Wenn aus Kollegen Feinde Werden Vorsorglich - PrOgiParK
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aM puls CoVerstory<br />
<strong>Wenn</strong> <strong>aus</strong> <strong>Kollegen</strong> <strong>Feinde</strong> werden<br />
Die Hölle, das sind die anderen!<br />
Jean-paul sartre<br />
Mobbing kostet nicht nur <strong>aus</strong> volkswirtschaftlicher Sicht durch krankheitsbedingte<br />
Ausfälle und/oder Qualitäts- und Produktivitätsrückgänge viel Geld,<br />
sondern kann auch Existenzen sowie deren Umfeld zerstören. Mobbing sollte<br />
daher weder ignoriert noch tabuisiert werden. Vielmehr ist ein offensiver Umgang<br />
mit dem Phänomen unternehmerisch, aber auch gesellschaftlich, vonnöten.<br />
Von kathrin Mcewen<br />
► Petra S. verstand die Welt auf<br />
einmal nicht mehr. Sie hatte immer<br />
gern im Unternehmen gearbeitet,<br />
und auf einmal begannen die Konflikte.<br />
Petra kann sich gar nicht mehr daran erinnern,<br />
wie alles angefangen hat, doch<br />
jetzt schien es, als ob alle Kolleginnen<br />
und <strong>Kollegen</strong> gegen sie eingestellt wären.<br />
Es wurde hinter ihrem Rücken<br />
geredet, Unterlagen verschwanden, sie<br />
wurde gezielt vor dem Chef schlechtgemacht<br />
– das Arbeitsklima war vergiftet.<br />
Und Petra ging es von Monat zu Monat<br />
schlechter. Sie litt bereits unter Kopfschmerzen<br />
und Schlafstörungen, als sie<br />
sich entschloss, mit ihrem Vorgesetzten<br />
zu sprechen. Er vermittelte zwischen<br />
den Kolleginnen und <strong>Kollegen</strong> und<br />
stellte auch unmissverständlich fest,<br />
dass Mobbing im Unternehmen nicht<br />
geduldet werde.<br />
Ein Mobbingfall unter vielen.<br />
Am 11. Juni 2002 stellte in Deutschland<br />
das Bundesministerium für Arbeit die<br />
Was Mobber tun<br />
Es wurde<br />
hinter ihrem<br />
Rücken geredet,Unterlagenverschwanden,<br />
sie wurde<br />
gezielt vor<br />
dem Chef<br />
schlechtgemacht<br />
– das<br />
Arbeitsklima<br />
war vergiftet.<br />
� Angriffe auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen (Meinungen<br />
und Kritik des Betroffenen werden ignoriert,<br />
ständige Kritik)<br />
� Angriffe auf die sozialen Beziehungen („wie Luft<br />
behandeln“)<br />
� Angriffe auf das sozialen Ansehen (Intrigen, Qualifikationen<br />
absprechen)<br />
� Angriffe auf die Qualität der Berufs- und Lebenssituation<br />
(sinnlose oder kränkende Aufgaben)<br />
� Angriffe auf die Gesundheit (Androhungen körperlicher<br />
Gewalt)<br />
22 doktor in wien 11_2011<br />
Ergebnisse der ersten Repräsentativstudie<br />
zu Mobbing in der Bundesrepublik<br />
Deutschland vor, den sogenannten<br />
„Mobbingreport“. Das zentrale Ergebnis<br />
war, dass 11,3 Prozent – also mehr<br />
als jeder neunte Erwerbstätige – im<br />
Laufe des Berufslebens bereits einmal<br />
von Mobbing betroffen gewesen ist.<br />
In Österreich sind laut Statistik Austria<br />
aktuell 93.000 Österreicher Mobbing<br />
oder Belästigungen am Arbeitsplatz<br />
<strong>aus</strong>gesetzt.<br />
Es kann jeden treffen<br />
Der Begriff Mobbing leitet sich vom<br />
Englischen Wort „to mob“ ab, was so<br />
viel wie anpöbeln oder schikanieren<br />
bedeutet.<br />
Leymann definiert in seinem Buch<br />
„Mobbing – Psychoterror am Arbeitsplatz<br />
und wie man sich dagegen wehren<br />
kann“ das Phänomen wie folgt: „Unter<br />
Mobbing wird eine konfliktbelastete<br />
Kommunikation am Arbeitsplatz unter<br />
<strong>Kollegen</strong> oder zwischen Vorgesetzten<br />
und Mitarbeitern verstanden, bei der<br />
die angegriffene Person unterlegen ist<br />
und von einer oder einigen Personen<br />
systematisch, oft und während längerer<br />
Zeit mit dem Ziel und/oder Effekt des<br />
Ausstoßes <strong>aus</strong> dem Arbeitsverhältnis<br />
direkt oder indirekt angegriffen wird<br />
und dies als Diskriminierung empfindet.“<br />
Mobbing ist meist ein langer und<br />
schleichender Prozess. Hinter dem<br />
Rücken des Betroffenen werden Unwahrheiten<br />
verbreitet, wichtige Information<br />
nicht mitgeteilt oder die Arbeit<br />
ins Lächerliche gezogen. Der Prozess<br />
beginnt, und immer mehr Kolleginnen<br />
und <strong>Kollegen</strong> machen mit. Das Op-<br />
fer beginnt, an der Arbeit zu zweifeln,<br />
unsicher zu werden und Fehler zu machen,<br />
was wiederum „Munition“ für die<br />
Mobber liefert.<br />
Dabei ist niemand vor Mobbing wirklich<br />
gefeit. Brigitte Schmidl-Mohl,<br />
Ombudsfrau der Mobbingberatungsstelle<br />
der Ärztekammer für Wien,<br />
spricht im Interview darüber, dass es<br />
kein typisches Mobbingopfer gibt. Die<br />
entscheidende Frage sei, wie lange jemand<br />
diesen Prozess <strong>aus</strong>halte (siehe<br />
Interview auf Seite 24).<br />
Auch im deutschen „Mobbingreport“<br />
wurde festgestellt, dass es keinen Bereich<br />
gibt, der als „mobbingfreie“ Zone<br />
gelten kann. Vielmehr zieht sich das<br />
Phänomen quer durch alle Berufsgruppen,<br />
Branchen und Betriebsgrößen<br />
sowie Hierarchiestufen und Tätigkeitsnive<strong>aus</strong><br />
durch.<br />
Dass es sich bei Mobbing auch nicht<br />
um betriebliche Einzelfälle handle,<br />
weiß Schmidl-Mohl, aber auch die Ergebnisse<br />
des „Mobbingreports“ zeigen<br />
dies auf. So hat es in annähernd zwei<br />
Drittel der Betriebe vor dem Mobbing<br />
des Befragten bereits andere Fälle gegeben,<br />
und in drei von fünf Fällen gab es<br />
zeitgleich zu den Befragten weitere Betroffene.<br />
Die Untersuchung ergab zudem, dass<br />
zum Zeitpunkt des Mobbings in den<br />
Unternehmen eine Reihe von Mobbing<br />
begünstigenden Rahmenbedingungen<br />
vorherrschten. Einen hohen Stellenwert<br />
hatten Unklarheiten in den Arbeitsbedingungen<br />
beziehungsweise unklare<br />
Verantwortungsbereiche. Beides<br />
führt zu vermehrten Missverständnissen.<br />
Aufgrund diffuser Zuständigkeiten<br />
wird es beispielsweise möglich, Verant-