denk x 10 - Aktuell - TU Berlin
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LAUFENDE PROJEKTE<br />
RESAFA, SYRIEN. KONSOLIDIERUNGS- UND RESTAURIERUNGSMASSNAHMEN<br />
Basilika A, temporäre Stützkonstruktionen zur Sicherung besonders gefährdeter Bereiche<br />
Die Bausubstanz der im ausgehenden fünften<br />
Jahrhundert errichteten Basilika A ist seit ihrer<br />
Errichtung durch überregionale und lokale<br />
geologische Faktoren gefährdet. Erdbeben und<br />
der durch unterirdische Dolinen geschwächte<br />
Baugrund haben seit Erbauung der Kirche bis<br />
zur Aufgabe der Stadt im13. Jahrhundert bereits<br />
zu umfangreichen Schäden und Sicherungsarbeiten<br />
geführt. Die im Rahmen der Herbstkampagne<br />
2008 durchgeführten Konsolidierungsmaßnahmen<br />
sind eine Fortsetzung verschiedener<br />
Arbeiten der Syrischen Antikendirektion sowie des<br />
Deutschen Archäologischen Institutes, die bis in<br />
die 1960er Jahre zurückreichen. Hauptursache für<br />
die momentane Gefährdung der Bausubstanz sind<br />
neben dem schleichenden Zerfall des Baustoffes<br />
vor allem Senkungen des Baugrundes im östlichen<br />
Bereich der Kirche. Für die aktuellen Maßnahmen<br />
wurden zunächst drei besonders gefährdete<br />
Bereiche ausgewählt (Gutachten Klaus Dierks).<br />
Es handelt sich um jeweils einen Abschnitt des<br />
südlichen und nördlichen Seitenschiffes, der sich<br />
von dem Stützmassiv (Contrefort) löst, und um<br />
die Südarkade des Hauptschiffes direkt neben der<br />
Apsis.<br />
Um eine umgehende Sicherung dieser Wandzonen<br />
zu gewährleisten, die neben der Bewahrung<br />
der Bausubstanz auch die Verkehrssicherheit des<br />
Gebäudes zum Ziel hatte, sind vor Beginn der<br />
Kampagne in <strong>Berlin</strong> hölzerne Bockgerüste für<br />
die entsprechenden Gefahrenbereiche konzipiert<br />
worden (Ingo Eilers/Isabelle Frase). Eine erste<br />
Begehung vor Ort ergab, dass die Pläne der<br />
Bockgerüste teilweise überarbeitet werden mussten,<br />
da sowohl im nördlichen als auch im südlichen<br />
Seitenschiff eine große Anzahl von Mauerquadern<br />
lagert. Die Beräumung der aus Gipsstein bestehenden<br />
Blöcke mit den in Resafa zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln hätte eine größere Gefahr für<br />
deren Substanz bedeutet, als diese an ihrem Ort zu<br />
belassen und als Substruktion sowie als Widerlager<br />
für die temporären Stützkonstruktionen zu nutzen.<br />
Durch die Modifikationen im nördlichen sowie<br />
südlichen Seitenschiff, wurden die Konstruktionen<br />
kürzer und es konnte teures Holz eingespart<br />
werden (Beratung Frithjof Berger).<br />
Als problematisch erwies sich bereits vor Beginn<br />
der Kampagne die Beschaffung geeigneter<br />
Bauhölzer. Die in der ersten Planung favorisierte<br />
Verwendung von gesägten Balken konnte nicht<br />
realisiert werden, da weder Hölzer entsprechender<br />
Länge noch entsprechenden Querschnittes in<br />
Basilika A, Lage der Gefahrenbereiche, an denen im Herbst 2008<br />
temporäre Konsolidierungsmaßnahmen durchgeführt wurden.<br />
Temporäre Stützkonstruktion an der Südarkade des Hauptschiffes<br />
neben der Apsis, Ausführungsplanung, Sept. 2008 (I. Frase).<br />
der näheren Umgebung von Resafa zu beschaffen<br />
waren. Es war daher von Nöten, die bis zu acht<br />
Meter langen Balken vor Ort aus drei Lagen<br />
Bohlen von bis zu sechs Metern Länge herzustellen.<br />
Die Binder wurden im Hof des Grabungshauses<br />
vorgefertigt (genagelt und geschraubt), das genaue<br />
Zusägen der gefertigten Balken erfolgte jedoch erst<br />
unmittelbar vor dem Aufrichten des Bockgerüstes<br />
in der Basilika.<br />
Die für die Bauarbeiten benötigten Werkzeuge<br />
wurden zum größten Teil aus Deutschland mitgebracht.<br />
In Syrien wurden vor allem das Holz und<br />
die Nägel gekauft. Das Schwinden der Hölzer<br />
führte zu einer geringfügigen Verdrehung, die beim<br />
Aufrichten der Konstruktionen berücksichtigt werden<br />
musste. Als günstig erwies sich dabei die bereits<br />
zuvor entschiedene Verbindung der einzelnen<br />
Elemente durch Knaggen und Laschen. Diese<br />
einfache, klassische Verbindung erlaubt einerseits,<br />
eventuelle Verformungen auszugleichen und ihre<br />
Herstellung bedarf andererseits keinerlei spezielle<br />
Kenntnisse des Zimmermannshandwerkes. Es ist<br />
bei der Planung stets darauf geachtet worden,<br />
dass die Arbeiten mit den in Syrien vorhandenen<br />
technischen Möglichkeiten und mit in Resafa<br />
und Umgebung lebenden, ungelernten Arbeitern<br />
durchgeführt werden können (Koordination Tobias<br />
Horn/Chafiq Hamzé).<br />
Temporäre Stützkonstruktion im südlichen Seitenschiff, Ausführungsplanung,<br />
Sept. 2008 (I. Frase).<br />
Isabelle Frase, Tobias Horn<br />
TECHNISCHE UNIVERSITÄT BERLIN, FAKULTÄT VI, INSTI<strong>TU</strong>T FÜR ARCHITEK<strong>TU</strong>R<br />
UNIV.-PROF. DR.-ING. DOROTHÉE SACK, FACHGEBIET HISTORISCHE BAUFORSCHUNG, MASTERS<strong>TU</strong>DIUM DENKMALPFLEGE,<br />
STRASSE DES 17. JUNI 152, SEKR. A 58, <strong>10</strong>623 BERLIN, TEL. 030-314-796 11, MAIL: msd@tu-berlin.de<br />
Temporäre Stützkonstruktion an der Südarkade des Hauptschiffes<br />
neben der Apsis, Sept. 2008 (Foto T. Horn).<br />
Für das Aufrichten stand ein altes, bereits in<br />
früheren Restaurierungsmaßnahmen verwendetes<br />
Gerüstsystem aus Wasserrohren zur Verfügung,<br />
welches von den Arbeitern für die entsprechenden<br />
Aufstellungsorte modifiziert werden konnte. Das<br />
Bockgerüst selbst ist mit zunehmenden Baufortschritt<br />
als Arbeitsgerüst genutzt worden. Für<br />
die Begehbarkeit und Sicherheit der Arbeiter war<br />
es daher unumgänglich, das vor der Südarkade<br />
stehende Contrefort von Schutt- und Staubschichten<br />
zu bereinigen.<br />
Im Laufe der Arbeiten zeigte sich deutlich, dass<br />
die Arbeitsprozesse von den syrischen Arbeitern<br />
zunehmend schneller absolviert werden konnten<br />
und auch die Ausführung der handwerklichen<br />
Arbeit schrittweise besser wurde. Besonders die<br />
jüngeren Arbeiter wurden durch die Übernahme<br />
von Verantwortung für einzelne Teilaufgaben<br />
stark motiviert. Die Einbeziehung der örtlichen<br />
Bevölkerung hat nicht nur positive Auswirkung<br />
auf deren Kenntnisse und handwerklichen<br />
Fähigkeiten, sondern befördert auch durch die<br />
Identifikation mit ‚ihrer Baustelle‘ die Akzeptanz<br />
und Nachhaltigkeit der Arbeiten vor Ort.<br />
Erste Vorschläge zur dauerhaften Sicherung der<br />
Basilika A konnten bei einem Workshop vor Ort<br />
bereits vorgestellt werden (Martin Klessing/Frithjof<br />
Berger).<br />
Temporäre Stützkonstruktion im südlichen Seitenschiff, Sept.<br />
2008 (Foto I. Frase).<br />
JAHRBUCH MSD 2007-09 35