, die im Trend der Zeit liegen und<br />
nachhaltig sind.<br />
Ein Blick in die Zukunft?<br />
Heimo Scheuch: Es ist derzeit sehr schwierig,<br />
drei Monate im Voraus zu planen. Sie müssen<br />
sich im Management immer mehr auf neue<br />
Entwicklungen und Einflüsse von außen e<strong>ins</strong>tellen.<br />
Wir können das Baugeschehen in Europa<br />
nicht beeinflussen, aber <strong>man</strong> kann eine<br />
Firma darauf vorbereiten – indem <strong>man</strong> sich<br />
des Bereiches Innovation mit einem starken<br />
Rückgrat annimmt und sich auf die Zukunft<br />
ausrichtet. Daher haben wir uns von einem<br />
produzierenden zu einem lösung<strong>so</strong>rientierten<br />
Unternehmen entwickelt. Das ist die große<br />
Entwicklung von Wienerberger durch die Restrukturierungsphase<br />
2009 und 2010. Heute<br />
sind wir eine Firma, die nicht jede Woche<br />
in der Zeitung steht, weil wir etwas zugekauft<br />
haben – wir arbeiten <strong>so</strong>lide an der Zukunft des<br />
Unternehmens und des Bauens. Es geht darum,<br />
welche Produktlösungen wir entwickeln<br />
können und uns damit auch stärker aufstellen,<br />
welche Problemlösungen wir anbieten können<br />
und welche Kompetenz wir im Bereich Bauen<br />
haben. Das ist, was im Mittelpunkt steht.<br />
Besten Dank für das Gespräch! ■<br />
03/12 • <strong>Wohnart</strong> • 19<br />
■ IntErVIEW<br />
Nachhaltig bauen: Als Wienerberger-CEO<br />
hat Dr. Heimo Scheuch den traditionellen<br />
Werkstoff Ziegel in ein innovatives Produkt<br />
verwandelt. Weltweit sind seine Ideen zum<br />
nachhaltigen Bauen gefragt. Das erklärte<br />
Ziel: ein Aktivhaus, welches mehr Energie<br />
produziert, als es verbraucht.<br />
■ zur Per<strong>so</strong>N<br />
In Kärnten geboren, lebte Heimo scheuch bis zu<br />
seinem 18. Lebensjahr in Mühldorf im Mölltal. Fürs<br />
Studium ging er 1985 nach Wien. Nach der juristischen<br />
Ausbildung an den Universitäten Wien und<br />
Paris <strong>so</strong>wie einem Studium an der WU Wien und der<br />
Ecole Supérieure de Commerce de Paris arbeitete er<br />
im Ausland. Drei Jahre war er als Finanz- und Wirtschaftsanwalt<br />
im Corporate-Finance- und Banking-<br />
Bereich bei Shook, Hardy & Bacon L.L.P., einer<br />
Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Mailand und London,<br />
tätig. 1996 kam er als Assis tent des Vorstands<br />
zur Wienerberger AG, wechselte 1997 in das Senior<br />
Management zu Terca Bricks in Belgien und wurde<br />
1999 ihr CEO. Seit Mai 2001 ist Dr. Heimo Scheuch<br />
Mitglied im Vorstand, und im August 2009 bestellte<br />
ihn der Aufsichtsrat zum Vorstandsvorsitzenden der<br />
Wienerberger AG. 1999 erlebte er den Aufstieg des<br />
Konzerns zum Global Player durch die Übernahme<br />
von General Shale in den USA. Seinem Wirken ist<br />
es zu verdanken, dass sich der Konzern restrukturierte<br />
– vom produzierenden zu einem „lösung<strong>so</strong>rientierten“<br />
Unternehmen. Der „leidenschaftliche<br />
Naturmensch“, wie er sich selbst einmal bezeichnete,<br />
Dieterich<br />
ist aber trotz aller Internationalität mit seiner Heimat<br />
Miguel<br />
Kärnten weiterhin stark verbunden. ©