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elements32 - Evonik Industries

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<strong>elements32</strong><br />

S c i e n c e n e w S l e t t e r<br />

e v o n i k M e e t S S c i e n c e 2 0 1 0<br />

Die Zukunft der Energie<br />

3 0 3 1 3 3 2 0 1 0<br />

D e S i G n i n G w i t H P o l Y M e r S<br />

Additive Manufacturing: digitale Schichtarbeit<br />

c o A t i n G & B o n D i n G t e c H n o l o G i e S<br />

Percarbonat: das umweltfreundliche<br />

Bleichmittel für Wachstumsmärkte


Patrik Wohlhauser<br />

vorsitzender der<br />

Geschäftsführung der<br />

evonik Degussa GmbH<br />

e D i t o r i A l<br />

chancen nutzen<br />

Unser Projekthaus Functional Films & Surfaces hat seine Arbeit erfolgreich beendet und alle Projekte<br />

an die operativen Bereiche abgegeben. Ursprünglich hatte sich das Team vorgenommen, elf The men<br />

zu bearbeiten, doch schnell war klar, dass sich vier davon nicht sinnvoll realisieren ließen. Manches<br />

Projekt war zu forschungsintensiv für die zur Verfügung stehende Zeit, bei manchem war die patentrechtliche<br />

Lage problematisch oder es wäre eine sehr hohe Investition notwendig gewesen. Die Projekt<br />

hausforscher konzentrierten sich deshalb auf die sieben verbliebenen Themen und das Ergebnis<br />

gibt ihnen recht: Einige Entwicklungen befinden sich bereits in der Markteinführung, andere stehen<br />

unmittelbar davor.<br />

Das Team war auch deshalb so erfolgreich, weil es seine Chancen richtig eingeschätzt und genutzt<br />

hat. Ein Grundsatz, den wir auch beim Portfoliomanagement beherzigen: In der Chemie werden wir<br />

konsequent in Wachstumsfelder investieren. Profitieren wollen wir insbesondere von den Megatrends<br />

Ressourceneffizienz, Gesundheit und Ernährung sowie Globalisierung von Tech nologien. Hier sind<br />

wir bereits heute in zahlreichen wichtigen Märkten führend und werden unsere guten Positionen<br />

wei ter ausbauen.<br />

Eine Paradebeispiel sind unsere Aminosäuren für die Tierernährung. Wer sie dem Tierfutter<br />

zusetzt, sorgt nicht nur für eine ausgewogenere Ernährung der Tiere, sondern schont auch Res sourcen<br />

und Umwelt. Das haben wir in einer Ökobilanz nachgewiesen, die der Technische Über wachungsverein<br />

Rheinland, ein weltweit anerkannter, unabhängiger Gutachter, nun zertifiziert hat. Das Zertifikat<br />

belegt, dass wir Umweltauswirkungen, Energie­ und Rohstoffverbrauch der Aminosäuren über<br />

den gesamten Lebenszyklus sorgfältig und unvoreingenommen bilanziert haben. Die Ergeb nisse lassen<br />

damit nur einen Schluss zu: Der Zusatz unserer Aminosäuren zum Tierfutter ist eine äußerst nachhaltige<br />

Form, um Tiere gesund zu ernähren, die wachsende Weltbevölkerung mit Eiern, Milch und<br />

Fleisch zu versorgen und dabei möglichst wenig Spuren in der Umwelt zu hinterlassen. Unsere Aminosäuren<br />

sind damit eine Antwort auf den Megatrend Ernährung und Gesundheit und zugleich Treiber<br />

einer positiven geschäftlichen Entwicklung und einer Steigerung des Unter nehmenswerts von <strong>Evonik</strong>.<br />

Portfoliomanagement heißt aber auch, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich<br />

die operativen Bereiche voll auf ihr Geschäft konzentrieren können. Ein wichtiger Ansatzpunkt hierbei<br />

sind die für unseren Konzern lebensnotwendigen Infrastrukturdienstleistungen. Wie wichtig sie sind,<br />

zeigen die Zahlen: In Deutschland und Antwerpen werden diese Dienstleistungen derzeit von rund<br />

7.000 Mitarbeitern erbracht, die gemeinsam einen Umsatz von 1,6 Milliarden Euro bewegen. Zum 1. Oktober<br />

werden wir die Standortservices zu einer Site­Service­Einheit bündeln, die auf gleicher Augenhöhe<br />

neben den Geschäftsbereichen der Chemie steht – so können wir die Lei stungs potenziale dieser<br />

Services besser nutzen und entlang den Markterfordernissen weiter entwickeln. Damit nutzen wir<br />

auch hier die Chance auf Produktivität, nachhaltiges Wachstum und langfristig sichere Arbeits plätze.<br />

<strong>elements32</strong> | 2010 n e w S<br />

inhalt<br />

4 Neue Anlage zur Produktion von<br />

Katalysatoren in Schanghai<br />

4 Mehrheit an amerikanischem<br />

Silicahersteller übernommen<br />

5 Katalyse: <strong>Evonik</strong> baut Engagement<br />

in Indien aus<br />

5 Vorvertrag für Joint Venture zur Produktion<br />

von Superabsorbern in Saudi-Arabien<br />

licht effektvoll in Szene<br />

gesetzt: Die leuchte<br />

tulip.MGX von Mate rialise<br />

weist filigrane Hohlstrukturen<br />

auf, wie sie<br />

nur durch Additive<br />

Manu facturing erzeugt<br />

werden können<br />

(ab S. 18)<br />

e vo n i k M e e t S S c i e n c e 2 0 1 0<br />

6 Die Zukunft der Energie<br />

i n n o vAt i o n M A n AG e M e n t<br />

12 Projekthaus Functional Films & Surfaces:<br />

Transferleistung als Maßstab des Erfolgs<br />

n e w S<br />

16 HyaCare® Filler CL – der topische Faltenglätter<br />

16 PLEXIGLAS RESIST® AAA: neue<br />

Stegplatte mit AntiAlgenAusstattung<br />

17 nano+art-Wettbewerb –<br />

Tag und Nacht im Zwergenreich<br />

D e S i G n i n G w i t H P o lY M e r S<br />

18 Digitale Schichtarbeit: Additive Manufacturing<br />

birgt vor allem für die Kleinserienfertigung<br />

ungenutztes Potenzial<br />

H o c H S c H u l e<br />

24 Dem Nachwuchs verpflichtet: 27 Mitarbeiter von<br />

<strong>Evonik</strong> unterrichten derzeit an deutschen Hochschulen<br />

coAt i n G & B i n D i n G t e c H n o lo G i e S<br />

26 Hot Stamping: mit Sicherheit auffallen<br />

28 Percarbonat: das umweltfreundliche Bleichmittel<br />

für Wachstumsmärkte<br />

36 t e r M i n e u n D i M P r e S S u M<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter


+++ <strong>Evonik</strong> <strong>Industries</strong> baut in Asien Kapazitäten für Spezialkunststoffe aus<br />

evonik industries, bereits heute einer der weltweit führenden<br />

Anbieter von Produkten der Methacrylatchemie, baut seine Produktionskapazitäten<br />

für PMMA­Formmassen in den Anlagen im<br />

Süden von Schanghai (china) und in taichung (taiwan) aus.<br />

Außer dem erweiterte evonik seine kapazität für Methacrylsäure<br />

im Großkomplex MAtcH in Schanghai, der erst vor neun Monaten<br />

in Betrieb genommen wurde. „wir wollen insbesondere da<br />

wachsen, wo sich die Märkte überdurchschnittlich entwickeln.<br />

wir verzeichnen für unser kunststoffgeschäft in Asien attraktive<br />

wachs tumsraten. Deshalb investieren wir schnell und konsequent<br />

in die erweiterung unserer Anlagen“, erklärte Dr. klaus engel,<br />

vor standsvorsitzender der evonik industries AG.<br />

Die 2007 in taichung in Betrieb genommene Anlage produziert<br />

in einem Joint venture, der evonik Forhouse optical Polymers<br />

corporation, bisher 40.000 tonnen PleXiGlAS® Form­<br />

Die in Schanghai produ-<br />

zierten PLEXIGLAS®<br />

Form massen werden unter<br />

anderem in die Automobilbranche<br />

in Asien geliefert.<br />

Die Spezialformmasse<br />

PLEXIGLAS® CoolTouch®<br />

beispielsweise eignet sich<br />

aufgrund ihrer Wärme<br />

reflektierenden Wirkung<br />

für Anwendungen im<br />

Dachbereich<br />

+++ Neue Anlage für Wirkstoffproduktion in China<br />

evonik hat in china eine Anlage zur Herstellung von pharmazeutischen<br />

wirkstoffen in Betrieb genommen. Sie wird unter anderem<br />

den chinesischen Markt versorgen und hat eine kapazität von<br />

70 kubikmetern, die bei Bedarf verdoppelt werden kann. Die Anlage<br />

in nanning in der Provinz Guangxi wurde in Zusammenarbeit<br />

mit einem europäischen Pharmaunternehmen errichtet, für das<br />

evonik im rahmen eines langjährigen liefervertrags verschiedene<br />

wirkstoffe entsprechend den wichtigen Qualitäts siche rungsrichtlinien<br />

der Pharmaindustrie cGMP (current Good Manu fac turing<br />

Practices) produzieren wird.<br />

errichtet wurde die Anlage in nur 15 Monaten. „Das war nur<br />

möglich durch die hervorragende unterstützung der regierung<br />

der autonomen Provinz Guangxi, der Stadt nanning und des<br />

kreises wuming“, betonte Dr. Hans­Josef ritzert, leiter des Geschäftsgebiets<br />

exclusive Synthesis & Amino Acids, bei der offiziellen<br />

inbetriebnahme, an der neben chinesischen Politikern auch<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

news<br />

mas sen pro Jahr für lichtleiterplatten (light Guide Panels), die in<br />

Flachbildschirmen eingebaut werden. vor allem in Asien verzeichnen<br />

diese Flachbildschirme eine deutlich steigende nachfrage.<br />

Bereits im zweiten Quartal 2011 soll die Anlagenerweiterung<br />

von weiteren 20.000 tonnen pro Jahr in taichung den Betrieb<br />

aufnehmen.<br />

Die PMMA­Anlage in Schanghai stellt in der ersten Aus baustufe<br />

seit november 2008 rund 18.000 tonnen pro Jahr her. Die<br />

Produkte werden als umfassendes Sortiment an PleXiGlAS®<br />

Formmassen in die unterschiedlichen industriezweige wie zum<br />

Beispiel die Automobil­, Beleuchtungs­ und elektronikbranche in<br />

Asien geliefert. Auch in diesen Marktsegmenten ist die nachfrage<br />

nach PleXiGlAS® Formmassen deutlich gestiegen, so dass auch<br />

die geplante zweite Ausbaustufe von weiteren 18.000 tonnen<br />

pro Jahr nun beschleunigt fertig gestellt wird. Der Start der erweiterten<br />

Produktionskapazitäten ist für<br />

das zweite Halbjahr 2011 geplant. Darüber<br />

hinaus hat evonik in Schanghai in der<br />

Großanlage MAtcH die Produktions kapa<br />

zität für Methacrylsäure auf 25.000 tonnen<br />

ausgebaut. Die erweiterte kapazität<br />

ging im Mai 2010 in Betrieb.<br />

evonik industries setzt mit diesen<br />

Schritten seine Serie von investitionen in<br />

Asien weiter fort: vor rund neun Monaten,<br />

im november 2009, hatte der konzern in<br />

Schanghai die Arbeiten am Großkomplex<br />

MAtcH für kunststoffe, kunststoffvorprodukte<br />

und lacksysteme weitgehend<br />

vollendet und die 250 Millionen euro teure<br />

Anlage in Betrieb genommen. Dies war<br />

die größte investition des konzerns in<br />

china.<br />

kunden aus aller welt teilnahmen. evonik ist bereits seit 2001 in<br />

nanning aktiv – zunächst als Partner in einem Joint venture und<br />

seit 2005 als alleiniger inhaber dieses unternehmens, das seither<br />

als evonik rexim (nanning) Pharmaceuticals co. ltd. firmiert und<br />

cGMP­konforme Aminosäuren und Aminosäurederivate durch<br />

biotechnologische verfahren produziert. Mit der neuen Anlage<br />

zur wirkstoffproduktion verfügt evonik nun über ein weiteres<br />

starkes Standbein in nanning.<br />

„Die neue Anlage ist Ausdruck unserer Strategie der horizontalen<br />

integration“, sagte ritzert. Der Begriff horizontale inte gration<br />

steht für ein netzwerk aus westlichen (europa, nafta) und<br />

asiatischen Produktionsstandorten, mit dem evonik den kunden<br />

maßgeschneiderte, exklusive lösungen entlang der gesamten<br />

wert schöpfungskette von Pharmawirkstoffen bietet. „Mit dieser<br />

Anlage werden wir unsere Position als leistungsstarker Partner in<br />

der exklusivsynthese weiter festigen“, so ritzert.<br />

3


+++ Neue Anlage zur Produktion von Katalysatoren in Schanghai<br />

evonik industries hat in Schanghai (china) im Juni 2010 eine neue<br />

Anlage zur Produktion von edelmetallpulverkatalysatoren offiziell<br />

in Betrieb genommen. Die in der Anlage hergestellten kata lysatoren<br />

kommen in der Pharma­, Fein­ und industriechemie zum<br />

einsatz, um beispielsweise vitamine und Pharmawirkstoffe oder<br />

vorprodukte für Polyurethane herzustellen, die unter anderem zu<br />

Schäumen für Autositze und zur isolierung von kühlschränken<br />

verarbeitet werden. Zahlreiche kunden und Behördenvertreter<br />

nahmen an der eröffnungsfeier teil. evonik ist weltweit führend<br />

bei edelmetallpulverkatalysatoren und betreibt außer der Anlage<br />

in Schanghai noch vier weitere Produk tions standorte in Hanau<br />

(Deutschland), tsukuba (Japan), Americana (Brasilien) und<br />

calvert city (kentucky, uSA).<br />

„Mit der neuen Anlage können wir nun auch den chinesischen<br />

Markt direkt aus lokaler Produktion versorgen“, sagte Dr. wilfried<br />

eul, leiter des Geschäftsgebiets catalysts von evonik. Der Standort<br />

Schanghai bietet hierfür ideale Bedingungen, da er in unmittelbarer<br />

nähe zu den Provinzen Jiangsu und Zhejiang liegt, wo<br />

zahlreiche Pharma­ und Feinchemieunternehmen ansässig sind.<br />

Die nähe zu den kunden ermögliche es, Produkte und Services<br />

optimal auf die Bedürfnisse der chinesischen industrie auszurichten.<br />

„Damit können wir noch stärker am überdurchschnittlichen<br />

wachstum des chinesischen Pharma­ und Feinchemiemarkts teilhaben<br />

und unsere Marktposition weiter ausbauen“, so eul.<br />

evonik komplettiert damit nun auch in china den Service von<br />

der Bemusterung über die Anwendungstechnik bis hin zur<br />

Produktion der katalysatoren und dem edelmetallmanagement.<br />

+++ Mehrheit an amerikanischem Silicahersteller übernommen<br />

Kolloidale Silica werden unter anderem beim Polieren<br />

von elektronischen Halbleitern eingesetzt<br />

Eröffnungsfeier für die neue Katalysatoranlage in Schanghai<br />

„Damit können wir unseren kunden den für ihre Anwendung optimierten<br />

katalysatortyp zu deutlich kürzeren lieferzeiten anbieten“,<br />

betonte tim Busse, verantwortlich für das Geschäftsgebiet<br />

catalysts in china. neben der anwendungstechnischen unter stützung<br />

der kunden bei der verwendung der katalysatoren ist das<br />

edelmetallrecycling ein wichtiger Servicebaustein. Hier bietet<br />

evonik in enger Zusammenarbeit mit Heraeus (www.heraeus.<br />

com) in Schanghai die rückgewinnung der edelmetalle direkt in<br />

china an und schließt so den edelmetallkreislauf innerhalb des<br />

landes. Für die kunden bedeutet dies einen deutlichen kostenvorteil.<br />

„Die leistungsfähigkeit der katalysatoren von evonik in<br />

ver bindung mit dem kompletten Serviceangebot wird vom Markt<br />

sehr positiv angenommen“, so Busse. Das bestätigen auch die<br />

zahl reichen teilnehmer eines kürzlich veranstalteten kunden semi<br />

nars für die regionale Pharma­, Farbstoff­ und vitaminindustrie<br />

sowie die Fein­ und Agrochemie.<br />

evonik industries hat die Mehrheit an dem uS­amerikanischen<br />

Silicahersteller Harris & Ford Silco llc., Portland/oregon, übernommen.<br />

„Die Übernahme stärkt die Position von evonik als ein<br />

Schlüsselproduzent von Spezialchemikalien für stark wachsende<br />

Branchen wie die Halbleiterindustrie“, so thomas Hermann,<br />

leiter des Geschäftsbereichs inorganic Materials, zu dem das in<br />

evonik Silco Materials umbenannte unternehmen künftig gehört.<br />

Der Sitz bleibt Portland.<br />

evonik Silco Materials produziert hochreine kolloidale Silica.<br />

Diese hochfeinen kieselsäuren werden unter anderem beim Polie<br />

ren von elektronischen Halbleitern eingesetzt. Sie sind eine<br />

Schlüsselkomponente des sogenannten chemical Mechanical Polishing<br />

(cMP)­Prozesses, wo evonik industries schon seit vielen<br />

Jahren als verlässlicher Hersteller von pyrogenen oxiden AeroSil®<br />

(Silica) und AeroXiDe® (ceria, Alumina) etabliert ist. Mit seinem<br />

neuen unternehmen sei evonik jetzt noch besser positioniert, so<br />

Hermann, „um unsere kunden aus der chipindustrie mit qualitativ<br />

hochwertigen und wettbewerbsfähigen Partikeln zukünftig als<br />

komplettanbieter zu versorgen.“ Hermann sieht hier gute chancen<br />

für evonik; für ihn ist die Akquisition eine win­win­<br />

Situation: „kolloidale Silica sind ein wachstumsmarkt und evonik<br />

ist ein wachstumsorientiertes unternehmen.“<br />

4 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


+++ Katalyse: <strong>Evonik</strong> baut Engagement in Indien aus<br />

evonik hat das Geschäft mit edelmetallpulverkatalysatoren der<br />

ra vindra Heraeus Pvt. limited, udaipur (rajasthan, indien), erworben.<br />

Damit gehen know­how, technologie und die Geschäftsbeziehungen<br />

mit katalysatorkunden von ravindra Heraeus auf<br />

evonik über, während die Produktionseinrichtungen bei dem indischen<br />

unternehmen verbleiben. Beide Partner haben außerdem<br />

langfristige verträge bezüglich lohnfertigung und edelmetallrecyc<br />

ling geschlossen. Danach wird ravindra Heraeus an seinem<br />

Standort udaipur im Auftrag von evonik edelmetall pulver kata lysatoren<br />

für den indischen Markt produzieren sowie verbrauchte<br />

katalysatoren rezyklieren. Die katalysatoren für das bereits bestehende<br />

indien­Geschäft von evonik wurden bislang aus Deutschland<br />

eingeführt. Diese Produkte werden zukünftig ebenfalls in<br />

indien bei ravindra Heraeus hergestellt.<br />

edelmetallpulverkatalysatoren kommen in Synthesen in der<br />

Phar ma­, Fein­ und industriechemie zum einsatz, um beispielsweise<br />

Pharma­ oder Agrowirkstoffe selektiv und kosteneffizient<br />

herzustellen. Der indische Pharma­ und Feinchemiemarkt verzeichnet<br />

seit mehreren Jahren ein überdurchschnittliches wachstum.<br />

Grund sind die outsourcing­Strategien von Pharma­ und Agrokon<br />

zernen, wonach diese die wirkstoffe nicht mehr selbst herstellen,<br />

sondern von Feinchemieunternehmen produzieren lassen.<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

news<br />

„Mit Heraeus als starkem, leistungsfähigen Partner können<br />

wir nun auch die kunden in indien mit unseren hochwertigen<br />

edel metallkatalysatoren aus lokaler Produktion versorgen und<br />

ihnen das komplette leistungspaket beim edelmetallmanagement<br />

anbieten“, sagte Dr. wilfried eul, leiter des Geschäftsgebiets<br />

cata lysts von evonik.<br />

Für die kunden bedeutet dies eine kurze Bearbeitungszeit<br />

und die integration in den lokalen edel me tall kreislauf, wodurch<br />

importzölle und langwierige einfuhrprozesse vermieden werden.<br />

„Das ermöglicht es uns, besser an dem überdurchschnittlichen<br />

wachstum der Pharma­ und Feinche mie branche indiens<br />

teilzunehmen und unsere führende Position bei edel me tallpulverkatalysatoren<br />

weiter auszubauen“, so eul. evonik produziert<br />

edelmetallpulverkatalysatoren an den Stand orten Hanau<br />

(Deutschland), tsukuba (Japan), Americana (Bra silien), calvert<br />

city (kentucky, uSA) und seit Juni diesen Jahres auch in Schanghai<br />

(china).<br />

ravindra Heraeus, ein edelmetallunternehmen, ist ein Joint<br />

ven ture zwischen dem weltweit führenden edelmetall­ und<br />

tech nologieunternehmen Heraeus mit Sitz in Hanau (Deutschland)<br />

und dem indischen Familienunternehmen ravindra choksi;<br />

beide halten jeweils einen Anteil von 50 Prozent.<br />

+++ Vorvertrag für Joint Venture zur Produktion von Superabsorbern in Saudi-Arabien<br />

Superabsorber sind ein wesentliches Basismaterial für die<br />

Herstellung von Hygieneprodukten wie Windeln. Das Foto zeigt<br />

ein anwendungstechnisches Labor von <strong>Evonik</strong> in Krefeld<br />

evonik industries, die national industrialization company (tasnee)<br />

und Sahara Petrochemicals beabsichtigen die Gründung eines<br />

Joint ventures zur Produktion von Superabsorbern. Am Standort<br />

Jubail in Saudi­Arabien wollen die Partner gemeinsam eine hochmoderne<br />

world­Scale­Anlage mit einer jährlichen kapazität von<br />

80.000 tonnen bauen, die im ersten Quartal 2013 in Betrieb gehen<br />

soll. Dr. klaus engel, vorstandsvorsitzender von evonik, und<br />

Dr. Moayyed i. Al­Qurtas, ceo von tasnee,<br />

unterzeichneten da zu einen entsprechenden<br />

vorvertrag in riad. „Das ist ein<br />

bedeutender Schritt für unseren konzern<br />

im wachstumsmarkt Mitt lerer osten.<br />

unsere führende Stellung bei Superabsorbern<br />

bauen wir damit entscheidend aus“,<br />

sagte engel. evonik ist welt weit ein führender<br />

Hersteller für Superabsorber, die<br />

wesentliches Basis ma terial für die Herstellung<br />

von Hygie ne produkten wie windeln<br />

und Binden sind.<br />

Das geplante Joint venture für Superab<br />

sorber wird von der günstigen rohstoffversorgung<br />

vor ort profitieren: Die notwendige<br />

Acrylsäure für die Herstellung<br />

von Superabsorbern soll aus einer benachbarten<br />

Anlage von SAMco bezogen werden.<br />

SAMco ist ein Joint venture zwischen<br />

tasnee und Sahara (Saudi Acrylic<br />

Acid company, SAAc) und Dow chemi cals. Die Zulieferung des<br />

ebenfalls benötigten Propylen erfolgt aus einer nahe gelegenen<br />

Anlage, die gemeinsam vom SAMco­Joint­venture tasnee und<br />

Sahara (tasnee Sahara olefins company, tSoc) und lyon dell<br />

Basell betrieben wird. Die geplante Superabsorberproduk tion in<br />

Saudi­Arabien wird durch die einbettung in die verbundstrukturen<br />

das erste Downstream­Projekt dieser Art sein.<br />

5


e v o n i k M e e t S S c i e n c e 2 0 1 0<br />

Die Zukunft der energie<br />

im Juni trafen sich mehr als 200 experten auf einladung von evonik in<br />

Marl. Sie diskutierten die möglichen wege und implika tionen einer<br />

nachhaltigen energie­ und ressourcenwirtschaft – ganz im Sinne des<br />

wissenschaftsjahres 2010.<br />

Energie ist das Thema Nummer eins im „Wis senschaftsjahr<br />

2010 – Die Zukunft der Energie“, einer<br />

Initiative des Bundesministeriums für Bildung und<br />

Forschung (BMBF). Umwelt­ und Klimaprobleme sowie<br />

schwindende Ressourcen sind die Ursachen. Wie sieht<br />

die künftige Energieversorgung aus? Und welchen Weg soll<br />

die Gesellschaft gehen, um natürliche Ressourcen möglichst<br />

effizient zu nutzen? Auf solche Fragen gibt es keine einfachen<br />

Antworten, dafür viele Ideen und Visionen. Auf seinem<br />

schon traditionellen Wissenschaftsforum „<strong>Evonik</strong><br />

Meets Science“ am 7. und 8. Juni schaffte <strong>Evonik</strong> einen<br />

Rahmen für Fachleute, um über diese offenen Fragen zu diskutieren,<br />

Denkanstöße zu geben und Experten miteinander<br />

zu vernetzen. Mehr als 200 Teilnehmer folgten der<br />

Einladung nach Marl.<br />

„<strong>Evonik</strong> Meets Science“ stand dabei ganz im Zeichen des<br />

Wissenschaftsjahres, denn Ressourceneffizienz ist nicht nur<br />

ein Thema der Energiebranche, sondern auch der Chemie:<br />

Chemische Produkte und Technologien sind wesentliche<br />

Voraussetzungen, damit sich Ressourcen besser nutzen lassen.<br />

Doch hierzu bedarf es vieler Innovationen. „Wissenschaft<br />

und Forschung sind die ehrgeizigen Eltern des Fortschritts“,<br />

sagte Dr. Klaus Engel, Vorsitzender des Vorstandes der<br />

<strong>Evonik</strong> <strong>Industries</strong> AG, bei<br />

der Eröffnung der Konferenz.<br />

<strong>Evonik</strong> hat diesen Zusammen<br />

hang schon lange verinnerlicht:<br />

„Ein Fünftel unseres<br />

Chemieumsatzes machen<br />

wir mit Produkten, die jünger<br />

als fünf Jahre sind“, so<br />

Engel.<br />

Dr. Klaus Engel<br />

Vorsitzender des Vorstandes<br />

der <strong>Evonik</strong> <strong>Industries</strong> AG<br />

6 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


<strong>Evonik</strong> hatte im Oktober 2008 das Science­to­Business<br />

(S2B) Center Eco² unter Leitung der strategischen Forschungseinheit<br />

Creavis Technologies & Innovation gegründet,<br />

in dem Experten interdisziplinär Lösungen für Res sourcen­<br />

und Energieeffizienz entwickeln. Auf der Suche nach<br />

einer nachhaltigen Nutzung von Ressourcen arbeiten sie<br />

nicht nur mit anderen Kon zernbereichen zusammen, sondern<br />

auch mit rund 40 externen Partnern aus Forschung und<br />

Wirtschaft. Kein Wunder, dass „<strong>Evonik</strong> Meets Science“<br />

dieses Mal die Forschungsthemen des S2B­Centers Eco²<br />

aufgriff und damit die Initiative des BMBF nachdrücklich unterstützte<br />

– ebenso wie mit Aktions tagen für Schülerinnen<br />

und Schüler, die den Nachwuchs für Naturwissenschaften,<br />

Technik und ganz besonders für das Zukunftsthema Energie<br />

begeistern sollen.<br />

Dr. Stefan Nordhoff, Leiter des S2B­Centers Eco², betonte,<br />

dass Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz sowie profitables<br />

Geschäft sich keineswegs ausschließen müssen:<br />

„Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey aus dem<br />

vergangenen Jahr hat aufgezeigt,<br />

dass es verschiedene<br />

Tech nologien gibt, mit denen<br />

sich bereits heute und<br />

vermehrt in Zukunft Geld<br />

verdienen lassen wird.“ Das<br />

Portfolio des S2B­Center Eco²<br />

ist klar auf diese Wachs tumsfelder<br />

ausgerichtet. >>><br />

Dr. Stefan Nordhoff<br />

Leiter des S2B-Centers Eco²<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

Open Innovation<br />

e v o n i k M e e t S S c i e n c e 2 0 1 0<br />

Der Blick über den tellerrand kann hilfreich sein, besonders<br />

in einer Zeit der technologischen umbrüche, wie sie die<br />

Gesellschaft derzeit im energiesektor erlebt. Daher widmete<br />

sich das wissenschaftsforum evonik Meets Science diesmal<br />

den themen energie­ und ressourceneffizienz. „evonik<br />

positioniert sich hier als innovationsstarkes unternehmen<br />

und will diese Position weiter ausbauen“, gab Dr. thomas<br />

Haeberle, Mitglied der Geschäftsführung der evonik Degussa<br />

GmbH, den teilnehmern der konferenz mit auf den weg.<br />

„chemie und energie sind starke Partner auf diesem weg,<br />

wie zum Beispiel das lithium­elektrizitäts­Speichersystem<br />

leSSY zeigt“, ergänzte Joachim rumstadt, vorsitzender der<br />

Geschäftsführung der evonik Steag GmbH.<br />

Dr. Peter nagler, leiter innovation Management chemi cals<br />

& creavis bei evonik, verwies auf die strategischen Forschungsaktivitäten<br />

des unternehmens, die in geschäftsbereichsübergreifenden<br />

kompetenzfeldern (Areas of com petence),<br />

Projekthäusern und Science­to­Business (S2B)<br />

centern gebündelt sind. „Bei den S2B­centern erarbeiten<br />

wir innovationen, die mit größeren Forschungsrisiken<br />

verbunden sind“, so nagler.<br />

Das S2B­center eco² unter leitung der creavis ist eine der<br />

einrichtungen für diesen Blick über den tellerrand. es vereint<br />

fünf entwicklungs linien und ein übergreifendes thema:<br />

co 2­Abtrennung und ­nutzung, energieerzeugung, ener gieeffizienz<br />

kun den lösun gen, energiespeicherung und energieeffizienz<br />

in evonik­Prozessen sowie als übergreifendes<br />

element das thema life cycle Assessment (s. elements 31).<br />

Zu jeder dieser entwick lungslinien berichteten bei „evonik<br />

Meets Science“ externe Partner von Hochschulen aus ihrer<br />

Sicht über den Stand der technologie. Den Abschluss der<br />

zweitägigen veranstaltung bildete ein interaktiver Markt platz<br />

im S2B­center eco², bei dem die Mitarbeiter des centers<br />

anhand zahlreicher expo nate, Grafiken und interaktiver Animationen<br />

ihre Forschungs projekte präsentierten und sich<br />

fachspezifischen Diskussionen stellten. Mit Projekten und<br />

Projektideen wie etwa der stofflichen verwertung von kohlen<br />

dioxid aus Abgasströmen, der entwicklung von leichtbauteilen<br />

für den Automobilbau sowie der intelli genten verwertung<br />

von Steinkohle­Flugasche konnten sie überzeugend<br />

darstellen, dass sie mit energie forschen.<br />

Dr. Thomas Haeberle<br />

Mitglied der<br />

Geschäftsführung der<br />

<strong>Evonik</strong> Degussa GmbH<br />

Joachim Rumstadt<br />

Vorsitzender der<br />

Geschäftsführung der<br />

<strong>Evonik</strong> Steag GmbH<br />

Dr. Peter Nagler<br />

Leiter Innovation<br />

Management Chemicals<br />

& Creavis bei <strong>Evonik</strong><br />

7


Was ist Ressourceneffizienz?<br />

Doch Ressourceneffizienz ist keineswegs ein eindeutiger<br />

Begriff, wie Prof. Dr. Matthias Finkbeiner vom Institut für<br />

Technischen Umweltschutz der TU Berlin darlegte: Sie lässt<br />

sich entweder verstehen als den größten Nutzen (Value<br />

Added), der sich mit dem geringsten Rohstoffeinsatz erzielen<br />

lässt, oder im breiteren Sinn der EU­Kommission. Diese<br />

hat im Jahr 2005 den Begriff Ressource so definiert, dass<br />

nicht nur Rohmaterialien, sondern auch biotische Ressourcen,<br />

erneuerbare Energien, Landflächen, sowie Luft, Wasser<br />

und Erde dazu gehören. Sie alle gehen als Faktoren in den<br />

Nenner der Ressourceneffizienz ein, deren Zähler der Value<br />

Added ist. Ein Life Cycle Assessment (LCA) erfasst dann jeglichen<br />

Input und Output eines Sys tems, das sich für ein bestimmtes<br />

Produkt von der Ge winnung der Rohmaterialien<br />

über Produktion, Wartung und Gebrauch bis zum Recycling<br />

und der Entsorgung erstreckt. Ein LCA lässt sich auch operativ<br />

begleitend einsetzen, wenn sich ein Produkt noch in<br />

der Entwicklung befindet. „Die Methode eignet sich also auch<br />

als Risiko­Scree ning“, so Finkbeiner. „International hat sich<br />

die Ökobilanz als die am meisten anerkannte Methode für<br />

eine Bewertung der Umweltauswirkungen etabliert, weil sie<br />

als einzige ein weites Feld von Anwendungen konsistent und<br />

länderübergreifend harmonisiert abdecken kann.“<br />

An einem Beispiel aus der Automobilindustrie machte<br />

Finkbeiner jedoch auch deutlich, dass sich ein LCA letztlich<br />

nie losgelöst von Werten betrachtet lässt: Denn die bloßen<br />

Indikatoren können die Ökobilanz eines Kleinwagens besser<br />

oder schlechter ausfallen lassen als die einer Luxuslimousine.<br />

Das Ergebnis einer Berechnung hängt neben der Definition<br />

der Ressourceneffizienz und dem, was alles als Ressource in<br />

die Betrachtung mit einbezogen wird, auch von den gewählten<br />

Indikatoren für den Value Added und die Umweltbela stung<br />

ab.<br />

Trotz dieser Einschränkungen ist Finkbeiner davon überzeugt,<br />

dass das Konzept der Ressourceneffizienz eine nachhaltige<br />

Entwicklung begünstigt. Er verglich die Situation mit<br />

der aus der Psychologie bekannten Maslowschen Pyramide,<br />

wonach zunächst die Grundbedürfnisse eines Individuums<br />

befriedigt sein müssen, bevor es die nächste Stufe erklimmen<br />

kann – etwa kulturelles Schaffen. Ein Umwelt­ und<br />

Nachhaltigkeits­Assessment sei ganz ähnlich strukturiert, so<br />

der Geoökologe: „Erst kann sich ein Unternehmen zum Bei­<br />

Prof. Dr. Matthias Finkbeiner<br />

vom Institut für Technischen<br />

Umweltschutz der TU Berlin<br />

spiel über seinen Carbon<br />

Footprint Gedanken machen,<br />

bevor dieser in ein LCA ausgebaut<br />

wird.“ An der Spitze<br />

der Pyramide steht dann das<br />

Life Cycle Sustainability Assessment,<br />

das auch wertorentierte<br />

gesellschaft liche Aspekte<br />

berücksichtigt.<br />

CCS als tragfähige Zwischenlösung<br />

Dass es bei Technologiefragen nicht immer nur um langfristige<br />

Ziele gehen kann, sondern auch um temporäre<br />

Lösungen, verdeutlichte Prof. Dr. Klaus Görner, Inhaber des<br />

Lehrstuhls für Umweltverfahrenstechnik und Anlagentechnik<br />

der Universität Duisburg­Essen, anhand der Abtrennung<br />

und geologischen Speicherung von CO2 (CCS, Carbon Capture<br />

and Storage): „Es ist eine Brückentechnologie für die<br />

Kraftwerkstechnik, wenn man die politisch vorgegebenen<br />

Ziele zur Reduktion der CO2­Emissionen in der EU erreichen<br />

will.“<br />

Moderne fossile Kraftwerke erreichen Wirkungsgrade<br />

zwischen 43 (Braunkohle), 46 (Steinkohle) und 60 Prozent<br />

(Gas). Steinkohle­befeuerte Dampfkraftwerke, die solche<br />

Wirkungsgrade erreichen, arbeiten bei 600 °C. Eine Stei gerung<br />

des Wirkungsgrades auf mehr als 50 Prozent lässt sich<br />

durch eine höhere Temperatur (700 °C) erreichen, wie sie<br />

für die nächste Kraftwerksgeneration angedacht ist. Allerdings<br />

wird das nach Meinung von Görner allein nicht ausreichen,<br />

um die Klimaziele der EU zu erfüllen. Denn nur mit<br />

einer höheren Energieeffizienz der Kraftwerke, dem Einsatz<br />

erneuerbarer Energien und weiteren Optimierungs maßnahmen<br />

ist in Europa ein Niveau der CO2­Emissionen von<br />

20 Prozent unterhalb des 1990er­Wertes erreichbar.<br />

Um das ambitionierte Ziel einer weiteren Reduktion auf<br />

insgesamt 30 Prozent zu erreichen, bietet sich unter anderem<br />

die oben erwähnte CCS­Technologie an. Die CCS­Technologie<br />

kann 90 Prozent des Kohlendioxids aus dem Kraftwerk<br />

abfangen. „CCS eignet sich für Neu­ und teilweise<br />

auch für Altanlagen“, sagte Görner. „Transport und Spei cherung<br />

sind technisch realisierbar, aber womöglich nicht gesellschaftlich<br />

akzeptiert.“ Die Abtrennung im Kraftwerk<br />

kann mit drei verschiedenen Technologien erfolgen, bei denen<br />

das CO2 entweder vor der eigentlichen Verbrennung<br />

der vergasten Kohle (Pre­Combustion), während (Oxy­Combustion)<br />

oder nach ihr abgetrennt wird, als letzter Schritt<br />

der Rauch gasreinigung (Post­Combustion). Alle Ansätze<br />

führen allerdings dazu, dass der Wirkungsgrad des<br />

Kraftwerks nach dem derzeitigen Stand der Technik um 9<br />

bis 13 Prozent sinkt, weil für die Abtrennung Energie erforderlich<br />

ist. Hier ist es die Aufgabe der Wissenschaft, in<br />

Zusammenarbeit mit den Herstellern und Betreibern dazu<br />

beizutragen, dass mit dem Anheben des Basiswirkungsgrades<br />

auf über 50 Prozent und der<br />

Reduzierung der Wir kungsgradeinbuße<br />

auf unter 8 Prozentpunkte<br />

ein Net towirkungsgrad<br />

von deut lich über<br />

40 Prozent erreicht wird.<br />

Nur so werden die Ressource<br />

Kohle und gleichzeitig die<br />

Umwelt geschont.<br />

Prof. Dr. Klaus Görner<br />

Inhaber des Lehrstuhls für Umweltverfahrens-<br />

und Anlagen technik der<br />

Universität Duisburg-Essen<br />

8 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Faserverbundwerkstoffe machen Autos leichter<br />

Neben der Energiewirtschaft kommt auch der Mobilität eine<br />

besondere Bedeutung bei der künftigen Vermeidung von<br />

CO2­Emissionen zu. Ein Ansatz ist es, die Fahrzeuge leichter<br />

zu machen. Solche gewichtsreduzierten Strukturbauteile<br />

für Pkw lassen sich aus Faserverbundwerkstoffen fertigen,<br />

wie sie heute bereits in der Luft­ und Raumfahrt Einzug gehalten<br />

haben. „Bislang erfolgte die Herstellung von solchen<br />

Bauteilen überwiegend in Handarbeit, im Automobilbau sind<br />

jedoch automatisierte Prozesse mit kurzen Taktzeiten gefordert“,<br />

sagte Prof. Dr. Thomas Gries, Inhaber des Lehrstuhls<br />

für Tex tilmaschinenbau am Institut für Tex tiltechnik<br />

der RWTH Aachen. Gries koordiniert die interdisziplinäre<br />

Zusam men arbeit der Aachener Wissenschaftler, die Faserverbund<br />

werk stoffe erforschen. Sie befassen sich mit Produkten,<br />

Produktionsmaschinen und Prozessen sowie<br />

Design­, Simu la tions­ und Messverfahren für die textilen<br />

Halbzeuge und die Compositebauteile.<br />

Ein wichtiger Schritt hierbei ist die robotergestützte<br />

Herstellung endkonturnaher textiler Preforms. In solchen<br />

dreidimensionalen Textilstrukturen sind die Verstär kungsfasern<br />

im späteren Bauteil entsprechend der inneren Kraftflüsse<br />

orientiert, sorgen also für maximale mechanische<br />

Steifigkeit und Festigkeit bei möglichst geringem Gewicht.<br />

„Die Produktionstechnik haben wir hierfür inzwischen entwickelt,<br />

nun konzentrieren wir uns auf die Engineeringund<br />

Planungstools“, sagte Gries. Erste Anwendungen in<br />

Fahr zeugen gibt es bereits. Allerdings stehen Textil composites<br />

noch am Anfang. Sie eignen sich bislang nur für<br />

Stückzahlen unter 100.000 pro Jahr.<br />

Neben dem Fahrzeugbau sieht der Ingenieur auch in der<br />

Energietechnik Potenzial für Faserverbundwerkstoffe. Bei<br />

Windkraftwerken etwa werden die Rotordurchmesser weiter<br />

steigen, was den Leichtbau befeuert. Gerade für die<br />

Lastoptimierung der Bauteile<br />

werden textile Strukturen<br />

in teressant sein. Und auch<br />

Brennstoffzellen könnten<br />

von Fa ser verbundwerk stoffen<br />

pro fitieren, nämlich als<br />

Festig keits träger von Polymer<br />

membranen.<br />

Prof. Dr. Thomas Gries<br />

Inhaber des Lehrstuhls für Textilmaschinenbau<br />

am Institut für<br />

Textiltechnik der RWTH Aachen<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

>>><br />

e v o n i k M e e t S S c i e n c e 2 0 1 0<br />

Multiaxialgelege mit integrierten Stringern (oben)<br />

Dreidimensionaler textiler Preform für einen PKW-Unterboden (Mitte)<br />

Konzept einer automatisierten robotergestützten Preformherstellung (unten)<br />

Schneiden<br />

In-line QM<br />

Handling<br />

Preformcenter<br />

Binder-Auftrag<br />

Nähen<br />

RWTH Aachen<br />

9<br />

RWTH Aachen


Sichere Energieversorgung braucht<br />

leistungsfähige Energiespeicher<br />

Doch egal, wie leicht ein Fahrzeug durch bauliche Maß nahmen<br />

werden kann oder wie viel CO 2 sich abscheiden lässt,<br />

letztlich geht es bei der mobilen und der stationären Energie<br />

versorgung von morgen auch immer um die Frage der<br />

Speicherung von Energie. Denn erneuerbare Energien führen<br />

ansonsten zu einer sehr ungleichmäßigen Belastung der<br />

Versorgungsnetze, die im Moment durch regelbare Kraftwerke<br />

und zum geringen Teil durch Pumpspeicherwerke ausgeglichen<br />

werden, deren Potenzial allerdings limitiert ist.<br />

Mit hohen Wirkungsgraden gelingt die Speicherung<br />

elektrischer Energie nur in Akkumulatoren und Superkonden<br />

satoren. Prof. Dr. Martin Winter vom Institut für Physikalische<br />

Chemie der Westfälischen Wilhelms­Universität<br />

Münster glaubt, dass dabei der Lithium­Ionen­Technologie<br />

eine besondere Rolle zukommt. Vier Gründe sprechen in<br />

seinen Augen dafür: die hohe Zellspannung, die großen<br />

Energie­ und Leistungsdichten, die geringe Selbstent ladungs<br />

rate und die Möglichkeit, die gesamte Kapazität ohne<br />

Batterieschädigung ausnutzen zu können. „Die Lithium­<br />

Ionen­Batterie ist eine evolutionäre Technologie, weil sie<br />

auf eine große Zahl von Materialmöglichkeiten zurückgreifen<br />

kann. Sie eignet sich hervorragend für die schnelle<br />

Pufferung von Stromspitzen auf der Zeitskala von Stunden“,<br />

so Winter. Sie bietet sich für dezentralisierte Energiespeicher<br />

kleiner bis mittlerer Größe an. Auch in künftigen Vehicleto­Grid­Konzepten,<br />

bei denen die Akkus von Elektro fahrzeugen<br />

als kurzfristige Puffer für Spitzen dienen würden,<br />

dürfte die Lithium­Ionen­Technologie eine Rolle spielen. Dabei<br />

macht man sich zunutze, dass viele Fahrzeuge den Großteil<br />

des Tages nicht bewegt werden.<br />

Aber auch für den stationären Bereich gibt es konkrete<br />

Vorstellungen: Beim saarländischen <strong>Evonik</strong>­Kohlekraftwerk<br />

Völklingen entsteht noch in diesem Jahr der Prototyp LESSY<br />

(Lithium­Elektrizitäts­Speichersystem), der aus rund 5000<br />

einzelnen Lithiumkeramik­Zellen bestehen wird. Mit einer<br />

Ein­ und Ausspeicherleistung von 1 MW und einer Speicherkapazität<br />

von 700 kWh soll LESSY Primärregelenergie bereitstellen.<br />

An der Realisierung des Projekts ist neben<br />

<strong>Evonik</strong>, der Li­Tec Battery GmbH – einem gemeinsamem<br />

Joint Venture mit der Daim ler AG – und weiteren Part nern<br />

auch die Universität Münster unter Winters Fe der führung<br />

beteiligt; es wird im Rahmen<br />

der Forschungs initiative LIB<br />

2015 vom Bun des ministerium<br />

für Bildung und Forschung<br />

gefördert.<br />

Prof. Dr. Martin Winter<br />

vom Institut für Physikalische<br />

Chemie der Westfälischen<br />

Wilhelms-Universität Münster<br />

Wasserstoff als künftiger Primärenergiespeicher?<br />

Im Vergleich zur Lithium­Ionen­Technologie befindet sich<br />

die nachhaltige Herstellung von Wasserstoff noch in den<br />

Kinderschuhen. Das flüchtige Gas wäre ein interessanter<br />

Pri märenergiespeicher, weil er mehr Energie pro Gewichtseinheit<br />

enthält als jeder andere chemische Brennstoff.<br />

„Derzeit entstehen jedoch 96 Prozent des Wasserstoffs aus<br />

fossilen Energiequellen. Erneuerbare Energien wären wünschenswert,<br />

damit Wasserstoff eine größere Rolle in nachhaltigen<br />

Energiekonzepten spielen kann“, sagte Dr. Henrik<br />

Junge, Themenleiter am Leibniz­Institut für Katalyse e.V.<br />

(LIKAT). Das LIKAT erforscht dazu die fotokatalytische<br />

Wasserstoffherstellung aus Wasser und – als Speicher – die<br />

Freisetzung von Wasserstoff aus Ameisensäure.<br />

Für den ersteren Fall untersucht das LIKAT einen Fo tosensibilisator<br />

auf Iridium­Basis, der in einen Eisenkomplex<br />

eingelagert ist, und erreicht damit eine Umsatzzahl (als Maß<br />

für die Effektivität des Katalysators) von 3.000. In einem<br />

Versuchsaufbau lieferte eine Brennstoffzelle damit für eine<br />

halbe Stunde 18 mW konstante Leistung. Dem zweiten<br />

LIKAT­Projekt, der Wasserstofffreisetzung aus Ameisensäure,<br />

liegt ein CO2­neutraler Zyklus zu Grunde. Ein<br />

Ruthenium­Katalysator dient dazu, den Wasserstoff frei zu<br />

setzen. Im Labormaßstab bei Raumtemperatur lief der Prozess<br />

länger als elf Tage und erreichte eine Ausbeute von 99<br />

Prozent: stündlich 0,9 Liter<br />

Wasserstoff. Bis zu einer industriellen<br />

Anwendung der<br />

LIKAT­Projekte ist es allerdings<br />

noch ein gutes Stück<br />

Weg. Junge verglich den erreichten<br />

Stand mit der Situation<br />

in der Kernfusions forschung.<br />

Dr. Henrik Junge<br />

Themenleiter am Leibniz-Institut<br />

für Katalyse e.V.<br />

10 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Die Energie der Zukunft hat viele Quellen<br />

Zu künftigen chemischen Speichern auf der Basis von Wasserstoff<br />

gibt es in den Augen von Prof. Dr. Ferdi Schüth,<br />

Direk tor am Max­Planck­Institut für Kohlen forschung in<br />

Mülheim an der Ruhr, auch mögliche Alternativen, die sich<br />

zumindest aufgrund der erreichbaren Energiedichten anböten<br />

wie etwa Methanol, Kohlenwasserstoffe, Methan oder<br />

Ethanol. Alle Substanzen haben jedoch auch Nachteile oder<br />

unterliegen spezifischen Einschränkungen.<br />

Schüth wies in seinem Vortrag auch darauf hin, dass die<br />

Speicherdichten von Lithium­Ionen­Batterien für Fahrzeuge<br />

den vor sechs Jahren prognostizierten Werten hinterherhinken<br />

und sich eine Plateaubildung abzeichnet. „Natürlich<br />

sollte man diese Technologie weiter intensiv erforschen, mit<br />

der Industrie als Schrittmacher“, so Schüth, „aber man sollte<br />

sich auch schon jetzt mit dem beschäftigen, was nach der<br />

Lithium­Ionen­Technologie kommt.“<br />

Schüth sieht unsere Energieversorgung vor einem Pa radigmenwechsel.<br />

Vereinfacht dargestellt ist sie derzeit durch<br />

eine weitgehend isolierte Nutzung unterschiedlicher Primär<br />

energieträger gekennzeichnet: Die Elektrizität entstammt<br />

Kohle­ und Kernkraftwerken, während Wärme und<br />

Mobilität durch Öl und Erdgas gedeckt werden. Schüth erwartet,<br />

dass Elektrizität und Mobilität – über das Bindeglied<br />

Energiespeicher – künftig als Anwendungsfelder miteinander<br />

verschmelzen werden, was die Energieversorgung betrifft.<br />

Dabei werden wir es zu tun haben mit einer Mischung,<br />

die aus Kernkraft, Kohle, Solarthermie, Fotovoltaik, Wasserund<br />

Windkraft, Geothermie, Erd­ und Biogas sowie Öl bestehen<br />

könnte. Der Wärmebedarf wird künftig dagegen primär<br />

solarthermisch gedeckt, zu einem kleinen Teil durch<br />

Öl, Erd­ und Biogas. Eine Energieversorgung, die also auf<br />

vielen Säulen ruhen wird, statt auf einigen wenigen.<br />

Wobei die Entscheidung, welche Technologie sich für<br />

welches Land und welche Anwendung am besten eignet,<br />

letztlich auch eine gesellschaftliche ist. Dass zum Beispiel<br />

Brasilien eine Ethanol energiewirtschaft<br />

auf Zuckerrohr<br />

basis betreibt, senkt die<br />

CO2­Emis sionen deutlich, erhöht<br />

aber wegen des Düngemit<br />

tel ein satzes die Phosphat<br />

belastung der dortigen<br />

Gewässer. l<br />

Prof. Dr. Ferdi Schüth<br />

Direktor am Max-Planck-Institut<br />

für Kohlenforschung in Mülheim<br />

an der Ruhr<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

e v o n i k M e e t S S c i e n c e 2 0 1 0<br />

Die Energieversorgung heute<br />

Atomkraft<br />

Strom Wärme Mobilität<br />

Erdgas<br />

Mögliches Szenario für die künftige Energieversorgung<br />

Atomkraft<br />

Braunkohle<br />

Kohle<br />

Steinkohle<br />

Strom Traktions- Mobilität<br />

batterie<br />

Speicherung<br />

Solartherme<br />

Speicherung<br />

Photovoltaik<br />

Wasser<br />

Geothermie etc.<br />

Speicherung<br />

Wind<br />

Methanspeicherung<br />

Erd- und Biogas<br />

Öl<br />

Öl<br />

Wärme<br />

Wärmespeicher<br />

Solarthermie<br />

11


P r o J e k t H A u S F u n c t i o n A l F i l M S & S u r F A c e S<br />

transferleistung als Maßstab des<br />

Das Projekthaus Functional Films & Surfaces hat als siebtes Projekthaus unter leitung der<br />

strate gischen Forschungseinheit creavis technologies & innovation seine Arbeit erfolgreich<br />

beendet. Ausschlaggebend für den erfolg waren vier Schlüsselfaktoren: ein konsequentes<br />

Pro jekt management, die richtige kombination aus externen und internen kompetenzen, offenheit<br />

auch für unbequeme wahrheiten und das passende, motivierte team.<br />

Am Anfang standen 100 Projektideen, unterschiedlich<br />

weit entwickelt, unterschiedlich gut durchdacht.<br />

Entstanden waren sie bei unzähligen<br />

Gesprächen innerhalb des Geschäftsfelds Chemie<br />

von <strong>Evonik</strong>. Über ein halbes Jahr hinweg hatte Dr. Jochen<br />

Ackermann, Leiter des damals in der Gründung befindlichen<br />

Projekthauses Functional Films & Surfaces, die Idee<br />

des Projekthauses in den Konzern hineingetragen – zu den<br />

Leitern der Geschäftsbereiche und Geschäftsgebiete und zu<br />

den Forschungsleitern. Offizieller Startschuss des Pro jekthauses<br />

war der 1. Januar 2007, so dass es am 31. Dezember<br />

2009 enden würde – die üblichen drei Jahre Laufzeit eines<br />

Projekthauses als Element der strategischen Forschungs­ und<br />

Entwicklungseinheit Creavis Technologies & Innovation im<br />

<strong>Evonik</strong>­Konzern. „Mit diesem Ansatz lassen sich neue<br />

Marktfelder, Material­ und Systemkompetenzen, Produktinno<br />

vationen und Technologien erschließen, für die im<br />

Arbeitsalltag der Geschäftsbereiche nicht genug Zeit wäre“,<br />

sagt Dr. Harald Schmidt, Leiter der Creavis.<br />

Nun, im Spätjahr 2006, galt es, die 100 Projektideen zu<br />

bewerten: Wie sah der Markt aus? Welche Kompetenzen<br />

ließen sich innerhalb des Konzerns in der relativ knappen<br />

Zeit von drei Jahren aufbauen? Welche Mitarbeiter aus den<br />

Geschäftsbereichen stünden zur Verfügung? Inwiefern gäbe<br />

es patentrechtliche oder technologische Hürden? Und wer<br />

böte sich als potenzieller Entwicklungspartner außerhalb<br />

des Konzerns an? In der Sitzung des Lenkungsausschusses,<br />

dem Vertreter des Top­Managements angehören – Vorstände,<br />

Geschäfts führer der <strong>Evonik</strong> Degussa GmbH sowie Leiter der<br />

Geschäftsbereiche, Geschäftsgebiete und der Creavis –, fiel<br />

dann die Entscheidung für elf konkrete Projekte.<br />

Der Lenkungsausschuss legte auch Konzept, Kosten,<br />

Ressourcen und Ziele fest. „Jedes Projekt sollte einen<br />

Demonstrator auf Systemniveau liefern, also nicht nur ein<br />

Labormuster, sondern möglichst Produktionsmuster, die in<br />

der Endanwendung verbaut und getestet wurden“, sagt<br />

Ackermann. „Außerdem sollte ein Geschäftsplan für jedes<br />

Projekt vorliegen, aus dem zu entnehmen ist, was die<br />

12 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Erfolgs<br />

Geschäftsbereiche zur Umsetzung des Projektes in nachhaltiges<br />

Geschäft zu tun hätten, wie hoch die notwendigen<br />

Investitionen sein würden, wie das spätere Geschäftsmodell<br />

aussehen könnte und was man von der Finanzplanung zu erwarten<br />

hat.“<br />

Wenn du scheiterst, scheitere früh<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

Dr. Jochen Ackermann<br />

(6. von links) mit<br />

seinem 15-köpfigen<br />

Projekthausteam<br />

Das neu gegründete Projekthaus folgte einem klaren<br />

Projektmanagementplan, der die drei Jahre in die Phasen<br />

Exploration (erstes Jahr), Definition (zweites Jahr) und<br />

Validierung (drittes Jahr) unterteilte. „Nach dem ersten Jahr<br />

legten wir für alle Projekte das konkrete Entwicklungsziel<br />

und die dazu gehörige detaillierte Meilensteinplanung für<br />

die restlichen zwei Jahre fest, von denen es dann auch kein<br />

großes Abweichen mehr gab“, so Ackermann.<br />

Zuvor wurde in Absprache mit den beteiligten Geschäftsbereichen<br />

und dem Lenkungsausschuss das Projektportfolio<br />

um vier Projekte reduziert, weil sie sich nicht sinn­<br />

i n n o v A t i o n M A n A G e M e n t<br />

voll realisieren ließen. Verschiedene Gründe gaben dafür<br />

den Ausschlag: Manches Projekt war zu forschungsintensiv<br />

für die zur Verfügung stehende Zeit, die patentrechtliche<br />

Lage war problematisch, es gab kein für <strong>Evonik</strong> sinnvolles<br />

Geschäftsmodell, eine sehr hohe Investition wäre erforderlich<br />

gewesen oder man kam mit der Idee einfach zu spät für<br />

den Markt. „Wenn du scheiterst, scheitere früh“, sagt Ackermann.<br />

Nur so ließe sich ein Herumdümpeln von Projekten<br />

mit ungewissem Ausgang vermeiden – eine Hängepartie, die<br />

letztlich weder dem Projekthaus noch dem Konzern etwas<br />

brächte.<br />

Die weitergeführten sieben Projekte (siehe Kasten S. 15)<br />

ließen sich in zwei Kategorien aufteilen: Zur einen gehörten<br />

die Projekte, bei der das Projekthaus eine Produkt­ oder<br />

Systemkompetenz aufbaute, bei der anderen Kategorie stand<br />

die Entwicklung einer Technologieplattform im Vorder grund.<br />

Im ersten Jahr des Projekthauses ging es vor allem um die<br />

Bewertung der Projekte und die Bildung eines schlagkräftigen<br />

Teams. Im Schnitt gehörten ihm 15 Mitarbeiter an. Im<br />

zweiten Jahr und der ersten Hälfte des dritten Jahres liefen<br />

dann vor allem die Versuche in den Labors, bevor es ab<br />

Mitte des dritten Jahres um den Transfer der Entwicklungen<br />

in den Konzern ging.<br />

Aus einer Auditierung und einer Lebenszyklusanalyse<br />

vergangener Projekthäuser konnten die Mitarbeiter des Projekthauses<br />

Functional Films & Surfaces wichtige Schlüsse<br />

ziehen: „Wenn man kein anwendungsspezifisches Knowhow<br />

im eigenen Haus hat, sollte man jemanden aus der entsprechenden<br />

Anwenderindustrie hinzuziehen“, erklärt Ackermann.<br />

„Solche Schritte haben uns teilweise erst die Augen<br />

geöffnet, in welche Richtung wir tatsächlich weiterentwickeln<br />

müssen.“ Auch ein Technologieberater mit einem<br />

guten Überblick und entsprechenden Kontakten sei hilfreich,<br />

denn für manche Versuche und Testläufe habe man weder<br />

die Zeit noch die Mittel, um sie im eigenen Hause durchzuführen.<br />

Der hervorragende Ruf der Projekthäuser bei Kunden<br />

und Partnern erleichterte dieses Vor gehen. >>><br />

13


Im Projekthaus unter anderem<br />

entwickelt:<br />

Beschichtetes Gum mi granulat als<br />

Infill für Kunstrasen (oben)<br />

Folie aus PLEXIGLAS®, auf deren<br />

Oberfläche Fresnel-Linsen erzeugt<br />

wurden. Derartige mikrostrukturierte<br />

Folien ließen sich beispielsweise als<br />

Solarkon zen tratoren in der Fotovoltaik<br />

nutzen (unten)<br />

Flexible Leiterplatten auf Basis von<br />

Polymer folien (rechts)<br />

Als weiteres wichtiges Element für den Erfolg haben sich<br />

die sogenannten operativen Projektteams herausgestellt. „In<br />

ihnen waren neben dem Projektleiter von Seiten des Projekthauses<br />

Kollegen aus den Geschäftsbereichen vertreten“,<br />

sagt Ackermann. Produktmanager, Vertriebsexperten, Controller,<br />

Entwickler, Anwendungstechniker – Kollegen, die<br />

das Projekt in der ein oder anderen Form aktuell oder später<br />

betraf. „Diese Treffen haben wir immer sehr stringent<br />

vorbereitet und es ergaben sich daraus auch konkrete<br />

Aufgaben für die Teilnehmer.“ Und der Geschäfts bereich<br />

befand sich durch diese fast monatlichen Bespre chungen<br />

immer auf dem aktuellen Stand der Informationen.<br />

Paten garantieren erfolgreichen Transfer<br />

Die kritische Phase eines Projekthauses ist in Ackermanns<br />

Augen dann der Transfer der Projektergebnisse in den<br />

Konzern. „Bereits Mitte des dritten Jahres nahmen wir dazu<br />

Gespräche auf.“ Wann soll der Transfer erfolgen und wohin,<br />

waren die beiden zentralen Fragen. Dabei bewährte<br />

sich, dass dem Projekthaus vom Management zugestanden<br />

wurde, bis zum Ende der Drei­Jahres­Frist zu forschen und<br />

14 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Die Projekte<br />

Barrierefolien für flexible Dünnschicht-Fotovol taik module:<br />

ersatz der starren Glassabdeckung bei Dünnschichtsolarmodulen<br />

durch eine PleXiGlAS® basierte Barrierefolie, die dauerhaften<br />

Schutz vor witterungseinflüssen bietet und eine dem Glas mindestens<br />

vergleichbare transparenz für Sonnenlicht und Barriere<br />

gegen wasserdampf und Sauerstoff aufweist. Status: trans feriert<br />

in den Geschäftsbereich; liegt als rollenware aus Produktionsversuchen<br />

vor, Bemusterung bei kunden.<br />

Lumineszenz-Solarkonzentratoren: ein konzentrator auf der<br />

Grundlage von PleXiGlAS® Platten soll die Ausbeute konventioneller<br />

Solarzellen steigern. Dazu verschiebt er teile der einfallenden<br />

Sonnenstrahlung, auf die das Halbleitermaterial der<br />

Zellen wegen seiner definierten Bandlücke nicht ansprechen<br />

würde, in einen wellenlängenbereich, in dem die Solarzellen<br />

absorbieren können. Status: Demonstrator liegt vor.<br />

Flexible Leiterplatten auf Basis von Polymerfolien: ent wicklung<br />

eines kosteneffizienten kupfer­Polymer­laminats auf Basis<br />

von Hochtemperaturkunststoffen, mit dessen Hilfe sich flexible<br />

Platinen fertigen lassen. Status: transferiert in den Ge schäftsbereich;<br />

Pilotanlage zur Musterproduktion.<br />

Beschichtetes Gummigranulat als Infill für Kunstrasen: entwick<br />

lung eines Gummigranulats auf Basis von zerkleinertem<br />

Altreifen, das als infill für kunstrasen dient. ein neu entwickelter<br />

Zweikomponentenlack als Beschichtung ermöglicht Gra nu­<br />

erst dann den konkreten Transfer einzuleiten. Diese Phase<br />

endete nun zur Jahresmitte; Ackermann selbst ist seit Mai<br />

2010 Leiter Business Development des Geschäftsgebiets<br />

Acrylic Polymers.<br />

„Für jeden Transfer wurde ein Pate innerhalb des<br />

Geschäftsgebiets benannt, der künftig das Projekt beziehungsweise<br />

das Produkt unter seinen Fittichen hat“, erläutert<br />

Ackermann. „Und erstmals bei einem Projekthaus werden<br />

diese Paten im Jahr 2011 auch dem Lenkungsausschuss<br />

über den Fortgang im Geschäftsbereich berichten“, ergänzt<br />

Schmidt.<br />

Vier Faktoren haben laut Ackermann den Erfolg des<br />

Projekthauses bestimmt:<br />

• Das konsequente Projekt­ und Portfoliomanagement<br />

• Die wichtige Entscheidung, ob Kompetenzen intern<br />

und/oder extern fundamental aufgebaut werden<br />

• Die Kontakte zu Kooperationspartnern unter dem<br />

Schlagwort „Open Innovation“, die von formalen F&E­<br />

Kooperationsverträgen bis zur Nutzung von Versuchs­<br />

und Produktionsanlagen reichten<br />

• Und der Aufbau eines schlagkräftigen und vor allem<br />

hoch motivierten Teams.<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

i n n o v A t i o n M A n A G e M e n t<br />

late, die wesentliche vorteile gegenüber heute marktüblichen<br />

Angeboten haben. Status: Aufbau des Geschäfts durch die<br />

crea vis technologies & innovation; Scale­up in den Pro duktions<br />

maßstab beim kunden.<br />

Oberflächenfunktionalisierung von PLEXIGLAS®: entwicklung<br />

einer technologieplattform zur inline­Funktionalisierung<br />

von PleXiGlAS® Halbzeugen, die hochglänzende oder matte<br />

oberflächen mit hoher Abriebbeständigkeit ermöglicht – integriert<br />

in den Produktionsprozess. Status: transferiert in den Geschäftsbereich;<br />

Pilotanlage zur Musterproduktion.<br />

Kratzfestmattiertes PLEXIGLAS®: entwicklung einer technologieplattform<br />

für die Herstellung von mattierten Beschichtungen<br />

für PleXiGlAS® Halbzeuge, die einen haptischen effekt<br />

zeigen und sehr abriebbeständig sind – integriert in den<br />

Pro duktionsprozess. Status: transferiert in den Geschäfts bereich;<br />

Scale­up in den Produktionsmaßstab.<br />

Prismatische PLEXIGLAS® Elemente für das Lichtmanagement:<br />

entwicklung einer technologieplattform für die Mikro struk turierung<br />

von PleXiGlAS® oberflächen, mit deren Hilfe sich<br />

lampenabdeckungen aus PleXiGlAS® mit hochpräzisen Prismenstrukturen<br />

für eine gleichmäßige raumausleuchtung ohne<br />

Blendeffekte erzeugen lassen. Status: transferiert in den Geschäfts<br />

bereich; vorstellung des Produktes auf der Messe „light<br />

& Building“ im April 2010.<br />

Ackermann hat seine Mitarbeiter so ausgewählt, dass die<br />

Gruppe eine gute Mischung hatte: erfahrene Forscher, aber<br />

auch Hochschulabsolventen; Jüngere und Ältere, Männer<br />

und Frauen, Physiker, Ingenieure, Chemiker und Materialwissenschaftler.<br />

Während im ersten Jahr der Schwerpunkt auf der Bildung<br />

eines echten Teams lag, konzentrierte man sich im<br />

zweiten Jahr dann auf die Fragen, wo man im Projekt und<br />

wo man persönlich steht und wie das Team funktioniert.<br />

„Meine Projektleiter trugen ihre Ergebnisse oft persönlich<br />

vor dem Lenkungsausschuss und in den Geschäftsbereichen<br />

vor, schließlich handelte es sich ja um ihre Arbeit. Und die<br />

müssen sie auch selbst vertreten.“ Das habe die Motivation<br />

gefördert, das Projekt zum Erfolg zu treiben, aber auch den<br />

Stolz auf das gemeinsam Erreichte. Denn: „Ohne Team bist<br />

du nichts“, sagt Ackermann. l<br />

15


+++ HyaCare® Filler CL – der topische Faltenglätter<br />

in den vergangenen Jahren hat ein altbekannter wirkstoff in verschiedenen<br />

Segmenten des Personal­care­Markts sein comeback<br />

gefeiert: die Hyaluronsäure. nach wie vor erfüllt sie die<br />

Anforderungen der verbraucher und Hersteller von kosmetischen<br />

Formulierungen. Darüber hinaus wird sie auch oft als Hautfüller<br />

eingesetzt. um diesen trends rechnung zu tragen, bietet das<br />

Geschäftsgebiet care Specialties von evonik eine ganze reihe<br />

von wirkstoffen auf Basis von Hyaluronsäure an.<br />

vernetzte Hyaluronsäure ist bekannt für ihre verwendung als<br />

Hautfüller. Dermatologen injizieren sie direkt in die Haut, um Falten<br />

von innen heraus aufzufüllen. viele verbraucher scheuen jedoch<br />

ein solches invasives und kostspieliges vorgehen. Sie halten<br />

lieber Ausschau nach alternativ verwendbaren kosmetikprodukten<br />

auf Basis von For mulierungen, mit denen<br />

sich der sofortige Faltenstraffungseffekt<br />

von Haut füllern auf andere Art und weise<br />

erzielen lässt. evonik hat deshalb seine<br />

Hyaluron säure­technologieplattform auf<br />

Personal­care­Pro dukte ausgedehnt und<br />

Hyacare® Filler cl als neues Produkt auf<br />

den Markt gebracht. Aufgrund seiner dreidimensio<br />

na len, netzartig aufgebauten<br />

Struk tur trägt Hyacare® Filler cl sofort zu<br />

einer ver ringerung von Gesichtsfalten und<br />

Fältchen bei und sorgt für eine größere<br />

elastizität der Haut. wegen seines hohen<br />

wasser bin dungsvermögens und seiner aus ­<br />

geprägten, kurzfristig einsetzenden feuchtigkeitsspen<br />

denden eigenschaften unter­<br />

stützt Hyacare® Filler cl wirksam die Hydrierung der Haut. es<br />

kann für alle Anti­aging­Anwendungen verwendet werden, bei<br />

denen sowohl ein sofortiger Faltenstraffungseffekt als auch eine<br />

feuchtigkeitspendende wirkung gewünscht wird.<br />

Hyacare® Filler cl ist eine spezielle variante von Hyacare® in<br />

vernetzter Form. Hyacare® ist ein durch Fermentation gewonnenes,<br />

qualitativ hochwertiges Biopolysaccharid von hoher reinheit,<br />

das mittels eines lösemittelfreien verfahrens hergestellt wird. es<br />

handelt sich hierbei um hautidentische Hyaluronsäure mit einem<br />

mittleren Molekulargewicht von 700 kDa. Aufgrund seiner inhärenten<br />

filmbildenden eigenschaften stellt das Produkt die elastizität<br />

der Haut wieder her und verringert das Faltenbild. Außerdem<br />

verstärkt es auch noch die natürliche kurz­ und langfristige<br />

erfolgende Feuchtigkeitsaufnahme der<br />

Haut.<br />

ein weiteres Produkt, das auf der<br />

Hyaluronsäure­technologie basiert, ist<br />

Hyacare® 50, das erste Produkt von evonik<br />

in diesem Bereich. es handelt sich hierbei<br />

um eine Hyaluronsäure­variante mit einem<br />

sehr geringen Molekulargewicht von<br />

50 kDa. Aufgrund seiner hervorragenden<br />

Hautpenetrationseigenschaften verfügt<br />

Hyacare® 50 über eine ausgeprägte Bioaktivität<br />

und kann die Haut dadurch verjüngen,<br />

dass es die engen verbindungszonen<br />

zwischen Dermis und epidermis<br />

wirksam stärkt durch Auffüllen der Falten<br />

von innen heraus.<br />

+++ PLEXIGLAS RESIST® AAA: neue Stegplatte mit AntiAlgenAusstattung<br />

Das schön saubere, transparente Dach der terrasse, des carports<br />

oder des wintergartens schmückt jedes Haus. wie unschön sieht<br />

es jedoch im laufe der Zeit aus, wenn es – wie viele andere<br />

Flächen im Freien auch – durch veralgung einen grünlichen­braunen<br />

Belag bekommt. Dann heißt es: die leiter holen und mit viel<br />

Mühe das Dach reinigen. und das ist manchmal gar nicht so einfach,<br />

denn viele dieser Dächer sind nicht leicht zu erreichen.<br />

wesentlich komfortabler ist die lösung, die evonik jetzt mit<br />

der neuen Stegplatte PleXiGlAS reSiSt® AAA anbietet. Diese<br />

hochwertige Stegplatte der neuen Generation ist die weltweit<br />

erste kunststoffstegplatte mit einer auf nanotechnologie basierenden<br />

„AntiAlgenAusstattung“. Die spezielle Beschichtung nutzt<br />

die natürliche uv­Strahlung der Sonne, damit Algen, Moose,<br />

Pollen und andere verschmutzungen die Haftung zur Platte verlieren<br />

oder sich gleich ganz auflösen. Beim nächsten regen werden<br />

die reste des zersetzten Schmutzes nahezu vollständig abgespült.<br />

Dass diese neue funktionale Schicht vollkommen ungiftig<br />

und biologisch neutral ist, versteht sich von selbst.<br />

um auch den gestiegenen Ansprüchen an die farbliche Ge staltung<br />

im Baubereich rechnung zu tragen, gibt es die neue Steg­<br />

platte nicht nur in farblos sondern auch in weiß und Grau. Dazu<br />

kommen noch die bekannten Pro dukt vorteile von PleXiGlAS<br />

reSiSt® wie beispielsweise die exzellente uv­ und witterungsbeständigkeit.<br />

evonik stellt daher für trans parentes PleXiGlAS®<br />

eine 30jährige Garantie gegen ver gilbung aus. Alles in allem ein<br />

eigenschaftsprofil, das dem Haus besitzer viel Freizeit unter einem<br />

sauberen und langlebigen Dach schenkt.<br />

Lieber relaxen statt putzen – mit den neuen<br />

PLEXIGLAS RESIST® AAA Stegplatten<br />

16 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


+++ nano+art-Wettbewerb – Tag und Nacht im Zwergenreich<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

news<br />

optisch eindrucksvolle ergebnisse aus Forschungsarbeiten junger wissenschaftlerinnen, die sich tag und nacht zuordnen lassen,<br />

standen im Mittelpunkt des diesjährigen nano+art­wettbewerbs. Die Bundesinititative nano4women hatte dazu – inzwischen zum<br />

fünften Mal – Studentinnen, Absolventinnen und nachwuchswissenschaftlerinnen aufgerufen, die sich an Hochschulen, For schungseinrichtungen<br />

und anderen organisationen in Deutschland und europa mit nanotechnologie beschäftigen.<br />

Angler im Mondlicht der kölnerin Anna reckmann, Ein Leuchten in der Dunkelheit von Maryam Hadji Abouzar aus Aachen und<br />

Nanograsfeld von Aruna ivaturi von der university of cambridge belegten die ersten drei Plätze und erhielten das von evonik<br />

industries gesponserte Preisgeld von insgesamt 1.750 euro.<br />

Bundesweite Partner des Gemeinschaftsprojektes sind neben der evonik industries AG die Helmholtz­Gesellschaft, die Aktionslinie<br />

hessen­nanotech des Hessischen wirtschaftsministeriums, das Fraunhofer­institut für werkstoffmechanik Halle/Saale, die Martinluther<br />

universität Halle­wittenberg sowie science2public – Gesellschaft für wissenschaftskommunikation. veranstaltungsort des<br />

diesjährigen nano+art­wettbewerbs war das tecHnoSeuM in Mannheim, das noch bis 3. oktober 2010 eine Sonderausstellung<br />

zum thema „nano! nutzen und visionen einer neuen technologie“ zeigt.<br />

Den dritten, mit 250 euro dotierten Platz belegte Aruna ivaturi vom nanoscience<br />

centre der university of cambridge mit ihrem Nanograsfeld. Dies<br />

ist eine rasterelektronenmikroskopaufnahme vom Querschnitt eines<br />

nanograsfeldes aus Zinkoxid­nanostäben (60 nm durchschnittlicher Durchmesser<br />

und 1 μm durchschnittliche länge), hergestellt über ein hydrothermales<br />

verfahren ausgehend von einer Schicht aus Zinkkeimen.<br />

ein rätselhaftes Bild, das durch seine komposition<br />

überzeugt, lautete der kommentar der Jury: Mit<br />

Angler im Mondlicht ging die kölnerin Anna reckmann<br />

als Siegerin aus dem diesjährigen nano+artwettbewerb<br />

hervor. Sie freut sich über den von<br />

evonik überreichten Scheck über 1.000 euro. Das<br />

Siegerbild zeigt eine rasterelektronenmikroskopische<br />

Aufnahme eines organischen Feldeffekttransistors,<br />

auf dem Polymerfasern abgeschieden wurden.<br />

reckmann arbeitet und forscht am institut für Physikalische<br />

chemie der universität köln im Bereich<br />

oberflächen beschich tungen/nanopartikelsynthese.<br />

Platz 2 und einen Scheck über 500 euro erhielt<br />

Maryam Hadji Abouzar, die sich an der FH Aachen<br />

mit der Herstellung von nanostrukturen beschäftigt.<br />

Ein Leuchten in der Dunkelheit entstand aus einer<br />

fluoreszenzmikroskopischen Aufnahme von etwa<br />

6 nm großen DnA­Strängen, die mit cy3 (Fluoreszenzfarbstoff)<br />

markiert und auf eine silanisierte<br />

Sio 2­oberfläche aufgebracht wurden. Aufgrund der<br />

Zusammen setzung der DnA­haltigen Pufferlösung<br />

ist die immo bilisierung nicht homogen.<br />

17


A D D i t i v e M A n u F A c t u r i n G<br />

Abbildung 1.<br />

Das Prinzip des Addi tive<br />

Manufacturing am Beispiel<br />

des Lasersinterns,<br />

bei dem die Bauteile auf<br />

Basis eines Computermo<br />

dells automatisch<br />

schichtweise mit einem<br />

Laser aufgebaut werden<br />

Pulverzuführsystem<br />

Digitale Schichtarbeit<br />

SyLVIA MONSHEIMER<br />

Additive Manufacturing birgt vor allem für die Kleinserienfertigung ungenutztes<br />

Potenzial. extrusion und Spritzguss sind nicht immer der beste weg,<br />

kunststoffe in Form zu bringen. eine Alternative ist die werkzeuglose Fertigung.<br />

Sie verbindet maximale Flexibilität mit hoher kundenorientierung und kosteneffizienz.<br />

Beim lasersintern etwa entstehen aus Hightech­kunststoffen komplexe<br />

und technisch anspruchsvolle industrie­ und konsumgüter.<br />

D<br />

ie meisten bahnbrechenden Techno logien<br />

basieren auf einer einfachen und<br />

überzeugenden Idee. Das gilt auch für<br />

Methoden zur werkzeuglosen Herstellung<br />

von Bauteilen – Experten sprechen auch von<br />

Rapid Manufacturing, Rapid Protoyping, Additive<br />

Manufacturing oder Additive Fabrication.<br />

Das Prinzip hinter diesen Schlagworten: Schichtweise<br />

werden aus Flüssigkeiten, Pulvern, Strängen<br />

oder Folien ohne Einsatz eines Werk zeuges<br />

dreidimensionale Strukturen aufgebaut. Beim Lasersintern,<br />

das pulverförmiges Ausgangs mate rial<br />

benötigt, werden Behälter mit feinem Pulver aus<br />

Metall, Keramik oder Kunststoff gefüllt. Über dem<br />

Pulverbad sitzt ein Laser, der – exakt geführt von<br />

einer CAD­Software und einer entsprechenden<br />

Optik – nur ganz bestimmte Be reiche der obersten<br />

Partikelschicht belichtet. Diese Bereiche schmelzen<br />

auf und verfestigen sich nach dem Abkühlen.<br />

Danach senkt eine Automatik den Boden des Pul­<br />

Laser<br />

Walze Pulverbehälter für<br />

die Herstellung<br />

Kolben des<br />

Pulverzuführsystems<br />

Scannersystem<br />

Entstehendes Bauteil<br />

Scanrichtung<br />

des Lasers<br />

Gesinterte<br />

Pulverpartikel<br />

Kolben des Pulverbehälters<br />

für die Herstellung<br />

verbehälters um Bruchteile von Millimetern ab und<br />

streicht oben eine frische Part ikelschicht auf. Auch<br />

die wird wiederum nur an bestimmten Stellen<br />

vom Laser belichtet (Abb. 1). Auf diese Weise entsteht<br />

in vielen hauchdünnen Schichten ein räumliches<br />

Bauteil, dessen Kom plexität nahezu nur<br />

durch die vorgegebenen elek tronischen Konstruktionsdaten<br />

begrenzt ist.<br />

Diese Freeform Fabrication verzichtet auf Gussformen,<br />

Werkzeuge und raumgreifende Pro duktionsanlagen.<br />

Damit bildet Additive Manu fac turing<br />

(AM) das Gegenstück zu herkömmlichen Ver fahren,<br />

bei denen Teile zum Beispiel in vorgegebene<br />

Formen gegossen oder aus einem massiven Block<br />

spanabhebend herausgearbeitet werden. Bauteile<br />

ent stehen bei AM vielmehr direkt nach einem digitalen<br />

Bauplan. So werden Formen mög lich, die<br />

in der konventionellen Serienfertigung bislang<br />

nicht denkbar waren – und zwar schnell, flexibel<br />

und ohne großen apparativen Aufwand. >>><br />

Laserstrahl<br />

Lasersintern<br />

Nicht gesintertes Pulver in<br />

den unteren Schichten<br />

Frische Pulverschicht<br />

Quelle: Materialgeeza/Wikipedia<br />

18 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Der FinGripper der Festo AG & Co. KG,<br />

Esslingen, die auf Automatisierungstechnik<br />

spezialisiert ist. Hergestellt durch selektives<br />

Lasersintern, ist der FinGripper leicht, flexibel<br />

und adaptiv – er passt sich, ähnlich wie die<br />

menschliche Hand, an die Kontur des zu<br />

greifenden Gegenstands an. Damit können<br />

natürlich gewachsene Früchte, Knollen<br />

oder druckempfindliche Lebensmittel schnell<br />

und sicher gehandhabt werden. Bei der<br />

Fertigung des FinGrippers werden 0,1 Millimeter<br />

dünne Schichten aus Polyamidpulver<br />

nacheinander aufgetragen und selektiv mittels<br />

Laser aufgeschmolzen; beim Abkühlen<br />

entsteht dabei ein festes Bauteil<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

D e S i G n i n G w i t H P o l Y M e r S<br />

Foto: Festo AG & Co. KG<br />

19


Unverwechselbar: In der<br />

Leuchte Detail.MGX von<br />

Materialise N.V., einem<br />

auf Rapid-Prototyping-<br />

Techniken spezialisierten<br />

Unter nehmen mit Sitz in<br />

Leuven (Belgien), hat<br />

der Designer Dan yeffet<br />

durch selektives Lasersin<br />

tern seine Fingerabdrücke<br />

nach gebildet<br />

Blick in die Lasersinteranlage<br />

von <strong>Evonik</strong> in<br />

Marl<br />

Der Ansaugkrümmer für<br />

den von <strong>Evonik</strong> gespon -<br />

serten Lotus-Rennwagen<br />

(S. S 6) wurde durch<br />

Laser sintern aus Polyamid-12-Pulver<br />

her gestellt.<br />

Die Geo metrie des<br />

Ansaug krümmers – ein<br />

dreidimensional gekrümmtes,<br />

elliptisches<br />

Rohr – kann weder mit<br />

üblichen Metallver ar -<br />

bei tungsverfahren noch<br />

im Spritzguss hergestellt<br />

werden<br />

Daher ist Additive Manufacturing insbesondere<br />

im Prototypenbau verbreitet. Prototypen sind<br />

unverzichtbar, um neue oder veränderte Bauteile<br />

zu belasten, zu testen, ihre Passform und Funk tionalität<br />

zu überprüfen und – wenn nötig – in einem<br />

neuen Prototyp zu optimieren. Bei den hierfür<br />

eingesetzten Verfahren, zusammengefasst unter<br />

dem Begriff Rapid Prototyping, ist der Name<br />

Programm: Der Bau von Prototypen muss vor allem<br />

schnell gehen, Kosten spielen dabei eher eine<br />

Nebenrolle.<br />

Kostengünstige<br />

Kleinserienfertigung<br />

Additive Manufacturing hat aber das Zeug zu<br />

mehr. Durch die Möglichkeit, noch vor der Fertigung<br />

das Produkt bereits im virtuellen Stadium<br />

zu analysieren und zu optimieren, und durch<br />

breite Materialauswahl und Design nach Funktion<br />

können Bauteile nicht nur entsprechend der individuellen<br />

Kundenwünsche ausgelegt und entwickelt,<br />

sondern auch kostengünstig hergestellt<br />

werden. Durch die stark gewachsene Modell vielfalt<br />

in der Industrie ist die Nachfrage nach adaptiven<br />

Fertigungs­ und Arbeitsmitteln erheblich gestiegen.<br />

Das gilt beispielsweise für den Einsatz von<br />

Handhabungsrobotern: AM­generierte Grei fer<br />

können sich an geometrisch unterschiedliche<br />

Objekte leicht anpassen und machen den Greifprozess<br />

effizient und flexibel.<br />

Zwischen dem Prototypenbau und der Massenfertigung<br />

liegt der zunehmend wichtige<br />

Bereich der Kleinserien. Viele Produkte werden<br />

in relativ hohen, aber begrenzten Stückzahlen<br />

nach gefragt. Für sie ist die herkömmliche Massenproduktion<br />

mit ihren kostspieligen Werkzeugen<br />

und Großanlagen schlichtweg zu teuer.<br />

Daher gilt: Besonders wenn es um Produkte<br />

in kleinerer Stückzahl geht, spielt die Additive<br />

Ma nufacturing Technologie ihre Stärken aus<br />

(Abb. 2). Zu solchen Kleinserien zählen beispielsweise<br />

Scheinwerfergehäuse für hochpreisige Pkw,<br />

Lenkkomponenten für Rechtsfahrer oder Gehäuse<br />

von Spezialmaschinen. Ein bedeutender Sektor ist<br />

nicht zuletzt der Leichtbau für Flug zeuge und<br />

Automobile – Leichtbau ist beispielsweise im<br />

Verkehrssektor unbestritten ein unverzichtbares<br />

Konstruktionsprinzip, um Kraftstoff ver brauch<br />

und Emissionen zu senken.<br />

Ein anderes Einsatzfeld neben den Kleinserien<br />

sind individuell angepasste Bauteile. Dazu gehören<br />

zum Beispiel medizinische Hilfsmittel wie<br />

Hörgeräte, Implantate, OP­Besteck und Bohr hil fen<br />

für Operationen, aber auch Helme und Schuhe für<br />

den Profisport oder Atemschutzmasken. Die AM­<br />

Technologie macht solche individuelle Teile erst<br />

20 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

Foto: .MGX by Materialise


möglich, denn die Werkzeugkosten für die Herstellung<br />

eines einzigen Bauteils sind indiskutabel.<br />

Das Handling der verschiedenen Vari an ten erfolgt<br />

ausschließlich über Software­Lösungen – von<br />

der Aufnahme und Bearbeitung der individuellen<br />

Daten bis hin zu einem einzelnen Bau daten satz<br />

für jedes Teil.<br />

Die Industrie hat für die werkzeuglose Fertigung<br />

mittlerweile eine ganze Reihe von Spielarten<br />

entwickelt: Statt fester Partikel gibt es Verfahren,<br />

die in flüssigen Bädern ablaufen, andere<br />

arbeiten mit Strängen, die zu einem Bauteil aufgeschichtet<br />

werden. Statt mit einem Laser kann<br />

die einzelne Schicht durch Aufdüsen oder Drucken<br />

von Bindemittel oder Klebstoffen geformt werden.<br />

Eines ist all diesen Verfahren gemeinsam:<br />

Sie können selbst komplexeste Formen in einem<br />

Arbeitsgang umsetzen. Und sie sind flexibel. Ohne<br />

großen apparativen Aufwand kann das Bauteil so<br />

lange durch Änderung der räumlichen Kon struktionsdaten<br />

verändert und optimiert werden, bis es<br />

exakt den Kundenwünschen und technischen Anforderungen<br />

entspricht.<br />

Neue Funktionalitäten durch<br />

maßgeschneiderte Kunststoffe<br />

Thermoplastische Kunststoffe sind ideal für Ad ditive<br />

Manufacturing: Sie sind leicht zu pulverisieren,<br />

lassen sich gezielt schmelzen und können in<br />

ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften<br />

maßgeschneidert werden. Im Geschäftsgebiet<br />

High Performance Polymers von <strong>Evonik</strong><br />

beschäftigen sich Experten seit rund zehn Jahren<br />

mit der Entwicklung von thermoplastischen<br />

Kunst stoffen für das AM.<br />

Mit der Umsetzung von Kleinserien durch<br />

Additive Manufacturing stiegen auch die Anforderungen<br />

an die Materialien: Der Flugzeugbau<br />

verlangt nach Polymeren, die besonders hohe<br />

Tem peraturen aushalten, ebenso nach solchen,<br />

die schwer entflammbar sind, die Sport­ und die<br />

Schuhindustrie fordern weiche Materialtypen,<br />

um Bauteile mit hoher Flexibilität herzustellen.<br />

So hat <strong>Evonik</strong> ein besonders flexibles Polyamid<br />

(PA) entwickelt, das acht Mal biegsamer ist und<br />

eine um den Faktor fünf höhere Bruchfestigkeit<br />

besitzt als das Standardmaterial (Abb. 3). Eine andere<br />

Entwicklung, nämlich PEEK­Pulver für Lasersintern,<br />

zeichnet sich durch ihren hohen Schmelzpunkt<br />

bei 340 Grad Celsius aus – sie ist für Bauteile<br />

geeignet, die im Betrieb hohen Tem pe ra turen<br />

ausgesetzt sind. Durch solche optimierten<br />

Polymere werden neue Funktionalitäten möglich,<br />

gleichzeitig öffnen sich Wege, andere Materialien<br />

wie beispielsweise Metalle durch Kunst stoffe zu<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

Lasersintern ermöglicht Schichtdicken<br />

im Millimeterbereich<br />

D e S i G n i n G w i t H P o l Y M e r S<br />

Abbildung 2. Bei kleinen Stückzahlen sind additive Fertigungstechniken deutlich<br />

wirtschaftlicher als der Spritzguss; letzterer zahlt sich wegen der hohen Investitionskosten<br />

für das Werkzeug erst in der Massenproduktion aus. Die Stückzahl, ab der<br />

der Spritzguss Kostenvorteile bietet, hängt unter anderem von Größe und Komplexität<br />

des zu fertigenden Formteils bzw. des Werkzeugs ab<br />

Kosten pro Einheit<br />

Spritzguss<br />

Abbildung 3. Vergleich der Materialeigenschaften eines Standardpolyamids und eines<br />

speziell für das Additive Manufacturing entwickelten, besonders flexiblen Polyamids<br />

Bei den Polymeren konkurriert das Additive<br />

Manu facturing mit Extrusion und Spritzguss. Ein<br />

für Kunststoffe besonders geeignetes Verfahren<br />

ist das selektive Lasersintern (SLS). Mit SLS können<br />

Schichten von 0,15 mm Dicke erzeugt werden.<br />

Auch noch wesentlich dünnere Schichten<br />

sind möglich (bis 0,08 mm), allerdings wird das<br />

Handling des Pulvers dann schwierig, weil die<br />

winzigen Partikel durch die inneren Anzie hungskräfte<br />

nicht mehr rieseln. Chemische Rieselhilfen<br />

können die Haftung zwar vermindern, allerdings<br />

besteht die Gefahr, dass sich die Wärmeleitfähigkeit<br />

der gesinterten Schicht an den Rändern verändert<br />

und die Prozessfähigkeit negativ beeinflusst. Der<br />

Begriff Lasersintern ist historisch gewach­<br />

ersetzen. >>><br />

Additive Manufacturing<br />

Anzahl Einheiten<br />

Standardmaterial Neues flexibles Material<br />

E-Modul 1.700 MPa 100-250 MPa<br />

(246.500 psi) (14.500­36.200 psi)<br />

Bruchdehnung 15 % >100 %<br />

Zugfestigkeit 45 MPa 8 MPa<br />

(6.250 psi) (1.160 psi)<br />

Kerbschlagzähigkeit 3,5 KJ/m² Kein Bruch<br />

Schmelzpunkt 186 °C 150 °C<br />

(366 F) (302 F)<br />

Auffrischungsrate 50 % Nicht notwendig<br />

21


Hergestellt in einem<br />

Stück durch selektives<br />

Lasersintern: der<br />

Faltstuhl One_Shot<br />

.MGX von Materialise.<br />

Der Stuhl ist unter<br />

anderem im Museum<br />

of Modern Art in<br />

New york ausgestellt<br />

sen und etwas irreführend: Es handelt sich dabei<br />

um einen drucklosen Prozess, der für jede Schicht<br />

nur eine kurze Bearbeitungszeit benötigt – gerade<br />

soviel, dass die Bauteil bildenden Bereiche<br />

schmel zen und zu einem geschlossenen Schmelzefilm<br />

verlaufen.<br />

Zum Einsatz kommt bei Polymeren ein CO 2­<br />

Laser, der Teile der Polymerkette direkt anregt,<br />

ohne dass ein Absorber nötig wäre. Die Laser geschwindigkeit<br />

liegt in der Regel bei 5 bis 10 m/sec,<br />

ein Bauteil „wächst“ unter diesen Be din gun gen<br />

um zwei bis drei Zentimeter pro Stunde. Es kann<br />

aber nahezu ohne Ge schwin dig keits ver lust in der<br />

gleichen Schicht eine Vielzahl an Bau teilen gleichzeitig<br />

hergestellt werden – die Bau fläche kann<br />

vollgepackt mit Teilen sein. Im Ver gleich zu anderen<br />

Additive­Manufacturing­Technologien hat<br />

das auf Pulver basierende La sersintern den Vorteil,<br />

dass das Pulverbett um das Bauteil die Funktion<br />

einer allseitigen Stütze übernimmt – spezielle<br />

Stützkonstruktionen, die auskragende Formen<br />

in Position halten, sind überflüssig.<br />

Da nicht nur das Material selbst, sondern auch<br />

der Fertigungsprozess auf die technischen Eigenschaften<br />

eines Teils Einfluss nehmen, unterscheiden<br />

sich die Parameter von AM­Produkten und<br />

spritzgegossenen Produkten. Vergleichende Messungen<br />

zeigen, dass Dichte, und Dehnung eines<br />

schichtweise hergestellten Teils geringer sind,<br />

Elastizitätsmodul und Bruchfestigkeit dagegen<br />

höhere Werte zeigen (Abb. 4).<br />

Neue Anforderungen durch Kleinserien<br />

Neben neuen Materialeigenschaften stellt der<br />

Ein satz in der Serienfertigung noch weitere Anfor<br />

derungen an den Lasersinterprozess. So bekom<br />

men Wiederholbarkeit und Verlässlichkeit<br />

eine ganz neue Bedeutung – die gesamte Qua litäts<br />

siche rung muss sichergestellt werden, was<br />

zuvor im Prototypengeschäft im Prinzip keine<br />

Rolle spielte.<br />

An der Herausforderung, diesen Übergang<br />

von der Prototypenherstellung in die (Klein­)<br />

Serienfertigung zu schaffen, arbeitet seit vergangenem<br />

Jahr auch das Direct Manufacturing<br />

Research Center (DMRC) an der Universität von<br />

Paderborn. Das DMRC ist ein Zusammenschluss<br />

von acht Firmen und Forschungseinrichtungen<br />

und wird von der nordrhein­westfälischen Landesregierung<br />

finanziell unterstützt. Die vier<br />

Grün dungsunternehmen – neben <strong>Evonik</strong> auch<br />

Boeing, EOS und MTT Technologies – werden<br />

über die Vertragslaufzeit von fünf Jahren insgesamt<br />

zwei Millionen Euro in das DMRC investieren.<br />

Die beteiligten Experten beschäftigen sich<br />

seit der Eröffnung im Mai 2009 vor allem mit<br />

22 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

Photo: .MGX by Materialise


praktischen Fragen, beispielsweise dem Tempera<br />

turmanagement der eingesetzten Maschinen<br />

oder den Langzeiteigenschaften gesinterter Teile.<br />

So plötzlich, wie eine gute und überzeugende<br />

Idee für eine neue Technologie entstehen kann,<br />

so schwer tut sie sich manchmal, in den Köpfen<br />

der entscheidenden Akteure auch anzukommen.<br />

Das gilt auch für Additive Manufacturing. Die<br />

Bedingungen zum „Freedom of Design“ bzw.<br />

„Functional Driven Design“ werden an vielen<br />

Hochschulen nicht oder nicht ausreichend genug<br />

gelehrt. Ingenieure sind heute zwar mit den herkömmlichen<br />

Verfahren intensiv vertraut, können<br />

aber in der Regel mit der neuen Gestaltungsfreiheit,<br />

die Additive Manufacturing ihnen eröffnet, wenig<br />

anfangen. Denn Additive Manufacturing setzt voraus,<br />

dass grundlegend anders konstruiert wird,<br />

da der Konstrukteur in kompletten Funktio na litäten<br />

denken muss und nicht mehr in entkoppelten<br />

Einzelteilen.<br />

Normen als Wegbereiter<br />

Mangelnde Ausbildung an den Hochschulen ist<br />

nicht die einzige Hürde. Werkzeuglose Fertigungs<br />

verfahren wurden in der Vergangenheit<br />

recht unsystematisch entwickelt, angepasst und<br />

eingesetzt. Daher existieren bislang keine Normen,<br />

die die Verbreitung der Verfahren voranbringen<br />

und die Beurteilung der entstehenden<br />

Pro dukte vereinheitlichen würden. Das führt dazu,<br />

dass die Prüfung von Bauteilen – je nach angewandtem<br />

Parameterset – beispielsweise bei<br />

E­Modul, Zugfestigkeit und Dehnung zu unterschiedlichen<br />

Werten kommt (Abb. 5). Allerdings<br />

arbeitet die ISO ebenso wie der ASTM derzeit daran,<br />

erste Normen für das Lasersintern zu entwickeln.<br />

Zur Herstellung von Prüfkörpern ist die<br />

ISO 27547­1 bereits in Kraft. Auch eine VDI­<br />

Richtlinie wurde bereits erarbeitet.<br />

Trotz der noch bestehenden Hürden und offenen<br />

Fragen wird die Bedeutung von AM innerhalb<br />

der nächsten zehn Jahre merklich zunehmen.<br />

Denn die Vorteile wiegen schwer: Entwickler<br />

können funktionale Hohlstrukturen in Kleinserie<br />

fertigen, die Strukturen lassen sich passgenau an<br />

die späteren Belastungen anpassen, die Bauteile<br />

können mit vorgegebenen Porositäten oder<br />

Oberflächen maßgeschneidert werden, außerdem<br />

werden besonders leichte Bauteile möglich. Die<br />

Luftfahrtindustrie ist hier einer der Vorreiter. Die<br />

Boeing­787 hat bereits heute rund 30 SLS­ge sinterte<br />

Bauteile eingebaut. Nach Schätzungen von<br />

Airbus <strong>Industries</strong> wäre ein konsequent mit Hilfe<br />

von Additive Manufacturing gefertigtes Flugzeug<br />

30 Prozent leichter und 60 Prozent günstiger als<br />

heutige Maschinen.<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

D e S i G n i n G w i t H P o l Y M e r S<br />

Abbindung 4. Vergleich der technischen Eigenschaften eines durch<br />

Lasersintern erzeugten und eines spritzgegossenen Formteils<br />

Testmethode Durch Lasersintern Spritzgegossenes<br />

erzeugtes Formteil Formteil<br />

Dichte g/cm³ DIN 53479 0,95 1,04<br />

E-Modul MPa DIN 53457 1.700 1.400<br />

Zugfestigkeit MPa DIN 53455 48 46<br />

Dehnung % DIN 53455 18 >50<br />

Abbildung 5. Je nach Parameterset liefert die Prüfung ein und desselben<br />

Bauteils unterschiedliche Werte und erschwert so dessen Beurteilung.<br />

Normen sollen hier Abhilfe schaffen<br />

Prüfmethode Parameterset 1 Parameterset 2 Parameterset 1,<br />

senkrecht gebaut<br />

Dichte g/cm³ 0,91 0,9 0,91<br />

E-Modul MPa DIN 53457 1.872 1.920 1.921<br />

Zugfestigkeit MPa DIN 53455 49 48 49<br />

Dehnung % DIN 53455 18,2 8,4 7<br />

Ressourcen­ und Energieeffizienz – verknüpft<br />

mit einer kostengünstigen Fertigung – sind die<br />

zen tralen Herausforderungen der Zukunft, will<br />

Deutschland in einer sich rasch verändernden<br />

Welt wettbewerbsfähig bleiben. In der Vergan genheit<br />

waren es oft Querdenker, die mit ihren Ar beiten<br />

einer neuen Technologie zum Leben verholfen<br />

haben. Solche Querdenker spielen auch bei<br />

Additive Manufacturing eine Rolle. Sicher ist, dass<br />

über kurz oder lang Additive Manufacturing Technologien<br />

zu einem wichtigen Baustein werden, um<br />

die moderne industrielle Produktion auf kosten­<br />

und ressourceneffiziente Beine zu stellen. l<br />

SyLVIA MONSHEIMER<br />

Jahrgang 1965<br />

Sylvia Monsheimer ist im Geschäftsgebiet<br />

High Performance Polymers<br />

von evonik global verantwortlich<br />

für die Marktentwicklung des Additive<br />

Manu facturing, nachdem sie zuvor<br />

die Ab teilung Strategische innovationsprojekte<br />

des Geschäfts gebiets geleitet<br />

hatte. nach dem Studium des Bauingenieurwesens<br />

kam sie 1989 zu evonik,<br />

wo sie seither in den verschiedensten<br />

Funktionen in der Anwendungstechnik für Hochleistungskunststoffe<br />

tätig war. Mehr als 10 Jahre lang beschäftigte sie sich mit<br />

der Pulverentwicklung und Anwendungstechnik für das selektive<br />

laser sintern und andere werkzeuglose Prozesse und hat diese<br />

Aktivität bei High Performance Polymers geprägt.<br />

+49 2365 49-5911, sylvia.monsheimer@evonik.com<br />

23


27 Mitarbeiter von evonik unterrichten derzeit an deutschen Hochschulen<br />

Dem Nachwuchs verpflichtet<br />

Überfüllte Hörsäle, mit denen sich so mancher BWL­,<br />

Jura­ oder Germanistikstudent in Deutschland plagt,<br />

kennen angehende Ingenieure und Chemiker nur<br />

vom Hörensagen. Doch auch wenn sie mühelos einen<br />

Praktikumsplatz im Labor oder ein Thema für ihre<br />

Abschlussarbeit finden, erkennt so mancher im Nachhinein,<br />

dass die Randbedingungen trotzdem nicht immer günstig<br />

waren – wenn er nämlich die ersten Schritte in der industriellen<br />

Forschung macht und feststellt, dass nicht alles, was im<br />

Labor machbar ist, sich auch im Großmaßstab umsetzen<br />

lässt. Denn verglichen mit Master­ und Promotionsarbeiten<br />

bewegt sich die industrielle Technik in einem komplexen<br />

Wechselspiel aus Innovation, Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit,<br />

Verwaltungsvorschriften und Normen.<br />

„Die Absolventen sind Experten auf dem Themengebiet<br />

ihrer Abschlussarbeit, doch ihnen fehlt der Blick für wirtschaftlich<br />

attraktive Prozesse“, hat Prof. Dr. Karlheinz Drauz<br />

beobachtet. Er kennt beide Seiten: Gut 30 Jahre hat er für<br />

<strong>Evonik</strong> gearbeitet, seit 22 Jahren lehrt er an der Uni Würzbug<br />

industrielle Chemie, davon 18 Jahre als Honorarprofessor. Er<br />

ist einer von 27 Mitarbeitern von <strong>Evonik</strong>, die zusätzlich zum<br />

Berufsalltag an deutschen Hochschulen Vorlesungen halten.<br />

Ebenso wie Dr. Manfred Nagel, der im Bereich Verfahrenstechnik<br />

& Engineering von <strong>Evonik</strong> arbeitet. Der 44­jährige<br />

Ingenieur lehrt seit drei Jahren Verfahrenstechnik am<br />

KIT – dem Karlsruher Institut für Technologie – und kann<br />

sich noch gut an seine eigene Studienzeit erinnern: „Mir<br />

selbst hat damals der Praxisbezug gefehlt“, erzählt er. „Die<br />

Studenten heute sind zwar unglaublich offen für Neues, flexibel<br />

und zielstrebig, aber sie haben nur ein sehr unscharfes<br />

Bild davon, wie der Berufsalltag eines Ingenieurs aussieht.“<br />

Das Bild zu schärfen ist das Anliegen von <strong>Evonik</strong>. Drauz<br />

zum Beispiel lehrt zwar organische Chemie, doch gehören<br />

dazu für ihn nicht nur technische Wirkstoffsynthese, Biotech<br />

nologie und Vitaminherstellung, sondern auch Chemikalienrecht,<br />

das „In Verkehr bringen“ von Chemikalien und<br />

ihre Entsorgung. Zusätzlich hat er auch BWL­Professoren<br />

engagiert, die den Studenten einen Einblick in das wirtschaftliche<br />

Rüstzeug eines Industriechemikers vermitteln<br />

sollen, „das ver ursacht natürlich Kosten, die <strong>Evonik</strong> großzügig<br />

trägt“, sagt er. „Exkursionen an verschiedene <strong>Evonik</strong>­<br />

Produk tionsstandorte runden das Angebot ab.“<br />

Auch die Verfahrenstechnik von <strong>Evonik</strong>, traditionell der<br />

Einstiegsbereich für Ingenieure in den Konzern, legt Wert<br />

auf Praxisnähe. Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr.<br />

Herbert Riemenschneider hält Nagel eine Woche pro Jahr<br />

eine Blockvorlesung, die mit einer eintägigen Exkursion der<br />

Studenten an den <strong>Evonik</strong>­Standort Hanau endet. Auf dem<br />

Pro gramm stehen dann Besichtigungen von Technika, Produk<br />

tionsanlagen, Projekthäusern und virtuellen Chemieanlagen,<br />

Gespräche mit berufserfahrenen Ingenieuren und<br />

schließlich mit den Personalern über die beruflichen Perspek<br />

tiven. „Das kommt extrem gut an, weil die Studenten<br />

wissen wollen, wie ein Unternehmen tickt“, bestätigt Nagel,<br />

„Bei dem Besuch vor Ort sehen sie nicht nur, wie vielfältig<br />

der Ingenieursberuf ist, sondern auch, dass neben fachlichem<br />

Können soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit<br />

wichtig sind.“<br />

Soviel Engagement vermittelt auch Vertrauen: Drauz hat<br />

im Lauf der Jahre so manchen Studenten unterstützt, der Rat<br />

braucht – wegen Zusatzstudium, Auslandsaufenthalt,<br />

Bewerbung, Stipendien oder den Chancen von Frauen in der<br />

Industrie. Das kostet Zeit, doch die Doppelbelastung aus<br />

Lehre an der Hochschule und Arbeit im Unternehmen war<br />

nie ein Problem. „Das Unternehmen unterstützt mich in jeder<br />

Hinsicht“, betont Drauz. Und hat dafür auch einiges zurückbekommen.<br />

„Im Lauf der Jahre erkennt man sehr genau,<br />

wer wirklich gut ist“, weiß Drauz, der etliche Studenten über<br />

viele Semester begleitet hat. „Und die rekrutiert man dann<br />

natürlich für das Unternehmen.“ So mancher hervorragende<br />

Hochschulabsolvent habe von Würzburg den Weg ins Unternehmen<br />

gefunden und Karriere gemacht.<br />

Ein Thema, das auch Nagel bewegt. „<strong>Evonik</strong> gilt als einer<br />

der Toparbeitgeber für Chemieingenieure und Verfah renstechniker“<br />

erklärt er. „Dieser Ruf lebt auch davon, dass wir<br />

unser Netzwerk gut pflegen und Kontakte zu jungen Talenten<br />

aufbauen.“ Das KIT sei hierfür eine ideale Einrichtung.<br />

Mit rund 8.000 Mitarbeitern ist es die größte deutsche und<br />

auch weltweit eine der größten Forschungseinrichtungen,<br />

„die nicht nur über exzellente Forscher, sondern auch über<br />

eine exzellente Ausstattung verfügt und deshalb viele begabte<br />

junge Wissenschaftler aus dem In­ und Ausland anzieht“,<br />

so Nagel. „Und wie jedes Unternehmen suchen auch wir<br />

nach den Besten.“<br />

Zum Networking gehört auch der Kontakt zu den Hochschulkollegen,<br />

und Drauz hat so manchen vom Reiz der industriellen<br />

Chemie überzeugen können: „In meinen Vorlesun<br />

gen sitzen auch Profs, weil ich als Industriechemiker<br />

Erfahrungen habe, die ihnen naturgemäß fehlen. Einige haben<br />

sogar den Stoff meiner Vorlesungen in den Prüfungsstoff<br />

aufgenommen.“ Die Hochschulatmosphäre und den Kontakt<br />

mit jungen Chemikern, die ihren Weg suchen, will er nicht<br />

missen. Deshalb wird er, obwohl er zum 31. August in den<br />

Ruhestand gegangen ist, in den nächsten Jahren weiter lehren.<br />

„Ich finde es wichtig, zu wissen, wie die jungen Leute<br />

von heute denken und mich mit ihnen auseinander zu setzen“,<br />

sagt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen, die beide<br />

auch studieren. „Und ich will die Faszination, die die<br />

Naturwissenschaften auch für einen Industrieforscher bereithalten,<br />

weitergeben“, fügt er hinzu. „Es ist eine Be reicherung<br />

– beruflich, aber auch persönlich“, bringt Nagel es<br />

auf den Punkt. l<br />

24 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Hochschule<br />

FH Aachen<br />

universität<br />

Bochum<br />

FH Darmstadt<br />

tu Darmstadt<br />

tu Dortmund<br />

tu Dresden<br />

universität<br />

erlangennürnberg<br />

FH Frankfurt<br />

universität<br />

Hannover<br />

universität<br />

Hohenheim<br />

kit*<br />

karlsruhe<br />

universität<br />

kassel<br />

universität<br />

Magdeburg<br />

universität<br />

Münster<br />

FH Münster/<br />

Steinfurt<br />

universität<br />

Siegen<br />

universität<br />

Stuttgart<br />

universität<br />

würzburg<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5 Bauingenieurwesen/Gebäudetechnik<br />

6 kunststofftechnik im rahmen des Masterstudiengangs<br />

Polymerwissenschaften<br />

7 wirtschaftschemie<br />

8 kunststoffverarbeitung und Spezielle<br />

Probleme der kunststofftechnik<br />

9 kunststofftechnik/kunststoffe und umwelt<br />

10 verfahrenstechnik/Apparate­ und rohrleitungsbau<br />

11 verfahrenstechnik/Prozess­ und Anlagenplanung<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

16<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

Fach bzw. Lehrauftrag<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

Angewandte Polymerwissen schaften/in du strielle<br />

Aspekte der kunststofftechnologie<br />

theoretische chemie<br />

technische chemie/Prozesskunde<br />

Gewerblicher rechtsschutz für ingenieure<br />

Material­ und nanochemie<br />

industrielle anorganische chemie<br />

institut für Pflanzenproduktion und Agrarökologie<br />

in den tropen und Subtropen;<br />

Pflanzenschutzmittel<br />

verfahrenstechnik<br />

verfahrenstechnik<br />

energietechnik<br />

* karlsruher institut für technologie<br />

verfahrenstechnik/Micro Process<br />

engineering<br />

Makromolekulare chemie<br />

Patentinformationen<br />

chemikalienrecht, reAcH<br />

verfahrenstechnik/industrielle kristallisation<br />

chemical engineering/umwelttechnik,<br />

Anlagenengineering<br />

industrielle anorganische chemie<br />

industrielle organische chemie und<br />

industrielle Biotechnologie<br />

verfahrenstechnik<br />

industrielle organische chemie<br />

H o c H S c H u l e<br />

Ruhestand für Prof. Dr. Karlheinz Drauz<br />

Prof. Dr. karlheinz Drauz (60) ist<br />

zum 31. August 2010 in den ruhestand<br />

gegangen. Gut 30 Jahre lang<br />

war er im Geschäfts feld chemie<br />

von evonik in verschiedenen Po ­<br />

si tionen tätig, zuletzt als vice<br />

Presi dent international Scientific<br />

rela tions im Bereich innovation<br />

Management chemicals & creavis. in dieser Funktion hat<br />

er in den vergangenen fünf Jahren die internationale Hochschullandschaft<br />

im Hinblick auf für evonik interessante themen<br />

evaluiert, bestehende kontakte zu technologie zentren,<br />

Forschungsinstituten und Hochschulen vertieft und neue<br />

kontakte zu potenziellen kooperations part nern geknüpft;<br />

regionale Schwerpunkte waren dabei osteu ro pa und Asien.<br />

in dieser Zeit hat er eine Datenbank aufgebaut, die nicht<br />

nur das kooperationsgeschehen von evonik abbildet, sondern<br />

auch informationen über mögliche interessante koopera<br />

tionspartner bereit hält. Mehr als 5.000 Hochschulkontakte<br />

sind dort hinterlegt, die ein breites themenfeld abdecken –<br />

von Materialwissenschaften über nachwachsende rohstoffe<br />

bis hin zur erzeugung und Speicherung von energie. „ich<br />

habe meine Aufgabe darin gesehen, den operativen Bereichen<br />

den weg zu bereiten für kooperationen“, so Drauz. „Die<br />

Datenbank, zu der alle Geschäftsbereiche Zugang haben, hat<br />

sich mittlerweile als wichtiges Arbeitsmittel bei der Suche<br />

nach einem kooperationspartner bewährt.“ Darüber hinaus<br />

hat Drauz in china ein wissenschaftliches Beratergremium für<br />

evonik etabliert, dem mit Prof. Pingkai ouyang (Präsi dent<br />

der nanjing university of technology), Prof. charles c. Han<br />

(Direktor des Joint lab of Polymer Science and Materials)<br />

und Prof. Sishen Xie (leiter des nationalen Zentrums für<br />

nanowissenschaften und nanotechnologie) drei der bekanntesten<br />

wissenschaftler chinas angehören.<br />

Der promovierte chemiker Drauz, der an der techni schen<br />

universität Stuttgart studierte, begann seine laufbahn bei<br />

evonik 1980 als laborleiter im Bereich Forschung & ent wicklung<br />

Aminosäuren in Hanau­wolfgang. 1994 übernahm er<br />

die leitung der Hauptabteilung Forschung und entwicklung<br />

Feinchemikalien und war dabei auch für die wirkstoff produk<br />

tion am Standort wolfgang verantwortlich. Ab Anfang<br />

2002 leitete er den Bereich technology and research Management<br />

in der Feinchemie bis er ende 2003 die Aufgabe eines<br />

chief technology officer im früheren Geschäftsbereich<br />

exclusive Synthesis & catalysts übernahm. Schwerpunkte<br />

seiner wissenschaftlichen tätigkeit waren die Synthese von<br />

Aminosäuren, Peptiden und biologisch aktiven verbindun gen,<br />

die asymmetrische Synthese, Metall­ und Biokatalyse sowie<br />

die Prozessentwicklung. er ist an 160 Patenten und Patentanmeldungen<br />

beteiligt und hat seine Arbeiten in 95 wissenschaftlichen<br />

Publikationen veröffentlicht. Darüber hinaus ist<br />

Drauz seit 1992 Honorarprofessor für organische chemie an<br />

der Julius­Maximilians­universität würzburg.<br />

25


H o t S t A M P i n G<br />

Mit Sicherheit auffallen<br />

Mit dem Bindemittel DeGAlAn® macht evonik industries den euro sicherer, schützt Fußballfans<br />

vor Betrügern und verhilft verpackungen zu einem edleren Äußeren. Denn in einer Zeit, in der<br />

Produkte zunehmend austauschbar werden, gewinnt die optik immer mehr an Bedeutung. ohne<br />

die veredelung von verpackung oder etikett durch Hot Stamping, ein spezielles Druckver fahren,<br />

würden kosmetika, Spirituosen oder Süßigkeiten heutzutage kaum aus der Menge hervorstechen.<br />

Produktaufwertung und Verpackungsveredelung liegen<br />

voll im Trend. Das gilt für Markenartikel und<br />

No­Name­Produkte gleichermaßen. Gerade in<br />

wirt schaftlich schwierigen Zeiten ist es besonders<br />

wichtig, Produkte anzubieten, die sich von der Masse sichtbar<br />

abheben, denn Aufmerksamkeit ist ein knappes und<br />

wertvolles Gut. Um die Kunden anzusprechen, müssen Flaschen,<br />

Flakons und andere Verpackungen daher hochwertig<br />

gestaltet sein. Dass Produkte zu einem echten Blickfang<br />

werden, dafür sorgt <strong>Evonik</strong>. Unter dem Markennamen<br />

DEGALAN® vertreibt der Geschäftsbereich Coatings &<br />

Additives einen Lackrohstoff auf Basis von Methacrylaten,<br />

der als Bindemittel in Lacken und Druckfarben zum Einsatz<br />

kommt und einen entscheidenden Beitrag beim Bedrucken<br />

von Etiketten und Verpackungen leistet.<br />

Aber wie kommt das farbenprächtige Etikett eigentlich<br />

auf die Weinflasche, wie der filigrane Schriftzug auf die<br />

Pralinenschachtel und das goldene Kosmetiklogo auf den<br />

Eyeliner? Die Antwort lautet Hot Stamping. Dahinter verbirgt<br />

sich ein spezielles Druckverfahren, bei dem zunächst<br />

ein Negativbild in mehreren aufeinander aufbauenden<br />

Lack schichten auf eine Polyesterfolie aufgetragen wird. Um<br />

das Bild auf das gewünschte Produkt – sei es die Pralinenschachtel,<br />

der Eye liner oder die Weinflasche – aufzubringen,<br />

wird die beschichtete Folie um 180 Grad gedreht<br />

und un ter Hitze und Druck auf ge presst. Durch<br />

die Wärmezufuhr, Druck und die als<br />

letztes aufgetragene Kleberschicht<br />

lösen sich die Lackschichten von<br />

der Folie und verbinden sich<br />

mit dem Un tergrund.<br />

Aufgetragen werden mehrere Schichten, unter anderem<br />

eine Designschicht, die oftmals noch eine zusätzliche Metallschicht<br />

enthält, und ein Schutzlack. Ein Kleb stoff stellt sicher,<br />

dass die Lackschichten an dem Untergrund haften. Ein<br />

Trennlack, der zwischen Folie und Lackschicht eingebettet<br />

ist, sorgt dafür, dass die Trennung von Polyesterfolie und<br />

Druck schichten sauber vonstatten geht.<br />

Der große Vorteil des Verfahrens besteht darin, dass die<br />

verschiedenen Schichten in einem einzigen Vorgang übereinander<br />

gedruckt werden können. Die besonderen Farbeffekte,<br />

Metallisierungen und Prä gungen für Hologramme,<br />

die dadurch ent stehen, könnten durch eine mehrmalige Beschichtung<br />

auf dem zu bedruckenden Untergrund so nicht<br />

hergestellt wer den. „Im Gegen satz zum Offset­ oder Digi taldruck<br />

birgt dieses Druckverfahren daher ein viel breiteres<br />

Spektrum an Techniken, insbesondere für Produkte mit<br />

hochwertigem oder sehr kleinteiligem Erscheinungsbild sowie<br />

für metallisch glänzende Designs“, erklärt Andreas<br />

Olschewski, Global Technical Sales Manager im Geschäftsbereich<br />

Coatings & Additives von <strong>Evonik</strong>.<br />

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: ein gestochen<br />

scharfes Motiv mit feinen und klaren Konturen. Möglich<br />

macht dies DEGALAN®. Da es als Co­Bindemittel in den einzelnen<br />

Lackschichten verwendet wird, entsteht eine konturenscharfe<br />

Abbildung und die Farbe des Druckbildes ist brillanter.<br />

Je nach dem, welche Bindemittel eingesetzt werden,<br />

bewirkt es aber noch mehr: Der Lackrohstoff verbessert die<br />

Filmhärte der Schutzlacke und ist somit beständig gegen die<br />

hohe Prägetemperatur, kann aber auch die Klebekraft erhöhen,<br />

und sorgt so für eine bessere Haftung auf dem<br />

Untergrund.<br />

Zum Schutz vor Fälschungen werden Holo gramme<br />

auf die Euroscheine aufgedruckt, weil diese<br />

sehr schwer zu kopieren sind. Hergestellt werden<br />

sie im Hot-Stamping-Verfahren, für das <strong>Evonik</strong><br />

das Produkt DEGALAN® anbietet<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Beim Hot-Stamping-Verfahren wird ein Negativbild aus mehreren auf-<br />

ein ander aufbauenden Lackschichten auf eine Folie appliziert. Die beschichtete<br />

Folie wird dann umgedreht und durch Wärmezufuhr sowie Druck<br />

auf das gewünschte Produkt aufgepresst. Dank der Kleberschicht lösen<br />

sich die Lackschichten von der Folie und verbinden sich mit dem<br />

Untergrund<br />

Trägerfolie (wird abgelöst)<br />

„Das Produkt hat sich erfolgreich am Markt positioniert.<br />

Viele Her steller greifen gerne auf Binde mittel der<br />

DEGALAN® Familie zurück, weil sie damit immer ein exzellentes<br />

Ergebnis erhalten“, sagt Olschewski. Zu den Kunden<br />

von <strong>Evonik</strong> gehören Anbieter der Heiß prä ge tech no logie,<br />

die weltweit agieren. Das Anwen dungsspektrum ist groß:<br />

Nicht nur in der grafischen Industrie, auch in der Holz verarbeitungs­<br />

und Möbelindustrie werden Heißpräge folien<br />

verwendet. Ein Beispiel ist die Wurzelholzoptik, die dank<br />

DEGALAN® täuschend echt aussieht, und unter anderem in<br />

der Mittelkonsole von Fahrzeugen zum Einsatz kommt.<br />

Damit Originale auch Originale bleiben<br />

Das Druckverfahren dient aber nicht nur zur besonders attraktiven<br />

Ausgestaltung von Produkten, es bietet auch einen<br />

effektiven Schutz vor Fälschungen. Beispiel Euro­Banknoten:<br />

Eines der Sicherheitsmerkmale ist das Hologramm. Kippt<br />

man den Geldschein, erscheinen im Folienstreifen, je nach<br />

Betrachtungswinkel, die Wertzahl der Banknote und das<br />

Eurosymbol vor einem regenbogenfarbenen Hintergrund.<br />

Anhand des Hologramms kann so die Echtheit der Banknote<br />

überprüft werden. Hergestellt wird es im Hot­Stamping­<br />

Verfahren.<br />

Auf Geldscheinen ist DEGALAN® also genauso enthalten<br />

wie auf Bank­ und Kreditkarten, Ausweisen oder Doku menten.<br />

Auch auf Eintrittskarten für Konzerte oder Fußballspiele<br />

glänzen Hologramme und fast jeder trägt sie mit sich herum.<br />

Da sie sehr fälschungssicher sind und sich bis heute nicht<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

Trennschicht<br />

Schlusslackschicht<br />

Designschicht<br />

Klebeschicht<br />

Lackverbund<br />

c o A t i n G & B o n D i n G t e c H n o l o G i e S<br />

Eintrittskarten, beispielsweise für Fußballspiele, sind besonders<br />

durch Nachahmung und Fälschung gefährdet. Durch Hologramme<br />

als heißgeprägte Sicherheitsfolie werden Tickets fälschungssicher<br />

vervielfältigen lassen, finden sie auch immer häufiger Einsatz<br />

als Schutz vor Marken­ und Produktpiraterie. Nachahmungen<br />

und Fälschungen haben mittlerweile eine nicht zu<br />

unterschätzende wirtschaftliche Dimension erreicht, die<br />

sich in beträchtlichen Umsatzeinbußen widerspiegelt und<br />

die deutsche Wirtschaft erheblich belastet.<br />

Oftmals sind Produktfälschungen nicht auf den ersten<br />

Blick zu erkennen, da die Verpackungen ziemlich gut nachgemacht<br />

sind. Mit Heißprägefolien werden optische Echtheits­<br />

und Sicherheitsmerkmale wie Hologramme auf Produkte<br />

gedruckt, die ganz spezifische Eigenschaften aufweisen,<br />

äußerst komplex und schwer kopierbar sind. DEGALAN®<br />

schützt somit auch Marken und Produkte. Und ermöglicht<br />

den Kunden, Originale von gefälschter Massenware zu unterscheiden.<br />

l<br />

ANDREAS OLSCHEWSKI<br />

Andreas olschewski arbeitet seit<br />

mehreren Jahren als Global technical<br />

Service Manager im Geschäftsbereich<br />

coatings & Additives von evonik;<br />

sein Schwer punkt ist die anwendungstechnische<br />

Beratung im Bereich<br />

Acrylharze. nach einer Ausbildung<br />

zum lacklaboranten absolvierte er<br />

ein Studium an der Fach hochschule<br />

für Druck in Stuttgart, das er als<br />

ingenieur mit Schwerpunkt lacke<br />

und Farben abschloss. 1980 begann er seine berufliche laufbahn in<br />

der Anwen dungstechnik Acrylharze der evonik röhm GmbH.<br />

+49 6151 18-4784, andreas.olschewski@evonik.com<br />

27


P e r c A r B o n A t<br />

Das umweltfreundliche Bleichmittel<br />

DR. STEFAN LEININGER<br />

Der Beruf des Seifensieders, der aus Tierfett<br />

und Asche Seifen für Rei nigungszwecke<br />

herstellte, entwickelte sich im<br />

mittel­ und südeuropäischen Raum etwa<br />

ab dem 4. Jahrhundert. Wäschewaschen war<br />

harte Arbeit – die Wäschestücke mussten zum<br />

Entfernen von Schmutz gerieben oder geschlagen<br />

werden. Hartnäckigen Flecken rückte die<br />

Waschfrau mithilfe der „Rasenbleiche“ zu Leibe,<br />

indem sie die feuchte Wäsche auf dem Rasen ausbreitete.<br />

Im chemischen Zusammenspiel von<br />

Feuchtigkeit, Sonnenlicht und dem Chlo ro phyll<br />

der Pflanzen bilden sich aktiver Sauerstoff und<br />

Ozon, die beide oxidierend und bleichend wirken.<br />

Die Entwicklung moderner Waschmittel nahm<br />

ihren An fang mit der Entdeckung von Natri umperborat­Tetra<br />

hydrat (NaBO 3*4H 2O) im Jahr<br />

1898 und den darauffolgenden technischen Entwicklungsarbeiten<br />

bei der ehemaligen Degussa<br />

durch Otto Liebknecht. Unter dem Namen Oxygenol<br />

brachte das Unternehmen 1904 erstmals<br />

Nat rium perborat unvermischt und in Pulverform<br />

für Waschmittel auf den Markt. War der kommerzielle<br />

Erfolg anfangs noch überschaubar, so<br />

änderte sich die Situation mit dem Interesse des<br />

Die Rasenbleiche: Wird feuchte Wäsche<br />

auf Rasen gelegt, entstehen aus Feuch tigkeit,<br />

Sonnenlicht und Chlorophyll aktiver<br />

Sauerstoff und Ozon, die oxidierend<br />

und bleichend wirken<br />

28 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


für wachstumsmärkte<br />

Wasch mittelherstellers Henkel schlagartig. Am<br />

6. Juni 1907 brachte die Firma Henkel das erste<br />

„selbsttätige“ Waschmittel unter dem Markennamen<br />

Persil® auf den Markt, das die bisherige<br />

Rasenbleiche überflüssig machte. Persil® enthielt<br />

neben 15 Gewichtprozent Perborat als Haupt komponente<br />

85 Pro zent von Henkels silikathaltiger<br />

Bleichsoda. Ohne Reiben und separates Bleichen<br />

war die Wäsche nach einmaligem Kochen mit<br />

Persil® sauber und hygienisch rein.<br />

Wurde Natriumperborat­Tetrahydrat in den<br />

ersten Jahren noch durch Umsetzung von auf<br />

elektrochemischem Wege hergestelltem Natrium<br />

peroxid mit Borsäure produziert, so konnte<br />

mit der Entwicklung eines Direkt elektrolyse verfahrens<br />

basierend auf wässriger Boratlösung der<br />

ständig steigende Bedarf ab 1920 aus dem Werk<br />

Rheinfelden bedient werden. Mit der höheren<br />

Verfügbarkeit von Wasserstoffperoxid, das seit<br />

1910 im österreichischen Weißenstein und ab 1928<br />

in Rheinfelden elektrochemisch über Peroxodischwefelsäure<br />

hergestellt wurde, konnte die<br />

Produktion sukzessive auf den noch heute aktuellen<br />

Herstellungsprozess der Umsetzung von Natri<br />

ummetaborat mit Wasserstoffperoxid umgestellt<br />

werden.<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

c o A t i n G & B o n D i n G t e c H n o l o G i e S<br />

energiekrisen und ressourcenverknappung,<br />

verbraucherverhalten und um welt schutz<br />

spornen Forscher und entwickler immer<br />

wieder zu Höchstleistungen und verbesserten<br />

Produkten an – so auch im waschmittelmarkt.<br />

trendsetter ist ein besonders stabiles,<br />

granuliertes Percar bonat von evonik.<br />

Aufgrund seiner ökotoxikologischen Überlegenheit<br />

hat es auf dem europäischen<br />

Markt das teure Perborat als Bleichkomponente<br />

in den wasch mitteln bereits zum<br />

größten teil abgelöst. Damit sichert es führenden<br />

waschmittelher stellern die Marktführer<br />

schaft in europa und bereitet zudem<br />

den weg für einen sicheren und erfolg­<br />

reichen einstieg in die wachstumsmärkte.<br />

Moderne Vollwaschmittel – sauber,<br />

rein und duftig<br />

Vollwaschmittel sind immer ein Kind ihrer Zeit.<br />

Neu­ und Weiterentwicklungen von Bestandteilen<br />

und Formulie run gen fanden und finden stets im<br />

Zusammenspiel mit Wasch gewohnheiten, Verbraucherverhalten,<br />

gesetzlichen Bestim mungen<br />

und Umweltschutz statt. Unverändert gültig bleiben<br />

jedoch die Prinzipien der Waschwirkung:<br />

Mechanische Kräfte, thermische Energie und<br />

chemische Reaktionen leisten ganze Arbeit im<br />

Kampf gegen Schmutz und Körperfett auf der<br />

Wäsche. Und seit über 100 Jahren tragen Bleichmittel<br />

unverändert zum Wascherfolg bei. Duftstoffe<br />

schließlich verstärken den Eindruck von<br />

Sauberkeit.<br />

„Selbsttätige“ Waschmittel waren von Anfang<br />

an ein Erfolg und wurden mit der steigenden<br />

Kaufkraft und der Verfügbarkeit von Trommelwaschmaschinen<br />

in den Jahren des deutschen<br />

Wirtschaftswunders für fast alle Bevölkerungsschichten<br />

erschwinglich. Mit dem stetig steigenden<br />

Waschmittelabsatz stieg aber auch kontinuierlich<br />

die Umweltbelastung. Eutrophierung, die<br />

unerwünschte Zunahme des Nähr stoff ge­ >>><br />

29


Bleiche mit Perborat und Percarbonat<br />

Vergleich zwischen normaler und aktivierter Bleiche<br />

Remission [%] = Bleichwirkung<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

HO<br />

HO<br />

O O<br />

B B<br />

O O<br />

Tee, Kaffee...<br />

OH<br />

OH<br />

2 –<br />

2 Na +<br />

Aktivierungssysteme für Waschmittel<br />

oder Na 2CO 3 • 1,5 H 2O 2<br />

H 2O<br />

H 2O 2 + OH – HOO – + H 2O<br />

0 20 40 60 80<br />

Bleichaktivierung<br />

Persalz<br />

Percarbonat<br />

oder Perborat<br />

Aktivierung<br />

R<br />

X<br />

O<br />

Temperatur [°C]<br />

Oxidierter Fleck<br />

Beispiel: TAED-Aktivierung<br />

Persalz<br />

OOH –<br />

H 2O / OH –<br />

TAED<br />

Peressigsäure<br />

H 2O 2 + OH – HOO – + H 2O<br />

Aktivatoren<br />

• TAED, NOBS<br />

• Ester, Amid<br />

• Nitril(quat)<br />

H<br />

O<br />

Waschlauge<br />

Katalysatoren<br />

• Enzym/Mediator<br />

• Metallkomplex<br />

• O-Überträger<br />

In-situ-Persäure (X=O, NH) Bleiche<br />

Aktivierte Spezies<br />

O<br />

M<br />

halts von Gewässern und dadurch bedingtes übermäßiges<br />

Pflanzenwachstum als Folge der Verwendung<br />

von phosphatbasierten Enthärtersystemen in<br />

Waschmitteln, führte in den 1980er­Jahren zu einem<br />

wachsenden Umwelt­ und Ökologie be wusstsein,<br />

das letztendlich in ein Verbot phosphathaltiger<br />

Waschmittel in Europa mündete. Moderne<br />

Waschmittel enthalten heute entweder Zeolithe,<br />

Polyacrylate oder Enthärtersysteme auf Basis nachwachsender<br />

Rohstoffe (z. B. Zitrate, Aspartate),<br />

um die Bildung von Kalkseifen zu verhindern.<br />

Der eigentliche Prozess zum Entfernen von<br />

Schmutz und Körperfett wird durch das Zusammenspiel<br />

von mechanischer Energie (Trommelbe<br />

wegungen der Maschinen), Temperatur in der<br />

Waschlösung und chemischer Wirkung der Tenside<br />

gesteuert. Tenside halten außerdem die<br />

Schmutz­ und Fettpartikel im Waschwasser in der<br />

Schwebe. Je weniger Wasser die modernen, Wasser<br />

sparenden Waschmaschinen einsetzen, desto<br />

mehr Dispergatoren muss das Waschmittel zur<br />

Verfügung stellen. Sie verhindern, dass sich die<br />

Schmutzpartikel in der konzentrierten Lösung<br />

wieder auf der Faser ablagern und die Wäsche<br />

vergraut.<br />

In ihrem Kampf gegen eine Vielzahl unterschiedlicher<br />

Flecken erhalten die Tenside Unterstüt<br />

zung durch Enzyme und Bleichmittel. Enzyme<br />

sind Proteine, die immer nur ganz bestimmte organische<br />

Stoffe durch katalytische Wirkung umsetzen<br />

und in kleinere Bausteine spalten können.<br />

So werden eiweißhaltige Anschmutzungen durch<br />

Proteasen, fetthaltige Anschmutzungen durch Lipa<br />

sen und stärkehaltige Anschmutzungen durch<br />

Carbohydrasen angegriffen.<br />

Da immer mehr Nahrungsmittel mit nicht verwertbaren<br />

Polysacchariden hergestellt werden<br />

(z. B. kalorienreduzierte Produkte), enthalten<br />

teure moderne Vollwaschmittel beispielsweise<br />

auch Mannanase zur Entfernung dieser hartnäckigen<br />

„Lifestyle“­Flecken. Cellulasen wiederum<br />

lassen baumwollhaltige Kleidungsstücke glatt und<br />

neu erscheinen, indem sie kleine abstehende Fasern<br />

(Mikrofibrilionen) entfernen und so der<br />

Ver grauung durch Anlagerungen an genau diesen<br />

kleinen Fasern entgegenwirken.<br />

Gegen andere Flecken, wie sie etwa Tee, Kaffee,<br />

Gemüse oder Obst verursachen, helfen dagegen<br />

Bleichmittel wie Perborate oder Percarbonat.<br />

Diese persauerstoffhaltigen Stoffe setzen beim<br />

Lö sen Wasserstoffperoxid frei, das bei höheren<br />

Waschtemperaturen über sein Perhydroxylanion<br />

direkt oder bei niedrigeren Temperaturen in Gegen<br />

wart von Aktivatoren über die Bildung von<br />

Singulettsauerstoff seine bleichende Wirkung entfaltet.<br />

Der Reinigungseffekt beruht hierbei einerseits<br />

auf der Oxidation der farbgebenden konju­<br />

30 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


gierten Doppelbindungssysteme in Farbstoff mole<br />

külen (Chromophoren) und andererseits auf der<br />

Spaltung der Moleküle in kleinere Bausteine. Die<br />

chemisch so veränderten Flecken lassen sich dann<br />

meist leichter durch Tenside von der Faser ab­<br />

lösen.<br />

Neben den Fleck entfernenden Eigenschaften<br />

zeichnen sich die im Waschprozess aus den Persalzen<br />

gebildeten aktiven Komponenten zudem<br />

durch biozide Eigenschaften aus, wodurch Bak terien,<br />

pathogene Keime und Pilzsporen abgetötet<br />

werden. Die Wäsche ist nach dem Wa schen mit<br />

Vollwaschmitteln somit nicht nur sauber sondern<br />

auch rein (keimfrei).<br />

Als weitere Komponente enthalten viele Vollwaschmittel<br />

Duftstoffe in Form von verschiedenen,<br />

teilweise markanten Parfümölen. Weltweit<br />

haben sich deutlich differenzierte Gewohnheiten<br />

entwickelt. Während in Deutschland nur dezent<br />

oder gar nicht parfümiert wird, fallen die<br />

Duft stoffkomponenten in den USA und Japan<br />

reichhaltig aus. Ein starker Parfümduft suggeriert<br />

dort Sauberkeit und Frische. Aufgrund des<br />

allergenen Potenzials vieler Duftstoffe findet man<br />

aber auch immer häufiger parfümölreduzierte<br />

bzw. ­freie sensitive Produkte in den Super marktregalen.<br />

Waschen kann cool sein<br />

Da Wasserstoffperoxid nur bei 95 °C (Kochwäsche)<br />

voll wirksam ist, die meisten modernen Wäschestücke<br />

diese Temperatur aber nicht vertragen,<br />

enthalten Vollwaschmittel in Europa seit den<br />

1970er­Jahren zudem Bleichaktivatoren wie Tetraacetylethylendiamin,<br />

TAED. In der Wasch ma schine<br />

reagiert TAED mit dem aus dem Bleichmittel<br />

freigesetzten Wasserstoffperoxid unter Perhydro<br />

lyse zu Peressigsäure. Diese entfaltet bereits<br />

bei Temperaturen von 40 bis 60 °C ihre volle<br />

Bleichwirkung, die Wäsche wird also schon bei<br />

tieferen Temperaturen sauber und hygienisch<br />

rein. Das spart deutlich Energiekosten. In den<br />

USA dient Nonanoyloxybenzolsulfonat, NOBS, als<br />

Aktivator, der mit Wasserstoffperoxid Perno nansäure<br />

bildet.<br />

Unterhalb von 30°C sind die Aktivatoren TAED<br />

und NOBS nur bedingt wirksam, da die korrespondierenden<br />

Persäuren unter diesen Bedin gungen<br />

nicht so reaktiv sind. Aus diesem Grund finden<br />

in Ländern, in denen traditionell überwiegend<br />

mit kaltem Wasser gewaschen wird, wie in<br />

den USA, Japan und einigen Ländern Südeuropas,<br />

überwiegend Hypochlorite als Bleichmittel Verwen<br />

dung. Das hierbei als Nebenprodukt freigesetzte<br />

Chlor wird in den USA deshalb auch mit<br />

Hygiene und Sauberkeit verbunden.<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

>>><br />

c o A t i n G & B o n D i n G t e c H n o l o G i e S<br />

Waschtipps<br />

Weiße Streifen auf der Wäsche<br />

Sind in der regel rückstände des waschmittels oder enthär<br />

ters (Zeolithe) auf der Faser, die sich bilden, wenn z. B.<br />

das Pulverwaschmittel überdosiert oder die waschmaschine<br />

zu voll beladen ist. Dosieranleitung beachten und die Maschine<br />

nur so voll laden, dass noch eine Handbreit zwischen wäsche<br />

und trommel passt. Die rückstände lassen sich problemlos<br />

durch leichtes Ausklopfen entfernen.<br />

Maschine und/oder Wäsche riecht muffig<br />

entsteht durch Bakterien, insbesondere wenn Sie regelmäßig<br />

Flüssigwaschmittel verwenden. einmal pro Monat mit einem<br />

vollwaschmittel bei 60 °c waschen oder regelmäßig Fleckensalz<br />

verwenden.<br />

Energie und Wasser sparen<br />

Die Maschine immer voll beladen. Zwei halbgefüllte Maschi<br />

nen brauchen mehr energie und wasser als eine voll<br />

beladene.<br />

Energie sparen<br />

in den meisten Fällen genügen waschtemperaturen von<br />

30–40 °c. Mit einem vollwaschmittel werden dann üblicherweise<br />

selbst Handtücher, Bettwäsche und unterwäsche<br />

hygienisch sauber. Absolut keimfrei, z. B. bei ansteckenden<br />

krankheiten, wird die wäsche mit einem geeigneten<br />

vollwaschmittel bei 60 °c.<br />

Wasser sparen<br />

Auf den vorwaschgang verzichten. normal verschmutzte<br />

wäsche wird mit einem voll waschmittel im Hauptwaschgang<br />

sauber und Sie sparen bis zu 19 liter wasser.<br />

31


In den sich entwickelnden Ländern<br />

noch gang und gäbe: das Waschen<br />

von Hand. Mit steigendem Wohlstand<br />

können sich die Menschen aber<br />

vermehrt Waschmaschinen und<br />

maschinelle Waschmittel leisten<br />

Waschmittelmärkte im Wandel<br />

Der Waschmittelmarkt ist kontinuierlich Verände<br />

rungen unterworfen. Waren es zum Beispiel in<br />

den 1980er­Jahren umweltpolitische Gründe, die<br />

einen Trend zu Kompaktwaschmitteln und Konzen<br />

traten sowie ein Verbot für phosphathaltige<br />

Waschmittel in Europa auslösten, sorgt heute der<br />

demografische Wandel für sinkende Absatzzahlen<br />

und verschärften Wettbewerb auf dem europäischen<br />

Vollwaschmittelmarkt. Während einerseits<br />

die Anzahl der Single­ und Rentnerhaushalte<br />

steigt, parallel aber die Zahl der Kinder und damit<br />

auch die Menge an Schmutzwäsche zurückgeht,<br />

beobachtet man andererseits einen Trend hin zu<br />

mehr synthetischen Fasern und damit empfind­<br />

licher Kleidung.<br />

Im Waschmittelmarkt hat diese Entwicklung<br />

in den vergangenen zehn Jahren zu einer deut­<br />

lichen Verschiebung der Marktanteile zugunsten<br />

der Flüssigwaschmittel gegenüber den herkömmlichen<br />

pulverförmigen Vollwaschmitteln geführt.<br />

Derzeit scheint dieser Trend jedoch gestoppt, da<br />

Flüssigwaschmittel an ihre Grenzen stoßen (siehe<br />

Infokasten zu Flüssigwaschmittel). Zur Kompensation<br />

der Defizite von Flüssigwaschmitteln bei<br />

der Reinigungsleistung haben die Wasch mit telhersteller<br />

mittlerweile diverse Zusatzbleichmittel<br />

und Fleckentferner auf den Markt gebracht.<br />

Die traditionellen Waschgewohnheiten wandeln<br />

sich jedoch nicht nur in Europa, sondern<br />

welt weit. In den sich entwickelnden Ländern<br />

zeichnet sich im Gegensatz zu Europa ein stark<br />

wachsender Markt ab, da zunehmender Wohlstand<br />

und steigende Kaufkraft auch den Kleiderschrank<br />

füllen. Infolgedessen kaufen die Verbraucher<br />

auch vermehrt Waschmaschinen und<br />

maschinelle Waschmittel. In den entwickelten<br />

Ländern wie USA und Japan führt das zunehmende<br />

Umweltbewusstsein zu einer verstärkten<br />

Kaufbereitschaft für europäische Waschmaschinen<br />

(front loader), die Energie und Wasser sparender<br />

sind als die technisch und mechanisch weniger<br />

aufwendigen amerikanischen Waschmaschinen<br />

(top loader). Damit einher geht eine erhöhte<br />

Nach frage nach niedrig schäumenden europäischen<br />

Vollwaschmitteln, die für diese Maschinen<br />

maßgeschneidert sind.<br />

Perborate – ein Stern verblasst<br />

Perborate waren in Europa fast 100 Jahre als<br />

Bleichmittel in Vollwaschmitteln enthalten und<br />

wurden erst im letzten Jahrzehnt sukzessive<br />

durch Percarbonat ersetzt. In Ländern mit hoher<br />

Luftfeuchtigkeit und starken Temperaturschwankungen<br />

werden Perborate aufgrund ihrer chemi­<br />

32 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


schen Stabilität noch heute in Waschmitteln eingesetzt.<br />

Demgegenüber wurde das weniger stabile<br />

Percarbonat historisch überwiegend als Fle ckensalz<br />

verwendet, das separat zum Vorbehan deln<br />

oder zusätzlich in den Hauptwaschgang zugegeben<br />

werden kann.<br />

Veränderungen am Rohstoffmarkt und neuere<br />

ökotoxikologische Bewertungen haben jedoch<br />

zur Folge, dass Percarbonat auch in klimatisch anspruchsvollen<br />

Regionen zunehmend als Ersatz für<br />

Perborat in Waschmitteln formuliert wird. Da<br />

Borax weltweit nur in Minen in China, der Türkei<br />

und den USA abgebaut wird, hat der Bauboom in<br />

China und im Mittleren Osten zu einer deutlichen<br />

Verknappung des Rohstoffs geführt. Begrenztes<br />

Angebot bei deutlich gestiegener Nachfrage hat<br />

den Preis für Borax in die Höhe getrieben, sodass<br />

Perborat mittlerweile deutlich teurer ist als Percar<br />

bonat.<br />

Percarbonat – ein instabiler Kraftprotz<br />

In Europa haben die Waschmittelhersteller bereits<br />

vor rund zehn Jahren sukzessive erfolgreich<br />

auf Percarbonate umgestellt. Unter klimatisch anspruchsvolleren<br />

Bedingungen, wie sie in Mittel­<br />

und Südamerika, in Afrika und im Mittleren Osten<br />

vorherrschen, kann die Bleichleistung der mit<br />

Percarbonat formulierten Vollwaschmittel jedoch<br />

schnell nachlassen. Zudem stellt hier die stärkere<br />

Empfindlichkeit von Percarbonat gegenüber<br />

Feuchte ein höheres Gefahrenpotenzial dar, was<br />

die Sicherheitsanforderungen sowohl während<br />

des Transports als auch in der Wasch mittel produktion<br />

erhöht.<br />

Dass Percarbonat weniger stabil ist als Per borat,<br />

liegt hauptsächlich im Molekülbau bzw. der<br />

Kristallstruktur begründet. Beiden gemeinsam ist,<br />

dass sie im Kontakt mit Wasser bzw. Feuchte sehr<br />

leicht Wasserstoffperoxid freisetzen können. Im<br />

Gegensatz zu den Percarbonaten sind Perborate<br />

echte Persauerstoffverbindungen, bei denen der<br />

Sauerstoff über eine Peroxogruppe kovalent an<br />

das Boratom gebunden ist. Die Bor­ und Sauerstoff<br />

atome bilden hierbei ein 6­gliedriges Ringsystem,<br />

das energetisch besonders stabil ist.<br />

Dagegen handelt es sich beim Percarbonat um<br />

eine Additions­ bzw. Anlagerungsverbindung.<br />

Die Wasserstoffperoxidmoleküle liegen im Kristall<br />

gitter relativ locker über Wasserstoffbrücken<br />

gebunden vor, ähnlich wie Kristallwassermoleküle.<br />

An feuchter Luft können Wassermoleküle<br />

aus der Luft in die Kristalle diffundieren und die<br />

Was ser stoffperoxidmoleküle von ihren Kristallgitter<br />

po sitionen verdrängen. Das freigesetzte<br />

Was ser stoff peroxid zersetzt sich dann unter Wär­<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

c o A t i n G & B o n D i n G t e c H n o l o G i e S<br />

Flüssigwaschmittel<br />

Flüssigwaschmittel enthalten – neben viel wasser – tenside<br />

und organische lösemittel, jedoch kein Bleichmittel. Die<br />

reinigungswirkung ist schlecht, wie Stiftung warentest<br />

immer wieder eindrucksvoll bestätigt. Deshalb empfehlen<br />

die waschmittelhersteller den verbrauchern, zusätzlich<br />

Fleckensalze bzw. Fleckentferner (Bleach Booster) zu verwenden<br />

– also Zusatzwaschmittel, die recht teuer sind, aber<br />

letztendlich aus Percarbonat und einem Aktivator bestehen,<br />

wie sie in jedem vollwaschmittel enthalten sind.<br />

Flüssigwaschmittel enthalten zwar optische Aufheller als<br />

weißmacher, also organische Substanzen, die uv­aktiv<br />

sind, oder titandioxid, das sich auf die Fasern legt und dadurch<br />

einen gewissen weißeffekt erzeugt. keimfreiheit wird<br />

dadurch aber nicht erreicht. im Gegenteil: Auf den kunststoffteilen<br />

in der waschmaschine wie der einspül kam mer,<br />

dem kunststoffschlauch oder den Gummidichtungen sammeln<br />

sich waschmittelrückstände an, die nährboden für<br />

Bakterien und Pilze sind. es bildet sich ein sogenannter Biofilm.<br />

Diese Bakterien und Pilze können schlimmstenfalls<br />

auch auf die wäsche übergehen.<br />

Das so gebildete Wasser und die erhöhte Temperatur<br />

können nun ihrerseits den Zerset zungsprozess<br />

beschleunigen bis hin zur vollständigen<br />

Umwand lung des vorhandenen Percarbonats (autokatalytischer<br />

Zersetzungsprozess).<br />

<strong>Evonik</strong> bändigt Percarbonat<br />

Für die Herstellung von Percarbonat stehen prinzipiell<br />

zwei Verfahren zur Verfügung: das Kristallisationsverfahren<br />

und das Granulations verfahren.<br />

Hergestellt nach dem klassischen Nassverfahren,<br />

bei dem Natriumcarbonatlösung mit<br />

Wasserstoffperoxid versetzt und gekühlt wird,<br />

entstehen offenporige Kristalle mit einer großen<br />

Oberfläche, die schwer zu beschichten ist.<br />

In den 1990er Jahren entwickelte <strong>Evonik</strong> ein<br />

Wirbelschicht­Granulationsverfahren, das Na trium<br />

percarbonatkristalle als runde Partikel und mit<br />

kleiner, glatter Oberfläche erzeugt. Diese Oberfläche<br />

wird in einem zweiten Prozessschritt, dem<br />

so genannten Coating, mit einer sehr dichten<br />

homogenen Hülle aus anorganischen Salzen wie<br />

Natriumsulfat umgeben. Diese Hülle dient als<br />

Dif fusionsbarriere und verhindert, dass Wassermo<br />

le küle von außen nach innen bzw. Wasser stoffperoxidmoleküle<br />

von innen nach außen diffundieren.<br />

me entwicklung leicht zu Wasser und Sauer stoff. >>><br />

33


Die Percarbonatanlage von<br />

<strong>Evonik</strong> in Rheinfelden<br />

Das Coatingverfahren von <strong>Evonik</strong> zur Herstellung<br />

von stabilisiertem Percarbonat<br />

1. Sprühgranulierung 2. Sprühbeschichtung<br />

Röntgenelektronenmikroskopische Aufnahme<br />

des durch Coating stabilisierten Percarbonats<br />

100:1<br />

Na 2CO 3-Lösung<br />

H 2O 2-Lösung<br />

Luft Natriumpercarbonat<br />

Luft<br />

100:1<br />

Na 2SO 4<br />

3,90 µm<br />

6,64 µm<br />

5,20 µm<br />

6,35 µm<br />

6,29 µm<br />

4,31 µm<br />

5,53 µm<br />

4,72 µm<br />

500:1 50µm<br />

Percarbonat: stabil und nachhaltig<br />

Wissenschaftler des Geschäftsbereichs Industrial<br />

Chemicals von <strong>Evonik</strong> haben in den vergangenen<br />

drei Jahren das Coatingverfahren im Her stellungs<br />

prozess für Percarbonat weiterentwickelt<br />

und konnten die Stabilität der äußeren Hülle und<br />

damit die Robustheit von Percarbonat gegenüber<br />

Feuchtigkeit und anderen Einflüssen deutlich erhöhen.<br />

Das verbesserte Percarbonat weist alle<br />

phy sikalisch­chemischen Eigenschaften auf, die<br />

von einem modernen nachhaltigen Produkt erwartet<br />

werden. Es besitzt eine exzellente Rie selfähigkeit<br />

und Lagerstabilität mit ausgezeichneter<br />

Haltbarkeit in Formulierungen und ist wegen seiner<br />

hohen Schüttgutdichte für den Einsatz in Kompaktwaschmitteln<br />

besonders gut geeignet.<br />

Percarbonat ist auch deshalb besonders attraktiv<br />

für Kompaktwaschmittel, da es anders als die<br />

Perborate multifunktional ist. So enthält es neben<br />

dem oxidierend wirkenden Wasserstoff peroxid<br />

auch Soda, das zur Alkalinität der Wasch lösung<br />

beiträgt und die Reinigungswirkung unterstützt<br />

(2 in 1). Das separate Formulieren von Soda kann<br />

somit deutlich reduziert werden.<br />

Die hohe chemische und mechanische Ro bustheit<br />

des verbesserten Percarbonats zeigt sich besonders<br />

in der guten Lagerstabilität im fertigen<br />

Waschmittel, wodurch die Reinigungsleistung des<br />

Waschpulvers über eine längere Zeit erhalten<br />

bleibt. Das Bleichmittel muss bei der Wasch mit telherstellung<br />

nicht mehr überdosiert werden, es<br />

können also bei gleicher Effizienz geringere Rohstoffmengen<br />

eingesetzt werden. Mit der höheren<br />

Stabilität des Percarbonats während der Lagerung<br />

des Waschmittels können oxidationsempfindlichere<br />

Enzymsysteme eingesetzt werden, die beispielsweise<br />

in konzentrierten Wasch lösungen<br />

eine gute Reinigungswirkung entfalten.<br />

Die Welt stellt um: auf granuliertes<br />

Percarbonat von <strong>Evonik</strong><br />

Da Percarbonat ein oxidierend wirkender Stoff<br />

ist, geht von ihm ein besonderes Gefahrenpotenzial<br />

aus. Für dessen Produktion, Transport, Lagerung<br />

und Verarbeitung ist deshalb ein Sicher heitskonzept<br />

erforderlich. Die Standorte müssen eine<br />

Zulassung haben und dürfen nur bestimmte<br />

Mengen lagern. Von <strong>Evonik</strong> erhalten die Kunden<br />

Empfehlungen, wie das stabilisierte Per carbonat<br />

gelagert werden muss. <strong>Evonik</strong> hat in der Ver gangenheit<br />

bereits diverse Kunden bei der Umstellung<br />

von Perborat auf Percarbonat begleitet und ist<br />

derzeit federführend mit der Kon ver tierung der<br />

verbliebenen Produktions anlagen für Wasch­<br />

und Reinigungsmittel beauftragt.<br />

34 <strong>elements32</strong> evonik science newsletter


Versandbereites<br />

Natriumpercarbonat in<br />

Bigbags für Kunden<br />

auf der gesamten Welt<br />

Für die Produktqualifizierung wurden hierzu<br />

verschiedene kundenspezifische Validierungstests<br />

ausgearbeitet, um sicherzustellen, dass die<br />

Coa ting hülle des Percarbonats beispielsweise<br />

während der Förderung des Materials aus Tagessilos<br />

in den Produktionsprozess nicht beschädigt<br />

wird. In aufwe ndigen sicherheitstechnischen<br />

Messun gen und Modellierungen konnte <strong>Evonik</strong><br />

zeigen, dass das granulierte Percarbonat ideal für<br />

den Einsatz unter extremen klimatischen und<br />

produktionstechnischen Bedingungen geeignet<br />

ist. Aber auch der Transport des Percarbonats aus<br />

den Pro duktionsanlagen von <strong>Evonik</strong> zu den<br />

Wasch mit tel fabriken der Kunden auf der ganzen<br />

Welt wurde detailliert analysiert, da es sich transportrechtlich<br />

um ein Gefahrgut mit besonderen<br />

An forderungen handelt.<br />

Auch wenn die globale Umstellung noch in<br />

vollem Gange ist, enthalten bestimmte Waschmittel<br />

in den Wachstumsmärkten des Mittleren<br />

Ostens und Afrikas bereits das granulierte Per carbonat<br />

von <strong>Evonik</strong>. Das Unternehmen profitiert<br />

hierbei von seiner Technologieführerschaft und<br />

überlegenen Produktqualität und wird als verlässlicher<br />

und kom petenter Partner von der globalen<br />

Kon sum gü ter industrie anerkannt. l<br />

<strong>elements32</strong> evonik science newsletter<br />

c o A t i n G & B o n D i n G t e c H n o l o G i e S<br />

Fleckensalz für Spezialanwendungen<br />

Das Bleichmittel Percarbonat ist Hauptbestandteil der meisten<br />

handelsüblichen Fleckensalze. neben Fleckenentfernung<br />

in der wäsche leistet der „Aktivsauerstoff“, der sich beim<br />

Auflösen des Percarbonats in wasser bildet, auch in anderen<br />

lebensbereichen gute Dienste. Beispiele:<br />

Kaffeekanne, Teekanne<br />

löst den calcium­coffein­komplex auf, der sich als brauner<br />

Belag auf dem Porzellan absetzt. Zum entfernen der<br />

Ablagerungen gibt man einen löffel Fleckensalz in das mit<br />

warmem wasser gefüllte Gefäß. einwirken lassen (schäumt),<br />

danach gut mit wasser reinigen. kann durch Zugabe eines<br />

tropfens Spülmittel unterstützt werden.<br />

Teer- und Ölflecken auf Fliesen und Steinzeug<br />

Der Aktivsauerstoff „schiebt“ sich unter den teer­/Ölfilm,<br />

zersetzt sich dort und der entstehende Sauerstoff löst den<br />

Film vom untergrund ab.<br />

Biotonne<br />

unterbindet unangenehme Gerüche. Percarbonat bildet mit<br />

dem im Fleckensalz enthaltenen Aktivator (tAeD) Peressigsäure,<br />

die Bakterien abtötet. Für die umwelt ist Peressigsäure<br />

unschädlich, weil sie in Sauerstoff und essigsäure<br />

zerfällt.<br />

Fischteich<br />

Bewahrt einen verschlickten teich vor dem umkippen.<br />

Das Percarbonat bringt aktiven Sauerstoff in den Schlick ein,<br />

ohne den Fischen zu schaden (bei angemessener Dosie rung).<br />

Die Zugabe von Percarbonat übt durch den Soda anteil auf<br />

übersäuerte teiche zudem eine neutralisierende wirkung<br />

aus.<br />

Stockflecken<br />

Zum Beispiel im Bad an Fließenfugen: Aus Fleckensalz und<br />

wasser eine Paste herstellen (Gummihandschuhe anziehen),<br />

auf die betreffende Stelle auftragen, einwirken lassen und<br />

mit wasser abspülen.<br />

DR. STEFAN LEININGER<br />

Stefan leininger betreut im Geschäftsgebiet Active<br />

oxygens die Anwendungstechnik für den Bereich<br />

non­Pulp & Paper und leitet die Produkt­ und<br />

Prozessentwicklung waschrohstoffe; in dieser<br />

Funktion begleitet er in enger Abstimmung mit den<br />

kunden die globale umstellung von Perborat auf<br />

Percarbonat. Der chemiker promovierte 1996 an der<br />

universität kaiserslautern und forschte anschließend<br />

drei Jahre an der university of utah in den uSA,<br />

bis er 1999 zu evonik kam. Bevor er 2004 seine<br />

aktuelle Position übernahm, war er unter anderem<br />

an der entwicklung von titansilikalit katalysierten chemischen verfahren zur<br />

Ammoximierung und epoxidierung auf Basis von wasserstoffperoxid beteiligt.<br />

+49 6181 59-3295, stefan.leininger@evonik.com<br />

35


S E P T E M B E R 1 0<br />

03.09.–04.09.2010<br />

150th Anniversary<br />

weltkongress chemie<br />

karlsruhe<br />

www.kit.edu<br />

17.09.–21.09.2010<br />

126. GDnÄ­versammlung<br />

dresden<br />

www.gdnae.de<br />

O K T O B E R 1 0<br />

03.10.–05.10.2010<br />

Polydays 2010 – Polymers in<br />

Biomedicine and electronics<br />

berlin<br />

www.gdch.de/makro2010/<br />

N O V E M B E R 1 0<br />

07.11.–09.11.2010<br />

6. German conference on<br />

chemoinformatics<br />

goslar<br />

www.gdch.de/gcc2010<br />

<strong>Evonik</strong> <strong>Industries</strong> AG<br />

Rellinghauser Straße 1–11<br />

45128 Essen<br />

www.evonik.de<br />

16.12.–21.12.2007<br />

06.09.–07.09.2010<br />

International 3rd Aachen­osaka Symposium Joint on<br />

Catalysis Symposium & Fine Chemicals<br />

singapur aachen<br />

www.cfc2007.org/index.html<br />

www.seleca.rwth­aachen.de/<br />

21.09.–23.09.2010<br />

Processnet Jahrestagung 2010<br />

aachen<br />

http://events.dechema.de/jt2010<br />

10.10.–13.10.2010<br />

Green Solvents for Synthesis<br />

berchtesgarden<br />

www.dechema.de/gsfs2010<br />

25.11.–26.11.2010<br />

Aachen Dresden<br />

international textile conference<br />

dresden<br />

www.aachen­dresden­itc.de/<br />

13.09.–15.09.2010<br />

orcHeM 2010<br />

weimar<br />

www.gdch.de/orchem2010/<br />

22.09.–24.09.2010<br />

75. Jahrestagung GDch lackchemie<br />

werningerode<br />

www.gdch.de/lackchemie2010<br />

10.10.–13.10.2010<br />

10th international workshop on<br />

Polymer reaction engineering<br />

hamburg<br />

www.dechema.de/pre10<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>Evonik</strong> Degussa GmbH<br />

Innovation Management<br />

Chemicals & Creavis<br />

Rellinghauser Straße 1–11<br />

45128 Essen<br />

Wissenschaftlicher Beirat<br />

Dr. Norbert Finke<br />

<strong>Evonik</strong> Degussa GmbH<br />

Innovation Management<br />

Chemicals & Creavis<br />

norbert.finke@evonik.com<br />

Redaktion<br />

Dr. Karin Aßmann<br />

(verantwortlich)<br />

<strong>Evonik</strong> Services GmbH<br />

Konzernredaktion<br />

karin.assmann@evonik.com<br />

Redaktionelle Mitarbeiter<br />

Dr. Angelika Fallert-Müller<br />

Christa Friedl<br />

Nina Labitzke<br />

Michael Vogel<br />

termine<br />

Gestaltung<br />

Michael Stahl, München<br />

Fotos<br />

<strong>Evonik</strong> <strong>Industries</strong><br />

Karsten Bootmann<br />

Stefan Wildhirt<br />

Fotolia/Lucky Dragon (S. 31)<br />

Fotolia/Conny (S. 32)<br />

mauritius images/Clover/<br />

amanaimages (S. 29 oben)<br />

mauritius images/John<br />

Warburton-Lee (S. 29 unten)<br />

.MGX by Materialise (Titel)<br />

Druck<br />

Laupenmühlen Druck<br />

GmbH & Co.KG<br />

Bochum<br />

Nachdruck nur mit<br />

Genehmigung der Redaktion

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