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Prof. Dr. Franco Rest, Dortmund Vortrag beim Hospiztag 2011 „Mein ...

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Auf ihrem letzten Weg möchten die Menschen ihren Tod unverzögert und<br />

unbeschleunigt finden. Wenn es das Gesündeste geworden ist, zu sterben, dann<br />

lehnen sie Sterbensverlängerungen ebenso ab wie aktive Sterbehilfe bzw.<br />

Euthanasie. (Ich spreche absichtlich nicht von Lebensverlängerung, weil diese<br />

gänzlich andere Maßnahmen verlangen, als sie bei Sterbensverlängerungen<br />

angeboten werden. Lebensverlängerungen lehnt niemand ab; sonst gäbe es keine<br />

Intensivmedizin, keine Notfallmedizin und keine Organtransplantationen.).<br />

Auf ihrem letzten Weg möchten die Menschen persönlich, individuell behandelt<br />

werden, nicht fremd geleitet. Rainer Maria Rilke sagte, wer zu seinem Sterben<br />

keinen eigenen, seiner Persönlichkeit, seinen Lebenssehnsüchten und –visionen<br />

entsprechenden Tod mitbringt, der darf sich nicht wundern, wenn ihm ein fremder Tod<br />

verpasst wird, der gerade nichts anderes zu tun hat.<br />

Auf dem letzten Weg möchten die Menschen schmerz- und symptomkontrolliert und<br />

begleitet sein ggf. sogar 24 Stunden an 7 Tagen der Woche; spirituell angenommen –<br />

wohl gemerkt nicht religiös oder gar in den Abhängigkeiten einer bestimmten<br />

Konfession, sondern entsprechend den eigenen inneren Bildern und den<br />

persönlichen Hoffnungen. Aber frei von Schuld und Verdammnis, also frei von den<br />

menschenverachtenden disziplinierenden Botschaften einiger besonders<br />

monotheistischer Religionen, die von Schuld, endzeitlichen Gerichtsurteilen, ewigen<br />

Verdammnissen, von Höllen und Fegefeuern reden. Wer da stirbt, sollte wissen, dass<br />

er erlöst ist und nicht erst erlöst wird, weil Gottes Liebe immer größer ist, als die<br />

Fähigkeit des Menschen zur Sünde.<br />

Auf dem letzten Weg möchten die Menschen einsam sein dürfen, aber dabei nicht<br />

allein. Einsamkeit ist der Weg des Menschen zum Einswerden mit der Natur, den<br />

Mitmenschen, mit Gott und seinem Schicksal. Einsamkeit ist eine Kraft, eine<br />

lebendige Sterbensenergie, die nur durch Vereinsamungen aller Art gestört werden<br />

kann. Sie möchten angstfrei sein dürfen, aber sie wollen deshalb nicht ohne Furcht<br />

sterben. Furcht ist ebenfalls eine Kraft; sie wächst von Innen und meldet sich, wenn<br />

man sie braucht. Ängste dagegen haben Ursachen und werden angetan. Ängste<br />

kann man therapieren; die Furcht aber kann man nur schützen und miteinander<br />

ertragen.<br />

Auf dem letzten Weg möchten die Sterbenden andere Menschen nicht belasten.<br />

Deshalb bieten wir hospizlich Entlastungen für die Belasteten an. Sie möchten die<br />

eigene Biographie abschließen, weshalb wir biographische Pflege und basale<br />

Stimulationen einüben, mit denen wir uns sogar der Persönlichkeit irreversibel<br />

Komatöser, Bewusstloser, selbst den Wach-Koma-Patienten und den Apallikern<br />

annähern.<br />

Letztlich wollen die Menschen auf ihrem letzten Weg Lebenssättigung erlangen und<br />

sozial integriert bleiben. Wer lebenssatt und sozial integriert ist, braucht keine<br />

Fütterungen mehr; aber wer sozial verstoßen und noch lebenshungrig ist, der<br />

braucht Lebenshilfe statt Sterbebegleitung, braucht Fütterung statt Abschied, braucht<br />

Zuwendung satt „Loslassen“.<br />

Sie merken, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, dahinter verbirgt sich ein<br />

umfangreiches Programm, eine Vielfalt von Lernbarem. Hier könnten wir jene<br />

Energien sinnvoll einsetzen, die z.Zt. noch in rechtliche Regelungen, Gesetze und<br />

Verfügungen münden.

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