Michael Badura - Zeit Kunstverlag
Michael Badura - Zeit Kunstverlag
Michael Badura - Zeit Kunstverlag
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Ausgabe 78<br />
Heft 8<br />
2. Quartal 2007<br />
B 26079<br />
Eine Edition der<br />
<strong>Zeit</strong>verlag Beteiligungs<br />
GmbH & Co. KG<br />
Künstler<br />
Kritisches Lexikon der<br />
Gegenwartskunst<br />
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
von Detlef Bluemler
1 Gedicht, 1984<br />
Mehrere Variationen, mit einem von M. <strong>Badura</strong> umprogrammierten<br />
Schreibmaschinen-Code, Nadeldrucke und C-prints<br />
zweiteilig, je 90 x 135 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
»Wer kann schon den glanzvollen Triumphzug der Menschheit bestreiten:<br />
geradeaus, und von Höhepunkt zu Höhepunkt. Die menschlichen<br />
Rohlinge, zunächst gnadenlos den Unbilden der Elemente sowie der<br />
eigenen, archaischen Unschuld ausgesetzt, stehen endlich auf dem<br />
eindrucksvollen Gipfel ihrer schöpferischen Vollmacht: in grenzenloser<br />
Autonomie und Leistungsvielfalt.<br />
Genial und überaus antizipationsfähig haben sich unsere Vorfahren<br />
kaum von den Tücken und Schwächen falscher Bescheidenheit abhalten<br />
lassen, indem sie sich immer edlere und anspruchsvollere Ziele<br />
abverlangten.<br />
Diogenes oder Franz von Assisi etwa, um nur zwei Spielformen<br />
gestrig-einfältiger Verirrungen zu nennen, hatten folgerichtigerweise<br />
keine nachhaltigen Wirkungen auf die Völker. Eher im Gegenteil.<br />
Denn welcher Staat und welche zivilisierte Gesellschaft kann sich<br />
schon die tierische Bedürfnislosigkeit nebst Naturunterwerfung<br />
leisten?!, wo unsere verfeinerte Wertegemeinschaft permanent fähig<br />
und willens ist, den produktiven Sinn ihres qualitativen Fortschritts bis<br />
in die letzten Fasern und Poren in materialisierte Masse umzusetzen.«<br />
Cover<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> in seinem Atelier im Januar 2007<br />
Aus: <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> Morgen ist heute (1984-2000)
Detlef Bluemler<br />
über <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong><br />
»Ja, Künstler nennt Ihr mich, weil ich nur künstele. Weil ich nur<br />
so tun soll als ob, weil ich nur so tun kann als ob. Ihr tut so, als<br />
ob Ihr meine Arbeit schätzt, weil Ihr glaubt, daß sie nichts mit<br />
den tatsächlichen Realitäten zu tun habe. So haltet Ihr mich hinter<br />
vorgehaltener Hand für einen lustig-bizarren Spinner. So soll<br />
ich sein: Ein Häufchen Seele, ein tanzendes Irrlicht, ein buntschillerndes<br />
Bläschen, ein weltfremder Tropf.«1<br />
So in etwa könnte <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> sich auch im Januar 2007<br />
geäußert haben, in seinem Haus im Bergischen Land am Rand<br />
von Wuppertal, wo er an der Universität Kunst gelehrt hat. Denn<br />
auch wenn diese Schimpftirade weit über 20 Jahre zurückliegt,<br />
so spiegelt sie nach wie vor sein Denken, sein Tun. Möglicherweise<br />
ließe der bald Siebzigjährige (2008) es heute etwas (alters)weiser<br />
angehen, doch inhaltlich hat sich nichts an dem<br />
geändert, worüber er 1984 gewettert hat: »Doch wehe, ich mische<br />
mich ein, in Eure Realitäten. Wehe, ich berühre die Gleichgültigkeit<br />
und die Solidarität der (Geld-)Macher und Sortierer,<br />
der Verwalter und Vollstrecker. [...] So habe ich zu bleiben: Ein<br />
manischer Schweber ohne Bodenhaftung, ein herumirrender<br />
Derwisch.«2<br />
Die fehlende Bodenhaftung hat man ihm in den 60er und 70er,<br />
aber auch noch in späteren Jahren vorgehalten. Und wenn das<br />
heutzutage nicht mehr so lautstark geschieht, dann dürfte es<br />
daran liegen, daß <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> keine Schlagzeilen mehr produziert,<br />
sondern abseits des Rummels arbeitet. Still, jedoch keineswegs<br />
›zurückgezogen‹, tut er das, was er immer tat und weiterhin<br />
tun wird: künstlerisch die Welt ergründen. Doch diese<br />
Welt ist nicht etwa eine andere als die unsere, schon gar kein<br />
Mikrokosmos, der eine künstlerische Erdachsenverschiebung<br />
erfahren hat. Sie ist allerdings auch nicht diejenige, die nach<br />
ökonomischen Wertungen aufgeteilt worden ist in erste, zweite<br />
und dritte und vierte Welt oder gar in Länder an Schwellen – zur<br />
Weltmarkt-Glückseligkeit. Die Freuden der globalisierten Ökonomie<br />
tragen nicht unbedingt zu <strong>Badura</strong>s Hochgefühl bei. Diesem<br />
Bodenständigen ist eher am Erhalt dessen gelegen, in dem<br />
wir leben, rubriziert vielleicht unter Ökologie; jenem Begriff, der<br />
vermutlich bald so plattgetreten sein wird wie der der Esoterik.3<br />
Ökologie bedeutete ursprünglich nichts anderes als die Lehre<br />
vom Haus-Halt(en).4<br />
Mit dieser Art des Haushaltens hat sich <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> von jeher<br />
beschäftigt. Und zwar lange, bevor so manch eine Vorfeld-<br />
Grüne oder ihr männliches Pendant das Wort Ökologie etymologisch<br />
bzw. präparlamentarisch überhaupt gehäkelt bekamen.<br />
Bereits 1964 entwickelte <strong>Badura</strong> ein ›ökologisches‹ Laboratorium,<br />
in dem künstlerisch ›forschend‹ eine ›Versuchsanordnung‹<br />
»›aller‹ puren Natursubstanzen und -verbindungen sowie ›aller‹<br />
denkbaren Vermischungen, Verschmutzungen, Vergiftungen<br />
Die Welt verstehen wollen –<br />
Vom Stempel zum Pixel<br />
durch chemische und widernatürliche Stoffe und Verbindungen«5<br />
angelegt wurde. Die Eingeweckte Welt wurde im Februar<br />
1967 erstmals in der Göttinger Galerie im Center gezeigt (Abb.<br />
10). Dazu schrieb <strong>Badura</strong> eine fiktive Reportage6, in der die bereits<br />
deutlich erkennbare, »unumkehrbare«7 Umweltzerstörung<br />
beschrieben war. 1967, das war das Jahr, als man in Paris, Berlin<br />
und anderswo sich anschickte, intensiver als zuvor das Jahr<br />
vorzubereiten, in dessen Folgezeit sich außerordentliche gesellschaftliche<br />
Veränderungen ergeben und das als das Geburtsjahr<br />
der 68er in die Annalen eingehen sollte. Die dem Rot der<br />
Außerparlamentarischen Opposition, bekannter unter dem Kürzel<br />
APO, nachfolgende Farbe Grün sollte als Hoffnungssymbol<br />
noch lange dem Poesiealbum vorbehalten sein. <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong><br />
hatte die Hoffnung allerdings bereits fahren lassen. Schon 1966<br />
war er ausgewandert:<br />
»Ich bin auf dem Mond geboren. Es ist nicht lange her, da verließen<br />
meine Vorfahren und mit ihnen viele andere Menschen<br />
die Erde, weil sie ihnen anfing unbewohnbar zu werden.<br />
Hier auf unserer Mond-Erde sind wir mittlerweile über alle existentiellen<br />
Schwierigkeiten hinweg, und es gibt für uns kaum<br />
noch Probleme – es sei denn, wir erfänden uns welche zum<br />
<strong>Zeit</strong>vertreib.«8<br />
Das Haus der deutsch-japanischen Familie <strong>Badura</strong> im Bergischen<br />
Land: Das Thema Natur bedarf keiner weiteren Erwähnung.<br />
Es ist sichtbar. Das 4.000 Quadratmeter große, terrassenförmig<br />
angelegte Hanggrundstück klärt auf: Hier wird alles<br />
zugelassen, durchaus auch eine gewisse ›Reglementierung‹ von<br />
Natur. Hier gehört jede Pflanze, jedes Tier, ob einheimisch oder<br />
eingewandert, zur zu verstehenden Welt.<br />
Es gilt jedoch, Mißverständnisse zu vermeiden. Durch dieses<br />
Haus schlurft niemand birkenstockartig. Es wird diskutiert, bisweilen<br />
gestritten. Es geht ebenfalls um tagesaktuelle Politik. <strong>Badura</strong><br />
empfindet sich vom Ansatz her »eigentlich« als Anarchist.<br />
Wenn auch alles andere als ein schwarz gewandteter Steinewerfer,<br />
sondern sehr vielmehr einer im ursprünglichen, im<br />
späten 18. Jahrhundert entstandenen Sinn des Begriffes: der<br />
herrschaftlosen, gleichberechtigten, aber immer gewaltfreien<br />
Gesellschaft.9 <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> wäre, lebte er nicht in der Jetztzeit,<br />
durchaus dem Umfeld eines Diderot, eines d'Alembert, eines<br />
Voltaire zuzuordnen, den französischen Enzyklopädisten,<br />
die sich Mitte des 18. Jahrhunderts der Aufklärung verschrieben<br />
hatten.10<br />
Diese Aufklärer haben quasi die Sprache der biblia pauperum,<br />
der Armenbibel, umgekehrt, die bestimmt war für diejenigen, die<br />
nicht lesen können. Sie haben die Bilder übersetzt in Sprache –<br />
die für immer mehr Menschen langsam zugänglich geworden<br />
war. <strong>Badura</strong> kehrt es quasi um bzw. bezieht sich auf seine<br />
3
2 4<br />
3 a-f<br />
4<br />
2 Barlissen in Farbe, 1977<br />
»Polaroids«, in Farbe gebadete Schwarzweiß-Fotografien<br />
Insgesamt 54, je 9 x 9 cm<br />
Privatbesitz<br />
3 Nadelwald, die 2. Generation, 1999 – 2005<br />
a-f Gerechnete Pflanzen, virtuelle Plastik,<br />
insgesamt ca. 50 C-prints, jeweils 220 x 40 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
4 Farbdossiers ›Freunde, Bekannte und Arschlöcher,<br />
1977 – 1980<br />
Fassaden-Dispersionsfarbe, Schriftstücke, Fotografien,<br />
<strong>Zeit</strong>ung u. ä.<br />
26 Objekte, je 35 x 5 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
5 Büro für Orwells 1984, 1977 – 1983<br />
Verschiedene Arbeitsplätze mit Tisch und Stuhl,<br />
verschiedene Dossier-Systeme, sonstige Objekte,<br />
Papier, Fotografien, Schriftstücke, <strong>Zeit</strong>ung,<br />
Kleidungsstücke u. a. m.<br />
700 x 700 cm<br />
Ausstellungsansicht Von-der Heydt-Museum,<br />
Wuppertal/Deutschland<br />
Dokumentation im Besitz des Künstlers<br />
6 Beginn der Rechen-<strong>Zeit</strong>, 1984<br />
a-d Studien, programmiert, Nadeldrucke auf gefaltetem<br />
und perforiertem Endlospapier, 24 cm breit<br />
Im Besitz des Künstlers
5<br />
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
6 a 6 b<br />
6 c 6 d<br />
5
(künstlerische) Kraft des Sichtbarmachens. Nachdem immer<br />
weniger Menschen die Sprache beherrschen und immer mehr<br />
Bilder gucken, bedient er sie. Er kehrt den zunehmenden Analphabetismus<br />
des tumben, unreflektierten Bildkonsums um zugunsten<br />
des genaueren Hinschauens. Anders, als weiland Diderot<br />
ff. das Bild in Sprache übertragen haben, setzt er nun als<br />
Fährmann das Bild über ans Ufer des Unterscheidungsvermögens.<br />
Konzept-Kunst<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> ist Konzept-Künstler, jedoch nicht »so akademisch<br />
wie Klaus Honnef«, nicht im Sinne der US-amerikanischen<br />
Concept Art. Lange bevor die Concept Art als künstlerischer<br />
Stil begriffen worden war, hat es »sehr viele<br />
Bestrebungen bei Künstlern [gegeben], sich konzeptuell auszudrücken<br />
gegenüber einer akademischen, traditionellen Kunstausübung«.<br />
– »Weil man gemerkt hat«, so <strong>Badura</strong> weiter, »daß<br />
das Gedankliche, Ideenmäßige zu kurz kam zugunsten traditioneller<br />
Bildtechniken.«<br />
Hier setzt die Kunst von <strong>Badura</strong> an, in Umsetzung einer disziplinüberschreitenden<br />
Methode, genauer: dem des Versuches,<br />
die Welt als Gesamtes zu verstehen, indem er sie – nicht als<br />
Forscher und auch nicht als Philosoph! – untersucht. Das geschieht:<br />
»Indem man sich mit ganz bestimmten Aspekten gezielt<br />
beschäftigt, man versucht, sie [die Welt] vor sich hinzustellen.<br />
Sich etwas vorzustellen, ist ja eigentlich das künstlerische Prinzip.<br />
Ich stelle etwas vor mich hin, um es erst richtig sehen zu<br />
können, das heißt, ich trenne es, ich löse es aus dem Gesamtzusammenhang,<br />
um es besser betrachten zu können.« Wir kennen<br />
das vom Betrachten einer Skulptur oder Plastik: nur das<br />
Herumgehen um diese ermöglicht uns den Blick auf Einzelheiten.<br />
Oder anders, die Kindheitserinnerung: Wir haben bisweilen<br />
das an der Wand hängende Bild angehoben, um zu erkunden,<br />
ob sich ›etwas‹ dahinter befindet. Dieses Erkennen, Finden ist<br />
es, das <strong>Badura</strong> antreibt.<br />
Des Findens, zunächst einmal des ›Geheimnisvollen‹ oder auch<br />
des ›Reichtums‹ wegen, deshalb lief <strong>Badura</strong> als Junge im oberfränkischen<br />
Fichtelgebirge11 durch den Wald, klopfte mit dem<br />
Hammer Steine auf, »weil ich der naiven Hoffnung war, ich<br />
könnte irgendwann eine Goldader oder eine Silberader« entdecken.<br />
Später wollte er Ornithologe werden. Dann hat er alles<br />
– Gefieder, Bäume, Flüsse, Landschaften – »abgemalt«. Wieder<br />
aufgenommen hat er diese kindliche Tätigkeit dann als wissenschaftlicher<br />
Zeichner im Alter von 23 Jahren (als Gastdozent) an<br />
der Kasseler Werkunstschule. Das setzte sich fort an der Göttinger<br />
Universität. Die dort bis 1973 produzierten Lehrtafeln –<br />
Amöben bis hin zu ›höheren‹ Tieren – hängen noch dort bzw.<br />
sind archiviert. Und nachdem ihn das zu »langweilen« begann,<br />
6<br />
wechselte er zu den botanischen, den zoologischen Instituten.<br />
Daraus ergab sich: »Mein Zimmer befand sich zwischen den<br />
ganzen naturhistorischen Präparaten, so daß ich von daher<br />
ganz selbstverständlich auf die Arbeit der ›Eingeweckten Welt‹<br />
gekommen bin, indem ich dann die ganze Welt speichern wollte,<br />
so ähnlich, wie sich das ja eigentlich in einem naturwissenschaftlichen<br />
Museum auch zeigt.« Über diese Eingeweckte Welt<br />
(Abb. 10) schreibt <strong>Michael</strong> Fehr:<br />
»[...] eine wirkliche Versuchsanordnung, in der <strong>Badura</strong> anfangs<br />
in fünfzig, später in über hundert Gläsern verschiedene Stoffe<br />
konkret miteinander reagieren läßt – und damit ein realistisches<br />
Bild unseres Umgangs mit der Natur entwickelt, das sich nur<br />
noch im Maßstab von unserem realen Operieren in der Welt unterscheidet.<br />
Zum anderen ist die ›Eingeweckte Welt‹ aber eine<br />
Fiktion; die Geschichte eines auf dem Mond Geborenen, den<br />
seine Neugierde zur Erde treibt, um dort die Verschmutzung<br />
und Vergiftung zu studieren, wegen der seine Vorfahren die Erde<br />
verließen; eine Fiktion, die realistisch gemacht wird durch die<br />
konkreten biochemischen Reaktionen in den Einmachgläsern;<br />
die aber ihrerseits wieder fiktionalisiert werden über Beschreibungen<br />
und Ge-schichten, die <strong>Badura</strong> dem Geschehen in den<br />
einzelnen Gläsern zuordnet.«12<br />
Die Initialisierung des <strong>Badura</strong>schen künstlerischen Forscherdrangs<br />
fand statt, als ihm 1963 im südniedersächsischen Barlissen<br />
(s. Abb. 2) die Bauern erzählt hatten, ihre Kühe könnten das<br />
Wasser aus dem Flüßchen Dramme nicht mehr trinken. Die<br />
Gründe dafür lagen in der Verseuchung durch Tetrachlorkohlenstoff,<br />
damals Bestandteil von Schädlingsbekämpfungsmitteln.<br />
Und als sich schließlich die daraufhin angesprochenen Wissenschaftler<br />
außerstande sahen, dagegen etwas zu unternehmen<br />
und sich stiekum wieder ihren alltagsabgewandten Studien zuwandten,<br />
thematisierte <strong>Badura</strong> auch diese Problematik. – »Wir<br />
fühlen«, schrieb Ludwig Wittgenstein, »daß selbst wenn alle<br />
möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere<br />
Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind.«13<br />
Doch auch an diesem Punkt gilt es, Mißverständnissen die Nahrung<br />
zu nehmen. <strong>Badura</strong> ist kein verhinderter Naturwissenschaftler.<br />
Der ist für ihn jemand, »der im Zerkleinern der Welt einen<br />
Selbstwerk sieht. Man kann viele Erkenntnisse nur<br />
gewinnen, indem man eine Sache kaputt macht. Ich versuche,<br />
die Sache intakt wahrzunehmen. Das Verstehen [von Welt] heißt<br />
eigentlich, ein friedliches Ansehen wahrnehmen, im Gegensatz<br />
zu der Erkenntnis, die durch Zerstörungszwecke kommt, wie<br />
das bei Naturwissenschaften häufig der Fall ist.«<br />
Schon Schopenhauer meinte: Die Welt als Vorstellung, sofern<br />
sie dem Ursachen- bzw. Endprinzip unterworfen sei, sei Objekt<br />
der Wissenschaften, im anderen Fall Gegenstand der Kunst.14
Damit räumte er mit Hegels Idealismus-Anspruch auf. Gott, Paradies,<br />
Wahrheit waren dahin. Wie später bei <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong>.<br />
Der ist eher der Wirklichkeit zugeneigt. Für ihn, sagte er, sei entscheidend,<br />
»daß ein Künstler eigentlich ein Realist sein sollte, im<br />
Sinne von Leonardo da Vinci, im Sinne eines möglichst totalen<br />
Verständnisses als Ausgangspunkt von allem«. Der Vergleich mit<br />
da Vinci entspringt keiner obsessiven Eigenein- oder gar Überschätzung<br />
von Genialität. <strong>Badura</strong> bezieht sich in diesem Zusammenhang<br />
schicht auf das zu Entdeckende, das (Er-)Finden.<br />
Big Brothers Arbeitsgerät<br />
Im Jahr von ›Big Brother‹, von George Orwells Buch 198415 hatte<br />
<strong>Badura</strong> im Wuppertaler Von der Heydt-Museum die Ausstellung<br />
Büro eingerichtet (Abb. 5), deren Konzeption 1977 einsetzte:<br />
»Ein Ort, an dem Menschen zu Akten und das Leben zu<br />
bürokratischem Unrat dahinwest. [...] Der Einzelne in der Mühle<br />
unwürdiger Systeme, in der Mühle objektiver Zerkleinerung. [...]<br />
Nicht unbedingt immer als Ausdruck sadistischer Böswilligkeit,<br />
sondern oft schlicht nur als Ausdruck von Phantasielosigkeit<br />
und lähmender Unfähigkeit an sich, die jeweilige Wirklichkeit in<br />
den Griff zu nehmen.«16<br />
Er hatte den ›Großen Bruder‹ während eines Spaziergangs in der<br />
Auslage eines Fachbetriebs für Bürotechnik entdeckt. Nicht ihn<br />
persönlich, sondern, wie <strong>Badura</strong> erzählt, dessen Werkzeug, seinen<br />
»langen Arm und den langen Atem«. ›Commodore‹ war der<br />
Name des ersten Rechners, der zur privaten Nutzung auf den<br />
Markt gekommen war, und kein »Zweifel, der Computer war das<br />
ersehnte Werkzeug für die Bürokratie an sich und die Mächte<br />
dahinter, auch wenn es zunächst nur wie ein abseitiges Spielzeug<br />
daherkam«.17<br />
Als die Allgemeinheit etwa ab 1990 begann, mit Computern zu<br />
arbeiten, erhielt sie meist bereits entsprechende Software mitgeliefert<br />
– auf daß diese Rechner (zunächst einmal) wenigstens<br />
als ›verlängerte Schreibmaschine‹ zu nutzen waren. Doch als<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> 1984 seinen Commodore kaufte, ging zunächst<br />
einmal gar nichts. Sogar seine vielen, seine Kunst begleitenden<br />
Texte mußte er seinerzeit nach wie vor in die gute alte Reise-<br />
Olympia tippen. Dennoch war der lediglich auf 0+1 basierende<br />
Rechner das adäquate Werkzeug. Man mußte lediglich damit<br />
umzugehen lernen. Und so begann <strong>Badura</strong> sich in die Technik<br />
des Programmierens einzuarbeiten. Die ersten Ergebnisse, Eins<br />
und Null digital zusammenzuzählen, waren allerdings verblüffend<br />
(Abb. 1 + 6).<br />
Denn es sollte sich bald zeigen, wie ausgeprägt <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong><br />
digitale Zeichen zeichnerisch bereits vorweggenommen hatte. In<br />
Alexanderschlacht aus dem Jahr 1958 (Abb. 8) wird das bereits<br />
erkennbar. Es setzt sich fort in Organisationen mit Schwerkraft<br />
aus den Jahren 1962 bis 1964 (Abb. 9). Und auch die Stempel-<br />
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
bilder verweisen bereits auf die Pixel, mit denen <strong>Badura</strong> ab 1984<br />
arbeiten würde: Mit winzigen Quadraten überstempelte er er alte<br />
Meister, Skulpturen von Auguste Rodin oder Gemälde von Caspar<br />
David Friedrich. Im Vordergrund stand dabei das Erzeugen<br />
gleichförmiger Maße, die auch in der Masse identisch blieben.<br />
Eben die ›Die Verkleinerung des Lebens‹, die Reduktion auf das<br />
Kleinstmögliche.<br />
»Das digitale Prinzip«, so <strong>Badura</strong>, »ist ein Treppenprinzip, vergleichbar<br />
dem Schiffchenversenken, also von gleichen Teilen,<br />
die [...] senkrecht, waagerecht, endlos aneinandergereiht sind,<br />
im Gegensatz zur organischen Form. Das ist auch eigentlich der<br />
Punkt, wo die Geister sich tatsächlich unterscheiden und wo<br />
auch Feindschaften entstehen.« Denn die Welt würde »vereckt«.<br />
Durch die Digitalisierung würden (organische) Rundungen vermieden<br />
bzw. ausgeschlossen. <strong>Badura</strong> nennt solche Abläufe gar<br />
einen »Brutalisierungsprozeß, der mit der Digitalisierung anfangs<br />
visuell verbunden war«.<br />
Auf die Babylonier hebt <strong>Badura</strong> dabei ab. Babylonien: Sumerer,<br />
Amurriter, Hurriter oder Kassiten. Sie waren es, die in der <strong>Zeit</strong><br />
zwischen 3500 und 1000 vor Beginn unserer <strong>Zeit</strong>rechnung in<br />
Mesopotamien nicht nur für die vielzitierte verbale Verwirrung<br />
sorgten, die heute noch gerne als ›Anmaßung des Menschlichen‹<br />
herbeizitiert wird: der Turm zu Babel.18 Doch sie, allen<br />
voran die Sumerer19, schufen eine Zivilisation, deren Errungenschaften<br />
noch heute die Basis der unseren bilden, bespielsweise:<br />
Astronomie, Keilschrift, Mathematik oder das Rad. Dazu<br />
gehörte eine Städteplanung, eine Architektur, die ihresgleichen<br />
suchte. Man versuchte seinerzeit, mittels geometrisch angelegter<br />
Architektur eine wilde, unbezähmbare Natur zu beherrschen,<br />
sie zu begrenzen, durch Mauern, Wälle oder Zäune.<br />
Hier zeichnet sich bereits die Einengung des Natürlichen ab,<br />
das wir gerne Ausufern nennen. Aber auch verschiedene Rechen-<br />
oder Zahlensysteme verweisen auf eine spätere ›Digitalisierung‹.20<br />
Digitalisierung als sozialer Prozeß?<br />
Der Beginn <strong>Badura</strong>s »digitaler Einlassung« war »eigentlich« ein<br />
kritischer, weil ihm »sofort bewußt wurde, daß das eine unglaubliche<br />
Macht darstellen wird eines Tages, und vor allen Dingen<br />
große Einschnitte im Sozialgefüge der Menschheit [...] entstehen<br />
[...], daß viele Menschen ›freigesetzt‹21 werden [...], daß viele<br />
Prozesse automatisiert werden.«.<br />
Die aus dem Ruder laufende Macht der Automatisierung deutete<br />
›unterhaltend‹ beispielsweise Charlie Chaplin 1936 in seinem<br />
Film Modern Times an, in dem ein Wanderarbeiter in die Maschinerie<br />
neuester Technik gerät. Wer weiß, was Chaplin aus<br />
der (späteren) Erkenntnis um den Computer gemacht hätte. Gezeigt<br />
hätte er möglicherweise die multiplizierte ›Figur‹ Mensch.<br />
7
7<br />
8<br />
9<br />
8<br />
10
11<br />
7 Aussaat, 2005<br />
Virtuelle Plastik<br />
C-print, 90 x 150 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
8 Alexanderschlacht, 1958<br />
(Ausschnitt) Federzeichnung<br />
30 x 50 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
9 Speicher mit Organen, Organisation mit Schwerkraft, 1964<br />
Draht, Zement<br />
ca. 150 x 100 cm<br />
Verschollen<br />
10 Eingeweckte Welt in Göttingen, Februar 1967<br />
Ausschnitt<br />
Gläser, Naturalien, diverse Chemikalien, CO 2 -Trockeneis, N-Gas<br />
300 x 350 cm<br />
Ausstellung Galerie im Center, Göttingen/Deutschland<br />
Karl Ernst Osthaus Museum, Hagen<br />
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
12 a 12 b 12 c<br />
11 Original und Fälschung, 1968<br />
Installation im Wald<br />
ca. 1000 x 800 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
12 Dürre und Fäulnis, 1970<br />
a-c Drei Einladungen zur Installation in der Galerie Lambrette,<br />
Frankfurt am Main<br />
Überdruckte Biologiebuchseiten<br />
je 19 x 26 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
9
<strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> hat sie (sich) geschaffen – für seinen (künstlerischen)<br />
Umgang mit der Natur und deren Wissenschaften bzw.<br />
deren Gewese darum: den Klon.22 Auch hierbei tritt wieder<br />
›1984‹ auf den Plan: das Streben nach dem Lebewesen, das<br />
vollständig zu unterwerfen ist. »Der Klon als Arbeiter, als Steuerzahler<br />
und als Rentenlieferant wäre eine – naive – Vorstellung,<br />
wie man jetzt hier der Menschheit helfen könnte.« Doch um diesen<br />
übelsten Fall eines ›Nach‹-Denkens über Orwellsche<br />
Schreckensbilder geht es ihm nicht tatsächlich. Auch nicht um<br />
vorstellbare künstlerisch »dienstbare Geister, ähnlich den Zauberwesen<br />
bei Goethe, die irgendwelche Dienste einem erweisen<br />
und weitgehend autonom, also frei von menschlichem Einfluß<br />
sind«.23 Entscheidend war, »daß für mich immer schon interessant<br />
gewesen ist, mit den gleichen Methoden zu arbeiten wie<br />
die Wissenschaft. Das heißt, ich wollte selber für mich erst einmal<br />
herausfinden, inwiefern man mit dem Computer, also mit einem<br />
künstlichen Mittel, eine möglichst identische, menschliche<br />
Gestalt produzieren kann.« (Abb. 15 – 17).<br />
Wir betrachten erstaunt Höhlenmalereien, sehen uns gerne antike<br />
Mosaiken an, prüfen den Goldenen Schnitt bei Raffael oder<br />
Tizian, stehen verblüfft vor Caravaggios oder Rembrandts Hell-<br />
Dunkel-Malereien, schwärmen vom Übergang des Impressionismus<br />
in den Expressionismus, diskutieren über Öl- bzw.<br />
Acrylfarben, über Farbauftrag auf grundierten oder nichtgrundierten<br />
Leinwänden sowie photographischen oder Video-Techniken<br />
in ›Installationen‹.24 In der Geschichte der Kunst ist immer<br />
heftig über Neuerungen debattiert worden. Doch dem Computer<br />
steht die Branche nach wie vor höchst skeptisch gegenüber<br />
– obwohl er auch aus der Kunst kaum noch wegzudenken ist.<br />
<strong>Badura</strong> hat lange mit herkömmlichen Mitteln gezeichnet, gemalt,<br />
sich, teilweise so manches Konzept vorwegnehmend25,<br />
mit Farbe auseinandergesetzt, etwa in den Farb-Dossiers (Abb.<br />
4) oder seinen Wunschvorstellungen zur Bundeskunsthalle (Abb.<br />
18); geradezu konterkariert hat er sie als »perfekt geschlossenes<br />
System« in Büro für Orwells 1984 (Abb. 5). Er hat Objekte gestaltet,<br />
mit Draht, Teer, Zement (Abb. 9), mit Materialien aus der<br />
Natur in der Natur (Abb. 11), aber auch im Raum Installationen<br />
erstellt (Abb. 14), mit Photographie gearbeitet. All diese Sujets<br />
sind nach wie vor in seiner Arbeit sichtbar. Nur daß er sich eben<br />
nach 1984 ausschließlich der Computertechnik als künstlerischem<br />
Ausdrucksmittel bedient hat. Sie ist ihm eben das, was<br />
anderen Leinwand, Pinsel und Palette bedeuten (s. Abb. 17).<br />
»Der Computer«, so <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong>, »wird einen Siegesmarsch<br />
antreten, nicht nur durch einzelne Nationen, sondern er wird international<br />
überall sich als das entscheidende Instrument herausstellen<br />
[...]. Und die andere Sache ist, daß für mich ein<br />
Künstler eigentlich ein Realist sein sollte [...] im Sinne eines<br />
10<br />
möglichst totalen Verständnisses als Ausgangspunkt von allem.<br />
Und wenn Künstler den Computer nicht verstehen, würde ich<br />
ihnen heute auch absprechen, daß sie die Chance hätten, die<br />
Welt zu verstehen. Und wenn ein Künstler nicht mehr die Welt<br />
versteht, kann er eigentlich für mich kein Künstler mehr sein,<br />
sondern er wird dann automatisch zur Folklore. [...] Wenn zum<br />
Beispiel ein Maler ein Sonnenblumenblatt malt, muß er gar<br />
nichts von der Sonnenblume verstehen. Wenn er aber anfängt,<br />
mit dem Computer ein Sonnenblumenblatt nachzubauen, wird<br />
er auf einmal merken, er muß sich mit der Sonnenblume beschäftigen.«<br />
Und damit mit der Welt.<br />
Anmerkungen<br />
1 Aus: Die Verkleinerung des Lebens. Für Konrad<br />
Zuse und den Rest der Welt. Wuppertal, 4. 4.<br />
1984, veröffentlicht in: Andreas Seltzer/Katharina<br />
Meldner (Hrsg.), KÜNSTLERPECH/KÜNST-<br />
LERGLÜCK, 3 Galerie Friedrichstrasse, Berlin<br />
1985, Talwerkarchiv; hier zitiert nach: http://badura.in.hagen.de/ZUSE.htm<br />
2 a. a. O.<br />
3 Esoterik ist abgeleitet vom griechischen ›esotoros‹<br />
und bedeutet das Verborgene, Innere; ursprünglich:<br />
Geheimwissen für Eingeweihte (Orden,<br />
Logen). Es fand zunächst als<br />
Gegenbewegung zur Aufklärung Verbreitung,<br />
die sich, vor allem in der Person Voltaires, in erster<br />
Linie gegen die Politik der katholischen Kirche<br />
und den ihr anhängenden Adel richtete,<br />
dann verstärkt nach der französischen Revolution,<br />
als weite Teile der verunsicherten Bevölkerung<br />
sich einer verdrängenden, ins Innere<br />
zurückziehenden Romantik zuwandten. Doch<br />
heutzutage kommt Esoterik eher als kostenpflichtiges<br />
Nicht-Wissen daher.<br />
4 Ebenfalls aus dem Griechischen: ›oikos‹ = Haus,<br />
›logos‹ = Wissenschaft, also die Lehre von der<br />
Haus-Wirtschaft, wobei auch die Umgebung<br />
des Hauses gemeint ist.<br />
Doch es ist Florian Felix Weyh zuzustimmen, der<br />
diese Definition für einen »archaischen Begriff<br />
von Ökonomie« hält (eMail vom 2. März 2007 an<br />
den Autor). Das verweist, passend zu Geiz-istgeil,<br />
auf ein neuerliches deutsches (Gesellschafts-)Phänomen:<br />
Bio. Bio-Äpfel aus Chile?<br />
Hauptsache gesund. Und billig. Egal, was es<br />
(die Welt) kostet.<br />
5 <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong>: Die Verkleinerung des Lebens,<br />
a. a. O.<br />
6 <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong>: Ich bin auf dem Mond geboren<br />
..., in: Die Eingeweckte Welt. Das Totale System.<br />
Eine Projektion. Verfaßt 1966, in:<br />
http://badura.in.hagen<br />
7 Soweit nichts anders gekennzeichnet, entstammen<br />
die Zitate aus Gesprächen, die der Autor<br />
und der Künstler zwischen dem 9. und dem 11.<br />
Januar 2007 in <strong>Badura</strong>s Haus geführt haben.<br />
Dank an Michelle Westedt fürs Protokollieren.
8 ›Ich bin auf dem Mond geboren ...‹, a. a. O.<br />
9 Die Anarchie nahm ihren Anfang eigentlich ja bereits<br />
bei Homer oder Herodet, bei denen es sich<br />
noch um ›führerlose‹ Menschen handelte. Bei<br />
Aristoteles waren es die Sklaven ohne Herrschaft.<br />
Kant, Schlegel und viele andere danach<br />
wie Stirner haben jedoch den Weg aufgezeigt:<br />
Anarchie sei Herrschaftslosigkeit, allerdings ohne<br />
Gewalt. Also alles andere als das, was vermummte<br />
Rabauken darunter verstehen.<br />
10 Die zwischen 1751 bis 1772 erschienene 28bändige<br />
Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des<br />
sciences, des arts et des métiers, gemeinhin bekannt<br />
als das Werk von Denis Diderot, gilt als<br />
das grundlegende Werk der französischen Aufklärung.<br />
Es hatte entscheidende geistige Einflüsse<br />
auf die europäische, letztendlich die Geschichte<br />
der westlichen, ›zivilisierten‹ Welt; wo<br />
es im Deutschen ›Kultur‹ heißt, wird es im Französischen<br />
›Civilisation‹ genannt.<br />
11 Dorthin hatte es Mutter <strong>Badura</strong> – deren Mann im<br />
Krieg geblieben war – völlig mittellos mit ihren<br />
drei Söhnen hin vertrieben.<br />
12 <strong>Michael</strong> Fehr: <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong>. Konkreter Realismus,<br />
in: ders: <strong>Badura</strong>-Werkverzeichnis, Nürnberg<br />
1992; dieser Aufsatz analysiert <strong>Badura</strong>s Arbeit<br />
als »Künstler-Forscher mit ausgesprochen<br />
experimentellen Interessen« vortrefflich. Siehe<br />
dazu auch <strong>Badura</strong>s Texte in: http://badura.in.hagen.de/<br />
13 Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951), Tractatus logico-philosophicus.<br />
Philiosophische Untersuchungen.<br />
Leipzig 1990<br />
14 Arthur Schopenhauer (1788 – 1860): Die Welt als<br />
Wille und Vorstellung, Zürich 1988 [F. A. Brockhaus<br />
1859]<br />
15 Originaltitel Nineteen Eighty-Four, erschienen<br />
1949, deutsch 1950 als 1984. Der Titel entstand<br />
durch die Umkehrung der Jahreszahl 1948, dem<br />
Jahr, in dem George Orwell (eigentlich Eric Arthur<br />
Blair, 1903 – 1950) das Manuskript zu dieser<br />
düsteren, beklemmenden Vision eines totalitären<br />
Überwachungsstaates zu verfassen begonnen<br />
hatte, der nur mit den Mitteln einer extrem ausgeprägten<br />
Bürokratie funktionieren konnte. Ein<br />
erhellender Text von S. Andrew zur Entstehung<br />
von 1984 bzw. dessen Hintergründe ist nachzulesen<br />
unter: http://www.marxists.de/culture/orwell/andrewde.htm<br />
16 <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> in einer eMail vom 22. Januar<br />
2007 an den Autor<br />
17 a. a. O.<br />
18 Das biblische ›babylonische Sprachengewirr‹ als<br />
Vergeltung Gottes für den Hochmut der Turmbauer<br />
hat es jedoch nicht gegeben. Der Ortsname<br />
Babel wurde aus dem hebräischen ›balal‹ (=<br />
verwirren) erklärt. Doch der Name entstammt einer<br />
unbekannten Urbevölkerung. Siehe: Ursula<br />
Muscheler: Die Nutzlosigkeit des Eiffelturms. Eine<br />
etwas andere Architekturgeschichte. München<br />
2005<br />
19 Die Sumerer sind das älteste nichtsemitische<br />
Volk aus dem südlichen Babylonien, gelegen<br />
zwischen Euphrat und Tigris, das in etwa dem<br />
heutigen Irak entspricht. Die Bezeichnung Sumerer<br />
(auch Sumer oder Schumer) ist akkadischer<br />
Herkunft, sie bedeutet ›Kulturland‹. – Den<br />
Sumerern haben wir auch die älteste Vorstellung<br />
von Paradies zu verdanken: ewig grüne und<br />
fruchtbare Felder und Gärten. Allerdings dürfte<br />
es in diesem vor-biblischen Garten Eden keine<br />
Äpfel gegeben haben. Es dürften Feigen gewesen<br />
sein, die den Sündenfall ausgelöst haben.<br />
20 Der Begriff ›digital‹ ist dem Englischen entlehnt<br />
(›digit‹ = Ziffer‹) und leitet sich vom lateinischen<br />
›digitus‹ = Finger ab. »Um zu addieren und oder<br />
zu teilen, nahmen die Römer entweder ›Rechenbretter‹<br />
mit kleinen Steinchen oder einfach die<br />
Finger zur Hilfe. [...] Alles, was digital ist, basiert<br />
auf einem mathematischen System, das Leibniz<br />
Foto: Sabine Frahm<br />
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
1679 erfand, eine mathematische Sprache, die<br />
auch Maschinen verstehen. Das binäre System,<br />
auch duales oder dyadisches genannt, besteht<br />
nur aus den Ziffern 1 und 0.« Zitiert nach: Hilmar<br />
Schmundt, in: Die Macht der Zahlen. morgenwelt.<br />
magazin für wissenschaft und kultur.<br />
http://www.morgenwelt.de/wissenschaft/9906zahlen.htm<br />
21 wie (Massen-)Entlassungen heute beschönigend<br />
genannt werden<br />
22 griechisch: klon = Schößling; eine genetisch<br />
identische Kopie eines Organismus'. Bei Pflanzen,<br />
Bakterien und einigen niedrigen Tierarten<br />
kommen Klone in der Natur über die ›Parthenogenese‹<br />
vor, bei Menschen und Säugetieren mit<br />
sexueller Fortpflanzung entstehen sie auf natürliche<br />
Weise nur in Ausnahmefällen bei der Geburt<br />
eineiiger Mehrlinge.<br />
23 Damit spricht <strong>Badura</strong> international bekanntes<br />
deutsches Bildungsgut an: »Herr und Meister,<br />
hör' mich rufen! –/Ach, da kommt der<br />
Meister!/Herr, die Not ist groß!/Die ich rief, die<br />
Geister,/Werd ich nun nicht los.« Johannn Wolfgang<br />
von Goethe, Der Zauberlehrling. Zitiert<br />
nach: Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden,<br />
Bd. 1, Gedichte und Epen. München 1977.<br />
Goethe bediente sich dabei der Vorlage des<br />
griechischen Dichter Lukian (120 – 180 n. u. Z.).<br />
24 ein Begriff, den wir vor noch gar nicht so langer<br />
<strong>Zeit</strong> im Handwerker-Branchenbuch gesucht haben<br />
25 Laut <strong>Michael</strong> Fehr nahm er z. B. den »radikalisierten<br />
Expressionismus, die Diskussion um die<br />
gestische Malerei der ›Neuen Wilden‹ vorweg«.<br />
Fehr: <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong>. Konkreter Realismus, a. a.<br />
O.<br />
Fotonachweis<br />
Cover Malte <strong>Badura</strong><br />
Abb. 10 Friedemann Singer<br />
alle anderen <strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong><br />
Detlef Bluemler, studierte allgemeine<br />
Literaturwissenschaften,<br />
Philosophie sowie Architekturund<br />
Kunstgeschichte. Anschließend<br />
war er als Kultur-Journalist<br />
tätig, überwiegend im Hörfunk.<br />
1986/87 entwarf er mit Lothar<br />
Romain das Kritische Lexikon der<br />
Gegenwartskunst, das 1988 zum<br />
ersten Mal erschien. Bis Ende<br />
2006 hat er dies auch redaktionell<br />
betreut; seit 2007 ist er, gemeinsam<br />
mit dem 2005 verstorbenen<br />
Romain, dessen Gründungsherausgeber.<br />
Er ist – von Marseille<br />
und der Nähe zu Lübeck aus – als<br />
Kunst- und Kulturpublizist tätig.<br />
11
13 a 13 b 13 c<br />
14<br />
13 Der Wanderer über dem Nebelmeer, 2000<br />
a-c Virtuelle Plastik, C-prints<br />
je ca. 125 x 90 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
14 Elektrischer Stuhl, 1984<br />
Installation: Elektrokabel, Äste und Strünke<br />
ca. 400 x 400 x 270 cm<br />
Zerstört<br />
15 Kämpfer für Moral und Gerechtigkeit, 2005<br />
Virtuelle Plastik<br />
C-print, 90 x 160 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
12<br />
16 Klone, ab 1998<br />
Viele verschiedene Variationen<br />
mehrteilig, C-prints<br />
je ca. 125 x 90 cm<br />
Im Besitz des Künstlers<br />
17 Tanz der Klone, Endlosreigen im Kreis, kurze und lange Sequenz, 2001<br />
Virtuelle Plastik<br />
C-prints, 200 cm und endlos breit, je 90 cm hoch<br />
Im Besitz des Künstlers
15<br />
16<br />
17<br />
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
13
Farbe und Orwells 1984 (2007)<br />
1977 begann ich langsam die Farbe für mich neu zu entdecken.<br />
Dies äußerte sich darin, daß ich meine damaligen Zettel der Zettel-Arbeiten<br />
immer intensiver in Farbe (Aquarell) tauchte, wie ich<br />
auch damals Schwarzweiß-Fotos in den verschiedensten Farben<br />
badete, um so ihren Inhalten einerseits eine emotionelle und<br />
andererseits eine visuell informative Komponente hinzuzufügen.<br />
(1967 hatte ich z. B. Pflanzen in Teer (Bitumen) gebadet.) In dieser<br />
<strong>Zeit</strong> entstand auch der Farbmensch. Eine Konstruktion zwischen<br />
Chamäleon und Indikator für die jeweiligen Umwelten und<br />
Rollen: einfarbig, gemustert oder bunt gemischt (reaktionistisch).<br />
Und damals kaufte ich auch den ersten Farb-Fernseher, und ich<br />
begann in meinem Fotolabor erstmalig Farbfotos selbst zu entwickeln,<br />
was damals sehr kompliziert war.<br />
Aus simpler Mallust hätte ich mich niemals mehr mit Farbe beschäftigt,<br />
nachdem ich ja etwa 1965 endgültig aufhörte, traditionell<br />
zu malen. Der entscheidende Schritt für mich war bei all den<br />
farbigen Abenteuern die wissenschaftlich begründete Tatsache,<br />
daß die Farbe als Farb-System ein perfekt geschlossenes System<br />
darstellt, in dem jede Nuance eindeutig definierbar und registrierbar<br />
ist. (Allerdings sind die bekannten Farbkreise und<br />
Farbkugeln nicht perfekt, sondern nur die zahlenmäßigen Zuweisungen.)<br />
Dieser Umstand wiederum, die Farbe als geschlossenes<br />
System, führte bei mir als Assoziation über die einfache<br />
Bürokratie hinaus direkt zu Orwells 1984, wo (bei mir) die Menschen<br />
mittels Farbzuweisungen in Echt-<strong>Zeit</strong> codiert beobachtet,<br />
verfolgt, ausgeforscht und schließlich in Personal-Farb-Dossiers<br />
registriert und bewertet werden (Arbeitshypothese). Und die Farbe<br />
hierbei als vorrangiges Herrschafts-Instrumentarium aus der<br />
Unterschiedlichkeit der Menschen und aus den Umständen, in<br />
denen sie sich befinden, ergibt schließlich eine wachsende<br />
Farbkruste (burra) auf den einzelnen Arbeitsplätzen, jeweils<br />
Tisch und Stuhl, sowie eine wachsende Zahl von Farb-Material-<br />
Sammlungen, die prozeßhaft anwachsen und sich permanent<br />
verändern. Darin eingearbeitet konkret <strong>Zeit</strong>ungen, Briefe, Fotos<br />
usw. und diverse Gegenstände – farbnaß miteinander verklebt.<br />
1977 begann ich mit dem ersten Tisch und Stuhl und beendete<br />
die Arbeit unbeendet und unbeendbar 1983, um sie im Orwelljahr<br />
1984 schließlich erstmalig öffentlich vorzustellen. Dies geschah<br />
dann im Von-der-Heydt-Museum, Januar 1984.<br />
1984 war kurioserweise der Beginn der Homecomputer. Bei einem<br />
streunenden Spaziergang entdeckte ich ihn und war sofort<br />
elektrisiert. Was bei mir ganz konkret zu unglaublichen Hitzewallungen<br />
führt.<br />
14<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> in einer E-Mail vom 2. März 2007<br />
an Detlef Bluemler<br />
Der Klon (2007)<br />
Ich unterscheide vier Arten der Vermehrung/Vervielfältigung von<br />
lebender Natur.<br />
1. Die geschlechtliche Vermehrung nach Neigung und Gelegenheit,<br />
die bekanntermaßen heute beim ›homo sapiens‹ durch einfältig<br />
indoktrinierte Kultur-Ideologien, sozial-politisch Europa in<br />
die Krise und in anderen Regionen zur nicht mehr selbst erhaltbaren<br />
Übervölkerung geführt hat. Also hier zu demographischen<br />
Untergangsphantasien und dort zu Kulturflucht und Völkerwanderung.<br />
2. Die gezielte, erzwungene Vermehrung besonders bei Nutztieren<br />
für einen rasant steigerbaren kommerziellen Gewinn durch<br />
Legebatterien, Fließbandvermehrung/-tötung, Brutanstalten<br />
usw., sowie zur menschlichen Unterhaltung und ›Erkenntnis‹ in<br />
den sogenannten Zoologischen Gärten und sonstigen Bio-Welten<br />
gegenüber echten Biotopen.<br />
3. Die Züchtung, Erziehung von Mensch, Tier, Pflanzen, Pilzen,<br />
Bakterien usw. für eine »bessere, schönere und edlere Welt« im<br />
Sinne der wunderbaren Brot- und Hirnvermehrung, durch biologische<br />
Perversion, Auslese, Genetik, Bio-Techniken: Perfektion,<br />
Zwang, Gehirnwäsche, Parteien: Religionen, TV-und Bevormundungs-Terror:<br />
Schönheitschirurgie: »Wachset und vermehret<br />
Euch!« nach Norm, Schema, Moral und Kult.<br />
4.Schließlich das multiple Klonen, die beliebig ungeschlechtliche<br />
Automatisierung und künstlich konstruierte Vermehrung von<br />
›ganzheitlichen‹ Individuen, als vermeintlicher Hauptgewinn<br />
menschlichen Geistes. »Wünsch Dir was!« oder »Mach Dir irgendwas!«:<br />
Menschen nach Maß, nach Programm und Bestellung<br />
in beliebiger Stückzahl, Eigenart, Verwertung und Design:<br />
makellos schön, immergeil, tapfer bis zur Selbstvernichtung und<br />
hundertprozentig ersetzbar.<br />
Die hier angeführte Liste ist nur eine Andeutung und wäre weiter<br />
zu vervollständigen. Wichtig sind mir die generellen Zielsetzungen<br />
und Methoden dieser Philosophien, die im Trend<br />
hauptsächlich freie Wesensformen durch diktierte Zwänge und<br />
Schemata ersetzt und in ihren jeweiligen Auswirkungen zu sehr<br />
seltsamen Verhaltensweisen und Regeln auf allen Ebenen verführt.<br />
Von moralischen Imperativen halte ich als Künstler wenig,<br />
aber natürlich viel mehr von einer breiten Darstellung dieser<br />
Phänomene, Suggestionen und Zwecke.<br />
Richtig ist: »Du sollst Dir kein Bildnis machen«, aber einzelne,<br />
viele Bilder sind etwas ganz anderes und eigentlich das einzige<br />
Mittel gegen eine unfreie Gesellschaft, in der jeweils immer nur
wenige am Drücker sind, die allen anderen ihr Brandzeichen<br />
aufzudrücken suchen.<br />
Das Klonen berührt dabei für mich einen äußerst wichtigen, zentralen<br />
Punkt, weil es den Willen und Fluchtpunkt vermutlich aller<br />
Wissenschaften, Techniken, Religionen, Künste und ihrer verzweigten<br />
Fachrichtungen zu einen scheint. Es ist das Nachmachen,<br />
das notorische Nachahmen jedweder Oberfläche und<br />
Wahrnehmung bis hin zu lebenden Pseudonaturen. Und wie<br />
beim Film soll die Unzahl der Einzelbilder, die Unzahl der Einzelergebnisse,<br />
die Unzahl der Einzelgesetze dann zu dem einem lebenden<br />
Ganzen führen mit dem Ziel, der Schöpfung auf gleicher<br />
Augenhöhe gegenüberzutreten. Insgeheim noch mit dem bescheidenen<br />
Glauben, es noch etwas besser zu können wie gehabt.<br />
Die Fiktion des perpetuum mobile in der Technik ist nur<br />
der Anfang und das klonbare Leben als Gesamtkunstwerk der<br />
Triumph des gewalttätigen Willens in ein untertäniges Universum.<br />
Der Klon ist der zunächst wichtigste Schritt auf diesem Weg hin<br />
zur krönenden Gottesimitation. Ob in Altamira, Athen, Pompeji<br />
oder Ostberlin oder allen Akademien und besonders bei Dürer<br />
Künstler<br />
Kritisches Lexikon der<br />
Gegenwartskunst<br />
erscheint viermal jährlich mit insgesamt<br />
28 Künstlermonografien auf über 500 Text- und<br />
Bild-Seiten und kostet im Jahresabonnement<br />
einschl. Sammelordner und Schuber € 148,–,<br />
im Ausland € 158,–, frei Haus.<br />
www.weltkunst.de<br />
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›Künstler‹ erscheint in der<br />
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Gründungsherausgeber<br />
Dr. Detlef Bluemler<br />
Prof. Lothar Romain †<br />
Redaktion<br />
Hans-Joachim Müller<br />
Dokumentation<br />
Andreas Gröner<br />
Geschäftsführer<br />
Dr. Rainer Esser<br />
Verlagsleiter<br />
Boris Alexander Kühnle<br />
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
oder Leibl bewundert die Welt, bis über kopf- und halsverliebt,<br />
jedwede äffische Nachbildnerei der Natur – oder was man dafür<br />
hält – in der Kunst: Die Wiederholung ist die Erkenntnis. Und die<br />
Erkenntnis steckt in der Wiederholung. Original, Abbild, Fälschung<br />
und Idol das ist in unserer Welt alles eins. Keine Frage!<br />
In chemischen, physikalischen, genetischen Labors und Denkstuben<br />
besteht die einzig prinzipielle Arbeit im Nachmachen der<br />
uns sichtbaren Welt. Vor kurzem der ›Lotuseffekt‹, ein weiterer<br />
sichtbarer Beweis solch totaler Schaffenskraft ebenso, wie in allen<br />
Klöstern die göttliche Weisheit gottgleich nachempfunden<br />
und verstanden wird. All diese stolzen Fähigkeiten führen<br />
schließlich unabwendbar zum Klon als höchstem Ausweis unser<br />
begnadeten Einsichten. Nein, wir kommen nicht aus dem Darm<br />
des Universums, wir sind es, die hier das Sagen haben, und wir<br />
machen alles besser, weil uns nichts Besseres einfällt, als Alles<br />
ein zweites Mal zu ›erfinden‹. Und bei all diesem hektischen Eifer<br />
merken wir nicht, daß wir uns eigentlich nur selbst klonen, was<br />
wir für unser Selbst halten.<br />
Grafik<br />
<strong>Michael</strong> Müller<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Badura</strong> in einer E-Mail vom 23. Januar 2007<br />
an Detlef Bluemler.<br />
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ISSN 0934-1730<br />
15
<strong>Michael</strong><br />
<strong>Badura</strong><br />
18 Wunschvorstellungen zur Bundeskunsthalle, 1978/79<br />
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16