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TexT - Deutsches Down-Syndrom InfoCenter

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g AH!<br />

Postengel bei Publicis<br />

<strong>TexT</strong>: ANDREA HALDER<br />

J<br />

etzt arbeite ich schon vier Jahre bei meiner<br />

Firma. Da kann ich ja mal erzählen,<br />

wie ich dahin gekommen bin, wie die Firma<br />

funktioniert und was ich da alles mache.<br />

Aber anfangen muss ich beim Anfang.<br />

Meine Schulzeit<br />

Die Schulzeit in der Montessorischule war<br />

schön und sehr lernfähig. Aber dann war<br />

der große Abschied da, nach der neunten<br />

Schlussklasse. Schade.<br />

In der Berufsschule war es nicht gerade<br />

so toll. Die Lehrer waren alle okay und<br />

nett. Der Lernstoff war interessant gestaltet,<br />

aber die Nachmittagsunterrichtsstunden<br />

waren ziemlich lang und den ganzen<br />

Stoff für die vielen Schulaufgaben und Exen<br />

sollte man alles auswendig können und so<br />

wiedergeben. Das Zeugnis war dementsprechend<br />

nicht besonders gut ausgefallen. Die<br />

anderen Schülerinnen waren nicht besonders<br />

höflich.<br />

Mein Praktikum im Blindeninstitut<br />

Danach fing ich mit meiner Praktikumszeit<br />

an. Dabei wurde mir geholfen durch<br />

Access, einen Integrationsfachdienst aus<br />

Erlangen. Da arbeiten viele junge Damen<br />

und Männer, die alle Sozialpädagogik studiert<br />

haben.<br />

Mein erstes Praktikum machte ich im<br />

Blindeninstitut. Dort arbeitete ich in der<br />

Verwaltung und erledigte Büroarbeiten für<br />

den Chef. Post durchschauen und öffnen.<br />

Briefmarken ausschneiden, Kopieren und<br />

alte Unterlagen schreddern. Zwei Stunden<br />

arbeitete ich im Bistro. Zucker nachfüllen,<br />

Kaffeebohnen auffüllen, Stühle richtig hinstellen,<br />

Tische sauber wischen. Hinterher<br />

in der Wäscherei. Waschmaschinen bedienen<br />

und mit der Dampfbügelmaschine arbeiten.<br />

20 Leben mit <strong>Down</strong>-<strong>Syndrom</strong> Nr. 57 I Januar 2008<br />

Zum Blindeninstitut bin ich ganz allein<br />

mit der Bahn gefahren. Es sind nur zwei<br />

Stationen. Ganz in der Nähe.<br />

Mein Praktikum bei Publicis<br />

Nach drei Monaten war alles vorbei und<br />

dann kam Stefan, so heißt mein Job-Coach<br />

von Access, mit einem anderen Vorschlag.<br />

Ich sollte bei Publicis anfangen zu arbeiten.<br />

Also vorläufig auch praktikumsmäßig.<br />

Publicis ist eine große Werbeagentur in<br />

Erlangen. Als meine Mutter hörte, dass ich<br />

dazu jeden Tag von Lauf, wo wir wohnen,<br />

nach Erlangen fahren musste (das sind 30<br />

Kilometer), sagte sie: „Das geht leider nicht.<br />

Viel zu gefährlich, zu lang, zu unübersichtlich,<br />

was kann da nicht alles unterwegs passieren!<br />

Nein, nein das schafft meine Tochter<br />

nie. Sie sollten lieber etwas in der Nähe<br />

suchen!“<br />

Aber Stefan meinte: „Das schaffen wir<br />

schon, ich fahre mit Ihrer Tochter einfach<br />

ein paar Mal mit“, und er hat mit mir das<br />

Fahrtraining gemacht und nach zehn Tagen<br />

konnte ich die Strecke allein reisen. Seitdem<br />

fahre ich jeden Tag mit zwei Zügen hin und<br />

zurück zur Arbeit und muss sogar umsteigen<br />

auf dem großen Nürnberger Haupt-<br />

bahnhof. Aber das geht! Ich bin noch immer<br />

gut angekommen.<br />

Nur in letzter Zeit mit den Bahnstreiks<br />

komme ich manchmal zu spät oder gar<br />

nicht hin. Das finde ich richtig ärgerlich.<br />

Die sollen die Lokführer besser bezahlen,<br />

sonst legen die alles flach.<br />

Meine Firma<br />

Publicis ist, wie gesagt, eine Werbeagentur,<br />

die machen Werbung für Mister+Lady Jeans,<br />

für Stihl, Timbersports, Franken Brunnen,<br />

Siemens, DATEV, Brot für die Welt.<br />

Das Publicis-Gebäude ist riesengroß<br />

und besteht ganz aus Glas, darauf prangt so<br />

richtig der Name selbst in knallroten Großbuchstaben.<br />

Auf dem Heiligtum (so sagt es<br />

der Chef) der Agentur sieht man einen riesigen<br />

Löwenkopf (das Logo von Publicis)<br />

auf einem metallgrauen Hintergrund. Da<br />

staunt man.<br />

Was sehr auffällig ist, wenn man reinkommt,<br />

ist die riesige Theke, wo „meine<br />

Damen“ sitzen und vor ihrem Computer<br />

schwitzen. Die Theke hat eine knallrote<br />

Farbe im Publicis-Look, wieder mit dem<br />

Zeichen des Löwenkopfs. Und die silbernen<br />

Barhocker fallen auch sehr auf. Alles

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