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#1 Grundrecht Internetfreiheit - Co:llaboratory

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PropositionBernd Holznagel / Pascal Schumacher · Die Freiheit der InternetdiensteDIE FREIHEITDER INTERNETDIENSTEBernd Holznagel / Pascal SchumacherWestfälische Wilhelms-Universität MünsterDas Internet treibt die Politik gegenwärtig um wie kaum ein anderesgesellschaftliches Phänomen. Die wirtschaftlichen und sozialen Potentialedes Netzes sind gewaltig – die mit ihm einhergehenden Veränderungenfür grundrechtliche Gewährleistungen und unser Demokratieverständnissind es ebenfalls. Wie dies für den staatlichen Umgang mit Systeminnovationentypisch ist, ringt die Politik um eine ausgewogene Balancezwischen Freiheit und Verantwortung für das Gemeinwohl.Mit zahlreichen Initiativen verschiedener Ministerien und der Einrichtungder Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ räumtdie Politik dem Netz einen breiten Platz ein. Im Mittelpunkt steht dabeizunehmend die Eindämmung internetspezifischer Gefahren für denDaten-, Jugend- oder Urheberschutz. Zudem ist das Internet für diegesellschaftliche Kommunikation so bedeutsam geworden, dass die Teilhabealler eine gewichtige politische Aufgabe geworden ist. Die Forderung„Breitband für alle“ wird insbesondere im ländlichen Raum erhoben.Schließlich kann eine Innovation wie das Internet den gesellschaftlichenNutzen langfristig nur bewahren, wenn sie nachhaltig gestaltet ist. DiesesZiel ist bedroht, wenn die Dienstequalität von den Netzbetreibern verschlechtertwird. Hieraus resultieren die Forderungen nach verbessertemVerbraucherschutz und der Gewährleistung von Netzneutralität.Wenn die Netzpolitik auf die neuen Herausforderungen adäquat undvoraus schauend reagieren will, braucht sie dafür ein konzeptionell abgestimmtesVerständnis für die Einordnung der betroffenen Internetdienste.Nur wenn aus verfassungsrechtlicher und -politischer Sicht klar ist, worindie Besonderheiten und spezifischen Gefährdungen für Internetdienste1415bestehen, kann der Staat problemadäquate Handlungsoptionenentwickeln. <strong>Grundrecht</strong>licher Anknüpfungspunktfür die Dienstelandschaft im KommunikationsraumInternet sind dabei in erster Linie dieGewährleistungen des Art. 5 GG.1.Art. 5 GG als zentralerAnknüpfungspunkt fürInternetdiensteArt. 5 Abs. 1 GG enthält ein System unterschiedlichergrundrechtlicher Gewährleistungen. In Satz 1finden sich Vorgaben für die individuelle Meinungsäußerungs-und Informationsfreiheit. Das <strong>Grundrecht</strong>der Meinungsäußerungsfreiheit soll sicherstellen,dass jeder frei das sagen kann, was er denkt, ohnedass er hierfür nachprüfbare Gründe anführen muss.Es umfasst neben der Wertung auch die mit ihrin Zusammenhang stehende Tatsachenbehauptung,denn sie ist eine Voraussetzung für die Meinungsbildung.Die mediale Form der Äußerung ist für dieSchutzwirkungen des <strong>Grundrecht</strong>s unerheblich. Esgilt für jeden Nutzer, der sich im Internet äußert. DieInformationsfreiheit schützt in engem Zusammenhangdamit das Recht des Einzelnen, sich aus allgemeinzugänglichen Informationen ungehindert zuinformieren. Das gilt natürlich auch für die Kommunikationim Internet.Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgt den Schutz derMassenkommunikation. Die Vorschrift ist dann einschlägig,wenn Dienste Kommunikationsinhalte enthalten,die an die Allgemeinheit, also einen nichtindividualisierbaren Empfängerkreis gerichtet sind.Innerhalb der Massenkommunikationsgrundrechtewird nach Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheitunter schieden. Diese Unterteilung entstammt einerZeit, in der Medien in ihrer Erscheinungsform undihrer Art der Verbreitung deutlich voneinander abgrenzbarwaren. Bei der Presse geht es um die Verbreitungvon Druckerzeugnissen, beim Rundfunk um dieelektro nische Übertragung von Hörfunk und TV undbeim Film um die Vorführung eines Bild-Tonträgers.1 Papier, epd Nr. 60 vom 04. 08. 2010, 16 ff.Mit der Konvergenzentwicklung – der durch dieDigitalisierung getriebenen Loslösung der Inhaltevon spezifischen technischen Übermittlungsformen– wird diese Grenzziehung jedoch brüchig. Heutewerden sowohl Verlage als auch Rundfunkveranstalterauch im Internet aktiv und verbreiten dort gleichermaßenText-, Audio- und Videoangebote. Diesbereitet der herkömmlichen Abgrenzung anhand derVerbreitungsform Schwierigkeiten. Damit stellt sichdie Frage, wie Kommunikationsinhalte, die im Internetan einen unbestimmten Personenkreis gerichtetsind, im Kontext der Massenkommunikationsgrundrechteeinzuordnen sind.2.Internetdienste als Presseoder Rundfunk ?Die Auseinandersetzung um die verfassungsrechtlicheEinordnung dieser Dienste hat in den letztenMonaten erheblich an Schärfe gewonnen. Dabei gehtes nicht um akademische Streitigkeiten. Beide Lagerwollen mit der Zuordnung der Onlineangebote zurPresse- bzw. zur Rundfunkfreiheit den Vorrang einesbestimmten Ordnungs- und Regulierungsrahmens erzwingen.Folge einer Zuordnung der Internetdienste zum Pressebegriffsei, so wird z. T. argumentiert, dass dieseAngebote unabhängig von öffentlich-rechtlichen(Rundfunk-) Gebühren finanziert werden müssen.Denn für die Presse gelte im Gegensatz zum Systemdes dualen Rundfunks ein Gebot der Privatwirtschaftlichkeit.Dementsprechend fehle es den Internetauftritten der öffentlich-rechtlichen Rundfunk anstalten,jedenfalls soweit sie Textdienste verbreiten,an der notwendigen verfassungsrechtlichen Legitimation.Ansonsten würde eine öffentlich-rechtlichePresse entstehen, die mit der deutschen Verfassungstraditionnicht in Einklang zu bringen sei. Dem istkürzlich der ehemalige Präsident des BundesverfassungsgerichtsHans-Jürgen Papier in einem Gutachtenfür die Konferenz der Gremienvorsitzendender ARD entgegengetreten.1 Er ordnet auch die

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