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TexT - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter

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g PSYCHOLOGIE<br />

Das visuelle Gedächtnis:<br />

Stärken und Schwächen<br />

<strong>TexT</strong>: DENNIS MCGUIRE UND BRIAN CHICOINE ÜBeRSeTZUNG: PATRICIA GIffORD<br />

Viele Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> können<br />

sich außergewöhnlich gut an Dinge erinnern,<br />

die sie gesehen oder erlebt haben, oft besser als<br />

andere Menschen. Im Allgemeinem konzentriert<br />

sich die Forschung jedoch auf die Aspekte im<br />

Bereich Gedächtnis, bei denen Menschen mit<br />

<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> schlechter abschneiden.<br />

Dennis McGuire und Brian Chicoine, die beiden<br />

Autoren des Buches „Mental Wellness in<br />

Adults with <strong>Down</strong> <strong>Syndrom</strong>e“, widmen sich in<br />

diesem Kapitel, das der deutschen Übersetzung<br />

des Buches entnommen wurde, hauptsächlich<br />

jenen Bereichen, in denen Menschen mit <strong>Down</strong>-<br />

<strong>Syndrom</strong> andere übertreffen.<br />

DAS GeDÄCHTNIS<br />

Eines Tages erzählte die Mutter einer unserer Patientinnen in unserer<br />

Ambulanz, dass sie und ihre Tochter Kristin, 32 Jahre alt, ihren Geburtsort<br />

in Rumänien besucht hatten. Es war nach 16 Jahren das erste<br />

Mal, dass sie, seit sie in die USA ausgewandert waren, die Möglichkeit<br />

hatten, ihre Familie und ihre Freunde dort zu besuchen. Was die Mutter<br />

vor allem überraschte, war, dass ihre Tochter sich viel besser an ihr Heimatland<br />

erinnern konnte als sie. So erkannte Kristin zum Beispiel nach<br />

16 Jahren noch ihre Verwandten wieder, auch die, die sie vorher nur<br />

selten gesehen hatte. Ebenso die Umgebung, in der diese Verwandten<br />

wohnten, und sie wusste sogar noch, wo ihre Häuser waren. Was die<br />

Mutter jedoch am meisten überraschte, war, dass sich Kristin an Details<br />

aus Ereignissen in der Familie erinnerte, die 16 bis 25 Jahre zurücklagen<br />

und passiert waren, als sie noch in Rumänien lebten. Besonders gut erinnerte<br />

sich Kristin an die jeweiligen Ereignisse, als ihr die Verwandten<br />

Fotos davon zeigten.<br />

Auch von anderen familien haben wir schon gehört, dass ihr<br />

Angehöriger mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> ein ähnlich gutes Gedächtnis<br />

hat, und festgestellt, dass sich viele Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />

wie Kristin außergewöhnlich gut an Dinge erinnern können,<br />

die sie gesehen oder erlebt haben. Diese fähigkeit und die<br />

damit verbundenen Besonderheiten werden wir in diesem Kapitel<br />

erläutern.<br />

Es gibt bei Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> gewisse kognitive<br />

Eigenschaften und Verhaltensweisen, die für dieses <strong>Syndrom</strong> als<br />

„normal“ angesehen werden können, bei Menschen ohne das<br />

<strong>Syndrom</strong> aber nicht normal wären. Manche fähigkeiten werden<br />

als „unzureichend“ eingestuft, bestimmte Verhaltensweisen<br />

10 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 57 I Januar 2008<br />

gelten häufig als etwas seltsam. Viele Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />

besitzen aber auch fähigkeiten, die durchaus als relativ<br />

gut bezeichnet werden können. Hierzu zählt zum Beispiel ihr Gedächtnis.<br />

Manchmal können sich Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />

viel besser an etwas erinnern, als es andere Menschen können.<br />

Da sich die forschung hauptsächlich auf die Aspekte im Bereich<br />

Gedächtnis konzentriert, bei denen Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />

schlechter abschneiden, werden wir dies nur kurz anschneiden<br />

und uns hauptsächlich jenen Bereichen widmen, in<br />

denen Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> andere übertreffen.<br />

Überblick über die verschiedenen<br />

beeinträchtigten Gedächtnisbereiche<br />

Da fast jeder Mensch mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> eine mehr oder weniger<br />

schwere geistige Behinderung hat, verbindet man das<br />

<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> meist mit verminderten Gedächtnisleistungen.<br />

Nachfolgend eine Auflistung der Bereiche, die beim <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />

oft beeinträchtigt sind:<br />

Das Arbeitsgedächtnis<br />

Das Arbeitsgedächtnis vereinigt und integriert die funktionen<br />

des Kurzzeitgedächtnisses. Es ermöglicht den Menschen, unmittelbare<br />

Aufgaben in ihrem Alltag und ihrer Umwelt zu lösen.<br />

Unser Arbeitsgedächtnis hilft uns, Informationen so lange<br />

in unserem Gedächtnis zu speichern, bis wir eine Aufgabe beendet<br />

haben. Es gibt zwei formen von Arbeitsgedächtnis, das verbale<br />

und das visuell-räumliche Gedächtnis. Im Arbeitsgedächtnis<br />

werden Informationen vorübergehend und nicht unbedingt<br />

langfristig gespeichert. Was jedoch im Laufe eines Prozesses gelernt<br />

wird, wird im Langzeitgedächtnis gespeichert (vergleichbar<br />

mit dem Speichern von Daten auf der festplatte eines Computers).<br />

Menschen mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> zeigen eine deutliche Leistungsminderung<br />

im auditiven Arbeitsgedächtnis und damit<br />

zusammenhängend einige Probleme mit dem visuellen Arbeitsgedächtnis.<br />

Das verbale Arbeitsgedächtnis<br />

Das verbale Arbeitsgedächtnis ist dafür zuständig, gesprochene<br />

Worte und Zahlen zu verarbeiten. Ein Beispiel für Defizite in diesem<br />

Bereich ist, wenn es einem schwer fällt, sich eine Telefonnummer<br />

lange genug zu merken, um sie zu wählen. Ein zweites<br />

Beispiel dafür ist, wenn man Schwierigkeiten hat, sich die Aussprache<br />

einzelner Buchstaben oder Wörter zu merken (Phonetik),<br />

was den Einsatz von Sprache erschwert. Diese eingeschränkte<br />

Merkfähigkeit hat aber anscheinend nichts mit Hörproblemen<br />

oder Schwierigkeiten beim Sprechen zu tun (Jarrold, C., Baddeley,<br />

A.D., 2001). Weil so vieles, was wir täglich erleben, über gesprochene<br />

Sprache vermittelt wird, kann das Unvermögen, sich<br />

Sprachinhalte zu merken, zu Schwierigkeiten im Alltag führen.<br />

Dadurch kann sich auch die expressive oder die rezeptive

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