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Broschüre - Rechtspopulismus stoppen - Blogsport

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<strong>Rechtspopulismus</strong> in Berlin | Seite 55rung nach kommunalem Wahlrecht unabhängig von derStaatsbürgerschaft verbunden wurde.Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, einen Umgangmit rechtspopulistischen Veranstaltungen zu finden, derdie zivilgesellschaftlichen Ressourcen schont und an dentatsächlichen Notwendigkeiten orientiert ist: Die von»Pro Deutschland« im Oktober 2010 gegen eine ohnehinabgesagte Veranstaltung in einer Neuköllner Moscheeabgehaltene Mahnwache beispielsweise legte allein durchdie spärliche Teilnahme von einzig sieben Demonstrant/innen ein besseres Zeugnis ab, als dies eine aufwändigezivilgesellschaftliche Mobilisierung vermocht hätte.Ebenso können Hotels und Tagungshäuser im Rahmenihrer Möglichkeiten die Durchführung von rechtspopulistischenParteiversammlungen untersagen oder die Unterbringungvon Funktionär/innen verweigern, auch dieKölner Post, die sich weigerte 300.000 Postwurfsendungenvon »Pro Köln« auszuliefern, kann hier als Vorbilddemokratischer Haltung angeführt werden.In lokalen Konflikten gilt es, den Betroffenen Unterstützungzu signalisieren und der Ethnisierung von Konfliktenschnell und sachlich zu begegnen. Dass beispielweiseGewaltphänomene, insbesondere die Gewalt junger Männer,wenig mit der Herkunft der Eltern und Großeltern,viel jedoch mit sozialer Deklassierung und alltäglichenAusgrenzungserfahrungen zu tun haben, lässt sich ohnegroßen Aufwand verständlich machen. Soziale Verhältnisseals veränderbar darzustellen und den Menscheneine Teilhabe an dieser Veränderung zu ermöglichen sinddie Maßgaben lokaler Politik, die der Gefahr ethnisierterKonflikte langfristig begegnen möchte.Anerkennung der Menschen mit Migrationshintergrundbedeutet auch die Anerkennung und Aufarbeitung derMigrationsgeschichte, wie dies zum Beispiel im Neuköllner»Denkmal der Migration« zum Ausdruck gebrachtwird, welches gemeinsam von Ausbildungsprojekten,Migrant/innenselbstorganisationen, Jugendeinrichtungenund dem Migrationsbeirat entworfen wurde.Daran angelehnt empfehlen sich auch bezirkliche Werkstattgespräche,in denen Bürger/innen mit und ohneMigrationsgeschichte zusammen mit Vertreter/innen ausPolitik und Verwaltung Probleme adressieren und nachgemeinsamen Lösungsmodellen suchen. Hier könnteauch der so oft beschworenen »Politikverdrossenheit« begegnetwerden: politische Prozesse müssen durch Teilhabeerfahrbar gemacht werden. Je besser gewappnet die Parteienin den Wahlkampf gehen, desto geringer sind dieEinfallstore und Argumentationslücken für Rechtspopulisten.Der Umgang mit rechtspopulistischen Infoständenund den damit verbundenen Argumenten kann eingeübt,die Mitglieder der Parteien können vorbereitet werden,ebenso können themenbezogene Informationsbroschürenrechtspopulistischen Initiativen den argumentativenWind aus den Segeln nehmen.Auch die Aufklärung über Geschichte und Vernetzungder rechtspopulistischen Parteien kann dazu beitragen,die Maskerade der lokal angebundenen und aufrichtigempörten »Bürgerbewegung« zu enttarnen.So wichtig wie die eindeutige und öffentliche Positionierunggegen rechtspopulistische Veranstaltungen, Parteitageund Aktionen ist, so nötig ist das selbstbewussteBekenntnis zur Einwanderungsgesellschaft, Teilhabe undSolidarität, um auch langfristig gegen <strong>Rechtspopulismus</strong>und Rassismus wirken zu können. Denn auch nach derWahl wird es Vorstöße geben, gesellschaftliche Debattenrassistisch zuzuspitzen. Dagegen ist nur gewappnet, werAntirassismus zu den Grundlagen demokratischer Politikzählt und rassistischer Stimmungsmache auch im eigenenBezirk, im eigenen Alltag und in der eigenen Partei eineklare Absage erteilt.Ein Beispiel, wie ein selbstbewusstes Bekenntnis zur Einwanderungsgesellschaftund zu den Berliner/innen mitMigrationshintergrund aussehen könnte, lieferte ausgerechnetdie Boulevardzeitung BZ: Diese wartete anlässlichdes EM-Qualifikationsspieles zwischen Deutschland undder Türkei im Oktober 2010 mit einem überraschendenTitel auf: Zweigeteilt lautete die obere Hälfte der Titelseite:»Heute schießen wir den Halbmond voll«, währendauf der unteren Seite der Titel prangte: »Heute rupfen wirden Adler«. In der Mitte war zu lesen: »Deutschland –Türkei. Der Sieger steht schon fest: Berlin«.Mit diesem Titel ist mehr ausgedrückt als in vielen Willensbekundungen,die zu Toleranz aufrufen. Er drücktAnerkennung aus: Anerkennung einer Realität der Zuwanderungund Anerkennung der Erfahrungswelt vonBerlinerinnen und Berlinern mit türkischem Migrationshintergrund.<strong>Rechtspopulismus</strong> und Rassismus werdensolange eine immer wiederkehrende Bedrohung sein, wiediese Bedrohung nicht als das erkannt wird, was sie ist:Symptom einer Gesellschaft, in der Anerkennung undTeilhabe noch einen exklusiven Charakter haben. GelebteDemokratie, der Mut zur Veränderung und die Solidaritätmit den betroffenen Menschen sind die Voraussetzungen,diese Exklusivität zu überwinden.2S. Rennefanz, Berliner Zeitung v. 4.10.2010.Dieser Artikel wurde von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) im Juli 2010 überarbeitet und ist zuerst erschienenin "Antimuslimischer Rassismus & rechtspopulistische Organisationen", eine Handreichung über Struktur, Programmatik und mögliche Gegenstrategien,hrsg. von apabiz e.V. und MBR, Berlin Dezember 2010

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