TexT - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter
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Note 6 für ein Biologie-Buch bei der<br />
Beschreibung des <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>s<br />
Ohne ihren Sohn Timo mit <strong>Down</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> hätte Frau Hörst-Berg die ganze<br />
Aktion vermutlich nicht gestartet.<br />
Dass man durchaus etwas bewegen kann,<br />
wenn man nur den Mund aufmacht, beweist<br />
Gisela Hörst-Berg aus Marl. Frau Hörst-<br />
Berg berichtet der Redaktion von Leben mit<br />
<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>:<br />
Mein Sohn Timo, 15 Jahre alt, besucht im 9.<br />
Schuljahr, als Kind mit einer geistigen Behinderung<br />
(<strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong>), die integrative<br />
Fördergruppe einer katholischen Hauptschule.<br />
Da die Fördergruppe personell recht<br />
gut besetzt ist, nimmt Timo zum großen<br />
Teil am gemeinsamen Unterricht teil.<br />
Letzte Woche suchte ich für Timo etwas<br />
in seinem Biologie-Buch. Obwohl er dieses<br />
Buch schon seit dem Sommer benutzt, fielen<br />
mir erst jetzt das Foto und die Beschreibung<br />
eines Kindes mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> auf.<br />
Ich war entsetzt, dass mein Sohn ein Schulbuch<br />
besitzt, in dem das <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
mit folgenden Worten beschrieben wurde:<br />
„Mongoloide Kinder leiden unter einer<br />
Erbkrankheit: Sie besitzen das 21. Chromosom<br />
dreifach. Die Folgen sind schwerwiegender,<br />
als das Aussehen erkennen lässt:<br />
Große Anfälligkeit für Infektionen, fehlgebildete<br />
innere Organe und eine verminderte<br />
Intelligenz. Mongolismus tritt immer<br />
überraschend auf, die Wahrscheinlichkeit<br />
steigt mit dem Alter der Eltern, ab etwa 35<br />
Jahren, deutlich an.“ Zu diesem Text war<br />
ein etwa siebenjähriges Kind mit offenem<br />
Mund und ohne Vorderzähne, aber mit<br />
sichtbarer Zunge abgebildet.<br />
Im ersten Moment dachte ich, mein<br />
Sohn hätte ein uraltes Biologie-Buch, aber<br />
das Buch wurde im letzten Jahr von der<br />
Schule für ihn neu angeschafft. Es ist die<br />
dritte Auflage von 1997.<br />
Ich musste aktiv werden, um meinen<br />
Ärger über diese Beschreibung abzubauen.<br />
Noch am gleichen Tag versuchte ich, Kontakt<br />
mit dem Verlag, Timos Pädagoginnen<br />
und dem Arbeitskreis <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> sowie<br />
dem <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> <strong>InfoCenter</strong> aufzunehmen.<br />
Jetzt, nach einer Woche, hat sich mein<br />
Ärger wieder etwas gelegt. Ich habe mittlerweile<br />
ein Entschuldigungsschreiben vom<br />
Verlag bekommen (siehe<br />
Anlage). Zusätzlich<br />
habe ich für diese Woche<br />
noch einen Termin mit<br />
Timos Biologie-Lehrerin<br />
ausgemacht. Ein wichtiger<br />
Punkt unseres Treffens<br />
ist: Wie kann diese<br />
negative Darstellung im Unterricht korrigiert<br />
werden?<br />
Bei der Durchsicht von verschiedenen<br />
Materialien haben mir die beiden folgenden<br />
am besten gefallen:<br />
• Für den Unterricht werde ich die Broschüre<br />
„Total normal“ aus dem <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
<strong>InfoCenter</strong> empfehlen.<br />
• Für die Unterrichtsvorbereitung könnte<br />
das folgende Buch sehr nützlich sein. Es ist<br />
aus der Edition 21 „Thema <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
VORURTEILE … und Antworten“.<br />
Dort sind die Erklärungen und Hilfen<br />
für den Abbau der falschen und negativen<br />
Informationen meiner Meinung nach am<br />
besten beschrieben.<br />
Damit das Biologie-Buch aber nicht weiter<br />
eingesetzt werden kann, will ich auch<br />
noch an das Schulministerium von NRW<br />
schreiben, um dort das Buch aus der Liste<br />
der genehmigten Bücher streichen zu lassen.<br />
Denn nach meiner Information entscheidet<br />
das Ministerium, welche Bücher<br />
für den Unterricht freigegeben sind.<br />
Ich bin immer noch sehr betroffen darüber,<br />
dass auch heute noch Schulbücher<br />
mit einer solchen Beschreibung im Unterricht<br />
verwendet werden. Gerade das, was<br />
die Kinder in der Schule lernen, hat für sie<br />
oft ein Leben lang Gültigkeit. Meine Bitte<br />
an alle Eltern und Lehrpersonen, sehen Sie<br />
sich die Schulbücher Ihrer Kinder genauer<br />
an. Denn nur wenn die betroffenen Verlage<br />
eine Rückmeldung bekommen, werden die<br />
Bücher auch korrigiert (siehe das Entschuldigungsschreiben<br />
vom Verlag).<br />
Leider findet man diese falschen und<br />
diskriminierenden Aussagen oft nur durch<br />
Zufall, wie jetzt bei Timos Biologie-Buch.<br />
Ich hätte nicht geglaubt, dass es diese veraltete<br />
und falsche Beschreibung auch heute<br />
noch in Schulbüchern gibt.<br />
Gisela Hörst-Berg<br />
g LESERBRIEfE<br />
Hier nun der Wortlaut des Antwortschreibens<br />
des Verlags:<br />
Sehr geehrte Frau Hörst-Berg,<br />
in Anschluss an Ihr Telefonat mit Frau Klein<br />
möchten wir uns bei Ihnen und Ihrem Sohn<br />
recht herzlich entschuldigen.<br />
Ich habe mir die von Ihnen erwähnte und<br />
zu Recht kritisierte Seite 141, speziell die<br />
Bildunterschrift dort, angesehen und kann es<br />
nur wiederholen: Ihre Kritik ist völlig berechtigt.<br />
Die Darstellung spiegelt wirklich eine<br />
andere Zeit und ihre Auffassung wider, war<br />
damals nicht angemessen bzw. falsch und ist<br />
es heute erst recht nicht mehr. Ich kann Ihnen<br />
nur versichern, dass die Bücher über viele<br />
Jahre hinweg im Einsatz waren und sind und<br />
dass wir bislang keine kritische Rückmeldung<br />
bekommen haben. Da druckt man dann eben<br />
einfach nach, wenn es nötig ist, ohne groß hineinzuschauen<br />
– was bei hunderten von Titeln,<br />
die wir im Programm haben, vielleicht<br />
verständlich ist.<br />
Ob wir noch einmal nachdrucken werden,<br />
können wir heute noch nicht beurteilen,<br />
denn neue Bildungsrichtlinien kündigen<br />
sich an, und dies führt möglicherweise dazu,<br />
dass der Band ohne weiteren Nachdruck auslaufen<br />
wird.<br />
Ich verspreche Ihnen jedoch, dass wir auf<br />
jeden Fall korrigieren werden, wenn wir erneut<br />
nachdrucken sollten, und bedanke mich<br />
sehr herzlich für Ihren Hinweis.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Oldenbourg Schulbuchverlag GmbH<br />
Lektoratsleitung<br />
i.V.<br />
Dr. Brigitte Abel<br />
Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 57 I Januar 2008 69