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denk x 10 - Aktuell - TU Berlin

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RESAFA, SYRIEN. DIE STADTMAUER<br />

Catharine Hof<br />

TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTI<strong>TU</strong>T FÜR ARCHITEK<strong>TU</strong>R<br />

UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERS<strong>TU</strong>DIUM DENKMALPFLEGE,<br />

STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, <strong>10</strong>623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de<br />

LAUFENDE PROJEKTE<br />

Bauforschung zur Klärung ihrer Entstehung und ihrer Veränderungen. Planmodifikation beim Wasserdurchlass<br />

Mit kombinierten Methoden der Bauforschung ist es<br />

dem Teilprojekt gelungen, in hinreichendem Maß<br />

Indizien zur Bauzeiteingrenzung der Stadtmauer<br />

zu finden und Schlussfolgerungen darzulegen. 1<br />

Die Erkenntnisbildung basiert auf Studien<br />

zur Gesamtstruktur der Mauer sowie auf der<br />

detaillierten Beobachtung bestimmter Ausschnitte. 2<br />

Bauwerksanalyse und Besonderheiten<br />

Eine vereinfachte Prinzipskizze der Stadtmauer<br />

verdeutlicht deren zugrundeliegendes Konzept<br />

(Abb. 1): Ein bestimmtes Areal sollte durch<br />

Rundtürme an den Ecken gefasst werden und<br />

pro Seite war genau nur ein repräsentatives<br />

Stadttor vorgesehen. Die Lücken zwischen den<br />

Ecktürmen und Toren wurden durch eine Abfolge<br />

von kleinen und großen Türmen geschlossen.<br />

Allein im Südwesten wurde das Abfolgeprinzip<br />

gezwungenermaßen durchbrochen: Die Türme<br />

39 und 40 sind beide groß, da sie ein Nebentor<br />

flankieren. Diese kleine Regelwidrigkeit wurde<br />

also bereits in der Baukonzeption hingenommen.<br />

Eine andere Abweichung vom Grundkonzept<br />

bleibt jedoch zunächst rätselhaft, nämlich warum<br />

Turm 33 ein großer und nicht ein kleiner Turm ist.<br />

Handelt es sich um einen Umbau?<br />

Vermessung und Baubefunde<br />

Turm 33 ist aufgrund seines Einbindens in die<br />

Kurtine bauzeitlich mit der Stadtmauer. Klar ist<br />

jedoch auch, dass seine Form offenbar noch<br />

nicht Bestandteil des Planungskonzepts war, was<br />

sich an maßlichen Zwängen und Ungereimtheiten<br />

am Übergang zwischen dem Turm und den<br />

Wehrgangsgaleriebögen zeigt. Offenbar sollte<br />

hier ursprünglich ein kleiner Turm stehen (Abb. 2).<br />

Weshalb dieser abgeändert wurde, liegt auf der<br />

Hand: Zwischen Turm 33 und Turm 34 verläuft<br />

der Wasserkanal in die Stadt. Sein verbesserter<br />

Schutz war offenbar plötzlich wichtiger als das<br />

Gestaltungsprinzip der Turmabfolge. Auch der<br />

Wasserkanal selbst ist bauzeitlich, was mehrere<br />

Autoren, die sich mit ihm befasst haben, betonen.<br />

Allerdings zeigen auch die Mauerdurchlässe<br />

bauliche Veränderungen. Die drei ursprünglichen<br />

Kanäle mit einem Querschnitt von jeweils ca. 90<br />

x 70 cm wurden nachträglich auf der Außenseite<br />

unterteilt, so dass hier nur noch sechs schlitzartige<br />

Öffnungen übrig blieben (Abb. 3).<br />

Warum wurden diese Änderungen kurz nach<br />

Baubeginn der Stadtmauer vorgenommen?<br />

Anmerkungen<br />

1 In dieser Kurzdarstellung wird auf ausführliche Nachweise<br />

verzichtet. Der interessierte Leser sei verwiesen auf: Catharine<br />

Hof, Neue Forschungen zur Stadtmauer von Resafa, in:<br />

45. Tagung für Ausgrabungswissenschaft und Bauforschung,<br />

Koldewey-Gesellschaft 45 (Bonn in Vorber.).<br />

2 Ibrahim Salman, Resafa, Syrien. Die Stadtmauer.<br />

Bauforscherische Untersuchungen zu den Türmen 33, 47<br />

und 49. Masterstudienarbeit, <strong>TU</strong> <strong>Berlin</strong>, FG Historische<br />

Bauforschung, Dorothée Sack (<strong>Berlin</strong> 2008).<br />

Schlussfolgerungen<br />

Das ursprüngliche Konzept der Stadtmauer von<br />

Resafa zeugt im Bereich des Wasserdurchlasses<br />

von einer beachtlichen Arglosigkeit der Erbauer.<br />

Amida war zum Baubeginn sicher noch nicht<br />

eingenommen. Nach dessen Fall wurde in<br />

Resafa die Querschnitte der Anfangs üppig<br />

bemessenen Wasserdurchflüsse vermindert und<br />

Abb. 1 Schemaplan des Grundkonzeptes der Stadtmauer von Resafa,<br />

2008. An Position 33 hätte ein kleiner Turm Platz finden sollen.<br />

Abb. 2 Ausschnitt des neuen Vermessungsplans, 2008. Links: Turm<br />

33 als kleiner Turm wie ursprünglich geplant. Rechts: Turm 33 wie<br />

ausgeführt als großer Turm in ungewöhnlich langgestreckter Form.<br />

Abb. 3 Wasserdurchlass zwischen Turm 33 u. 34, 2008.<br />

Oben: Erste Bauausführung mit drei Öffnungen, je ca. 90 x 70 cm<br />

und damit als Schlupfloch für eine Person geeignet.<br />

Unten: Unterteilung durch Zwischenpfeiler auf sechs Durchlässe mit<br />

jeweils nur ca. 30 cm Breite.<br />

Abb. 4 Römisch-Persischer Krieg 502–506, Route der Perser, 2008.<br />

ein zweiter Turm so hergerichtet, dass er bemannt<br />

sein konnte. Deshalb kann der Schluss gezogen<br />

werden, dass der Baubeginn der Stadtmauer vor<br />

dem Krieg, also vor 502, und nicht erst nach 506<br />

anzusetzen ist. Gegen einen Baubeginn nach 506<br />

spricht zudem, dass andere Projekte nach dem<br />

Krieg schlicht sehr viel wichtiger waren als die<br />

Stadtmauer von Resafa. So etwa die Neubauten<br />

Stand der Kenntnisse<br />

Inschriftlich belegt ist Baubeginn der Basilika B<br />

innerhalb der Stadt im Jahr 518. Von denselben<br />

Werkstattverbänden geschaffen, soviel gilt als<br />

nahezu sicher, wurden der Zentralbau und<br />

das Nordtor unserer Stadtmauer. Logische<br />

Erwägungen setzen dabei die Stadtmauer an den<br />

Beginn des Baugeschehens zum Ausbau der Stadt.<br />

Der Römisch-Persische Krieg von 502–506 wird<br />

bislang als auslösendes Moment gedeutet und<br />

damit das Jahr 506 als anscheinend schlüssiger<br />

terminus post quem betrachtet. Auch wenn die<br />

Quellen kaum etwas von Resafa selbst berichten,<br />

sagen sie evtl. mittelbar etwas über sie aus?<br />

Quellenberichte<br />

Der persische Herrscher Kawad I. (488–<br />

531), griff laut des Chronisten Josua Stylites<br />

zusammen mit den verbündeten arabischen<br />

Stämmen der Lakh miden unter der Führung<br />

von Nu‘man II. (499–503) römisches Gebiet<br />

an (Abb. 4). Ohne Gegenwehr ergaben sich<br />

die Städte Theodosiopolis und Martyropolis,<br />

so dass die Perser zügig auf Amida (Dyarbakir)<br />

weitermarschieren konnten. Die Bewohner dort<br />

leisteten als erste erbitterte Gegenwehr, wie der<br />

antike Historiker Zacharias Rhetor berichtet.<br />

Diverse Angriffe auf die Stadtmauer Amidas<br />

konnten vereitelt werden: Rammen, zwei Wälle<br />

sowie ein Tunnel blieben erfolglos. Erst nach drei<br />

für die Belagerer zermürbenden Wintermonaten<br />

brachte eine Beobachtung der Perser die Wende:<br />

ein heimlicher Grenzgänger aus der Stadt<br />

benutzte die Wasserkanäle durch der Mauer, um<br />

raus und wieder rein zu schlüpfen. Zwar wurde<br />

diese Stelle von einem Wachturm gesichert, aber<br />

die wachhabenden Mönche sollen in der Nacht<br />

des Angriffs betrunken eingeschlafen sein. Und so<br />

drangen nun hier persische Soldaten in die Stadt<br />

ein. Ein Massaker wurde an der Bevölkerung<br />

angerichtet und die Stadt völlig geplündert.<br />

Teile der Invasoren setzten ihren Zug dann nach<br />

Westen Richtung Edessa und Batnae fort. Und<br />

Kawad sorgte dafür, dass sich die Nachricht vom<br />

Untergang Amidas wie ein Lauffeuer bei den<br />

Römern verbreitete. Die Einwohner von Edessa<br />

reagierten rasch. Hier wurden beim Herannahen<br />

von Nu‘mans marodierender Männer in aller Eile<br />

die Mauern ausgebessert, die Stadttore blockiert,<br />

Gräben gezogen und die Wasserschleußen<br />

vergittert. Dank dieser Maßnahmen hielt die Stadt<br />

den Angriffen stand. Die wasserbautechnischen<br />

Vorkehrungen machten Schule: Auch für die<br />

505–507 neu errichteten Grenzfeste Dara-<br />

Anastasiopolis sind besondere Sicherungen<br />

des Wasserdurchflusses durch die Stadtmauer<br />

dokumentiert. Auch in Resafa musste reagiert<br />

worden sein.<br />

von Dara und Zenobia oder die Reparaturen in<br />

Amida, Edessa und Batnae. An diesen Orten<br />

wurden die im Ostreich verfügbaren Bauleute,<br />

insbesondere Steinmetze gebraucht. Ein so<br />

ambitioniertes Projekt, wie es das Bauprogramm<br />

von Resafa insgesamt war, konnte nur in einer<br />

ruhigen Zeit und damit vor dem Krieg ersonnen<br />

und mehr noch angegangen worden sein.<br />

JAHRBUCH MSD 2007-09 33

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