MELDUNGEN 156<strong>de</strong>utlich, daß alle in ihrem Herzen eine lebendigeVerbun<strong>de</strong>nheit mit ihrer Heimat bewahrt haben, wenn sieauch zeitweise hinter <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s gegenwärtigenLebens zurücktreten mußte. Einer <strong>de</strong>r Berichterstattererwähnte, daß ihm erst nach <strong>de</strong>r Vertreibung aufgegangensei, daß er ein Schlesier ist, weil es ihm zuvor zu selbstverständlichgewesen sei. Dann aber habe er sich mit ganzemHerzen zu seiner Heimat bekannt. Bewegend waren auchdie Stellungnahmen <strong>de</strong>rer, die zwar aus schlesischenFamilien stammen, aber nicht mehr in Schlesien geborensind. Sie mußten sich erst in ihrer Lebensgeschichte eineBeziehung zur Heimat ihrer Familie erwerben. Dasgeschah sowohl bei Besuchen mit ihrer Familie in <strong>de</strong>r verlorenenHeimat wie durch Beschäftigung mit ihrerGeschichte. Hilfreich war auch die freundliche Aufnahmedurch die jetzt in Schlesien beheimateten Polen. So behältSchlesien auch für die ihrer schlesischen I<strong>de</strong>ntität erst späterbewußt gewor<strong>de</strong>nen Jüngeren Schlesien eine existentielleBe<strong>de</strong>utung.Am Nachmittag stand dann <strong>de</strong>r Besuch <strong>de</strong>s internationalenökumenischen Gottesdienstes in <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nskirchein Jauer zur Erinnerung an <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>s II. Weltkriegesvor 70 Jahren auf <strong>de</strong>m Programm. Deutsche und polnischePfarrer und evangelische und katholische Bischöfe gestaltetenihn in <strong>de</strong>r gut besetzten Kirche. Bischof Huber, <strong>de</strong>rVorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r EKD, hielt die Predigt. An <strong>de</strong>n Gesichtern<strong>de</strong>r polnischen Teilnehmer war zu erkennen, wie bewegtauch sie durch das Erleben dieses Gottesdienstes waren.Hier war wirklich Gemein<strong>de</strong> Jesu Christi erfahrbar.Im Rahmen <strong>de</strong>r Jahrestagung hatte natürlich auch eineMitglie<strong>de</strong>rversammlung ihren Platz. Neben <strong>de</strong>n Berichten<strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>s Herausgebers <strong>de</strong>s „Jahrbuches fürschlesische Kirchengeschichte“ und <strong>de</strong>s Schriftführers warenvor allem Wahlen wichtig, da die Posten <strong>de</strong>s Vorsitzen<strong>de</strong>nund <strong>de</strong>s stellvertreten<strong>de</strong>n Vorsitzen<strong>de</strong>n neu besetzt und<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s vor einem Jahr neugewählten Schriftführers bestätigtwer<strong>de</strong>n mußten. Dabei wur<strong>de</strong> Superinten<strong>de</strong>nt Dr. ThomasKoppehl als neuer Vorsitzen<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Blick genommen.Ihm wur<strong>de</strong> allerdings ein Jahr zur Einarbeitung inseine neue Aufgabe zugestan<strong>de</strong>n. So wur<strong>de</strong> Pfarrer Dr.Christian-Erdmann Schott zunächst als Vorsitzen<strong>de</strong>r bestätigt.Da <strong>de</strong>r bisherige stellvertreten<strong>de</strong> Vorsitzen<strong>de</strong> Dr. DietrichMeyer nicht mehr kandidierte, wur<strong>de</strong> er zum Dank fürseinen bisherigen Einsatz zum Ehrenmitglied ernannt. Anseine Stelle trat Frau Prof. Dr. Dorothea Wen<strong>de</strong>bourg. AlsSchriftführer wur<strong>de</strong> Pfarrer Christoph Hanke bestätigt.Beisitzer im Vorstand wur<strong>de</strong>n Pfarrer Mag. Ulrich Hutter-Wolandt und Pastor Dietmar Neß. Die guten Wünsche unddie Mitarbeitsbereitschaft <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlungbegleiten <strong>de</strong>n neuen Vorstand.Im Blick auf die Jahrestagung <strong>de</strong>s Vereins für schlesischeKirchengeschichte 2010 wur<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>neThemen angesprochen, die im Rückgriff auf dann anstehen<strong>de</strong>Jubiläen festgelegt wer<strong>de</strong>n sollen Der Tagungssort<strong>de</strong>s nächsten Jahres muß ebenfalls noch gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,wenn auch Breslau und Berlin bereits in <strong>de</strong>n Blick genommenwur<strong>de</strong>n.Mit allen Vorträgen, Themen und Gesprächen wie auchmit <strong>de</strong>m Gottesdienst in Jauer war die Jahrestagung ein alleTeilnehmer bewegen<strong>de</strong>s Erlebnis, das sie noch lange beschäftigenwird. Dabei ist auch in großer Dankbarkeit andie warme, geschwisterliche Atmosphäre zu <strong>de</strong>nken, in <strong>de</strong>rdas ganze Zusammensein verlief. Es ist gut, daß es diegroßartige Arbeit <strong>de</strong>s Vereins für schlesische Kirchengeschichtegibt. Sie verdient alle Unterstützung und, so weitmöglich, Teilhabe an ihr.LAG Schlesische OberlausitzANDREAS NEUMANN-NOCHTENDer Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r LAG OKR i.R. Norbert Ernst berichtetin seinem letzten Rundbrief von einer Begegnung miteinem hiesigen Mitglied <strong>de</strong>r Gemeinschaft, die ihm einmalmehr zeigte, wie groß das Interesse an <strong>de</strong>r Vortrags- undBildungsarbeit ist.In diesem Sinne ist auf die Zusammenkunft <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sarbeitsgemeinschaftam 7. November diesen Jahres zu verweisen.Zwei Letthemen sollen <strong>de</strong>n Tagungsablauf bestimmen.Zum einen soll einer Frage nachgeangen wer<strong>de</strong>n, dieschon oft gestellt und schon mit vielen Antwortversuchenbedacht wur<strong>de</strong>: sind wir Schlesier, nie<strong>de</strong>rschlesische Oberlausitzero<strong>de</strong>r etwa gar Sachsen? Mag so mancher auchsagen, daß darüber genug Worte gewechselt wor<strong>de</strong>n seien,so ver<strong>de</strong>utlicht doch die immer wie<strong>de</strong>r aufflammen<strong>de</strong> Diskussion,daß es in dieser Hinsicht nach wie vor Gesprächsbedarfgibt. Schließlich sind nicht nur die Stimmen zuhören, die grundsätzlich eine wie auch immer gearteteVerbun<strong>de</strong>nheit unseres Landstriches mit Schlesien leugnen,vielmehr sind auch solche zu vernehmen, die die Anbindung<strong>de</strong>s auf <strong>de</strong>utschem Bo<strong>de</strong>n verbliebenen Teils <strong>de</strong>r ProvinzSchlesien an Sachsen als „späte Wie<strong>de</strong>rgutmachungam Königshaus Wettin“ verstan<strong>de</strong>n wissen wollen. An<strong>de</strong>rewie<strong>de</strong>rum for<strong>de</strong>rn gar die Gründung eines Bun<strong>de</strong>slan<strong>de</strong>sNie<strong>de</strong>rschlesien. Es geht um unser Selbstverständnis, <strong>de</strong>mwir an diesem Tag nach<strong>de</strong>nken und nachgehen wollen.In einem zweiten Teil, <strong>de</strong>r „Fünf Jahre danach“ überschriebenwer<strong>de</strong>n kann, geht es um eine Bestandsaufnahmehinsichtlich <strong>de</strong>s Kirchenneubildungsprozesses zwischen<strong>de</strong>r Kirche Berlin-Bran<strong>de</strong>nburgs und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r schlesischenOberlausitz.Sicherlich wird auch ein Bericht über <strong>de</strong>n Ausflug <strong>de</strong>rLAG am 26. September seinen Platz fin<strong>de</strong>n und Zeit sein,weitere aktuelle Themen anzusprechen. Auch <strong>de</strong>m Ge<strong>de</strong>nkenan Angehörige, die im Krieg und während <strong>de</strong>r Fluchtund Vertreibung ihr Leben verloren haben, soll in <strong>de</strong>ngemeinsamen Stun<strong>de</strong>n eine Zeit eingeräumt sein.
157AUS DER PARTNERKIRCHEGe<strong>de</strong>nken mit Bischof Dr. Wolfgang HuberÖkumenischer Gottesdienst in Jauer erinnerte an <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>s II. Weltkrieges vor 70 JahrenANDREAS NEUMANN-NOCHTENBischof Dr. Wolfgang HuberFoto: KrolewiczDer Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Rates <strong>de</strong>r Evangelischen Kirche inDeutschland (EKD), Bischof Dr. Wolfgang Huber, hat ineinem ökumenischen Gottesdienst im heute polnischenJauer (Nie<strong>de</strong>rschlesien) am 1. September an <strong>de</strong>n Ausbruch<strong>de</strong>s Zweiten Weltkrieges gedacht.Die Predigt Hubers erinnerte in beson<strong>de</strong>rer Weise an<strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Überfalls auf Polen und an <strong>de</strong>ssenFolgen für <strong>de</strong>n östlichen Nachbarn. Dabei führte er aus:„Kein Land hatte, bezogen auf seine Bevölkerung, eine<strong>de</strong>rart hohe Quote an Getöteten und Leidtragen<strong>de</strong>n zubeklagen.“ In kriegerischer Gewalt zeige sich „das Wesenmenschlicher Sün<strong>de</strong>, die Menschen von Gott und voneinan<strong>de</strong>rtrennt, die menschliches Leben Machtinteressenunterwirft, die Menschenleben in unvorstellbarer Zahl for<strong>de</strong>rtund nicht wie<strong>de</strong>r gut zu machen<strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n anrichtet,die schließlich auch die Täter zerstört.“Bischof Huber sprach aber auch dankbar vom Neubeginn<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsch-polnischen Beziehungen in <strong>de</strong>n Jahrzehntennach <strong>de</strong>m Zweiten Weltkrieg und erinnerte an einigebe<strong>de</strong>utsame Meilensteine am gemeinsam zurückgelegtenWeg.Er verwies auf die Stuttgarter Schul<strong>de</strong>rklärung vomOktober 1945, die unablässigen und schon seit langer Zeitwähren<strong>de</strong>n Versöhnungsbemühungen <strong>de</strong>r „Aktion SühnezeichenFrie<strong>de</strong>nsdienste“ und an die Ost<strong>de</strong>nkschrift <strong>de</strong>rEKD von 1965. Daß „das Beharren auf Rechtsansprüchennicht das letzte Wort“ behalten hat, sei auch <strong>de</strong>n„Evangelischen in Deutschland, die früher ihre Heimat inheute polnischen Gebieten hatten“ zu verdanken. Sie warenbei <strong>de</strong>n „Bemühungen um Frie<strong>de</strong>n und Neubeginn“ oft inerster Reihe beteiligt.Die Län<strong>de</strong>r Europas haben in <strong>de</strong>n 20 Jahren, die seit <strong>de</strong>rpolitischen Wen<strong>de</strong> vergangen sind, viele Erfahrungenmachen müssen, die nicht nur friedlicher Natur waren. Daskann nur einen Schluß zulassen, daß „in <strong>de</strong>n Konfliktenunserer Zeit <strong>de</strong>n zivilen und friedlichen Lösungswegen einklarer Vorrang zuzuerkennen sei. Es kann in unserer Zeitnicht darum gehen, einen Krieg zu rechtfertigen; im äußerstenFall können höchstens anhand strenger ethischer undvölkerrechtlicher Kriterien Maß und Grenzen ,rechtserhalten<strong>de</strong>rGewalt' bestimmt wer<strong>de</strong>n. Dabei schafft dieVerantwortung für einen ,gerechten Frie<strong>de</strong>n' Vorrang fürzivile Konfliktbearbeitung.“Bischof Huber appellierte an die christlichen Kirchen,gemeinsam „das Zeugnis von Gottes Frie<strong>de</strong>n undVersöhnung auch im öffentlichen Leben und angesichts <strong>de</strong>rweltweiten Herausfor<strong>de</strong>rungen zu stärken und weiter zuentwickeln“.Zum Gottesdienst in <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nskirche hatte <strong>de</strong>rBischof <strong>de</strong>r Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen,Ryszard Bogusz (Breslau) eingela<strong>de</strong>n. Seinem Ruf warenneben zahlreichen Gästen auch <strong>de</strong>r katholische Bischof vonLiegnitz, Stefan Cichy, und <strong>de</strong>r Bürgermeister von Jauer,Artur Urbanski gefolgt.Gebet in <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>nskircheFoto: Krolewicz