Wenn aus Kollegen Feinde Werden Vorsorglich - PrOgiParK
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pendynamik im Gange. Der Prozess,<br />
wo ein Chef einen Mitarbeiter loszuwerden<br />
versucht und den einige jetzt als<br />
Bossing bezeichnen, braucht trotzdem<br />
den Mechanismus, der bei Mobbing<br />
üblich ist: Nämlich die Person, um die<br />
es geht, muss immer isoliert dastehen.<br />
Mobbing ist ein langwieriger Verlauf,<br />
der langsam mit einzelnen Handlungen<br />
beginnt und immer gravierender wird.<br />
Auch habe ich schon innerhalb und außerhalb<br />
des Spitalsbereichs erlebt, dass<br />
ganze Kleingruppen gemobbt werden –<br />
meistens Gruppen, die etwas verändern<br />
wollen.<br />
doktorinwien: Gibt es so etwas wie ein<br />
typisches Mobbingopfer?<br />
Schmidl-Mohl: Ich würde nicht sagen,<br />
dass es typische Mobbingopfer<br />
gibt. Das halte ich, nachdem ich seit<br />
1994 in diesem Bereich tätig bin, weder<br />
für fair noch für real. Es gibt Menschen,<br />
die brechen nach zwei Monaten<br />
zusammen, und welche, die es zehn<br />
Jahre <strong>aus</strong>halten. Das ist der große Unterschied.<br />
doktorinwien: Wo liegt der Höhepunkt<br />
eines Mobbingprozesses?<br />
Schmidl-Mohl: Der Höhepunkt ist<br />
erreicht, wenn jemand so krank wird,<br />
dass er in Behandlung kommen muss.<br />
Das können körperliche Krankheiten<br />
sein, aber auch psychische. Es ist natürlich<br />
arbeitsmedizinisch nicht gut<br />
nachzuweisen, dass die Krankheiten<br />
mit dem Mobbing zusammenhängen,<br />
aber es ist schon überdurchschnittlich<br />
häufig, dass Menschen schwere Krankheiten<br />
entwickeln, vor allem, wenn das<br />
Mobbing lange andauert.<br />
doktorinwien: Wie enden eigentlich<br />
Mobbingfälle? Mit einem Jobwechsel?<br />
Schmidl-Mohl: Natürlich wäre es<br />
erfreulich, wenn Dinge <strong>aus</strong>judiziert<br />
werden. Tatsache ist jedoch, dass sich<br />
das für die Kolleginnen und <strong>Kollegen</strong><br />
als nicht sonderlich wertvoll erwiesen<br />
hat, da es erstens weiterhin eine hohe<br />
Belastung bedeutet und zweitens der<br />
Outcome sehr unsicher ist. Das heißt,<br />
ich bin dazu übergegangen, Probleme<br />
vermehrt durch meine Kontakte in den<br />
verschiedenen Spitälern auf unterschiedlichen<br />
Hierarchieebenen amikal<br />
zu lösen. Das ist in ein paar Fällen<br />
wirklich sehr gut gelungen, manchmal<br />
auch trotz des Verbleibens der betroffenen<br />
Kollegin oder des betroffenen<br />
<strong>Kollegen</strong>. Da haben die Mechanismen<br />
aufgehört. Manche Abteilungen sind<br />
aber resistent.<br />
doktorinwien: Erholen sich die Betroffenen<br />
schnell wieder, sobald sie die Abteilung<br />
oder die Firma verlassen haben?<br />
Schmidl-Mohl: Es gibt genug Betroffene,<br />
die wirklich hin<strong>aus</strong>gemobbt<br />
wurden, die sich niemals erholen. Da<br />
sind wirkliche Beeinträchtigungen<br />
entstanden – ein chronisches Entziehen<br />
des Selbstwerts. Jemand kann 25<br />
Jahre erfolgreich berufstätig gewesen<br />
sein, aber die letzten zehn Jahre waren<br />
ein Albtraum. Manche können<br />
nicht einmal mehr die Straße betreten,<br />
wo der frühere Arbeitsplatz war, da<br />
sie sofort massive Körperphänomene<br />
bekommen. Bei Mobbingopfern können<br />
auch wirklich zerstörte Schicksale<br />
dabei sein. Deshalb ist es so wichtig,<br />
Führungskräfte zu sensibilisieren. Es<br />
liegt in der Verantwortung der Füh-<br />
„Wirklich<br />
gut zu<br />
mobben, ist<br />
ein Fulltimejob:<br />
Die<br />
Dynamik<br />
geht nicht<br />
mehr in die<br />
Richtung,<br />
wie löse ich<br />
ein Arbeitsproblem,<br />
sondern wie<br />
mobbe ich<br />
effizient.“<br />
Schmidl-Mohl:<br />
„Manche können<br />
nicht einmal mehr<br />
die Straße betreten,<br />
wo der frühere<br />
Arbeitsplatz war, da<br />
sie sofort massive<br />
Körperphänomene<br />
bekommen“<br />
CoVerstory aM puls<br />
rungskräfte, zu schauen, dass Mobbing<br />
nicht passiert.<br />
doktorinwien: Wie sollten Vorgesetzte<br />
auf Mobbing reagieren, oder was können<br />
sie tun, damit es überhaupt nicht so weit<br />
kommt?<br />
Schmidl-Mohl: Ein Vorgesetzter hat<br />
sehr viele Möglichkeiten, Mobbing in<br />
einem Team zu unterbinden. <strong>Wenn</strong> ein<br />
neuer Leiter kommt, dann ist es wichtig,<br />
einmal eine gute Arbeitsbasis zu<br />
finden und von Beginn an zu kommunizieren,<br />
dass Psychoterror oder Mobbing<br />
nicht geduldet werden. Ich glaube,<br />
es ist für Führungskräfte auch wichtig,<br />
über diese Prozesse zu reden, sich <strong>aus</strong>zut<strong>aus</strong>chen.<br />
doktorinwien: Ich kann mir vorstellen,<br />
dass Mobbing auch viel Geld kostet.<br />
Einerseits der Ausfall des Opfers, bedingt<br />
durch Krankenstände, und andererseits<br />
der Arbeits<strong>aus</strong>fall der Mobber, die viel<br />
Zeit und Kraft investieren, um zu mobben.<br />
Schmidl-Mohl: Hier gibt es nur sehr<br />
ungenaue Schätzungen, aber es muss<br />
mit Sicherheit ins Geld gehen. Viele<br />
Betroffene brauchen lange Krankenstände,<br />
um überhaupt wieder auf die<br />
Beine zu kommen. Bei den Mobbern<br />
geht es sicher auch in die Kosten. Wirklich<br />
gut zu mobben, ist ein Fulltimejob.<br />
Es werden Pläne geschmiedet, andere<br />
Mitläufer herangezogen und permanent<br />
Strategien gefahren. Die Dynamik<br />
geht nicht mehr in die Richtung, wie löse<br />
ich ein Arbeitsproblem, sondern wie<br />
mobbe ich effizient. Und wenn das einmal<br />
ein Muster ist, dann kriegt man es<br />
auch schwer <strong>aus</strong> der Abteilung. Mobbing<br />
kann zum Selbstläufer werden.<br />
doktorinwien: Sind Ärztinnen und<br />
Ärzte eine Berufsgruppe, in der Mobbing<br />
gehäuft auftritt?<br />
Schmidl-Mohl: Mediziner gehören<br />
zu den Berufsgruppen, wo Mobbing<br />
zumindest zu einem nicht so kleinen<br />
Prozentsatz auftritt. Es gibt aber Berufsgruppen,<br />
die noch stärker gefährdet<br />
sind. Bei Ärztinnen und Ärzten kommt<br />
sicher die Tatsache hinzu, dass sie immer<br />
Einzelkämpfer sind und es wenig<br />
Solidarität untereinander gibt. Das<br />
wird schon im Studium gefördert. Es<br />
wird einem gesagt, man muss es alleine<br />
durchstehen. Deshalb kommen wahrscheinlich<br />
auch zu wenige rechtzeitig<br />
zur Beratung. �<br />
11_2011 doktor in wien 25