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Lernmechanismen in Computerspielen nach James Paul Gee

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Johann Wolfgang Goethe UniversitätFrankfurt am Ma<strong>in</strong>Fachbereich 04ErziehungswissenschaftenBachelor-These<strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong><strong>Computerspielen</strong> <strong>nach</strong><strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong>Betreuung und Gutachtung: Dipl. Päd. Gregory GrundVorgelegt von:Viktoria-Eva Bauer


InhaltsverzeichnisSeite1. E<strong>in</strong>leitung 12. <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong> <strong>nach</strong> <strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> 52.1 „Semiotic Doma<strong>in</strong>s“ 62.2 „Lernen und Identitäten“ 162.3 „Festgelegte-situationsabhängige Bedeutungen und Lernen“ 242.4 „Erzählen und Handeln“ 342.5 „Kulturelle Modelle“ 432.6 „Der soziale Verstand“ 502.7 Zusammenfassung 573. Theorien über Computerspiele <strong>nach</strong> Manfred Spitzer und Jane McGonigal 663.1 Theorien über Computerspiele <strong>nach</strong> Manfred Spitzer 663.2 Theorien über Computerspiele <strong>nach</strong> Jane McGonigal 694. Fazit 725. Anhang 765.1 Bildungslehrplan von „Quest2learn“ 765.2 Glossar 815.3 Abbildungsverzeichnis 875.4 Abkürzungsverzeichnis 915.5 Literaturverzeichnis 925.6 Eidesstattliche Erklärung 945.7 Danksagungen 95


1. E<strong>in</strong>leitungSchon im fünften Jahrhundert vor Christus berichtete der griechische GeschichtsschreiberHerodot über die ersten Spiele der menschlichen Zivilisation. Zurzeit von König Atys,ungefähr im 12. Jahrhundert vor Christus, im Königreich Lydien herrschte e<strong>in</strong>e Hungersnot.Lydien lag im heutigen Kle<strong>in</strong>asien. Die Bewohner ertrugen die Hungersnot geduldig, doch alsdie Entbehrungen immer größer wurden, versuchten sie sich abzulenken. Herodot beschreibtdie Erf<strong>in</strong>dung von Würfel-, Knöchel- und Ballspielen. Die E<strong>in</strong>wohner Lydiens vertrieben dieGedanken an den Hunger, <strong>in</strong>dem sie sich mit diesen Spielen beschäftigten. So kam es, dassdie Lyder an dem e<strong>in</strong>en Tag spielten, um sich von der Hungersnot abzulenken und an demanderen Tag aßen sie und spielten nicht. Auf diese Weise überlebte das gesamte KönigreichLydien 18 Jahre lang. Nach diesen 18 Jahren war die Hungersnot jedoch noch nicht beendet.Herodot berichtet, dass die Lyder geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong> letztes Spiel spielten. Der König teilte dieBevölkerung <strong>in</strong> zwei Gruppen. Die e<strong>in</strong>e sollte <strong>in</strong> Lydien bleiben, die andere sollte das Landverlassen, um <strong>nach</strong> e<strong>in</strong>em besseren Lebensraum zu suchen. 1 Heutige Forschungsergebnissebeweisen, dass e<strong>in</strong>ige Details aus Herdots Bericht stimmen. Zwischen den Jahren 1159 und1140 vor Christus konnten Geologen e<strong>in</strong>e katastrophale globale Erdabkühlung <strong>nach</strong>weisen,die wahrsche<strong>in</strong>lich zu der Hungersnot der Lyder führte. Weiterh<strong>in</strong> hat der Genetiker AlbertoPiazza <strong>nach</strong>gewiesen, dass die Etrusker von den alten Lydern abstammten, die das Königreichverlassen haben, auf der Suche <strong>nach</strong> e<strong>in</strong>em besseren Lebensraum. Heute ist weith<strong>in</strong> bekannt,dass die Etrusker maßgeblich die Kultur des römischen Imperiums bee<strong>in</strong>flussten. 2Was diese Geschichte zeigt ist, dass Spiele seit Tausenden von Jahren e<strong>in</strong> elementarerBestandteil der menschlichen Zivilisation s<strong>in</strong>d. Heutzutage mehr noch als damals. AktuelleZahlen bestätigen dies, so spielen 183 Millionen Menschen <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten Staaten, 4Millionen Menschen im Nahen Osten, 10 Millionen Menschen <strong>in</strong> Russland, 105 MillionenMenschen <strong>in</strong> Indien, 10 Millionen Menschen <strong>in</strong> Vietnam, 10 Millionen Menschen <strong>in</strong> Mexiko,13 Millionen Menschen <strong>in</strong> Zentral- und Südamerika, 15 Millionen Menschen <strong>in</strong> Australien,17 Millionen Menschen <strong>in</strong> Südkorea, 100 Millionen Menschen <strong>in</strong> Europa und 200 MillionenMenschen <strong>in</strong> Ch<strong>in</strong>a regelmäßig Computerspiele. Daraus ergibt sich e<strong>in</strong>e Zahl von ungefähr667 Millionen Computerspielern weltweit. Die Enterta<strong>in</strong>ment Software Association, kurzESA, veröffentlicht jährlich e<strong>in</strong>e Studie zum Spielverhalten. Diese Gesellschaft besteht aus1 Vgl. HERODOT: „Historien“; 1971; S. 452 Vgl. MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wie siedie Welt verändern“; 2012; S. 457-4581


den weltweit größten Softwareentwicklern der Computerspielbranche. Im Bericht von 2012waren folgende Zahlen aufgeführt: 3 Der durchschnittliche Spieler ist 30 Jahre alt und spielt seit ungefähr 12 Jahren 4 68 Prozent der Spieler s<strong>in</strong>d m<strong>in</strong>destens 18 Jahre alt oder älter 5 47 Prozent der Spieler s<strong>in</strong>d Frauen 6 Zur Zeit repräsentieren Frauen <strong>in</strong>sgesamt e<strong>in</strong>e größere Spielgeme<strong>in</strong>schaft (30Prozent), als Jungen im Alter von 17 Jahren oder jünger (18 Prozent) 7 62 Prozent der Spieler spielen mit anderen Personen, entweder persönlich oder onl<strong>in</strong>e,47 Prozent von diesen Spielern verbr<strong>in</strong>gen damit m<strong>in</strong>destens 1 Stunde pro Woche 8 33 Prozent der Spieler spielen soziale Spiele 9 33 Prozent der Spieler benutzen ihr Smartphone zum Spielen und 25 Prozent e<strong>in</strong>Handheld-Konsolen (z.B. N<strong>in</strong>tendo 3DS oder PlayStation Portable) 10Die ESA schätze den Umsatz der Computerspiel<strong>in</strong>dustrie auf ungefähr 25 Milliarden Dollarim Jahr 2011. 11 Wie groß der Markanteil der Spiel<strong>in</strong>dustrie ist, zeigt folgendes Beispiel: DasSpiel „Call of Duty: Black Ops 2“ hatte 15 Tage <strong>nach</strong> dem Ersche<strong>in</strong>ungsterm<strong>in</strong> demEntwickler Activision 1 Milliarde Dollar e<strong>in</strong>gebracht. Zum Vergleich: Der Filmblockbuster„Avatar“ brauchte 17 Tage, um die Milliarden-Umsatz-Grenze zu erreichen. 12Computer- und Videospiele s<strong>in</strong>d aus der heutigen Zeit kaum noch wegzudenken. DieSpieleentwickler<strong>in</strong> Jane McGonigal hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vortrag bei TED.com berichtet, dassweltweit über 3 Milliarden Stunden pro Woche gespielt werden. Weiterh<strong>in</strong> erläutert sie, dassdie Geme<strong>in</strong>schaft der „World of Warcraft“ Spieler, seit der Veröffentlichung des Spieles imJahr 2004, mittlerweile 5,93 Millionen Jahre Spielzeit <strong>in</strong>vestiert haben. 13Wegen ihrer Popularität und der weiten Verbreitung stehen Computerspiele und die Spielerimmer wieder im Fokus der Presse. Oft werden sie hier mit dem Thema Gewalt verbunden.3 Vgl. MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wie siedie Welt verändern“; 2012; S. 11-224 Vgl. ENTERTAINMENT SOFTWARE ASSOCIATION: „2012 Sales, Demographic and Usage Data – Essential Factsabout the Computer and Video Game Industry”; 20125 Vgl. ebd.6 Vgl. ebd.7 Vgl. ebd.8 Vgl. ebd.9 Vgl. ebd.10 Vgl. ebd.11 Vgl. ebd.12 Vgl. T-ONLINE.DE: „Black Ops 2 sorgt für Milliarden-Umsatz <strong>in</strong> Rekordzeit“; 07.12.201213 Vgl. MCGONIGAL, Jane: „Gam<strong>in</strong>g can make a better world“; 2010; M<strong>in</strong>ute 00:48/06:052


Das Onl<strong>in</strong>emagaz<strong>in</strong> Computerbild.de veröffentlichte e<strong>in</strong>en Artikel über e<strong>in</strong>e Studie, diebeweisen sollte, dass gewalthaltige Computerspiele aggressiv machen. Hier wurdefestgestellt, dass der gewalthaltige Inhalt der Spiele sich unmittelbar und <strong>nach</strong>haltig negativauf das Aggressionsverhalten der Spieler auswirkt. Die Studie, so berichtet der Artikel,begleitete 4 Jahre lang 1500 männliche und weibliche Highschool-Schüler. Die Ergebnissewurden durch jährliche Befragungen und Tests durch Psychologen ermittelt. Es wurde dabeifestgestellt, dass Jugendliche, die regelmäßig gewalthaltige Spiele spielen, e<strong>in</strong> deutlichhöheres Aggressionspotential entwickeln als Schüler, die gar ke<strong>in</strong>e Computerspiele odergewaltfreie Computerspiele spielen. 14E<strong>in</strong>e solche Instanziierung von <strong>Computerspielen</strong> wird häufig kritisiert, so zum Beispiel <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em aktuellen Artikel der Internetseite gulli.com. Dieser Artikel befasst sich mit der Gewalt<strong>in</strong> Videospielen als ewigen Sündenbock. Es wird bemängelt, dass die Diskussion nie zur Ruhekommt und immer wieder vergessen wird, das Thema differenzierter zu betrachten. Denn, soder Artikel, besteht die Spielbranche aus mehr als nur den gewalthaltigen Spielen. Derzeitexistiert bei Spielentwicklern eher der Trend, sich von der Gewalt und vom Sexismusabzukehren. Des Weiteren wird verlangt Ergebnisse, wie das oben beschriebene, kritischer zuh<strong>in</strong>terfragen. Der Autor des Artikels vergleicht hierfür zwei Theorien, dieMedienselektionstheorie und die Medienwirkungstheorie. Erstere besagt, dass Menschen, dieohneh<strong>in</strong> zu Gewalt neigen, sich eher für das Spielen von gewalthaltigen <strong>Computerspielen</strong>entscheiden. Die zweite Theorie bezieht sich auf den E<strong>in</strong>fluss solcher Spiele. Denn obwohlsich e<strong>in</strong> negativer E<strong>in</strong>fluss von Gewaltspielen auf Jugendliche bemerkbar macht, könnendiese Spiele möglicherweise nur e<strong>in</strong>er von hundert oder mehr E<strong>in</strong>flussfaktoren auf dasAggressionsverhalten se<strong>in</strong>. Diesen kritischen Ansichten sollte man sich stellen und zuerst diedaraus entstehenden Fragen beantworten, ehe man sich bl<strong>in</strong>dl<strong>in</strong>gs auf die Diskussion überGewalt und Computerspiele e<strong>in</strong>lässt. 15Auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel der Onl<strong>in</strong>e-Zeitung taz.de wird dieser Wunsch formuliert. Hier wirddie Beteiligung der Wissenschaft an der öffentlichen Diskussion über Computerspielegefordert. Denn die Kenntnisse über diese seien <strong>in</strong> der Gesellschaft relativ ger<strong>in</strong>g ausgeprägtund dadurch werden die positiven Effekte von Spielen nicht ausreichend gewürdigt. 1614 Vgl. BAUER, Manuel: „Studie: Gewalthaltige Computerspiele machen aggressiv“; 11.10.201215 Vgl. Z., Joan: „Gewalt im Videospiel, der ewige Sündenbock“; 14.02.201316 Vgl. TAZ.DE: „Mehr Wissenschaft gefordert“; 26.04.20103


Die hier vorliegende Bachelor-Arbeit versucht diesem Wunsch und der Aufforderung <strong>nach</strong>mehr Wissenschaft <strong>nach</strong>zukommen. Konkret sollen hier die <strong>Lernmechanismen</strong>, derer sichComputerspiele bedienen, untersucht werden. <strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong>s Theorien über Computerspieleaus se<strong>in</strong>em Buch „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy“, stehen imFokus der Arbeit und sollen wiedergegeben werden. Das Thema der Bachelor-Arbeit wurdedeshalb gewählt, weil die Art wie <strong>Gee</strong> Computerspiele untersucht, <strong>in</strong> Deutschland relativunerforscht und neu ist. Für den Autor der Bachelor-Arbeit stellen <strong>Gee</strong>s Theorien e<strong>in</strong>eHerausforderung dar, die Diskussion und Untersuchung von <strong>Computerspielen</strong> aus e<strong>in</strong>er neuenPerspektive zu betrachten und zu beleuchten. Mit Hilfe dieser Forschung kann es gel<strong>in</strong>gen,das Potential von <strong>Computerspielen</strong>, für die Pädagogik <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neuen Form nutzbar zumachen, weil es bei <strong>Gee</strong> nicht um Lernspiele oder sogenannte „Serious Games“ geht, sondernum <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong> normalen <strong>Computerspielen</strong>. Wenn es gel<strong>in</strong>gt, diese<strong>Lernmechanismen</strong> für den Alltag nutzbar zu machen, könnte man sie <strong>in</strong> andereLernumgebungen übertragen, um dann ihre Effektivität zu verbessern. Die Übertragung ausdem amerikanischen Raum <strong>in</strong> den deutschen Raum kann e<strong>in</strong>en ersten Schritt zu e<strong>in</strong>ereffektiveren Lernumgebung darstellen. Deshalb steht <strong>Gee</strong>s Arbeit im Fokus der hiervorliegenden Bachelor-These.Da die Literatur nur im Orig<strong>in</strong>al vorlag, wurden sämtliche Texte durch den Autor übersetzt.Weiterh<strong>in</strong> werden zwei gegensätzliche Ansichten über die Verwendung von <strong>Computerspielen</strong>kurz zusammengefasst. Diese stammen aus dem Buch von Manfred Spitzer „Digitale Demenz– Wie wir uns und unsere K<strong>in</strong>der um den Verstand br<strong>in</strong>gen“ und Jane McGonigals Buch„Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wie sie dieWelt verändern“. Bei diesen beiden Positionen handelt es sich um jeweils völlig konträre,extreme und sich gegenseitig ausschließende Auffassungen über Computerspiele. Durch dieZusammenfassung der konträren Thesen soll verdeutlicht werden, dass <strong>Gee</strong> mit se<strong>in</strong>er Arbeitnicht nur e<strong>in</strong>e differenziertere Position e<strong>in</strong>nimmt, sondern auch e<strong>in</strong>en Kompromiss zwischendiesen beiden Auffassungen darstellt. Sie helfen <strong>Gee</strong>s Theorien am Ende der Arbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ens<strong>in</strong>nvollen wissenschaftlichen Kontext zu setzen. Am Schluss der Bachelor-Arbeit soll <strong>Gee</strong>sTheorie <strong>nach</strong> ihrem S<strong>in</strong>n h<strong>in</strong>terfragt und diskutiert werden. Zusätzlich soll versucht werden,diese Thesen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en aktuellen Kontext zu platzieren und weitere Forschungsmöglichkeitenaufzuzeigen.4


2. <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong> <strong>nach</strong> <strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong><strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> wurde 1948 geboren. Er machte zuerst se<strong>in</strong>en Bachelor <strong>in</strong> Philosophie undanschließend se<strong>in</strong>en Master, sowie se<strong>in</strong>e Professur <strong>in</strong> L<strong>in</strong>guistik. Er konzentrierte sich beise<strong>in</strong>er Forschung hauptsächlich auf Auswirkungen der L<strong>in</strong>guistik auf die Literalität undBildung. Derzeit leitet er als Professor den Fachbereich für literarische Studien an der ArizonaState University. 17<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> wurde über se<strong>in</strong>en Sohn an Computerspiele herangeführt. Er beobachtete ihnbeim Spielen und verspürte den Wunsch ihm zu helfen, um dadurch se<strong>in</strong>eFreizeitbeschäftigung besser verstehen zu können und daran Anteil zu nehmen. Daraufh<strong>in</strong>spielte er <strong>nach</strong>ts die Spiele se<strong>in</strong>es Sohnes. Se<strong>in</strong>e erste Feststellung war, dass diese Spieleziemlich langwierig, schwer und extrem herausfordernd waren. Er fragte sich, warum K<strong>in</strong>dersich e<strong>in</strong>er solchen Herausforderung stellen. Während des Spielens machte er noch zweiweitere Feststellungen. Die erste lautete: Computerspiele erfordern vom Spieler e<strong>in</strong>e neue Artdes Lernens und Denkens, die er nicht gewohnt ist. Die zweite Feststellung von <strong>Gee</strong> ist dieTatsache, dass das neue Lernen und Denken sowohl frustrierend, als auch lebensfördernd ist.Diese Feststellungen veranlassten <strong>Gee</strong>, über die <strong>Lernmechanismen</strong> von <strong>Computerspielen</strong><strong>nach</strong>zudenken. Er kam zu der Schlussfolgerung, wenn diese <strong>Lernmechanismen</strong> so gut s<strong>in</strong>d,dass K<strong>in</strong>der sich freiwillig mit langen, schweren und herausfordernden Spielen dauerhaftause<strong>in</strong>andersetzen, so könnten solche <strong>Lernmechanismen</strong> K<strong>in</strong>dern auch <strong>in</strong> anderenLernumgebungen dauerhaft helfen. Zu dem stellte er fest, dass die <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong><strong>Computerspielen</strong> besser <strong>in</strong> die heutige moderne von Technik geprägte Welt passen. 18Die folgenden Kapitel geben <strong>Gee</strong>s Untersuchungen der <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong><strong>Computerspielen</strong> wieder. Mit Hilfe se<strong>in</strong>er Arbeit formuliert <strong>Gee</strong> 36 <strong>Lernmechanismen</strong>, die <strong>in</strong><strong>Computerspielen</strong> gefunden werden können und die er so formuliert hat, dass sie allgeme<strong>in</strong> <strong>in</strong>jeder Lernumgebung angewendet werden können.17 Vgl. CGPUBLISHER.COM: „<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong>“; ohne Jahresangabe18 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 1-55


2.1 „Semiotic Doma<strong>in</strong>s“<strong>Gee</strong> beschreibt das Erlernen von <strong>Computerspielen</strong> als e<strong>in</strong>e neue Literalität. Ihm ist bewusst,dass dieser Lese- und Schreibprozess nicht die traditionelle Auffassung von Lesen undSchreiben ist, dennoch f<strong>in</strong>det er zwei Gründe, warum es sich lohnt, den klassischenBildungsprozess zu erweitern. 19Zum e<strong>in</strong>en ist die Sprache mittlerweile nicht mehr unser wichtigstesKommunikationsmedium. Die Kommunikation hat sich <strong>in</strong> unserer heutigen Gesellschaft ume<strong>in</strong> Vielfaches erweitert. Bilder, Symbole, Schaubilder, Diagramme, Kunstgegenstände undviele andere visuelle Symbole s<strong>in</strong>d ebenfalls <strong>in</strong> den Fokus gerückt. <strong>Gee</strong> ist nun der Me<strong>in</strong>ung,wenn man diese visuellen Symbole nicht lesen kann, so kann man deren Bedeutung aus demText nicht entschlüsseln. Denn <strong>in</strong> Texten, die Bilder und Wörter mischen, vermitteln Bilderandere Informationen als der geschriebene Text. Genau genommen, so <strong>Gee</strong>, vermitteln diesebeiden Kommunikationsmedien e<strong>in</strong> anderes Wissen, als es beide, Text und Bild, jeweilsgetrennt vone<strong>in</strong>ander getan hätten. Diese Multimodalität geht sogar noch weiter als nurWörter mit Bildern zu verb<strong>in</strong>den, sie verknüpft Geräusche, Musik, Bewegung und körperlicheEmpf<strong>in</strong>dungen. Somit s<strong>in</strong>d Computerspiele für <strong>Gee</strong> e<strong>in</strong> perfektes Beispiel für die multimodaleBildung. 20Zum anderen ist sogar die Lese- und Schreibfähigkeit vielfältig. Nach <strong>Gee</strong> gibt es vieleverschiedene Wege, e<strong>in</strong>en Text zu lesen und zu verstehen. Alle diese Wege oder Domänen,wie <strong>Gee</strong> sie nennt, haben ihre eigenen Voraussetzungen und Regeln. Das Lesen e<strong>in</strong>es Textesüber Physik ist nicht das Gleiche, wie das Lesen e<strong>in</strong>es Comicheftes. Erkennt man die Vielfaltvon Literatur, so merkt man, dass man weiter denken muss. In jeder Domäne, so <strong>Gee</strong>, istLiteralität nicht nur das Entschlüsseln des Textes, sondern sie ist auch verbunden mit demHandeln, dem Denken, dem Bewerten und dem Interagieren mit Menschen <strong>in</strong> dieser Domäne.Nach <strong>Gee</strong> verlangt Literalität nicht nur die Fähigkeit e<strong>in</strong>en Text zu decodieren, sondern auchdie Fähigkeit <strong>in</strong> der dazugehörigen Domäne zu partizipieren. 21Anhand dieser Gründe ist er der Auffassung, dass wir <strong>in</strong> anderen Begriffen denken müssen.Er wählt als Begriff die „semiotic doma<strong>in</strong>s“ 22 . Frei übersetzt bedeutet dieser Begriff„Domänen der Zeichenlehre“. Wobei es für den Zusammenhang se<strong>in</strong>es19 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S.1720 Vgl. ebd.; S.17-1821 Vgl. ebd.; S. 1822 Vgl. ebd.; S. 19; Aufgrund e<strong>in</strong>er fehlenden deutschen Übersetzung, wird im weiteren Text der englischeBegriff verwendet.6


Forschungsgegenstandes oftmals mehr S<strong>in</strong>n macht, den Begriff als Wissensbereichs oderLerndiszipl<strong>in</strong> zu <strong>in</strong>terpretieren. Für <strong>Gee</strong> bedeutet dies, wie Sachen oder D<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>e Bedeutungannehmen. Er me<strong>in</strong>t damit Bilder, Geräusche, Gesten, Bewegungen, Schaubilder,Diagramme, Objekte und sogar Menschen. Nach ihm haben nicht nur Wörter e<strong>in</strong>e Bedeutung,sie und all die oben aufgezählten Begriffe s<strong>in</strong>d zusammengenommen S<strong>in</strong>nbilder fürverschiedene Bedeutungen <strong>in</strong> verschiedenen Situationen, Kontexten, Methoden, Kulturen undhistorischen Perioden. E<strong>in</strong> Beispiel hierfür ist das Symbol des Kreuzes. Im christlichenKontext steht dieses Zeichen für Jesus, jedoch im nautischen Kontext steht es für e<strong>in</strong>enKompass und die vier Himmelsrichtungen. Kurz gesagt mit dem Begriff „semiotic doma<strong>in</strong>s“me<strong>in</strong>t <strong>Gee</strong>, e<strong>in</strong>e Reihe von Praktiken, die man benötigt, um die unterschiedlichen Typen vonBedeutungen von Bildern, Geräuschen etc., zu kommunizieren. Wenn man nun <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong>sAuffassung den Begriff der „semiotic doma<strong>in</strong>s“ verwendet anstatt den klassischen Begriff derLiteralität, so s<strong>in</strong>d die Menschen erst dann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lerndiszipl<strong>in</strong> kompetent, wenn sie dieBedeutung der Domäne verstehen und auch weitergeben können. 23In der modernen Welt, so der Autor, ist die klassische Literalität nicht ausreichend. DieMenschen müssen daher <strong>in</strong> verschiedenen Wissensbereichen ausgebildet werden, und siemüssen auch die Fähigkeit besitzen, ihr Leben lang und permanent neue Bereiche zuerlenen. 24<strong>Gee</strong> betrachtet Computerspiele als e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“, um genauer zu se<strong>in</strong> als e<strong>in</strong>eFamilie, von mite<strong>in</strong>ander verbundenen Domänen, weil es verschiedene Genre von<strong>Computerspielen</strong> gibt. Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung <strong>nach</strong> können Menschen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er oder mehrerenDomänen von Videospielen gebildet werden. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es für ihn dabei e<strong>in</strong> Problem.Wenn er Computerspiele als ernstzunehmenden Bildungsbereich betrachten möchte, muss ersich zunächst mit dem Vorurteil ause<strong>in</strong>andersetzten, dass <strong>Computerspielen</strong> ke<strong>in</strong>e re<strong>in</strong>eZeitverschwendung darstellt. 25Um sich diesem Vorurteil zu stellen, berichtet <strong>Gee</strong> von e<strong>in</strong>em sechsjährigen Jungen, der dasComputerspiel „Pikm<strong>in</strong>“ spielt. „Pikm<strong>in</strong>“ ist e<strong>in</strong> Konsolenspiel für den N<strong>in</strong>tendo GameCubeund ohne Altersbeschränkung. Der Autor beobachtete nun diesen Sechsjährigen beim Spielenvon „Pikm<strong>in</strong>“. Nach mehreren Stunden des Spielens machte der Großvater des Jungen dieBemerkung, dass das Spielen zwar gut für se<strong>in</strong>e Hand-Augen-Koord<strong>in</strong>ation sei, aber23 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S.19-2024 Vgl. ebd.; S. 2025 Vgl. ebd.; S. 20-217


ansonsten komplette Zeitverschwendung sei, da ke<strong>in</strong> Wissen vermittelt werde. Dies nennt <strong>Gee</strong>das Inhaltsproblem. Dieses Problem basiert auf der traditionellen Sicht über Schule, Lernenund Wissen. Es besagt, dass wichtiges Wissen nur Inhalt von <strong>in</strong>tellektuellen Bereichen oderakademischen Diszipl<strong>in</strong>en se<strong>in</strong> kann, wie Physik, Geschichte, Kunst und anderen. Aktivitäten,die nur unterhalten und e<strong>in</strong> solches Lernen nicht be<strong>in</strong>halten, s<strong>in</strong>d bedeutungslos.Computerspiele fallen für die meisten zweifellos <strong>in</strong> diese Kategorie, so <strong>Gee</strong>. Weiterh<strong>in</strong>beschreibt er, dass e<strong>in</strong>e akademische Diszipl<strong>in</strong> nicht nur aus Inhalt besteht, sondern auchsoziale Praktiken be<strong>in</strong>haltet, <strong>in</strong> denen Inhalt, durch charakteristische Gewohnheiten wie dasDenken, das Reden, das Bewerten, das Schreiben und das Lesen, erzeugt, debattiert undtransformiert wird. <strong>Gee</strong> ist der Überzeugung, dass es e<strong>in</strong>en alternativen Weg für das Lernenund Wissen gibt, bei dem Computerspiele ke<strong>in</strong>e Zeitverschwendung bedeuten. 26Diese alternative These beg<strong>in</strong>nt mit der Annahme <strong>Gee</strong>s, dass es ke<strong>in</strong> Lernen im allgeme<strong>in</strong>enS<strong>in</strong>ne gibt. Man lernt immer etwas. Und dieses etwas ist immer mit e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“verbunden. Nach <strong>Gee</strong> sollten wir also nicht darüber <strong>nach</strong>denken, ob etwas lernenswert ist,sondern welche „semiotic doma<strong>in</strong>“ wir durch unser Lernen betreten, ob diese wertvoll ist, obder Inhalt der „semiotic doma<strong>in</strong>“ durch Lesen verständlich wird oder ob <strong>in</strong> der DomäneInhalte produzieren werden müssen, um ihre Bedeutung zu verstehen. Abgesehen von dieserÜberlegung betont <strong>Gee</strong>, dass es viel mehr wichtige „semiotic doma<strong>in</strong>s“ <strong>in</strong> der Welt gibt, alsdie <strong>in</strong> der Schule vermittelten. 27Wenn man nun e<strong>in</strong>e neue „semiotic doma<strong>in</strong>“ auf e<strong>in</strong>e aktive Art lernt, so geschehen, laut <strong>Gee</strong>,drei D<strong>in</strong>ge:1. Man erlebt die Welt auf neuen Wegen (sehen, fühlen und agieren) 282. „semiotic doma<strong>in</strong>s“ werden normalerweise von e<strong>in</strong>er Gruppe von Leuten geteilt.Befasst man sich nun mit e<strong>in</strong>er Domäne, bekommt man die Möglichkeit, dieserGruppe beizutreten und mit ihr zu <strong>in</strong>teragieren 293. Man bekommt die Fähigkeit, sich auf künftiges Lernen <strong>in</strong> der Domäne vorzubereiten,und kann <strong>in</strong> dieser Domäne und anderen verwandten Domänen Probleme lösen 30In diesen drei Aspekten ist das aktive Lernen zusammengefasst, das Erleben e<strong>in</strong>er neuen Weltauf verschiedenen Wegen, das Formen neuer Beziehungen und die Vorbereitung auf26 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 22-2327 Vgl. ebd.; S. 2328 Vgl. ebd.; S. 2429 Vgl. ebd.; S. 2430 Vgl. ebd.; S. 248


zukünftiges Lernen. Dennoch fehlt dem Lernenden die Fähigkeit über e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“als komplexes System auf e<strong>in</strong>em Metalevel zu reflektieren, um das kritische Lernen zuerreichen. Er oder sie sollten Innovationen e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen können, die für die anderen Mitgliederüberraschend und neuartig s<strong>in</strong>d. Hierfür e<strong>in</strong> weiteres Beispiel. 31Wörter, Symbole, Bilder und Kunstwerke, so <strong>Gee</strong>, haben e<strong>in</strong>e spezifische Bedeutung <strong>in</strong> ihrer„semiotic doma<strong>in</strong>“ und ihrem Kontext. Das Wort „Arbeit“, zum Beispiel, hat <strong>in</strong>verschiedenen Domänen, wie e<strong>in</strong>er Konservenfabrik, der Universität oder e<strong>in</strong>er Beziehung,e<strong>in</strong>en anderen S<strong>in</strong>n basierend auf dem Kontext und der Situation. Aber nicht nur der S<strong>in</strong>nvariiert <strong>in</strong> den verschiedenen „semiotic doma<strong>in</strong>s“, sondern auch die Bedeutung e<strong>in</strong>es Wortes<strong>in</strong>nerhalb dieser fällt unterschiedlich aus. <strong>Gee</strong> möchte damit zwei Punkte unterstreichen.Erstens, das Verstehen des S<strong>in</strong>ns ist e<strong>in</strong>e aktive Angelegenheit, bei der man den Kontext unddie Lerndiszipl<strong>in</strong> reflektieren muss. Zweitens, möchte <strong>Gee</strong> herausarbeiten, dass das Lernen <strong>in</strong>jeglicher Domäne entscheidend mit dem Verstehen verbunden ist, wie man sich dieBedeutungen verschiedener Situationen <strong>in</strong>nerhalb der „semiotic doma<strong>in</strong>s“ erschließen kann. 32Zu den oben beschriebenen Ausführungen, fügt <strong>Gee</strong> nun e<strong>in</strong>e weitere Komponente h<strong>in</strong>zu, die<strong>in</strong>terne und die externe Sicht auf e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>s“. Jede Domäne kann aus der<strong>in</strong>ternen Sicht betrachtet werden, die Art des Inhaltes, oder der externen Sicht, die Menschendie sich mit den sozialen Praktiken der Domäne beschäftigen. Diese Menschen fasst <strong>Gee</strong> mitdem Begriff „aff<strong>in</strong>itiy group“ 33 zusammen. Übersetzt bedeutet dieser BegriffVerwandtschaftsgruppe. Sie können <strong>in</strong>nerhalb ihrer „semiotic doma<strong>in</strong>“ nicht nur am Inhaltteilnehmen, sondern auch mit verschiedenen sozialen Praktiken darauf reagieren. Beispielefür solche Praktiken s<strong>in</strong>d: Denken, Handeln, Interagieren, Bewerten und Glauben. Nach <strong>Gee</strong>sAuffassung ist die Beziehung zwischen der externen und <strong>in</strong>ternen Sicht wechselseitig, da derInhalt der „semiotic doma<strong>in</strong>s“ durch die sozialen Praktiken der externen Sicht weiterentwickelt werden kann. 34Die beiden Sichten werden nun von <strong>Gee</strong> um die sogenannte „design grammar“ 35 erweitert.Mit „design grammar“ bezeichnet er die Gestaltungsstruktur beziehungsweise dieGestaltungsregeln e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“. Auch hier gibt es wieder e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternes und externes31 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 24 -2532 Vgl. ebd.; S. 25-2633 Vgl. ebd.; S. 27; Aufgrund e<strong>in</strong>er fehlenden deutschen Übersetzung, wird im weiteren Text der englischeBegriff verwendet.34 Vgl. ebd.; S. 27-2835 Vgl. ebd.; S. 28; Aufgrund e<strong>in</strong>er fehlenden deutschen Übersetzung, wird im weiteren Text der englischeBegriff verwendet.9


Design. Mit der <strong>in</strong>ternen „design grammar“ s<strong>in</strong>d die Pr<strong>in</strong>zipien und Muster geme<strong>in</strong>t, mitdenen man entscheiden kann, ob e<strong>in</strong> Inhalt akzeptabel oder typisch für e<strong>in</strong>e „semioticdoma<strong>in</strong>“ ist. Die externe „design grammar“ be<strong>in</strong>haltet die Muster und Pr<strong>in</strong>zipien, mit denenman entscheiden kann, ob e<strong>in</strong>e soziale Praktik oder Identität <strong>in</strong> H<strong>in</strong>sicht auf dieVerwandtschaftsgruppe, typisch oder akzeptabel für die „semiotic doma<strong>in</strong>“ ist. Auch hier s<strong>in</strong>dbeide Sichten wechselseitig mite<strong>in</strong>ander verknüpft. Die externe „design grammar“, also diesozialen Praktiken, helfen der <strong>in</strong>ternen „design grammar“. Denn die <strong>in</strong>terne „design grammar“muss die Menschen der Verwandtschaftsgruppe zufrieden stellen und neue Mitglieder <strong>in</strong> die„semiotic doma<strong>in</strong>“ locken. Im Gegenzug verändert der Inhalt der <strong>in</strong>ternen „design grammar“die sozialen Praktiken und Identitäten der externen „design grammar“. Insbesondere gilt diesim Feld der Computerspiele: Die Designer und Programmierer stellen nicht nur die Nutzerzufrieden, sondern erweitern ihre Erfahrungen und die Nutzer wiederum helfen den Designernund Programmierern, ihr Produkt zu verbessern. 36Wenn Lernen nun aktiv se<strong>in</strong> soll, so <strong>Gee</strong>, muss es be<strong>in</strong>halten, die Welt auf neuen Wegen zuerfahren. Es heißt also nicht nur etwas zu lernen, sondern auch auf zukünftiges Lernen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er oder mehreren „semiotic doma<strong>in</strong>s“ vorzubereiten. Zusätzlich muss der Lernendeunbewusst die <strong>in</strong>terne und externe „design grammar“ e<strong>in</strong>er Domäne verstehen und <strong>in</strong>nerhalbdavon agieren können. Weiterh<strong>in</strong> sollte der Lernende sich bewusst auf e<strong>in</strong>em Metalevel mitden beiden „design grammars“ ause<strong>in</strong>andersetzen können. Geme<strong>in</strong>t ist damit, dass er oder siesich ihr widmen, sie reflektieren, sie manipulieren und sie kritisieren kann. Nach <strong>Gee</strong>, solltedie „semiotic doma<strong>in</strong>“ als Gestaltungsraum wahrgenommen werden. Intern als e<strong>in</strong> Systemvon zusammenhängenden Elementen, die den möglichen Inhalt der Domäne herstellen.Extern als Wege des Denkens, Handelns, Interagierens und Bewertens, die die Identitäten derPersonen der Verwandtschaftsgruppe der „semiotic doma<strong>in</strong>“ darstellen. 37Nachdem nun <strong>Gee</strong>s Theorie über das aktive Lernen erläutert wurde, soll diese Theorie nun aufComputerspiele übertragen werden. Um dies zu erreichen, widmet <strong>Gee</strong> sich wieder demsechsjährigen Jungen, der „Pikm<strong>in</strong>“ spielt. In diesem Spiel übernimmt der Spieler die Rolledes Kapitäns Olimar. Der Astronaut muss auf e<strong>in</strong>em fremden Planeten landen, <strong>nach</strong>dem se<strong>in</strong>Schiff von e<strong>in</strong>em Kometen getroffen wurde. Er muss nun die Teile se<strong>in</strong>es Schiffes suchen, dieauf dem ganzen Planeten verteilt s<strong>in</strong>d. Olimar benötigt hierfür se<strong>in</strong>en Raumanzug, da dieAtmosphäre des Planeten giftig ist. Der Spieler muss also zusätzlich darauf achten, dass derAnzug nicht beschädigt wird und ihn notfalls reparieren. Um das Ganze noch etwas36 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 29-3137 Vgl. ebd.; S. 31-3210


komplizierter zu gestalten, gehen die lebenserhaltenden Funktionen des Anzuges <strong>nach</strong> 30Tagen kaputt. 1 Tag im Spiel „Pikm<strong>in</strong>“ entspricht ungefähr 15 M<strong>in</strong>uten Spielzeit. Somitrepräsentiert der Inhalt des Spieles e<strong>in</strong> Rennen gegen die Zeit und das seltene Genre vonSpielen, die man durchspielen und trotzdem verlieren kann. 38Kapitän Olimar bekommt aber auch Hilfe. Kurz <strong>nach</strong>se<strong>in</strong>er Ankunft auf dem Planeten lernt er die E<strong>in</strong>wohnerkennen, kle<strong>in</strong>e zwiebelartige Kreaturen. Er nennt siePikm<strong>in</strong>. Diese Pikm<strong>in</strong> folgen ihm überallh<strong>in</strong>. Olimarbekommt drei verschiedene Arten von Pikm<strong>in</strong> zur Seitegestellt, die Gelben, die Roten und die Blauen. Jede Art hate<strong>in</strong>e andere Fähigkeit. Unabhängig von der Farbe gibt esnoch drei verschiedene Stärkegrade bei den Pikm<strong>in</strong>s,erkennbar an der Kopfverzierung, e<strong>in</strong>em Blatt, e<strong>in</strong>erKnospe oder e<strong>in</strong>er Blume, wie <strong>in</strong> Abb. 1 erkennbar. Mit dieser Armee von Pikm<strong>in</strong> kannOlimar gefährliche Kreaturen angreifen, Ste<strong>in</strong>wände zerstören, Brücken bauen und die Teilese<strong>in</strong>es Raumschiffes auf dem Planeten f<strong>in</strong>den (siehe Abb. 2). Er kann jederzeit gestorbenePikm<strong>in</strong>s mit Hilfe der verbleibenden ersetzen, allerd<strong>in</strong>gs darf er auf ke<strong>in</strong>en Fall alle Pikm<strong>in</strong>sverlieren, sonst ist das Spiel automatisch verloren. 39Abb. 1: Kapitän Olimar und dieverschiedenen Pikm<strong>in</strong>sEs soll die Frage beantwortet werden, was nötig ist, um als aktiver Lerner e<strong>in</strong> Computerspielzu meistern. Die Grundvoraussetzung dafür ist, dass der Spieler es schafft, den S<strong>in</strong>ngehalt der„semiotic doma<strong>in</strong>“ zu verstehen undzu reproduzieren. Damit me<strong>in</strong>t <strong>Gee</strong>,dass Elemente e<strong>in</strong>es Spieles nichtnur e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n oder e<strong>in</strong>e Aufgabe <strong>in</strong>der Spielwelt erfüllen. Der Spielerbeziehungsweise der Lernende mussdie verschiedenen Elemente <strong>in</strong>verschiedenen und spezifischenAbb. 2: Kapitän Olimar und se<strong>in</strong>e Pikm<strong>in</strong>-ArmeeSituationen e<strong>in</strong>setzten können. AlsBeispiel soll hier der gelbe Pikm<strong>in</strong> dienen. Der Spieler, der sechsjährige Junge, gelangt imSpiel an e<strong>in</strong>e Wand, se<strong>in</strong> gelber Pikm<strong>in</strong> übernimmt nun die Rolle, des Pikm<strong>in</strong>s, der Bombenwerfen kann. Dem<strong>nach</strong>, so <strong>Gee</strong>, ist es e<strong>in</strong>e gute Strategie <strong>in</strong>dem Spiel e<strong>in</strong>en gelben Pikm<strong>in</strong> zu38 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 2139 Vgl. ebd.; S. 21-2211


haben, der Bomben werfen kann. Etwas Ähnliches geschieht beim Bekämpfen e<strong>in</strong>esGegners(siehe Abb. 3). Hier nimmt der gelbe Pikm<strong>in</strong> die Bedeutung des Pikm<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>, den manauf den Rücken des Gegners werfen kann, um ihn von oben anzugreifen. Spieler müssenlernen, welche Muster und Komb<strong>in</strong>ationen die <strong>in</strong>terne „design grammar“ des Spiels erlaubt.Bezogen auf das Spiel bedeutet das, der gelbe Pikm<strong>in</strong> kann nicht nur Bomben werfen,sondern er kann auch auf den Rücken des Gegners geworfen werden. Des Weiteren müssendie Spieler lernen, die Bedeutungen, die sie den e<strong>in</strong>zelnen Elementen des Spiels zugeordnethaben, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Muster und Komb<strong>in</strong>ationene<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den, welche s<strong>in</strong>nvoll für den Spielverlaufs<strong>in</strong>d. Nun kann der sechsjährige Junge erfolgreichWände durchbrechen und Kreaturen mit se<strong>in</strong>enPikm<strong>in</strong>s angreifen. <strong>Gee</strong> erklärt das folgendermaßen,das K<strong>in</strong>d versteht (liest) und produziert (schreibt)angemessene und situationsabhängige Bedeutungenfür die Elemente und die Komb<strong>in</strong>ationen derElemente <strong>in</strong>nerhalb der „semiotic doma<strong>in</strong>“ (Spiel).Dies ist aber nur e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>itiative Art, das Spiel zumeistern. Für <strong>Gee</strong> bedeutet kritisches Lernen, die „design grammar“ auf e<strong>in</strong>e Metaebeneanzuheben und sie zu reflektieren. Dies kann zu Kritik, neuen Bedeutungen oderTransformationen der „semiotic doma<strong>in</strong>“ führen. Hierfür e<strong>in</strong> weiteres Beispiel aus „Pikm<strong>in</strong>“.Der Junge hat bis jetzt fünf Teile se<strong>in</strong>es Raumschiffes gefunden und bekommt nun dieMöglichkeit, e<strong>in</strong>en neuen Bereich der Spielwelt, das Zentrum des Waldes, zu betreten. DieserAbb. 4: Das Zentrum des WaldesAbb. 3: Das Bekämpfen e<strong>in</strong>es Gegners mit Hilfeder Pikm<strong>in</strong>shttp://gr<strong>in</strong>dquest.wordpress.com/2012/03/07/alook-back-pikm<strong>in</strong>/Bereich ist wesentlich bedrohlicher alsder Startbereich, die Gegner s<strong>in</strong>d stärkerund die Musik kl<strong>in</strong>gt gefährlicher. DasSpiel nimmt an, dass der Spielererfahrener geworden ist. Dies spiegeltsich <strong>in</strong> der Landschaft und den neuenKreaturen wieder (siehe Abb. 4), siebieten e<strong>in</strong>e größere Herausforderung.Diese Veränderungen vermitteln auch e<strong>in</strong> neues Gefühl beim Spielen, der Junge bezeichnetees als gruselig. Das K<strong>in</strong>d konnte diese Veränderungen verarbeiten und ausdrücken. Er wusstenun, dass es schwieriger wird, im Spiel voran zu kommen. Weiterh<strong>in</strong> stellte der Junge fest,dass er nun se<strong>in</strong> erworbenes Wissen und se<strong>in</strong>e Taktiken überdenken muss. Der Junge12


eschloss nun, das neue Gebiet e<strong>in</strong> wenig zu erforschen und mit e<strong>in</strong>er neuen Ressource, demblauen Pikm<strong>in</strong>, <strong>in</strong>s Startgebiet zurückzukehren, um dort schneller und e<strong>in</strong>facher andere Teilese<strong>in</strong>es Raumschiffes zu f<strong>in</strong>den. Immerh<strong>in</strong> hat er ja nur 30 Tage Zeit, das Ziel zu erreichen. Andieser Stelle geht es um die Fähigkeit des Jungen Designelemente des Spiels zu verstehen undzu verbalisieren. Diese Designelemente haben die Aufgabe, als e<strong>in</strong> komplexes System vonmite<strong>in</strong>ander verbundenen Teilen, den Spieler auf bestimmte Art zu bee<strong>in</strong>flussen und zubeschäftigen. Dies ist <strong>Gee</strong>s Theorie über das sogenannte Denken auf e<strong>in</strong>er Metaebene. Esöffnet für Kritik und führt zu neuen Strategien. Das K<strong>in</strong>d reflektiert über die <strong>in</strong>terne „designgrammar“, den Inhalt, und <strong>in</strong>teragiert mit anderen, also kommuniziert über die externe„design grammar“, die sozialen Praktiken und Identitäten. 40Demzufolge be<strong>in</strong>haltet kritisches Lernen, so def<strong>in</strong>iert <strong>Gee</strong>, „semiotic doma<strong>in</strong>s“ als e<strong>in</strong>enRaum zu verstehen, der uns manipuliert und den auch wir manipulieren können. E<strong>in</strong> Spiel wie„Pikm<strong>in</strong>“ erfordert aus diesem Grund vom Spieler e<strong>in</strong>e komplexe Identität aus verschiedenenzusammengestellten und verbundenen Eigenschaften. Das Spiel ermutigt ihn, sich selbst alsaktiven Problemlöser zu def<strong>in</strong>ieren, der ausdauernd versucht diese auch <strong>nach</strong> Fehlschlägen zulösen. Die Fehlschläge werden dabei nicht als Fehler angesehen, sondern als Möglichkeitender Reflektion und des weiteren Dazu-Lernens. Dabei ritualisiert er se<strong>in</strong>e Lösungen nicht,vielmehr öffnet es ihn dafür, diese neu zu gestalten, um <strong>in</strong>novative andere Lösungen für neueSituationen zu f<strong>in</strong>den. <strong>Gee</strong> betont, dass e<strong>in</strong> solches Lernen Erforschung, Thesenprüfung undFehlerresistenz fördert. Fehler werden als Möglichkeit für Fortschritt und Lernen betrachtet.<strong>Gee</strong> behauptet, wenn das oben beschriebene wahr ist, dann hat das spielende K<strong>in</strong>d gegenüberanderen K<strong>in</strong>dern, die nicht solche Spiele spielen, e<strong>in</strong>en nicht zu leugnenden Lernvorteil. 41Nach den Ausführungen <strong>Gee</strong>s über die Kriterien von aktivem und kritischem Lernen, lässtsich nun die Frage beantworten, ob Computerspiele e<strong>in</strong>e Zeitverschwendung darstellen.Spielen K<strong>in</strong>der oder Erwachsene e<strong>in</strong> Spiel <strong>nach</strong> diesen Kriterien ergeben sich vier Aspekte:1. Das Erfahren (sehen und agieren) der Welt durch e<strong>in</strong>en neuen Blickw<strong>in</strong>kel 422. Das Erreichen e<strong>in</strong>es Potentials e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe beizutreten und mit ihrzusammen zu arbeiten 433. Das Entwickeln von Ressourcen für zukünftiges Lernen und Problemlösen <strong>in</strong> der„semiotic doma<strong>in</strong>“ und ihr verwandten 4440 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 31-3541 Vgl. ebd.; S. 36-3742 Vgl. ebd.; S. 3743 Vgl. ebd.; S. 3713


4. Das Reflektieren über e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“ als Entwicklungsraum, von der manauf bestimmte Art und Weise verpflichtet und bee<strong>in</strong>flusst wird 45Diese vier Aspekte ergeben sich automatisch durch die Beschäftigung mit irgende<strong>in</strong>er„semiotic doma<strong>in</strong>“. Dadurch ergeben sich <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong> folgende Fragen: S<strong>in</strong>d es gute oderwertvolle Blickw<strong>in</strong>kel, um die Welt zu erfahren? Ist es e<strong>in</strong>e gute oder wertvolleVerwandtschaftsgruppe, der man beitritt? S<strong>in</strong>d es Lernressourcen, die für zukünftiges Lernen<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen Lerndiszipl<strong>in</strong> anwendbar s<strong>in</strong>d? Br<strong>in</strong>gt diese Lerndiszipl<strong>in</strong> den Lernendendazu über den Entwicklungsraum und dessen komplizierten Beziehungen, die zu kritischem,<strong>in</strong>novativem und wertvollem Denken und Handeln führen können, zu reflektieren? DieAntworten auf diese Fragen s<strong>in</strong>d von verschiedenen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen abhängig, abere<strong>in</strong>es zeigen sie <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong> sehr deutlich: Es kommt nicht nur auf den Inhalt an. <strong>Gee</strong> betont,dass nicht zwangsläufig <strong>in</strong> jedem Computerspiel e<strong>in</strong> solches Lernen stattf<strong>in</strong>den kann.Dennoch gibt es zwei Argumente, die helfen zu solchen <strong>nach</strong>haltigen Effekten zu führen. Daserste Argument ist die <strong>in</strong>terne „design grammar“. Gute Spiele s<strong>in</strong>d so gestaltet, dass sie zuaktivem und kritischem Denken ermutigen beziehungsweise es unterstützen, was nicht heißt,dass jeder Spieler dieses Angebot annimmt. Das zweite Argument s<strong>in</strong>d die Menschen um denLernenden herum, also andere Spieler oder Nicht-Spieler. Wenn diese Menschen zureflektierendem Denken und zur Kommunikation auf e<strong>in</strong>er Metaebene über das Spiel unddessen verwandten „semiotic doma<strong>in</strong>s“ anregen, dann kann dies beim Lernenden auchkritisches und aktives Lernen hervorrufen. Besonders die Verwandtschaftsgruppen von<strong>Computerspielen</strong>, so <strong>Gee</strong>, ermutigen e<strong>in</strong> solches Handeln. Dies zeigen zum Beispiel, diesogenannten „fansites“ von Videospielen im Internet. E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt ist, dass„semiotic doma<strong>in</strong>s“ durch unzählige komplexe Wege mit anderen „semiotic doma<strong>in</strong>s“verbunden s<strong>in</strong>d. Gerade bei <strong>Computerspielen</strong>, so <strong>Gee</strong>, befähigt das Meistern der Fähigkeitene<strong>in</strong>es Spiels zum Meistern der Fähigkeiten e<strong>in</strong>es anderen. Auch die Mitgliedschaft <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erVerwandtschaftsgruppe e<strong>in</strong>es Spieles kann dazu führen, Mitglied e<strong>in</strong>er anderen Gruppe zuwerden, da die Werte, Normen, Ziele oder Spielmechanismen die gleichen s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Beispielhierfür wären die „First- und Third-Person-Shooter“ – Spiele. Hat man die e<strong>in</strong>e Domänegemeistert, so kann man fast problemlos die andere erlernen. <strong>Gee</strong> ist überzeugt, dass dasSpielen von <strong>Computerspielen</strong> ke<strong>in</strong>e Zeitverschwendung ist. In der Tat lernen Computerspieleretwas, allerd<strong>in</strong>gs unterscheidet es sich maßgeblich von der traditionellen Sicht des Lernens. 4644 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 3845 Vgl. ebd.; S. 3846 Vgl. ebd.; S. 37-4114


Aus den gesamten Ausführungen <strong>Gee</strong>s <strong>in</strong> diesem Kapitel ergeben sich die ersten fünfLernpr<strong>in</strong>zipien von <strong>Computerspielen</strong>. Diese s<strong>in</strong>d jedoch allgeme<strong>in</strong>er formuliert, als die <strong>in</strong> denfolgenden Kapiteln beschriebenen. Des Weiteren betont <strong>Gee</strong>, dass die Lernpr<strong>in</strong>zipien sichnicht <strong>in</strong> allen <strong>Computerspielen</strong> f<strong>in</strong>den lassen, sondern nur <strong>in</strong> den guten. Unter guten<strong>Computerspielen</strong> versteht <strong>Gee</strong> solche, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Umgebung gespielt werden, die zurReflektion anregt. Weiterh<strong>in</strong> formuliert <strong>Gee</strong> die Pr<strong>in</strong>zipien so, dass sie auf jede „semioticdoma<strong>in</strong>“ angewendet werden könnten und nicht nur re<strong>in</strong> auf Computerspiele begrenzt s<strong>in</strong>d.Die Lernpr<strong>in</strong>zipien <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong> lauten folgendermaßen: 471. Das aktive und kritische Lernpr<strong>in</strong>zipAlle Gesichtspunkte der Lernumgebung - auch die Art wie die Umgebung aufgebautund präsentiert wird - s<strong>in</strong>d darauf ausgelegt, aktives und kritisches Lernen zufördern. 482. Das Designpr<strong>in</strong>zipDas Lernen über und das Anerkennen von Design und Designpr<strong>in</strong>zipien ist e<strong>in</strong> Kernder Lernerfahrung. 493. Das Pr<strong>in</strong>zip der SemiotikDas Lernen über und das Anerkennen von Verflechtungen <strong>in</strong>nerhalb und durchmultiple Zeichensysteme wie Bilder, Wörter, Handlungen, Symbole, Artefakte etc., alse<strong>in</strong> komplexes System, ist e<strong>in</strong> Kern der Lernerfahrung. 504. Das Pr<strong>in</strong>zip der „semiotic doma<strong>in</strong>s“Lernen be<strong>in</strong>haltet das Meistern e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ auf e<strong>in</strong>em gewissen Niveauund die Möglichkeit, an e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe der Domäne auf e<strong>in</strong>emgewissen Niveau teilzunehmen. 515. Das Pr<strong>in</strong>zip des übergeordneten Denkens über e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“Das Lernen be<strong>in</strong>haltet aktives und kritisches Denken über die Beziehungen der„semiotic doma<strong>in</strong>“, die gelernt wird mit anderen ihr verwandten „semiotic doma<strong>in</strong>s“. 5247 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 4148 Vgl. ebd.; S. 4149 Vgl. ebd.; S. 4150 Vgl. ebd.; S. 4251 Vgl. ebd.; S. 4252 Vgl. ebd.; S. 4215


2.2 „Lernen und Identitäten“Das vorangegangene Kapitel befasste sich mit <strong>Gee</strong>s Auffassung von „semiotic doma<strong>in</strong>s“.Unter anderem argumentierte er, dass es für das Lernen erforderlich sei, e<strong>in</strong>e neue Identitätanzunehmen und mit dieser zu experimentieren. <strong>Gee</strong> def<strong>in</strong>ierte diese Identität als e<strong>in</strong>en aktiverforschenden Problemlöser. Er fügt nun h<strong>in</strong>zu, dass jegliches Lernen <strong>in</strong> allen „semioticdoma<strong>in</strong>s“ e<strong>in</strong>e neue Identität erfordere, die allerd<strong>in</strong>gs mit den alten Identitäten verknüpftwerden muss. Dieses Kapitel soll nun zeigen, dass Computerspiele e<strong>in</strong> entscheidendesBeispiel für den Umgang mit Identitäten und Lernen s<strong>in</strong>d. Denn Computerspiele erschaffenIdentitäten und ermutigen darüber h<strong>in</strong>aus, mit diesen Identitäten zu arbeiten und sie zureflektieren. Die Art, wie dies geschieht, beschreibt <strong>Gee</strong> als klar und e<strong>in</strong>flussreich. 53Um se<strong>in</strong>en Standpunkt zu verdeutlichen, verwendet <strong>Gee</strong> alsBeispiel das Fantasie-Rollenspiel „Arcanum: VonDampfmasch<strong>in</strong>en und Magie“. Zunächst erläutert er das Spielund dann die damit verbundene Identitätsarbeit. „Arcanum“spielt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen Welt genannt Arcanum, welche ausvielen Ländern, Dörfer und Städten besteht. Arcanum wurdefrüher nur von Magie bee<strong>in</strong>flusst, jetzt beg<strong>in</strong>nt dieTechnologie e<strong>in</strong>e wichtige Rolle zu spielen. Das LandArcanum ist e<strong>in</strong> spannungsreicher und unbehaglicher Ort, dasowohl Magie als auch Technologie existieren. In Arcanumleben verschiedene Rassen, Menschen, Elfen, Gnomen,Zwerge, Orks, Oger und deren Mischrassen (Halbelfen, Halborks etc.), bei dem e<strong>in</strong> Elternteiljeweils menschlicher Herkunft ist. Jede Rasse steht dem Konflikt zwischen Magie undTechnologie anders gegenüber. Bevor man nun „Arcanum“ spielen kann, muss man e<strong>in</strong>enCharakter erstellen. <strong>Gee</strong> entschied sich für e<strong>in</strong>e Halbelfe, die er „Bead Bead“ 54nannte.Halbelfen, wie jede andere Rasse, haben ihre eigene charakterliche Ausprägung <strong>in</strong> Stärke,Konstitution, Geschicklichkeit, Schönheit, Intelligenz, Willenskraft, Wahrnehmung undCharisma (siehe Abb. 6). Die Fähigkeiten bee<strong>in</strong>flussen den Charakter <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Spielweise.Sie entscheiden über den Ausgang von Dialogen und Kämpfen, und wie andere Charaktere,sogenannte NPCs, auf den eigenen Spielcharakter reagieren. Im weiteren Spielverlaufbekommt der Charakter mehr Erfahrung und somit auch Punkte, die man als Spielerverwenden kann, um Attribute wie Stärke, Schönheit und so weiter, zu verändern oder um53 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 45-4654 Vgl. ebd.; S. 46Abb. 5: Cover von „Arcanum: VonDampfmasch<strong>in</strong>en und Magie“16


Fähigkeiten, wie den Umgang mit Waffen, Magie, Technologie etc., zu tra<strong>in</strong>ieren (siehe Abb.6). Des Weiteren beschreibt <strong>Gee</strong>, dass die Interaktionen und Entscheidungen, die man imVerlauf des Spiels trifft, darüber entscheiden, ob der Charakter gut oder böse ist. DieseAusrichtung wiederum entscheidet, ob andere NPCs sich dem Charakter anschließen oderAbb. 6: „Arcanum“ Charakterprofilnicht. Das Spiel selbst beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>er Katastrophe. Der erstellte Spielcharakter überlebte<strong>in</strong>en Zeppel<strong>in</strong>absturz. Der Zeppel<strong>in</strong> wurde zuvor von zwei anderen Luftschiffen angegriffen.Am Boden f<strong>in</strong>det man e<strong>in</strong>en sterbenden Mann, der dem Spieler e<strong>in</strong>en R<strong>in</strong>g aushändigt mit derkryptischen Aufforderung, ihn „dem Jungen“ zu geben. Der Mann prophezeit, dass das Bösezurückkehrt und alles zerstören wird. Somit ist man der e<strong>in</strong>zige Überlebende dieses Unglücksund sieht sich mit der Aufgabe konfrontiert, die Welt zu retten, <strong>in</strong>dem man den R<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>emmysteriösen „Jungen“ übergibt. 55<strong>Gee</strong> stellt fest, dass <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong> wie „Arcanum“ e<strong>in</strong>e sehr <strong>in</strong>teressante und wichtigeMethode im Umgang mit Identitäten beobachtet werden kann. Wenn man „Arcanum“ spielt,so entwickeln sich parallel drei Identitäten. Die erste ist die virtuelle Identität, sie verkörpertden Spielcharakter. In diesem Fall „<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> als Bead Bead“. Die Schreibweise sollverdeutlichen, dass der Fokus auf dem Spielcharakter und se<strong>in</strong>en Handlungsweisen liegt. Die55 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 46-4817


zweite Identität ist die reale Identität, sie heißt „<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> als Bead Bead“. Hier liegtder Fokus auf dem nicht virtuellen Charakter <strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong>, der „Arcanum“ spielt. Dieletzte Identität, die beim Spielen mit Videospielen entsteht, ist die projizierte Identität. Sieheißt „<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> als Bead Bead“. Die Schreibweise soll verdeutlichen, dass der Fokusauf den Interaktionen zwischen der virtuellen und der realen Identität liegt. <strong>Gee</strong> untersuchtnun, wie diese Identitäten beim <strong>Computerspielen</strong> mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong>teragieren. Zunächst erstelltdie reale Identität die virtuelle Identität und entwickelt sie im Verlauf des Spieles weiter. Mitder projizierten Identität kümmert sich der Spieler um die Art der Entwicklung. <strong>Gee</strong>beschreibt diesen Vorgang folgendermaßen, die reale Person oder Identität ist auf bestimmteWeise festgelegt. Obwohl diese sich verändert und sich an ihre Umgebung anpasst, stellt <strong>Gee</strong>fest, dass jedermann ist, wer er ist und nicht aus se<strong>in</strong>er Haut kann. In ähnlicher Weise ergehtes der virtuellen Identität, auch sie ist auf bestimmte Weise festgelegt. Sie ist <strong>in</strong> bestimmtenFähigkeiten ausgebildet und <strong>in</strong> anderen nicht. <strong>Gee</strong> nimmt dafür folgendes Beispiel, BeadBead ist e<strong>in</strong> hervorragender Taschendieb, dafür miserabel beim Schlösserknacken. Dievirtuelle Identität muss diese Begrenzung im Spiel akzeptieren. Der Charakter, die Geschichteund die Werte der virtuellen Identität, die durch die reale Identität geschaffen werden,verkörpert die projizierte Identität. Somit ist die projizierte Identität e<strong>in</strong> Teil von Bead Beadund e<strong>in</strong> Teil von <strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong>. <strong>Gee</strong> beschreibt sie als e<strong>in</strong>en Ort, an dem sowohl dieE<strong>in</strong>schränkungen der realen Identität als auch die E<strong>in</strong>schränkungen der virtuellen Identitätüberwunden werden können. Diese Dreiteilung der Identität <strong>in</strong> Videospielen ist <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong> sehrstark. Dafür gibt es zwei Gründe, zum e<strong>in</strong>en ist das Verhalten des Spielers aktiv und zumanderen rückwirkend. Rückwirkend deshalb, da die reale Identität Entscheidungen über dievirtuelle Identität treffen muss. Diese wirken sich nun auf die Möglichkeiten der virtuellenIdentität im Spiel aus. Die reale Identität bee<strong>in</strong>flusst somit die künftigen Handlungen dervirtuellen Identität. Aktiv ist diese Dreiteilung, weil der Spieler beziehungsweise die realeIdentität se<strong>in</strong>e Wertvorstellung und se<strong>in</strong>e Motivation <strong>in</strong> Bezug auf die Entwicklung dervirtuellen Identität kritisch und reflektiert überdenken muss. Bezieht man diese theoretischeÜberlegung auf die Umsetzung <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong>, ergibt sich <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong> folgendes Beispiel:„<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> als Bead Bead“ kann „<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> als Bead Bead“ e<strong>in</strong>e Handlungausführen lassen, die „<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong> als Bead Bead“ niemals tun würde. Das heißt konkret,die reale Identität gibt Bead Bead den Befehl, den R<strong>in</strong>g des sterbenden Mannes zu verkaufen,obgleich die Spielaufforderung am Anfang war, den R<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>em „Jungen“ auszuhändigen. Anfür sich hat diese Handlung ke<strong>in</strong>e negativen Konsequenzen und sie wird von der <strong>in</strong>ternen„design grammar“ auch nicht explizit verboten. Den R<strong>in</strong>g zu verkaufen, entspricht nur e<strong>in</strong>fach18


nicht der Vorstellung, die <strong>Gee</strong> über se<strong>in</strong>e virtuelle Identität hat. <strong>Gee</strong> wollte Bead Bead alsWesen gestalten, das <strong>in</strong>telligent und bedacht handelt und auf diese Geschichte zurückblickenkann, ohne etwas zu bedauern. Er schrieb Bead Bead Gefühle und Motive zu, die über dieWelt von „Arcanum“ h<strong>in</strong>ausg<strong>in</strong>gen und die reale Welt von <strong>Gee</strong> bee<strong>in</strong>flussten. 56Welche Bedeutung die Dreiteilung der Identitäten für das Lernen <strong>in</strong> „semiotic doma<strong>in</strong>s“ hat,wird im Folgenden beschrieben. Laut <strong>Gee</strong> ist jegliches tiefgreifendes Lernen untrennbar mitden verschiedenen Identitäten verbunden. Man kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ ke<strong>in</strong>kritisches und aktives Lernen erreichen, wenn man nicht dazu bereit ist se<strong>in</strong>e Zeit, se<strong>in</strong>eBemühungen und se<strong>in</strong>e Haltung auf den Lern<strong>in</strong>halt zu konzentrieren. E<strong>in</strong> solche H<strong>in</strong>gabe, so<strong>Gee</strong>, erfordert vom Lernenden sich selbst mit e<strong>in</strong>er neuen Identität wahrzunehmen. Als e<strong>in</strong>eIdentität, die e<strong>in</strong>e neue „semiotic doma<strong>in</strong>“ lernen, bewerten und benutzen kann. Weiterh<strong>in</strong>müssen sie, als erfolgreiche Lerner, daran glauben, dass sie von der Verwandtschaftsgruppeder Domäne akzeptiert werden können. <strong>Gee</strong> betont, dass ohne e<strong>in</strong>e solcheIdentitätsbereitschaft ke<strong>in</strong> tiefgehendes, kritisches und aktives Lernen möglich ist. 57Wie die verschiedenen Identitäten, die Reale, die Virtuelle und die Projizierte, sich auf dasvon <strong>Gee</strong> angestrebte kritische und aktive Lernen auswirken, soll im folgenden Abschnittdiskutiert werden. <strong>Gee</strong> beg<strong>in</strong>nt damit, die Rolle der virtuellen Identität zu beschreiben. DemLernenden muss es möglich se<strong>in</strong>, sich mit Worten, Interaktionen und Handlungen an der„semiotic doma<strong>in</strong>“ zu beteiligen. Dies bedeutet, er muss sich für e<strong>in</strong>e spezielle Sichtweiseentscheiden, mit der er oder sie die Lerndiszipl<strong>in</strong> betrachten möchte. Die Sichtweise bestehtaus kognitiven und sozialen Praktiken. Mit <strong>Gee</strong>s Worten ausgedrückt: Der Lernende kreierte<strong>in</strong>e virtuelle Identität <strong>in</strong> Bezug auf die „semiotic doma<strong>in</strong>“. Als nächstes befasst sich <strong>Gee</strong> mitder realen Identität. Er ist der Me<strong>in</strong>ung, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er guten Lernumgebung, die reale Identitätdes Lernenden mit e<strong>in</strong>bezogen wird. Die Entscheidung beziehungsweise die Entwicklung dervirtuellen Identität wird von den Erfahrungen der realen Identität bee<strong>in</strong>flusst. Nach <strong>Gee</strong>werden dadurch Verb<strong>in</strong>dungen zwischen der realen und der virtuellen Identität hergestellt. Istes dem Lernenden nicht möglich, solche Verb<strong>in</strong>dungen zu erstellen, so ist das erfolgreicheLernen gefährdet. Tritt dieser Fall e<strong>in</strong>, so spielen laut <strong>Gee</strong> drei Aspekte e<strong>in</strong>e wichtige Rolle,um den Lernenden weiterh<strong>in</strong> zu motivieren. 5856 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 48-5457 Vgl. ebd.; S. 54-5558 Vgl. ebd.; S. 55-5819


1. Der Lernende muss ermutigt werden, es trotzdem weiter zu versuchen, auch für denFall, dass er gute Gründe hat, sich davor zu fürchten. 592. Der Lernende muss ermutigt werden, viel Aufwand e<strong>in</strong>zusetzen, auch wenn er mitger<strong>in</strong>ger Motivation begonnen hat. 603. Der Lernende muss anschließend bedeutsame Erfolge err<strong>in</strong>gen, wenn er zuvor diesenAufwand <strong>in</strong>vestiert hat. 61<strong>Gee</strong> ist der Me<strong>in</strong>ung, dass Menschen den erforderten Aufwand nicht aufbr<strong>in</strong>gen, wenn sienicht gewillt s<strong>in</strong>d, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu beweisen. Weiterh<strong>in</strong> ist Erfolg ohneAufwand <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Augen nicht belohnend, genauso wie Aufwand ohne Erfolgunbefriedigend ist. <strong>Gee</strong> beschreibt, das Computerspiele genau diese drei Aspekte erfüllen.Zunächst s<strong>in</strong>d sie so konzipiert, dass der Spieler Risiken e<strong>in</strong>gehen kann, ohneschwerwiegende Konsequenzen zu befürchten. Beispielsweise kann man e<strong>in</strong>en Kampfbeg<strong>in</strong>nen und vorher speichern. Verliert man diesen Kampf, kann man neu laden und denKampf nochmals versuchen, bis man Erfolg hat. Des Weiteren, so <strong>Gee</strong>, s<strong>in</strong>d dieComputerspiele so gestaltet, dass sie sich an verschiedene Spielweisen anpassen und denSpieler <strong>in</strong> angemessener Weise belohnen. Beispielsweise f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> Spieler e<strong>in</strong>e bessereWaffe und kann es dadurch mit Gegnern besser aufnehmen, während e<strong>in</strong> anderer Spielervielleicht im selben Level e<strong>in</strong>en Panzer f<strong>in</strong>det, weil er mehr Aufwand für die Erforschung desGebietes aufgebracht hat. Auf diese Weise, so <strong>Gee</strong>, bieten Computerspiele dem Spieler e<strong>in</strong>eVielzahl von Erfolgsmöglichkeiten. E<strong>in</strong> weiteres Pr<strong>in</strong>zip an dem sich Computerspielebedienen, ist die Möglichkeit, für e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Input den größtmöglichen Output zuerhalten. Man drückt auf e<strong>in</strong>en Knopf am Controller <strong>in</strong> der echten Welt und e<strong>in</strong>e ganzevirtuelle Welt erwacht zum Leben. Für <strong>Gee</strong> ist dieses Pr<strong>in</strong>zip im höchsten Maße motivierend.Gute Lernumgebungen müssen also diese drei Aspekte erfüllen. Der Lernende muss motiviertwerden, es zu versuchen. Dies geschieht durch die Verb<strong>in</strong>dung zwischen der virtuellen undder realen Identität <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em sicheren Raum, <strong>in</strong> dem ke<strong>in</strong>e schwerwiegenden Konsequenzenauf Versagen folgen. Dadurch wird der Lernende auch zu mehr Aufwand ermutigt. DerAufwand muss mit angemessenen Erfolgen verbunden se<strong>in</strong> und dem Lernenden das Gefühlvermitteln, dass mehr Aufwand auch mehr Erfolg bedeutet. S<strong>in</strong>d diese Aspekte erfüllt, kannder Lernende <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong>, e<strong>in</strong>e wertvolle Identität kreieren, die ihm neue Fähigkeitenermöglicht. An diesem Punkt, so <strong>Gee</strong>, ist die Verb<strong>in</strong>dung zwischen der virtuellen und der59 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 5860 Vgl. ebd.; S. 5861 Vgl. ebd.; S. 5820


ealen Identität abgeschlossen. Welche Aufgabe erfüllt nun die projizierte Identität? Zunächstunterstützt sie den oben beschriebenen Prozess. Der Lernende braucht die projizierte Identität,um se<strong>in</strong>e eigenen Werte und Wünsche <strong>in</strong> die virtuelle Identität e<strong>in</strong>fließen zu lassen. DesWeiteren braucht er sie, um die virtuelle Identität als eigenes Projekt zu betrachten. Dievirtuelle Identität wird von der projizierten Identität mit der Zeit entwickelt und mit denWerten, Wünschen, Entscheidungen, Zielen und Handlungen der realen Identität def<strong>in</strong>iert.Dies ermöglicht es, die Identitäten als Eigenschaft oder Besitz anzusehen. Letztendlich ergibtsich daraus folgende Aussage von <strong>Gee</strong>: Wenn der Lernende kritisch und aktiv lernt, dannkann er mit Hilfe se<strong>in</strong>er projizierten Identität neue Werte und Wege f<strong>in</strong>den, die Welt zuverstehen. Dies basiert auf dem Parallelismus der realen Identität mit der virtuellen Identität,die zum Lernen e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ gebraucht werden. 62Diese Ausführungen führen zu weiteren Lernpr<strong>in</strong>zipien, die man <strong>in</strong> Videospielen f<strong>in</strong>den kann.Die begonnene Liste aus Kapitel 2.1 wird nun um diese erweitert und es werden dem Themaverwandte Pr<strong>in</strong>zipien h<strong>in</strong>zugefügt: 636. Das „Psychosoziale Moratorium“ Pr<strong>in</strong>zipDer Lernende kann Risiken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raum e<strong>in</strong>gehen, <strong>in</strong> dem die Konsequenzen derrealen Welt verm<strong>in</strong>dert s<strong>in</strong>d. 647. Das engagierte Lernen Pr<strong>in</strong>zipDer Lernende partizipiert mit e<strong>in</strong>em ausgedehnten Engagement (viel Aufwand undÜbung). Das Engagement ist e<strong>in</strong>e Erweiterung se<strong>in</strong>er realen Identität. Die realeIdentität steht <strong>in</strong> Beziehung zu se<strong>in</strong>er virtuellen Identität, mit der er sich verbundenfühlt und e<strong>in</strong>er virtuellen Welt, die ihn verlockt. 658. Das Identitätspr<strong>in</strong>zipDas Lernen bezieht das Aufnehmen von und Spielen mit Identitäten auf e<strong>in</strong>e Art undWeise mit e<strong>in</strong>, die den Lernenden echte Möglichkeiten (die Entwicklung e<strong>in</strong>ervirtuellen Identität) und genügend Chancen bieten, um über die Beziehung von altenund neuen Identitäten <strong>nach</strong>zudenken. Es gibt e<strong>in</strong>e Dreiteilung der Identitäten, die denLernenden dazu veranlasst, über die reale, die virtuelle und die projizierte Identität zureflektieren. 6662 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 58-6363 Vgl. ebd.; S. 6464 Vgl. ebd.; S. 6465 Vgl. ebd.; S. 6466 Vgl. ebd.; S. 6421


9. Das Selbsterkenntnispr<strong>in</strong>zipDie Lernwelt ist so konstruiert, dass der Lernende nicht nur etwas über die „semioticdoma<strong>in</strong>“ lernt, sondern auch über sich selbst und se<strong>in</strong> aktuelles Potential. 6710. Das Pr<strong>in</strong>zip der Amplifizierung von E<strong>in</strong>satzFür e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz bekommt der Lernende das größtmöglicheArbeitsergebnis. 6811. Das Erfolgspr<strong>in</strong>zipFür Lernende auf allen Fähigkeitsleveln gibt es wesentliche Belohnung von Anfangan. Die Belohnungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuell auf den Leistungsstand, den Aufwand und dasBewältigen abgestimmt und zeigen fortlaufenden Erfolg an. 69Aus den oben beschriebenen Pr<strong>in</strong>zipen ergeben sich weitere <strong>Lernmechanismen</strong> aus<strong>Computerspielen</strong>. <strong>Gee</strong> führt dies auf e<strong>in</strong>ige Erkenntnisse der Spieldesigner zurück. Sie habenerkannt, das Lernen mit viel Übung verbunden ist. Bevor Menschen e<strong>in</strong>en Lerngegenstandmeistern, müssen sie sich viel dar<strong>in</strong> üben. <strong>Gee</strong> beschreibt, dass dieses Üben <strong>in</strong> den meistenFällen langweilig ist. Computerspiele schaffen es, die Spieler oder die Lernenden durch denAufbau des Spiels, so zum Üben zu motivieren, dass sie nicht e<strong>in</strong>mal merken, dass sie üben.Der Fokus des Spielers ist auf die Ansprüche und Ziele der virtuellen Welt gerichtet und nichtauf das Üben se<strong>in</strong>er Fähigkeiten. <strong>Gee</strong> ist der Überzeugung, dass diese Ansicht <strong>in</strong> dentraditionellen <strong>Lernmechanismen</strong> nicht berücksichtigt wird. Des Weiteren verlangenComputerspiele vom Spieler oft, dass er sich an den Grenzen se<strong>in</strong>er Fähigkeiten bewegt. Sievermitteln das Gefühl e<strong>in</strong>er Herausforderung, welche aber immer lösbar ist. 70Aus diesen Überlegungen <strong>Gee</strong>s lassen sich die nächsten <strong>Lernmechanismen</strong> ableiten: 7112. Das Übungspr<strong>in</strong>zipDie Lernenden bekommen die Möglichkeit sehr viel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kontext (e<strong>in</strong>e virtuelleWelt, die mit den Interessen und e<strong>in</strong>em fortlaufenden Erfolg des Lernenden verbundenist) zu üben, der nicht langweilig ist. Die Lernenden verbr<strong>in</strong>gen viel Zeit mit denAufgaben. 7267 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 6468 Vgl. ebd.; S. 6469 Vgl. ebd.; S. 6470 Vgl. ebd.; S. 65-6771 Vgl. ebd.; S. 6872 Vgl. ebd.; S. 6822


13. Das Pr<strong>in</strong>zip des fortlaufenden LernensEs gibt e<strong>in</strong>en Lernkreislauf, der aus Automatisierung, Auflösung der Automatisierungund neuer reorganisierter Automatisierung besteht. Dieser Kreislauf veranlasst zulebenslangem Lernen beim Lernenden. 7314. Das Pr<strong>in</strong>zip des Systems der KompetenzenDer Lernende bekommt genügend Möglichkeiten <strong>in</strong>nerhalb se<strong>in</strong>er Lernressourcen zuhantieren, jedoch immer an den Grenzen se<strong>in</strong>er Fähigkeiten. Dadurch wirdsichergestellt, dass die Aufgaben extrem herausfordernd, aber niemals unlösbar s<strong>in</strong>d. 7473 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 6874 Vgl. ebd.; S. 6823


2.3 „Festgelegte-situationsabhängige Bedeutungen und Lernen“<strong>Gee</strong> vertritt die Ansicht, dass traditionelles Lernen nur den Verstand beansprucht und nichtden ganzen Körper. Das traditionelle Lernen, so <strong>Gee</strong>, ist e<strong>in</strong>e Frage vonVerallgeme<strong>in</strong>erungen, Pr<strong>in</strong>zipien, Regeln, Abstraktionen und logischen Berechnungen. DieseForm des Lernens behandelt den menschlichen Geist wie e<strong>in</strong>en Computer. Denn nurComputer, so <strong>Gee</strong>, agieren <strong>nach</strong> Regeln, die vorschreiben, wie man Symbole bearbeiten soll.Diese Symbole selbst haben dabei ke<strong>in</strong>erlei Bedeutung, außer der Bearbeitung, die derComputer an ihnen durchführt. Als Beispiel könnte man e<strong>in</strong>e mathematische Formelbetrachten. Diese besteht aus Symbolen, die je <strong>nach</strong> Bedarf anhand bestimmter Regelnumgeformt beziehungsweise bearbeitet wird. Sie wird im traditionellen Lernen abstrakt undohne Kontext behandelt. <strong>Gee</strong> beschreibt aber auch e<strong>in</strong>e andere Sicht auf das Lernen. DieseSicht besagt, dass Menschen lernen, denken und Probleme lösen, <strong>in</strong>dem sie ihre früherenErfahrungen reflektieren. Menschen speichern diese Erfahrungen und verknüpfen oderassoziieren sie mite<strong>in</strong>ander. <strong>Gee</strong> ist der Me<strong>in</strong>ung, dass Menschen nicht nur ihre Erfahrungenspeichern, sondern sie an ihre Interessen, ihre Werte, ihre Ziele und ihre sozialkulturelleZugehörigkeit anpassen. Dieser Prozess hilft ihnen, ihre Erfahrungen zu strukturieren undPrioritäten zu setzen. Außerdem ist <strong>Gee</strong> der Auffassung, dass die Verb<strong>in</strong>dungen undAssoziationen <strong>in</strong>nerhalb der Erfahrungswerte entscheidend für das Denken, das Lernen unddas Problemlösen s<strong>in</strong>d. Sie dienen sozusagen als Anleitung, wie man <strong>in</strong> neuen Situationenverfahren soll. In diesem Kapitel werden <strong>Gee</strong>s Ansichten darüber dargestellt, wieComputerspiele passende, experimentelle und verkörperte Formen des Lernens und Denkensfördern und ergänzen. Dazu verwendet er als Beispiel das Computerspiel „Deus Ex“. 75„Deus Ex“ komb<strong>in</strong>iert zwei verschiedene Genres. Man bekämpft Gegner aus e<strong>in</strong>erEgoperspektive, spielt also e<strong>in</strong>en First-Person-Shooter,entwickelt und bildet se<strong>in</strong>en Charakter jedoch wie beie<strong>in</strong>em Rollenspiel weiter. Bei der Egoperspektive handeltes sich um e<strong>in</strong>e Spielansicht bei dem die Spielwelt aus derSicht des Spielcharakters betrachtet wird. Bevor man nun<strong>in</strong> das Spiel e<strong>in</strong>steigen kann, muss man, wie bei„Arcanum“ e<strong>in</strong>en Charakter erstellen. Wobei es hier egalist, welchen Namen man se<strong>in</strong>em Charakter gibt, denn derCodename lautet immer „J.C. Denton“. J.C. Denton ist e<strong>in</strong>Abb. 7: Cover von „Deus Ex“http://fi.wikipedia.org/wiki/Tiedosto:Deus_ex-cover.jpg75 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 71-7324


verdeckter Ermittler für Spezialmissionen, der für die „United Nations Anti-TerroristCoalition“, kurz UNATCO, arbeitet. Zudem ist J.C. Denton e<strong>in</strong> durch Nanoorganismenverbessertes menschliches Wesen. Diese Nanoorganismen s<strong>in</strong>d w<strong>in</strong>zig kle<strong>in</strong>e Roboter, diesich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Blutkreislauf bef<strong>in</strong>den und ihm übermenschliche Kräfte und Fähigkeiten <strong>in</strong> derSpielwelt verleihen. Es gibt <strong>in</strong>sgesamt elf Fähigkeiten, die im Laufe des Spiels verbessertwerden können. Jede Fähigkeit hat vier Level der Meisterschaft. Während des Spiels kannman sich Punkte verdienen, um e<strong>in</strong>e Fähigkeit zu verbessern. Man kann nicht alle Fähigkeitenauf den höchsten Meisterschaftsgrad br<strong>in</strong>gen, somit bee<strong>in</strong>flusst jede Entscheidung über dasEntwickeln e<strong>in</strong>er Fähigkeit direkt den Spielverlauf. Zu den elf verschiedenen Fähigkeitenbekommt der Spieler auch noch die Möglichkeit, die Nanoorganismen zu verbessern (sieheAbb. 8). In den verschiedenenLeveln kann man Blaupausenfür neue Nanoorganismensammeln. Jede Blaupauseenthält zwei Pläne fürverschiedene Nanoorganismen.Wählt man e<strong>in</strong>en Plan, so istder andere unwiderruflichverloren. Der Spieler muss alsoweise wählen. Denn dieEntscheidung bee<strong>in</strong>flusst, wieman den Charakter entwickeltAbb. 8: „Deus Ex“ Charakterbildschirm Implantateund welche Taktik man ambesten benutzt, um das Spiel zu gew<strong>in</strong>nen. „Deus Ex“ selbst spielt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er futuristischenWelt, <strong>in</strong> der Krim<strong>in</strong>alität, Terrorismus und Krankheiten außer Kontrolle s<strong>in</strong>d. Ke<strong>in</strong>eRegierung ist dazu <strong>in</strong> der Lage die weltweite Verwüstung aufzuhalten. Zudem wird diemenschliche Rasse von e<strong>in</strong>em Virus, dem „grauen Tod“, bedroht, der bereits Millionengetötet hat. Das e<strong>in</strong>zige Heilmittel ist nur noch begrenzt lieferbar. Nun gehört dieAdm<strong>in</strong>istration des Heilmittels zum Aufgabenbereich der UNATCO. Zusätzlich ist dasHeilmittel e<strong>in</strong> Geheimnis und wird nur an Politiker, Würdenträger und Milliardäre verteilt.J.C. Dentons erste Mission ist es e<strong>in</strong>en Agenten aus den Händen der „National SecessionistForce“, kurz NSF, zu befreien. Diese wollen das Heilmittel replizieren und an die gesamteBevölkerung verteilen. E<strong>in</strong> Aspekt, der „Deus Ex“ für <strong>Gee</strong> auszeichnet ist, dass es aus vielenmoralischen Entscheidungen besteht. Als Beispiel nimmt er den Schluss des Spiels. Als25


Spieler steht man hier vor drei verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten, wie dieGeschichte der Spielwelt weitergehen soll. Man kann sich entscheiden die Spielwelt von e<strong>in</strong>erkle<strong>in</strong>en Elite führen zu lassen, der man selbst angehört oder man kann die globaleInfrastruktur zerstören, so dass die Spielwelt aus kle<strong>in</strong>en und technisch-primitiven Dörfernbesteht oder man überlasst die Führung der Spielwelt e<strong>in</strong>er künstlichen Intelligenz, die re<strong>in</strong>logisch und rational handelt. Das Spiel bietet, so <strong>Gee</strong>, immer mehrere Lösungen für jedesgestellte Problem. Der Spieler kann die jeweilige Lösung oder Strategie auswählen, die zuse<strong>in</strong>em eigenem Denken, Handeln und Lernen passt. Für <strong>Gee</strong> ist dies nicht nur <strong>in</strong> Bezug aufdas Spiel, sondern auch für das Lernen im Allgeme<strong>in</strong>en sehr motivierend. In se<strong>in</strong>en Augen istdas e<strong>in</strong>e große und reiche Quelle für Reflektionen über die eigene Art des Lernens und dieeigene Art des Problemlösens. 76Für <strong>Gee</strong> hat „Deus Ex“ e<strong>in</strong>e reiche, sich w<strong>in</strong>dende und sich ständig ändernde Geschichte. DerSpieler kann diese Geschichte Stück für Stück selbst aufdecken, <strong>in</strong> dem er Dokumenteentdeckt oder Computer hackt. Der Spieler muss sich dem<strong>nach</strong> mehr engagieren, um dieDetails der Geschichte zu verstehen. <strong>Gee</strong> stellt weiterh<strong>in</strong> fest, dass unterschiedliche Spielersich unterschiedlich stark engagieren und somit verschiedene Teile der Geschichte aufdeckenkönnen. Die Handlung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Computerspiel ist, laut <strong>Gee</strong>, von den folgenden vier Aspektenabhängig: 771. Der Entscheidung des Gamedesigners. 782. Wie der Spieler die Geschichte bee<strong>in</strong>flusst durch die persönliche Entdeckung vonH<strong>in</strong>weisen. 793. Die Handlungen und die Entscheidungen, die der Spieler als zentrale Figur desHandlungsgeschehens trifft. 804. Die eigene Vorstellung über die Charaktere, die Handlung und den Verlauf desComputerspiels. 81<strong>Gee</strong> vertritt die Me<strong>in</strong>ung, dass <strong>in</strong> Spielen wie „Deus Ex“ der Verlauf der Geschichte durch dieEntscheidungen und Handlungen des Spielers entwickelt wird. Er verwendet dafür den76 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 73-7877 Vgl. ebd.; S. 78-7978 Vgl. ebd.; S. 7979 Vgl. ebd.; S. 7980 Vgl. ebd.; S. 7981 Vgl. ebd.; S. 7926


Begriff „embodied stories“ 82 . Übersetzt würde dieser Begriff „verkörperte Geschichten“bedeuten. Was <strong>Gee</strong> aber im Grunde damit me<strong>in</strong>t ist, den Geist als e<strong>in</strong>en Teil des Körpers zubetrachten. „Embodied“ bedeutet somit im Körper und im Geist. Etwas wird <strong>in</strong> Gedanken unddurch Handlungen erlebt, wie e<strong>in</strong>e Art Ganzkörpererfahrung. „Verkörpert“ trifft dieBedeutung annähernd und wird nun im Verlauf dieses Kapitels und mit dem englischenBegriff weiterh<strong>in</strong> verwendet. Dieser Ausdruck umfasst für <strong>Gee</strong> Erkenntnisse, Handlungen,Entscheidungen und geistige Simulationen von Aktionen und Dialogen. Auf Grund dieserTheorie <strong>Gee</strong>s ist das Erlebnis <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Computerspielhandlung anders. E<strong>in</strong> Beispiel:Stirbt der gespielte Charakter, so regt sich der Spieler auf oder er reagiert traurig, <strong>in</strong> denmeisten Fällen ist der Spieler verärgert und beg<strong>in</strong>nt von e<strong>in</strong>em Speicherpunkt e<strong>in</strong>e neueSpielrunde. Allerd<strong>in</strong>gs nicht mehr verärgert, sondern motiviert dazu besser zu se<strong>in</strong>. DasGleiche passiert auch im Dialog mit NPCs. Trifft der Spieler hier e<strong>in</strong>e Entscheidung, die erbereut oder die im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> negative Auswirkungen hat, so kann er durch Neuladen denDialog nochmals führen und se<strong>in</strong>e Entscheidung ändern. Computerspiele schaffen e<strong>in</strong>e„embodied story“, e<strong>in</strong>e Geschichte oder Handlung, so <strong>Gee</strong>, <strong>in</strong> die der Spieler viel mehrEmotionen <strong>in</strong>vestiert, so dass sie ihn mehr mit e<strong>in</strong>bezieht und ihn motiviert. 83Daraus lässt sich ableiten, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Computerspiel der S<strong>in</strong>n, die Bedeutung und dieSignifikanz situationsabhängig und „embodied“ („verkörpert“) s<strong>in</strong>d. Wenn man sich daraner<strong>in</strong>nert, was im Kapitel über „semiotic doma<strong>in</strong>s“ steht, Menschen müssen Inhalte verstehenund reproduzieren können, um erfolgreich e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu meistern, so ergeben<strong>Gee</strong>s Ausführungen folgenden S<strong>in</strong>n. „Embodied story“ („verkörperte Geschichte“) und„embodied mean<strong>in</strong>g“ („verkörperte Bedeutung“) werden benötigt, um starke und effektive„semiotic doma<strong>in</strong>s“ zu schaffen. <strong>Gee</strong> führt hier e<strong>in</strong> Beispiel aus „Deus Ex“ an: Der Spielerf<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>en numerischenCode (siehe Abb. 9).Dieser Code ist fastbedeutungslos, obwohlAbb. 9: Beispiel e<strong>in</strong>er Nachricht mit Zugangsdaten aus dem Spiel „Deus Ex“man weiß, dass der Code für irgendetwas bestimmt se<strong>in</strong> muss. An diesem Punkt ist dieBedeutung noch dekontextualisiert und allgeme<strong>in</strong>. Der Code ist unwichtig, bis manherausf<strong>in</strong>det, wozu er benutzt werden kann. Denn erst dann bekommt der Code e<strong>in</strong>esituationsabhängige, „verkörperte“ („embodied“) und aktionsorientierte Bedeutung. Für <strong>Gee</strong>82 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 79; Aufgrunde<strong>in</strong>er fehlenden deutschen Übersetzung, wird im weiteren Text der englische Begriff verwendet.83 Vgl. ebd.; S. 79-8027


ist die Bedeutung wesentlich, situationsabhängig und „embodied“, <strong>in</strong>sofern sie brauchbarist. 84Nachdem <strong>Gee</strong> ausgeführt hat, dass gute Videospiele e<strong>in</strong> hervorragendes Beispiel für„verkörperte“ („embodied“) und situationsabhängige Bedeutungen s<strong>in</strong>d, zeigt er nun wieSpieler mit Hilfe dessen üben können. Wie Videospiele dies schaffen verdeutlicht <strong>Gee</strong> ane<strong>in</strong>em Vier-Stufen Prozess: 851. Der Spieler muss die virtuelle Welt erforschen (dies be<strong>in</strong>haltet die Umgebungabzusuchen und mit Objekten zu <strong>in</strong>teragieren oder sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Handlungzu verwenden). 862. Basierend auf der Reflektion während oder <strong>nach</strong> dem Erforschen e<strong>in</strong>es Objektes (zumBeispiel e<strong>in</strong>es Textes oder e<strong>in</strong>es Artefaktes) muss der Spieler e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nvolle undsituationsabhängige Hypothese, über die mögliche Bedeutung des Objektes,formulieren. 873. Der Spieler testet anschließend die Hypothese <strong>in</strong> der virtuellen Welt und erfährtwelche Auswirkungen sie hat. 884. Der Spieler erfährt die Auswirkungen als e<strong>in</strong>e Art Resonanz von der virtuellen Weltund akzeptiert diese oder überdenkt se<strong>in</strong>e erste Hypothese. 89<strong>Gee</strong> nennt diesen Prozess „Erforschen/Hypothese/Erproben/Überdenken-Prozess“(probe/hypothesize/reprobe/reth<strong>in</strong>k-cycle) 90 . Er ist der Me<strong>in</strong>ung, wenn man diesen Prozessnicht durchläuft, so hat man ke<strong>in</strong>en Erfolg <strong>in</strong> Videospielen. Nimmt man e<strong>in</strong>en Ego-Shooterals Beispiel, so kann man <strong>in</strong> der Spielwelt umherlaufen und s<strong>in</strong>nlos auf alles schießen. Jedochwürde man, laut <strong>Gee</strong>, nicht sehr weit kommen, wahrsche<strong>in</strong>lich hätte man bald ke<strong>in</strong>e Munitionmehr oder stirbt im Computerspiel relativ schnell. In e<strong>in</strong>em guten Computerspiel muss manviele Taktiken ausprobieren, über das Resultat <strong>nach</strong>denken und die Taktik dementsprechendanpassen. <strong>Gee</strong> betont, dass man <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>er Praxisumgebung Erfolg hat, wenn man den obenbeschriebenen Prozess nicht berücksichtigt. Der vier Stufen Prozess ist die Basis vonreflektierender Praxis <strong>in</strong> jeder komplexen „semiotic doma<strong>in</strong>“. Nach diesem Prozess handelnK<strong>in</strong>der <strong>in</strong>tuitiv, wenn sie ihren Verstand ausbilden und die Kultur ihrer Lebenswelt erlernen,84 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 81-8785 Vgl. ebd.; S. 87-8886 Vgl. ebd.; S. 8887 Vgl. ebd.; S. 8888 Vgl. ebd.; S. 8889 Vgl. ebd.; S. 8890 Vgl. ebd.; S. 8728


so die Erklärung von <strong>Gee</strong>. Er beschreibt den menschlichen Geist als etwas, der darauf tra<strong>in</strong>iertist, Muster zu erkennen. Der „Erforschen/Hypothese/Erproben/Überdenken-Prozess“erleichtert es, Muster zu identifizieren und zu verifizieren. <strong>Gee</strong> greift hier als Beispiel e<strong>in</strong>K<strong>in</strong>d und e<strong>in</strong> Babybuch aus Stoff auf. Das K<strong>in</strong>d möchte das Buch zerstören. Es reflektiertwährend und <strong>nach</strong> se<strong>in</strong>em Handeln. Das Reflektieren ist abhängig vom Ergebnis se<strong>in</strong>erHandlung, ob das Buch nun zerstört ist oder nicht. Basierend auf diesem Feedback formt dasK<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Hypothese über e<strong>in</strong> mögliches Muster. Das könnte ungefähr wie folgt aussehen:Bücher zerbrechen nicht, sondern zerknautschen. Die nächste Handlung des K<strong>in</strong>des ist dasErproben der Hypothese. Dafür nimmt das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> anderes Buch, vielleicht e<strong>in</strong>Taschenbuch. Es überprüft nun, ob das Muster auch für dieses Buch zutrifft. Es stellt nun fest,dass es se<strong>in</strong> Muster beziehungsweise se<strong>in</strong>e Hypothese erweitern muss: Stoffbücherzerknautschen und Papierbücher reißen. Auf diese Weise entwickelt das K<strong>in</strong>d mehrere<strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifende Muster und Untermuster. Diese Assoziationen s<strong>in</strong>d nicht nur wichtig fürdie Entwicklung des Verstandes, so <strong>Gee</strong>, sondern auch für die Entstehung der Persönlichkeitund der Identität als kultiviertes Wesen. <strong>Gee</strong> versucht den Unterschied zwischen se<strong>in</strong>er unde<strong>in</strong>er traditionellen Sichtweise herauszuarbeiten. In der traditionellen Sichtweise entwickeltsich der Geist durch gespeichertes Wissen und Verallgeme<strong>in</strong>erungen, die eher logisch s<strong>in</strong>d.Das gespeicherte Wissen ähnelt e<strong>in</strong>em Wörterbuch und die Verallgeme<strong>in</strong>erung s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>eMuster, sondern eher Aussagen wie: Alle Bücher haben e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>band. <strong>Gee</strong>s Sichtweisebehandelt den Verstand als etwas, das auf der Basis von gespeicherten Bildern denkt undagiert. Diese Bilder s<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>e sehr komplexe Art mite<strong>in</strong>ander verknüpft. Diese Art istdennoch für neue Erfahrungen geeignet, da sie auf „verkörperte Erfahrungen“ („embodiedexpierences“) und Handlungen aus der Welt basiert. Aber nicht nur bei K<strong>in</strong>dern ist der„Erforschen/Hypothese/Erproben/Überdenken-Prozess“ essentiell, sondern auch für die Praxisim Alltag. Dieser Prozess bildet für <strong>Gee</strong> die Basis der Übungen <strong>in</strong> jeder „semiotic doma<strong>in</strong>“. 91Laut <strong>Gee</strong> gibt es aber e<strong>in</strong>en Unterschied <strong>in</strong> der Anwendung des Prozesses im Alltag und <strong>in</strong>der K<strong>in</strong>dheit. Diese unterscheiden sich durch das „appreciative system“ 92 . Es bedeutet so vielwie e<strong>in</strong> wertschätzendes System oder e<strong>in</strong> Bewertungssystem. <strong>Gee</strong> erläutert esfolgendermaßen: In der K<strong>in</strong>dheit s<strong>in</strong>d die Ziele, Wünsche, Gefühle und Werte, die mit der„semiotic doma<strong>in</strong>“ verbunden s<strong>in</strong>d, im Fokus. Das bedeutet, <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>dheit ist das„appreciative system“ der Ort, an dem die Emotionen und die Erkenntnis zusammen kommen91 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 88-9292 Vgl. ebd.; S. 92; Aufgrund e<strong>in</strong>er fehlenden deutschen Übersetzung, wird im weiteren Text der englischeBegriff verwendet.29


und sich verb<strong>in</strong>den. Als Beispiel: Eis ist süß und „lecker“, also gut. Im Alltag, <strong>in</strong> jeglicher„semiotic doma<strong>in</strong>“, muss das „appreciative system“ so gestaltet werden, dass man diepersönlichen Handlungen <strong>in</strong> Bezug auf die „semiotic doma<strong>in</strong>“ evaluieren kann, alsoerforschen kann. Hier spielt die <strong>in</strong>terne „design-grammar“ wieder e<strong>in</strong>e Rolle. Die Ziele,Wünsche, Gefühle und Werte, die <strong>in</strong> der „semiotic doma<strong>in</strong>“ entscheidend s<strong>in</strong>d, müssen so <strong>in</strong>diese <strong>in</strong>tegriert werden, wie Mitglieder oder die Verwandtschaftsgruppe, sie typischerweiseempf<strong>in</strong>den würden. Dieser Prozess ist spezialisierter, als das Lernen und das Erfahren derWelt von Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dern. Wenn das Lernen oder Meistern der „semiotic doma<strong>in</strong>“ nun auchnoch aktiv und kritisch se<strong>in</strong> soll, so muss der Lernprozess und das „appreciative system“ mehrbewusste Reflektion und Kritik be<strong>in</strong>halten als Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der aufwenden müssen, um dieBedeutungen ihrer ersten Wörter zu lernen und zu verstehen. Dadurch ist im Alltag, so <strong>Gee</strong>,das „appreciative system“ nicht nur e<strong>in</strong> Ort an dem Emotionen und Erkenntnisse zusammenkommen und sich verb<strong>in</strong>den, sondern auch e<strong>in</strong> Ort an dem das Soziale, das Kulturelle und dasPersönliche zusammen kommen und sich verb<strong>in</strong>den. 93Um e<strong>in</strong>en Überblick zu geben, wird <strong>Gee</strong>s Theorie über das Lernen an dieser Stelle kurzzusammengefasst. Nach <strong>Gee</strong> formt der Lernende nicht nur durch Übungen und durch dieInteraktion mit der Verwandtschaftsgruppe der „semiotic doma<strong>in</strong>“ e<strong>in</strong> „appreciative system“(„wertschätzendes System“), er oder sie reflektiert auch über die Ziele, die Werte, die Gefühleund Wünsche, die das System zusammensetzen. Er oder sie vergleicht und kontrastiert die„appreciative systems“ mit anderen, er oder sie trifft aktive und kritische Entscheidungen überdie Systeme. Diese Entscheidungen müssen <strong>in</strong>nerhalb der Grenzen der akzeptiertenVerhaltensweisen der Verwandtschaftsgruppe bleiben oder der Lernende muss siedah<strong>in</strong>gehend transformieren. So s<strong>in</strong>d Beleidigungen von anderen beispielsweise <strong>in</strong> denmeisten „semiotic doma<strong>in</strong>s“ nicht angebracht und werden nicht akzeptiert. In beiden Fällen,so <strong>Gee</strong>, nimmt der Lernende e<strong>in</strong>e projizierte Identität an. Mit ihr knüpft er oder sie aktive,reflektierte und kritische Verb<strong>in</strong>dungen zwischen se<strong>in</strong>er realen Identität und der neuentstehenden virtuellen Identität <strong>in</strong> der „semiotic doma<strong>in</strong>“. Dieser Überblick dient auch dazue<strong>in</strong>en von <strong>Gee</strong>s Standpunkten über Computerspiele wiederzugeben: „Appreciative Systems“und das Reflektieren von und über „embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“) <strong>in</strong>Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe tauchen selten <strong>in</strong> der Bildungsdiskussion auf.93 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 92-9330


Daher wundert es <strong>Gee</strong> nicht, dass junge Menschen sehr viel schneller lernen komplexeVideospiele zu meistern, als andere genauso komplexe Prozesse oder Inhalte zu erlernen. 94Um die Besonderheit von situationsabhängigen Bedeutungen hervorzuheben, geht <strong>Gee</strong> aufgeschriebene Texte e<strong>in</strong>. Er ist der Me<strong>in</strong>ung, dass Videospiele uns e<strong>in</strong>iges darüber aufzeigenkönnen, wie lesen funktioniert, wenn man genau versteht, was man liest. In Spielen wie„Deus Ex“ f<strong>in</strong>det man ausgesprochen viele geschriebene Texte, das s<strong>in</strong>d zum Beispiel E-Mails, Tagebuche<strong>in</strong>träge und Nachrichten. Diese Texte helfen dem Spieler nicht nur denVerlauf der Geschichte zu rekonstruieren, sie helfen ihm auch, Entscheidungen über se<strong>in</strong>eHandlungsweisen zu treffen. Für <strong>Gee</strong> s<strong>in</strong>d Computerspiele tief verbunden mit geschriebenenTexten. Diese s<strong>in</strong>d nicht nur im Spiel vorhanden, sondern sie umgeben sie auch. Es gibtRezensionen <strong>in</strong> diversen Zeitschriften oder Internetseiten, Spieler erstellen ihre eigenenRezensionen und es gibt diverse Tipps und Vorschläge als auch Komplettlösungen imInternet. All diese Texte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> das „appreciative system“ der Verwandtschaftsgruppe desComputerspiels <strong>in</strong>tegriert. Das Problem mit diesen Texten, so <strong>Gee</strong>, ist, dass sie ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>nhaben solange man ke<strong>in</strong>e Erfahrungen <strong>in</strong> der Spielwelt gemacht hat. Dasselbe gilt jedoch fürjeden geschriebenen Text <strong>in</strong> jeder „semiotic doma<strong>in</strong>“. Befasst man sich jedoch mit e<strong>in</strong>er„semiotic doma<strong>in</strong>“ so passiert laut <strong>Gee</strong> etwas Magisches mit den zugehörigen Texten. Sies<strong>in</strong>d auf e<strong>in</strong>mal übersichtlich, klar und lesbar. Was <strong>Gee</strong> damit sagen möchte ist, dass man fürjedes Wort nur dann e<strong>in</strong>e situationsabhängige Bedeutung hat, wenn man sie mit e<strong>in</strong>em Bild,e<strong>in</strong>er Handlung, e<strong>in</strong>er Erfahrung oder e<strong>in</strong>em Dialog <strong>in</strong> der echten oder virtuellen Weltverknüpfen kann. Ist das nicht der Fall, so haben sie nur e<strong>in</strong>e wörtliche Bedeutung. Nur diesituationsabhängige Bedeutung führt zu e<strong>in</strong>em echten Verständnis und der Fähigkeit dastheoretische Wissen <strong>in</strong> die Tat umzusetzen. Für <strong>Gee</strong> erklärt das, warum K<strong>in</strong>der beispielsweisealle Tests <strong>in</strong> der Schule bestehen können, ihr Wissen aber nicht handlungsorientiert im Alltaganwenden können. 95Aus den Ausführungen <strong>Gee</strong>s <strong>in</strong> diesem Kapitel ergeben sich nun folgende Lernpr<strong>in</strong>zipien, diesich <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong> f<strong>in</strong>den, die aber auch <strong>in</strong> jedem anderen Lernkontext anwendbars<strong>in</strong>d: 9694 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 94-9695 Vgl. ebd.; S. 96-10596 Vgl. ebd.; S. 10531


15. Das Erforschungspr<strong>in</strong>zipLernen ist e<strong>in</strong> Kreislauf, er be<strong>in</strong>haltet das Erforschen der Welt und das Reflektierenwährend der und über die Handlung. Basierend darauf folgt das Formulieren e<strong>in</strong>erHypothese, das Erproben der Hypothese <strong>in</strong> der Welt und als letzten Schritt dasAkzeptieren oder Überdenken der Hypothese. 9716. Das multiple Wegpr<strong>in</strong>zipEs gibt verschiedene Wege für e<strong>in</strong>en Fortschritt. Dies erlaubt dem LernendenEntscheidungen zu treffen. Er kann sich auf se<strong>in</strong>e eigenen Stärken und se<strong>in</strong>en eigenenStil verlassen, um zu lernen und Probleme zu lösen, währenddessen kann er alternativeStile erforschen. 9817. Das situationsabhängige Bedeutungspr<strong>in</strong>zipDie Bedeutungen von Zeichen (Wörter, Handlungen, Objekte, Artefakte, Symbole,Texte, etc.) s<strong>in</strong>d festgelegt <strong>in</strong> „embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“).Bedeutungen s<strong>in</strong>d niemals allgeme<strong>in</strong> oder dekontextualisiert, sie haben ihren Ursprungimmer <strong>in</strong> „embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“). 9918. Das Textpr<strong>in</strong>zipE<strong>in</strong> Text kann nicht wörtlich verstanden werden, er f<strong>in</strong>det se<strong>in</strong>e Bedeutung <strong>in</strong>„embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“). Der Lernende bewegt sichdem<strong>nach</strong> beim Lernen zwischen dem Text und se<strong>in</strong>en Erfahrungen. Das wörtlicheVerständnis macht nur dann S<strong>in</strong>n, wenn der Lernende genug „embodied experiences“(„verkörperte Erfahrungen“) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ und reichlich Erfahrungen mitähnlichen Texten gesammelt hat. 100<strong>Gee</strong> beschreibt vier verwandte Lernpr<strong>in</strong>zipien, die <strong>in</strong> den theoretischen Ausführungen desKapitels nur <strong>in</strong>direkt diskutiert wurden: 10119. Das <strong>in</strong>tertextuelle Pr<strong>in</strong>zipDer Lernende versteht geschriebene Texte als e<strong>in</strong>e Familie oder als e<strong>in</strong> Genre vonverwandten Texten und versteht jeden Text <strong>in</strong> Bezug zu anderen <strong>in</strong> diesem Genre nur,wenn er e<strong>in</strong> „embodied understand<strong>in</strong>g“ („verkörpertes Verständnis“) für die Texte97 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 10598 Vgl. ebd.; S. 10599 Vgl. ebd.; S. 105100 Vgl. ebd.; S. 106101 Vgl. ebd.; S. 10632


erreicht hat. Das Verstehen der Texte als e<strong>in</strong>e Familie oder als e<strong>in</strong> Genre hilft ihm, denS<strong>in</strong>n der Texte zu verstehen. 10220. Das multimodale Pr<strong>in</strong>zipBedeutungen und Wissen werden nur durch verschiedene Modalitäten (Bilder, Wörter,Symbole, Interaktionen, Geräusche etc.) gebildet und nicht nur durch Wörter. 10321. Das grundlegende Intelligenz Pr<strong>in</strong>zipDenken, Problemlösen und Wissen wird <strong>in</strong> Werkzeugen, Technologien und derUmgebung gespeichert (Taschenrechner als Hilfsmittel oder Rechtschreibprüfung amComputer). Das hilft dem Lernenden, damit er sich <strong>in</strong>tensiver mit anderen D<strong>in</strong>genbefassen kann. Diese Resultate se<strong>in</strong>es Verstandes kann er mit dem gespeichertenWissen komb<strong>in</strong>ieren, um größere und stärkere Ergebnisse zu erzielen. 10422. Das <strong>in</strong>tuitive Wissenspr<strong>in</strong>zipIntuitives oder taktisches Wissen wird durch wiederholte Übungen und Erfahrungengebildet, oft <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe. Denn diese honoriertund schätzt solches Wissen. Dem<strong>nach</strong> werden nicht nur verbales und bewusstesWissen belohnt. 105102 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 110103 Vgl. ebd.; S. 110104 Vgl. ebd.; S. 110105 Vgl. ebd.; S. 11033


2.4 „Erzählen und Handeln“Dieses Kapitel befasst sich mit <strong>Gee</strong>s Theorie über offensichtliche Informationen undVertiefung durch praktische Erfahrungen. Beide Standpunkte haben für den Autor e<strong>in</strong>enentscheidenden Nachteil. Zum e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d für ihn Menschen nicht besonders gut dar<strong>in</strong> nur vonoffensichtlichen Informationen zu lernen, wenn diese Informationen von außerhalb e<strong>in</strong>esbekannten Gebrauchskontextes stammen. Dieses Problem kann auch dadurch abgemildertwerden, wenn der Lernende bereits Erfahrungen im entsprechenden Kontext gemacht hat. Indiesem Fall kann er den Kontext <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Kopf simulieren, wenn er die entsprechendenInformationen liest oder hört. <strong>Gee</strong> ist der Ansicht, dass das Lernen extrem schwierig ist,solange man ke<strong>in</strong>e passenden Erfahrungen im Lernkontext gemacht hat. Er ist sogar derMe<strong>in</strong>ung, dass Menschen dazu neigen Informationen zu vergessen, wenn sie diese nicht <strong>in</strong>e<strong>in</strong>en passenden Kontext e<strong>in</strong>betten können. Auf der anderen Seite, so beschreibt er, lernenMenschen genauso schlecht, wenn sie sich nur auf praktische Erfahrungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emkomplexen Kontext verlassen müssen, über den sie nur sehr wenig wissen. Als Beispielbeschreibt <strong>Gee</strong> e<strong>in</strong> Szenario <strong>in</strong> dem K<strong>in</strong>der, ohne mathematische Werkzeuge und auf sichalle<strong>in</strong> gestellt, durch herumspielen mit e<strong>in</strong>em Pendel und e<strong>in</strong>em Faden, GalileosPendelgesetzte erforschen sollen. <strong>Gee</strong> geht davon aus, dass diese Erfahrung sehr frustrierendse<strong>in</strong> muss. Aus se<strong>in</strong>en Ausführungen wird folgendes Dilemma sichtbar: Um effizient Lernenzu können, brauchen Menschen offensichtliche Informationen und die Vertiefung durchpraktische Erfahrungen gleichermaßen. Denn ohne das E<strong>in</strong>e ist das Andere nicht möglich. In<strong>Gee</strong>s Augen wurden diese Standpunkte <strong>in</strong> Erziehungsdebatten immer polarisiert, es gabentweder nur Informationen (das Erzählen) oder nur die praktische Erfahrung (das Handeln).Dabei blieb das eigentliche Problem ungelöst. Computerspieldesigner, so <strong>Gee</strong>, haben nichtden Luxus, sich für e<strong>in</strong>e der Methoden zu entscheiden. Sie müssen beides <strong>in</strong>volvieren,ansonsten lernt niemand, ihre Spiele zu spielen. In diesem Kapitel soll gezeigt werden, wiegute Computerspiele mit den offensichtlichen Informationen und der Anleitung auf der e<strong>in</strong>enSeiten und der Vertiefung durch praktische Erfahrungen auf der anderen Seite, umgehen.Diese Vorgehensweise wird anhand von zwei <strong>Computerspielen</strong> diskutiert. 106106 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 113-11434


Das erste Computerspiel, dass <strong>in</strong> diesemZusammenhang diskutiert wird, ist „Lara Croft: TheLast Revelation“. Der Spieler übernimmt die Rolle vonLara Croft, e<strong>in</strong>er Art Archäolog<strong>in</strong>. Sie erforscht alteTempel auf der Suche <strong>nach</strong> Schätzen und Abenteuern.Das Spiel beg<strong>in</strong>nt mit e<strong>in</strong>er Episode, <strong>in</strong> der die 16-jährige Lara von ihrem Mentor Professor Werner vonCroy tra<strong>in</strong>iert wird. Beide Figuren haben gerade e<strong>in</strong>altes und heiliges Grab <strong>in</strong> Kambodscha entdeckt. DerSpieler übernimmt hier die Steuerung von Larawährend ihrer Ausbildung. Ziel ist es, Schätze zuf<strong>in</strong>den und dabei Gefahren zu vermeiden. Dieser Teil des Spiels ist als Tra<strong>in</strong>igsmodulkonzipiert. Von Croy erklärt dem Spieler, Lara, nicht nur was es heißt, e<strong>in</strong> Abenteurer zu se<strong>in</strong>,er tra<strong>in</strong>iert den Spieler auch dar<strong>in</strong>, die Computersteuerung zu lernen, um Lara zu lenken. VonCroy weist den Spieler an, immer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Nähe zu bleiben, da Fallen und Gruben überallse<strong>in</strong> könnten. Er wird als e<strong>in</strong>schüchternder und dom<strong>in</strong>ierender Mentor dargestellt. Obwohlman als Spieler die Anweisung bekommen hat, immer <strong>in</strong> der Nähe des Professors zu bleiben,ist der e<strong>in</strong>zige Weg wertvolle Schätze und Artefakte zu f<strong>in</strong>den, sich von ihm zu entfernen unddie Umgebung selbst zu erforschen. <strong>Gee</strong> beschreibt das Spiel als so konzipiert, dass sich derSpieler <strong>in</strong> die Rolle der jungen Lara Croft e<strong>in</strong>fühlen muss. Er muss von Professor von CroyAbb. 11: Der goldene Schädel, den der Spieler im Wasser entdecken kannAbb. 10: Cover von „Tomb Raider: The LastRevelation“lernen, darf sich aber gleichzeitignicht der altmodischen unddom<strong>in</strong>ierenden Unterrichtsweise desProfessors unterwerfen. <strong>Gee</strong>erläutert anhand e<strong>in</strong>es Beispiels ausdem Tra<strong>in</strong>igsmodul, wie der Spielerzu dieser Erkenntnis gelangen kann.Von Croy gibt dem Spieler,beziehungsweise Lara, dieAnweisung über e<strong>in</strong>en Hohlraum zuspr<strong>in</strong>gen. Versagt man bei diesemSprung, so fällt Lara <strong>in</strong>s Wasser. Siekann zurückschwimmen, hochklettern und den Sprung nochmal versuchen. Auf demRückweg entdeckt der Spieler e<strong>in</strong>en goldenen Schädel im Wasser (siehe Abb. 11). <strong>Gee</strong>35


schlussfolgert, dass der Spieler <strong>in</strong> dieser Situation nichts anderes denken kann als: Waspassiert wenn ich mit Absicht den Anweisungen nicht gehorche? Welche Schätze kann ichdann f<strong>in</strong>den? Durch diesen Spielmechanismus, so <strong>Gee</strong>, wird der Spieler der eigens<strong>in</strong>nigen undverzogenen Lara Croft ähnlicher. In <strong>Computerspielen</strong> wie „Lara Croft: The Last Revelation“,so <strong>Gee</strong>, werden Spieler dazu ermutigt, e<strong>in</strong>e neue Identität auszuprobieren, auf diese Weisekann der Spieler se<strong>in</strong>e Annahmen über die Spielwelt h<strong>in</strong>terfragen. 107<strong>Gee</strong> untersucht nun genau, wie Professor von Croy dem Spieler die Spielsteuerung vermittelt,als auch Lara die Gefahren e<strong>in</strong>es Abenteuers erläutert. Se<strong>in</strong>e Anweisungen lesen sich wiefolgt: „Das erste H<strong>in</strong>dernis, e<strong>in</strong>kle<strong>in</strong>er Hopser um Ihren – wie sagtman - Mut zu testen. Drücken undhalten Sie die Gehen-Taste. Da<strong>nach</strong>drücken Sie auf Vorwärts.“ 108 . Erstellt fest, dass der Professor zumvirtuellen Charakter Lara spricht,dem Charakter, der läuft und spr<strong>in</strong>gt.Die Anweisungen s<strong>in</strong>d aber soformuliert, dass der E<strong>in</strong>druckentsteht, der virtuelle Charakterhätte e<strong>in</strong>en Computer und Tasten, dieer drücken oder halten kann. Jedochhat der Spieler, der Lara steuert diese Tasten und er muss sie bedienen können, damit dervirtuelle Charakter sich bewegt. Der Professor benutzt die Namen der Funktionen, die dieTasten ausüben, an Stelle der Tastennamen, wie „shift“, „alt“ oder „strg“. Auf diese Weiseverb<strong>in</strong>den Van Croys Aussagen perfekt die Anweisungen an die virtuelle und dieAnweisungen an die reale Identität. Woher weiß der Spieler nun welche Tasten zu drückens<strong>in</strong>d? <strong>Gee</strong> beantwortet diese Frage mit drei Möglichkeiten: 1091. Der Spieler kann, während er die Anweisungen von Van Croy hört, im Handbuch dieentsprechenden Bedeutungen <strong>nach</strong>lesen. 110Abb. 12: Professor von Croys Anweisungen, aus dem Tra<strong>in</strong>igsmodul von„Tomb Raider: The Last Revelation“107 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 114-117108 Vom Autor aus dem Spiel: „Tomb Raider: The Last Revelation“ transkribiert109 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 118-119110 Vgl. ebd.; S. 11936


2. Der Spieler kann <strong>in</strong>telligente Schätzungen ausüben, weil er schon andere Spiele dieserArt gespielt hat und die Steuerung nicht stark variiert. 1113. Der Spieler kann alle möglichen Tasten ausprobieren, bis er die richtige Tastef<strong>in</strong>det. 112Am Ende dieses Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmoduls hat der Spieler die Grundsteuerung des Spiels erlernt. DesWeiteren, so <strong>Gee</strong>, hat er grundlegende Strategien erlernt, die ihm helfen sollen, die virtuelleWelt zu erforschen. 113Die Sprache der Anweisung ist für <strong>Gee</strong> e<strong>in</strong> grundlegendes Lernpr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> „semiotic doma<strong>in</strong>s“.Diese wird jedoch <strong>in</strong> den meisten Lernumgebungen ver<strong>nach</strong>lässigt. <strong>Gee</strong> beschreibt, dass derLernende <strong>in</strong> „semiotic doma<strong>in</strong>s“ meist offensichtliche Informationen vom Lehrer mitgeteiltbekommt, die sich außerhalb des Kontextes der Vertiefung von praktischen Erfahrungenbef<strong>in</strong>den. Durch die Form, die <strong>in</strong> Spielen wie „Tomb Raider: The Last Revelation“angewendet wird, werden die Informationen auf der Basis von „embodied actions“(„verkörperte Handlungen“) gegeben. Das heißt der Spieler bekommt Informationen und kanndiese gleich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e praktische Erfahrung umsetzten. Diese Informationen s<strong>in</strong>d so gestaltet,dass dem Lernenden ermöglicht wird, ausreichend Erfahrungen zu sammeln, um diespezifischen Spielsituationen zu meistern. Durch den steigenden Schwierigkeitsgrad im Spielmuss er se<strong>in</strong>e Basisfähigkeiten ständig erweitern. Er lernt und spielt gleichzeitig. 114E<strong>in</strong> weiterer Aspekt, den man vom Aufbau des Computerspiels ableiten kann ist, so <strong>Gee</strong>, dassder Spieler <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Teilgebiet erlernt, „Tomb Raider: The Last Revelation“ zu spielen. Indiesem Teilgebiet ist das Spiel weniger hektisch und es tauchen wenig bis gar ke<strong>in</strong>e Gegnerauf. Es gibt ke<strong>in</strong>en Zeitdruck und Fehler haben nur ger<strong>in</strong>ge Konsequenzen. Zu Beg<strong>in</strong>n desSpieles wird nur Grundwissen vermittelt, welches der Spieler jedoch für das gesamte Spielbenötigt. <strong>Gee</strong> beschreibt diesen Vorgang als fundamentale Wissensvermittlung. Das Lernenbeg<strong>in</strong>nt nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em separaten Raum, der nichts mit der ganzen „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu tunhat. Er wird auch nicht sofort mitten <strong>in</strong> das Geschehen <strong>in</strong>volviert, sondern Stück für Stück andas Spielpr<strong>in</strong>zip gewöhnt. Auf diese Weise, so betont <strong>Gee</strong>, merkt der Spieler nicht, wie viel erlernt oder wie schwierig das Lernen ist. Der Lernende wird dadurch <strong>in</strong> die „semiotic doma<strong>in</strong>“e<strong>in</strong>gebunden. Das bedeutet der Lernende nimmt durch das Spielen automatisch an der111 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 119112 Vgl. ebd.; S. 119113 Vgl. ebd.; S. 119114 Vgl. ebd.; S. 120-12137


Lerndiszipl<strong>in</strong> teil und ist <strong>in</strong> die dazugehörige Verwandtschaftsgruppe <strong>in</strong>tegriert. Dies ist e<strong>in</strong>weiteres wichtiges Lernpr<strong>in</strong>zip. 115Es gibt allerd<strong>in</strong>gs auch Momente <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong>, <strong>in</strong> denen der Spieler merkt, dass erlernt. <strong>Gee</strong> beschreibt sie als e<strong>in</strong> Ereignis. Hier wird dem Spieler bewusst, dass se<strong>in</strong>erout<strong>in</strong>ierten Taktiken, die er im Spielverlauf entwickelt hat, nicht mehr funktionieren. In denmeisten <strong>Computerspielen</strong> ist dieses Ereignis e<strong>in</strong>e neue Herausforderung, sowie schwierigereGegner oder Bossgegner. Hier, so <strong>Gee</strong>, f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Form des Lernens statt. Er beschreibt sieals e<strong>in</strong>e Transferleistung ergänzt durch Innovation. Der Spieler kann auf Erfahrungenzurückgreifen, die er <strong>in</strong> anderen oder ähnlichen Spielen gemacht hat und sie an die neueSituation anpassen. Dies ist die Transferleistung, sie erfordert sowohl aktives, als auchkritisches Lernen. Warum das so ist, beschreibt <strong>Gee</strong> folgendermaßen: Dem Lernenden mussbewusst se<strong>in</strong>, dass zwei verschiedene Probleme oder „semiotic doma<strong>in</strong>s“, die gleichenGrundeigenschaften besitzen. Dafür muss er auf der Gestaltungsebene denken können. DerLernende muss die Ähnlichkeit der Struktur oder die Gestaltung der zwei Probleme oder„semiotic doma<strong>in</strong>s“ erkennen. Diese Ähnlichkeit, so <strong>Gee</strong>, wird oft von den oberflächlichenMerkmalen des Problems oder der „semiotic doma<strong>in</strong>“ überschattet. Die Innovation muss derSpieler selbst erbr<strong>in</strong>gen, <strong>in</strong>dem er sich etwas Neues ausdenkt. Jedoch bauen diese neuenTaktiken meist auf nützlichen und s<strong>in</strong>nvollen Erfahrungen der Vergangenheit auf. <strong>Gee</strong>beschreibt dies als e<strong>in</strong>en Schlüsselmoment des aktiven und kritischen Lernens. FrühereErfahrungen werden verwendet und transformiert, um neue Erfahrungen zu produzieren, diedann <strong>in</strong> der Zukunft wieder verwendet und weiter angepasst werden können. Die obenbeschriebenen Ausführungen <strong>Gee</strong>s lassen sich auf vier Hauptmerkmale zusammenfassen: 1161. Der Lernende realisiert, dass se<strong>in</strong>e rout<strong>in</strong>ierten und selbstverständlichen Taktikennicht mehr funktionieren und hört auf, sie zu benutzen. 1172. Der Lernende transferiert Fähigkeiten und Taktiken von früheren Erfahrungen auf e<strong>in</strong>neues Problem, durch das Erkennen von Ähnlichkeiten zwischen den früherenErfahrungen und dem neuen Problem. 1183. Der Lernende adaptiert die frühere Erfahrung für das neue Problem durch Kreativitätund Innovation.115 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 122-124116 Vgl. ebd.; S. 124-129117 Vgl. ebd.; S. 129118 Vgl. ebd.; S. 12938


4. Der Lernende verwendet zur Problemlösung auch neu erworbenes Wissen, dass erwährend se<strong>in</strong>es Handelns entdeckt hat. Dies erfordert Reflektion während desHandelns, dadurch bleibt der Lernende flexibel und kann se<strong>in</strong>e Leistung während desAgierens anpassen. 119Wie bereits zu Anfang dieses Kapitel erwähnt soll dasProblem des Erzählens und Handelns anhand von zwei<strong>Computerspielen</strong> diskutiert werden. Das zweiteComputerspiel ist „System Shock 2“. In „System Shock2“ werden genauso wie <strong>in</strong> „Deus Ex“Rollenspielelemente mit den Elementen e<strong>in</strong>es„Shooterspieles“ vermischt. Des Weiteren komb<strong>in</strong>iertdie Geschichte die Genre Science-Fiction, Krieg undHorror mite<strong>in</strong>ander. „System Shock 2“ spielt im JahrAbb. 13: Cover von „System Shock 2“2114 an Bord der „Von Braun“, e<strong>in</strong>emüberlichtschnellen Raumschiff. Kurze Zeit <strong>nach</strong> der Abreise des Schiffes bef<strong>in</strong>det sich dieMannschaft der „Von Braun“ im Krieg mit e<strong>in</strong>em Schiff der UNN, dem United NationalNom<strong>in</strong>ate. Bevor es jedoch zu e<strong>in</strong>em offenen Konflikt kommt, empfangen beide Schiffe e<strong>in</strong>Signal des Planten Tau Ceti 5. Auf diesem Planeten leben gedankenkontrollierendeAußerirdische. Sie korrumpieren die Erkundungsmannschaft und gelangen so auf die „VonBraun“. Der Spieler übernimmt die Rolle e<strong>in</strong>es Soldaten der UNN, welcher mitkybernetischen Implantaten ausgerüstet ist. Der Spieler erwacht e<strong>in</strong>ige Tage <strong>nach</strong> denEreignissen aus e<strong>in</strong>em kryogenen Schlaf. Die Außerirdischen haben zwischenzeitlich diekomplette Besatzung unterworfen und das Schiff übernommen. Der Spieler hat nun dieAufgabe, die Vorfälle der letzten Tage zu untersuchen. „System Shock 2“ verwendetet e<strong>in</strong>igeder bereits diskutierten Lernpr<strong>in</strong>zipien. Der Spieler kann Entscheidungen treffen, die se<strong>in</strong>eSpielweise bee<strong>in</strong>flussen, es gibt mehrere Wege, Probleme zu lösen und Informationen werdenso gegeben, dass der Spieler die Möglichkeit hat, die Geschichte des Spiels und die virtuelleWelt zu entdecken. „System Shock 2“ hat aber auch wie „Tomb Raider: The Last Revelation“e<strong>in</strong> Tra<strong>in</strong>igsmodul, das wichtige Lernpr<strong>in</strong>zipien veranschaulicht. 120Im Tra<strong>in</strong>igsmodul von „System Shock 2“ wird man von e<strong>in</strong>er Geisterstimme begrüßt, die demSpieler mitteilt, dass er an e<strong>in</strong>em virtuellen Tra<strong>in</strong>igskurs teilnimmt. Auch hier werden dieAnweisungen so formuliert, dass sie nicht nur den virtuellen Charakter <strong>in</strong> der virtuellen Welt119 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 129120 Vgl. ebd.; S. 129-13439


ansprechen, sondern auch den Computerspieler <strong>in</strong> der echten Welt, welcher das Spiel bedient.Das Modul endet, wenn der Spieler genügend Wissen hat, um <strong>in</strong> das richtige Spiel e<strong>in</strong>steigenzu können. Auch der erste Level von „System Shock 2“ ist als Tra<strong>in</strong>igsmodul konzipiert. <strong>Gee</strong>beschreibt, dass es <strong>in</strong> diesemLevel etwas gibt, das sichInformationsterm<strong>in</strong>al nennt(siehe Abb. 14). Interagiertder Spieler mit diesemTerm<strong>in</strong>al ersche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>eNachricht. Diese Nachrichtgibt H<strong>in</strong>weise undInformationen, wie man dasSpiel meistern kann. DieTipps beziehen sich dabei aufden aktuellen Stand auf demsich der Spieler bef<strong>in</strong>det undAbb. 14: Der Informationsterm<strong>in</strong>al aus „System Shock 2“den Handlungen, die er <strong>in</strong> diesem Augenblick oder kurze Zeit da<strong>nach</strong>, ausüben muss. <strong>Gee</strong>nennt das e<strong>in</strong>e „Just-In-Time“ (genau rechtzeitig) oder „Auf Abruf“-Information. DieseInformationen s<strong>in</strong>d wie e<strong>in</strong> Handbuch, das <strong>in</strong> den Anfängen des Spiels untergebracht wurde.Sie geben Informationen, wenn sie am besten verstanden und am s<strong>in</strong>nvollsten gebrauchtwerden. Sie gewährleisten, so <strong>Gee</strong>, e<strong>in</strong>e situationsabhängige Erfahrung. E<strong>in</strong> weitereswichtiges Lernpr<strong>in</strong>zip, dass das Tra<strong>in</strong>igsmodul von „System Shock 2“ enthält ist, dass es dieSituationen und Probleme mit denen der Spieler konfrontiert wird, sortiert. Die e<strong>in</strong>fachenProbleme stehen am Anfang. Sie s<strong>in</strong>d so gestaltet, dass sie den Spieler zur Entdeckung vonergiebigen Mustern und zu Verallgeme<strong>in</strong>erungen von Fähigkeiten und Taktiken führen. DieseMuster und Verallgeme<strong>in</strong>erungen von Fähigkeiten und Taktiken, so <strong>Gee</strong>, s<strong>in</strong>d nicht nurnützlich, um den Rest des Spiels zu meistern, sie bilden auch die Basis für kompliziertereMuster und Verallgeme<strong>in</strong>erungen, wenn der Spieler komplexeren Situationen und Problemenausgesetzt ist. Die beschriebene Gestaltung des Tra<strong>in</strong>igsmoduls führt <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong>s Auffassungzu ergiebigem Lernen. Aber nicht nur die <strong>in</strong>telligente Ordnung von Problemen wird hiergewährleistet, Computerspiele wie „System Shock 2“ geben auch „konzentrierte Beispiele“.Mit diesem Begriff me<strong>in</strong>t <strong>Gee</strong>, dass das Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmodul e<strong>in</strong>e große Auswahl vonfundamentalen oder grundlegenden Werkzeugen, Fähigkeiten und Instrumenten bereithält, dieder Spieler benötigt, um das Spiel zu lernen. Die Spieler lernen den Umgang mit dem Spiel40


dadurch von Grund auf. <strong>Gee</strong> ist der Überzeugung, dass diese Lernpr<strong>in</strong>zipien nur möglich s<strong>in</strong>d,da die Spiele so gut gestaltet s<strong>in</strong>d. Er lobt die Art wie die Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gsmodule konstruiert, wiedie Probleme geordnet und grundlegende Fähigkeiten zusammengefasst s<strong>in</strong>d. Gleichzeitigstellt er fest, dass die Realität nicht so gut für das Lernen gestaltet ist. 121<strong>Gee</strong>s Ausführungen <strong>in</strong> diesem Kapitel führen zu neuen Lernpr<strong>in</strong>zipien, die man <strong>in</strong> gutenVideospielen f<strong>in</strong>den kann. Die bereits begonnene Liste wird um diese erweitert:23. Das Untergruppenpr<strong>in</strong>zipDas Lernen, besonders am Anfang, f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vere<strong>in</strong>fachten Untergruppe derechten „semiotic doma<strong>in</strong>“ statt. 12224. Das Stufenpr<strong>in</strong>zipLernsituationen werden so geordnet, dass die ersten Muster und Verallgeme<strong>in</strong>erungenfür die späteren Muster und Verallgeme<strong>in</strong>erungen ergiebig s<strong>in</strong>d. Wenn der Lernendespäter mit komplexeren Situationen konfrontiert wird, ist das Erstellen von neuenHypothesen zur Bewältigung dieser Situationen durch die bereits bekannten früherenMuster und Verallgeme<strong>in</strong>erungen vere<strong>in</strong>facht. 12325. Das Pr<strong>in</strong>zip der konzentrierten BeispieleDer Lernende erlernt, besonders <strong>in</strong> frühen Stadien des Lernprozesses, fundamentaleHandlungen und Fähigkeiten. Diese Handlungen und Fähigkeiten s<strong>in</strong>d so konzentriert,dass der Lernende sie oft und gut tra<strong>in</strong>ieren kann. 12426. Das Pr<strong>in</strong>zip der von Grund auf wesentlichen FähigkeitenGrundlegende Fähigkeiten werden nicht isoliert vom Lernkontext erlernt. Was alswesentliche Fähigkeit gilt, wird von Anfang an, durch den Lernenden erfahren undentdeckt. Wesentliche Fähigkeiten s<strong>in</strong>d Elemente der zu erlernenden „semioticdoma<strong>in</strong>“. 12527. Das Pr<strong>in</strong>zip der Informationen explizit auf Nachfrage und genau zum richtigenZeitpunktDer Lernende erhält auf Nachfrage oder im richtigen Augenblick e<strong>in</strong>e Information,wenn er sie braucht oder sie am besten verwendet und angewendet werden kann. 126121 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 134-141122 Vgl. ebd.; S. 141123 Vgl. ebd.; S. 141-142124 Vgl. ebd.; S. 142125 Vgl. ebd.; S. 142126 Vgl. ebd.; S. 14241


28. Das Entdeckungspr<strong>in</strong>zipInformationen werden auf e<strong>in</strong>em gut balancierten M<strong>in</strong>imum gehalten, damit demLernenden ausreichend Möglichkeiten geboten werden können, um zuexperimentieren und selbst zu entdecken. 12729. Das Transferpr<strong>in</strong>zipDem Lernenden werden reichlich Möglichkeiten und Unterstützungen geboten, dasGelernte auf aufkommende Probleme zu transferieren. Die Probleme verlangen e<strong>in</strong>eAdaption und Transformation des zuvor Erlernten. 128127 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 142128 Vgl. ebd.; S. 14242


2.5 „Kulturelle Modelle“In diesem Kapitel wird <strong>Gee</strong>s Theorie über kulturelle Modelle besprochen. Er untersuchthierbei die Wirkungskraft von <strong>Computerspielen</strong> auf den Spieler. Allgeme<strong>in</strong> stellt <strong>Gee</strong> fest,dass Spiele ganze Welten generieren können, dadurch laden sie den Spieler e<strong>in</strong>, verschiedeneIdentitäten anzunehmen. Dabei kann zweierlei passieren. Zum e<strong>in</strong>en können ihrevorausgesetzten Ansichten zur Spielwelt verstärkt werden. Zum anderen können dieangenommen Ansichten zur Spielwelt h<strong>in</strong>terfragt werden. <strong>Gee</strong> argumentiert, dass durch dasGenerieren neuer und unterschiedlicher Welten und Charaktere beziehungsweise neuerIdentitäten, der Spieler <strong>in</strong> die Mitte der Handlung platziert wird. Auf diese Weise, so <strong>Gee</strong>,kann dem Spieler auf e<strong>in</strong>er bewussten Ebene deutlich werden, dass e<strong>in</strong>ige Werte undPerspektiven, die er für selbstverständlich erachtet hat, reflektiert und überdacht werdenmüssen. Für <strong>Gee</strong> beweist diese These, dass der Inhalt von <strong>Computerspielen</strong> die Ansichten undPerspektiven des Spielers bee<strong>in</strong>flussen kann. Wie oben beschrieben können sie verstärkt oderh<strong>in</strong>terfragt werden. Es ist e<strong>in</strong> Bereich, <strong>in</strong> dem das zukünftige Potential von Videospielen liegt.Für <strong>Gee</strong> ist es sogar bedeutender als die derzeitige Instanziierung von <strong>Computerspielen</strong>.Durch die Betrachtung dieses Bereiches gelangt man auch zu Kontroversen. 129<strong>Gee</strong> def<strong>in</strong>iert diese Kontroversen folgendermaßen: Es gibt vieleComputerspiele, deren Helden das Böse zerstören, jedoch gibt esfast genauso viele Spiele, <strong>in</strong> denen der Spieler die Rolle e<strong>in</strong>esBandenbosses, e<strong>in</strong>es Auftragsmörders oder Autodiebesübernimmt. Kurz gesagt: Man kann die gute Seite oder die böseSeite spielen. E<strong>in</strong>es der Spiele, <strong>in</strong> der man beide Seitedurchleben kann und sogar muss, ist „Sonic Adventure 2Battle“. Die Geschichte handelt von Sonic und se<strong>in</strong>emWidersacher Shadow. Dr. Eggman, Sonics Erzrivale, versuchtmit Shadows Hilfe, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Sonicund se<strong>in</strong>e Freunde versuchen, dies zu verh<strong>in</strong>dern. Dabei müssenAbb. 15: Cover von „SonicAdventure 2 Battle“sie zusätzlich vor dem Militär fliehen, da dieses Sonic und Shadow nicht ause<strong>in</strong>anderhaltenkann und Sonic fälschlicherweise für Shadows Taten verantwortlich macht. Das Spiel selbstist <strong>in</strong> zwei Handlungsstränge aufgeteilt, dem Guten, genannt Hero, und dem Bösen, genanntDark. Man kann sie unabhängig vone<strong>in</strong>ander durchspielen. Allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>nach</strong>dem beide129 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 145-14643


Stränge komplettiert wurden, schaltet sich der letzte Level frei und das Spiel kann beendetwerden. 130Was dann <strong>in</strong> diesem Spiel passiert, beschreibt <strong>Gee</strong> als e<strong>in</strong>e Konfrontation von zweiverschiedenen kulturellen Modellen. Das e<strong>in</strong>e Modell wird def<strong>in</strong>iert durch die Ziele, Werteund Vorstellungen e<strong>in</strong>es Charakters. Er teilt diese mit der Gruppe, zu der er gehört. In diesemFall Shadow und se<strong>in</strong>e Komplizen, die als erklärtes Ziel die Zerstörung der Welt anstreben. Indiesem S<strong>in</strong>ne wäre es absolut s<strong>in</strong>nlos, als Shadow zu spielen und mit Absicht zu verlieren, nurweil man mit dem Ziel nicht übere<strong>in</strong>stimmt. Das andere Modell wird durch die Ziele, Werteund Vorstellungen e<strong>in</strong>er bestimmten sozialen Gruppe def<strong>in</strong>iert. Meistens werden diese Zielevon weiteren sozialen Gruppen geteilt. Sonic, der für die soziale Ordnung und die Rettung derWelt kämpft, vers<strong>in</strong>nbildlicht dieses Modell. Er kämpft nicht nur für die Interessen e<strong>in</strong>ersozialen Gruppe, sondern für die Interessen verschiedener sozialer Gruppen, die nicht wollen,dass die Erde zerstört wird. Das erste Modell nennt <strong>Gee</strong> das Gruppenmodell, das zweitebetitelt er als allgeme<strong>in</strong>es Model. Beide Modelle s<strong>in</strong>d kulturelle Modelle. <strong>Gee</strong> def<strong>in</strong>iert sie alsBilder, Geschichten, Pr<strong>in</strong>zipien oder Metaphern, die e<strong>in</strong>e typische oder normale Ansicht aufe<strong>in</strong> Phänomen darstellen. Des Weiteren s<strong>in</strong>d sie weder wahr noch falsch. Viel eherermöglichen sie, <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong>, e<strong>in</strong>er Gruppe oder e<strong>in</strong>em Individuum ihrem täglichen Leben<strong>nach</strong>zugehen, ohne e<strong>in</strong>e Vorausplanung oder bewusste Überlegungen anzustellen. Diesverstärkt er noch mit der Behauptung, dass Menschen ohne den E<strong>in</strong>satz e<strong>in</strong>es geistigenAutopiloten sehr viel mehr Zeit darauf verwenden müssten, die eigenen Handlungen zureflektieren und zu überdenken. So käme man nie wirklich zum Handeln. <strong>Gee</strong> ist auch derAnsicht, dass die Welt voll von kulturellen Modellen sei. Sie s<strong>in</strong>d nicht nur <strong>in</strong> unserenKöpfen. Kulturelle Modelle s<strong>in</strong>d Ansichten und Muster, die <strong>in</strong> der Welt zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. Siewerden von sozialen Gruppen repräsentiert und manchmal von verschiedenen Gruppengeteilt. Solche kulturellen Modelle garantieren nicht nur das Interagieren zwischen Gruppenund verschiedenen Individuen, sondern sie machen dies sogar erst möglich. KulturelleModelle verhelfen den Menschen zum Agieren und zu sozialem Verhalten <strong>in</strong> der Welt, ohnedabei konstant denken und reflektieren zu müssen. Für <strong>Gee</strong> erfüllen sie viele verschiedeneZwecke. Allerd<strong>in</strong>gs können kulturelle Modelle dabei auch untere<strong>in</strong>ander konkurrieren. E<strong>in</strong>Spiel wie „Sonic Adventure 2 Battle“ zw<strong>in</strong>gt den Spieler sich bewusst, mit zweiunterschiedlichen Modellen ause<strong>in</strong>anderzusetzen. Er realisiert dabei, wenn er <strong>in</strong> der Rollee<strong>in</strong>es anderen agiert und dessen Ziele verfolgt, hier Shadow, dass er nicht nur e<strong>in</strong>e neueIdentität annimmt, sondern auch über dessen Perspektive und Werte <strong>nach</strong>denkt und reflektiert.130 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 146-14744


Dies hat zur Folge, so <strong>Gee</strong>, das der Spieler, der die Perspektive von Shadow annimmt,realisiert, dass er dessen Werte und Ziele nicht für se<strong>in</strong>e reale Identität übernehmen muss,sondern auch im selben Augenblick se<strong>in</strong>e eigenen Ansichten auf die Welt reflektieren kann.Dies ist die zuvor beschriebene Wirkungsmacht von <strong>Computerspielen</strong> auf den Spieler. Imnächsten Abschnitt wird gezeigt, wie tiefgreifend diese Erfahrung se<strong>in</strong> können. 131<strong>Gee</strong> erklärt solche tiefgreifenden Wirkungen mit Erfahrungen,die er während des Spielens von „Operation Flashpo<strong>in</strong>t: ColdWar Crisis“ gemacht hat. Dieses ist e<strong>in</strong> realistischesKriegsspiel, das <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong>s Aussage, se<strong>in</strong>e kulturellen Modelleüber den Krieg völlig verändert hat. „Operation Flashpo<strong>in</strong>t:Cold War Crisis“ f<strong>in</strong>det zur Zeit des Kalten Krieges statt,bevor Präsident Michail Gorbatschow gewählt wurde. DasSpiel basiert auf e<strong>in</strong>er fiktiven Geschichte e<strong>in</strong>es Kampfeszwischen e<strong>in</strong>er abtrünnigen sowjetischen Militäre<strong>in</strong>heit mite<strong>in</strong>em NATO Friedenskorps. Die sowjetische E<strong>in</strong>heit hat e<strong>in</strong>eAbb. 16: Cover von „OperationFlashpo<strong>in</strong>t: Cold War CrisisInsel e<strong>in</strong>genommen, die nun von den NATO-Kräften befreit werden muss. Der Spielerübernimmt die Rolle von Private David Armstrong. Im Spielverlauf steigt dieser <strong>in</strong> se<strong>in</strong>enmilitärischen Rängen immer weiter auf. Zu Beg<strong>in</strong>n des Spiels, so erläutert <strong>Gee</strong>, folgt er nochse<strong>in</strong>em computergesteuerten Gruppenführer. „Operation Flashpo<strong>in</strong>t: Cold War Crisis“ istvollständig realistisch. E<strong>in</strong> Treffer reicht schon aus, um den Spielcharakter zu töten oderkampfunfähig zu machen. <strong>Gee</strong> beschreibt dies folgendermaßen: Die gegnerischen Soldatenkönnen Armstrong aus großer Entfernung treffen, meistens von versteckten Plätzen aus, dienur als w<strong>in</strong>ziger Punkt am Horizont erkennbar s<strong>in</strong>d. Es gibt ke<strong>in</strong>e Verbandskästen, wie sie <strong>in</strong>anderen „Shooterspielen“ üblicherweise vorkommen, sondern nur e<strong>in</strong>en Sanitäter auf demSchlachtfeld. Um diesen zu f<strong>in</strong>den, so <strong>Gee</strong>, braucht man viel Glück und Geschick. Denn, soerläutert er, bewegt man sich nicht vorsichtig genug kann man sterben, ohne überhaupt denFe<strong>in</strong>d je gesehen zu haben und zu erkennen, aus welcher Richtung der tödliche Treffer kam.Man braucht also e<strong>in</strong> Gespür für Gefahren und muss davon ausgehen, dass die Gegner denSpielcharakter sehen, bevor sie selbst entdeckt werden. Das erste was <strong>Gee</strong> beim Spielendieses Spiels aufgefallen ist: Die Zusammenarbeit mit den Mannschaftskameraden istessentiell für das eigene Überleben. In vielen Situationen gab es mehr Gegner als freundlichges<strong>in</strong>nte E<strong>in</strong>heiten. E<strong>in</strong> weiterer Aspekt bei diesem Spiel war, so <strong>Gee</strong>, dass „das Gew<strong>in</strong>nen“ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Angelegenheit war. Jeder Fortschritt be<strong>in</strong>haltete meistens zwei Rückschritte.131 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 148-15545


Des Weiteren wurde Befehle meistens vom Gruppenführer an die e<strong>in</strong>fachen Soldatenweitergegeben. Somit wusste der Spieler, <strong>in</strong> diesem Fall <strong>Gee</strong>, nie zu welchem Zweck siedienten. Der Spieler kannte auch nie den großen Plan, der verfolgt wurde. Wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erMission e<strong>in</strong> Sieg errungen wurde, dann wusste <strong>Gee</strong> nie, ob er persönlich viel oder wie wenigdazu beigetragen hatte. Zusammengefasst ergeben sich daraus folgende Ansichten undvirtuelle Erfahrungen über den Krieg, die <strong>Gee</strong> gesammelt hat: 132 Krieg ist, <strong>in</strong> weiten Teilen, langweilig. 133 Soldaten müssen sich bewegen als wären sie paranoid. 134 Wenn Krieg spannend wird, wird er gleichzeitig verwirrend. 135 Befehle zu verfolgen ist, e<strong>in</strong>e schwierige Sache. 136 D<strong>in</strong>ge laufen nicht, wie geplant. 137 Situationen vor Ort ähneln nicht den Verallgeme<strong>in</strong>erungen und Mustern, die die amSpiel beteiligten Personen über sie haben. 138 Man weiß nie, was die Personen an der Spitze wissen und ob sie dieses Wissen <strong>in</strong> dierichtigen Aktionen umsetzen. 139 Die Kameraden auf dem Schlachtfeld wissen, was zu tun ist. Als Individuum ist esallerd<strong>in</strong>gs schwer zu wissen, wofür man Anerkennung erhält. 140 Männliches Verhalten führt meistens zum schnellen Tot. Ramboartiges Verhalten zue<strong>in</strong>em noch schnelleren Untergang. 141Dies alles s<strong>in</strong>d kulturelle Modelle. <strong>Gee</strong> hat sie durch se<strong>in</strong>e eigenen Erfahrungen gewonnen.Dabei stellt er fest, dass die eigenen Erfahrungen begrenzt s<strong>in</strong>d. Sie s<strong>in</strong>d lokal, verbunden mitbestimmten Gruppen und Situationen und niemals wissenschaftlich überprüfbar. Allerd<strong>in</strong>gshelfen die kulturellen Modelle, sie zu ordnen und e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n <strong>in</strong> ihnen zu f<strong>in</strong>den, damit manse<strong>in</strong>e Arbeit oder Aufgabe fortführen kann. Aus den entdeckten kulturellen Modellen schließt<strong>Gee</strong>, dass er niemals Soldat werden möchte, dennoch empf<strong>in</strong>det er tiefen Respekt vorSoldaten im Krieg. Weiterh<strong>in</strong> ist er besorgt über die Mediendarstellung von Krieg. Anhand132 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 160-165133 Vgl. ebd.; S. 165134 Vgl. ebd.; S. 165135 Vgl. ebd.; S. 165136 Vgl. ebd.; S. 165137 Vgl. ebd.; S. 165138 Vgl. ebd.; S. 165139 Vgl. ebd.; S. 165140 Vgl. ebd.; S. 165141 Vgl. ebd.; S. 16646


der Erfahrungen, die er aus dem Spiel „Operation Flashpo<strong>in</strong>t: Cold War Crisis“ gezogen hat,hat <strong>Gee</strong> gezeigt, wie tiefgreifend Computerspiele E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> die eigene Weltanschauunggewähren und diese verändern können. 142Gute Computerspiele können <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong>s Ansicht dem Spieler bewusst se<strong>in</strong>e vorherigenAnnahmen über se<strong>in</strong>e kulturellen Modelle des Lernens vor Augen führen. Zusätzlich bietensie alternative kulturelle Modelle zum Lernen. Als Beispiel führt <strong>Gee</strong> zwei Methoden an, umComputerspiele erfolgreich zu meistern. Diese Methoden s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> verschiedenen Genre zuf<strong>in</strong>den und gelten als die populärsten. Die e<strong>in</strong>e Methode ist e<strong>in</strong> l<strong>in</strong>eares Modell. Man musssich zielstrebig se<strong>in</strong>en Aufgaben widmen und möglichst schnell stärker werden, um dann dasSpielende erfolgreich zu erreichen. Das andere Modell ist das genaue Gegenteil. Hier ist eswichtig, alles zu entdecken und jede Möglichkeit zu erforschen. Hierbei soll sich der Spielerausreichend Zeit nehmen und jede Entscheidung sorgfältig überdenken. Diese Modellekonkurrieren zwar mite<strong>in</strong>ander, dennoch bestrafen oder belohnen Computerspiele ke<strong>in</strong>e derbeiden Möglichkeiten des Spielers. Vielmehr, so <strong>Gee</strong>, heben sie beide Modelle hervor.Dadurch wird der Spieler ermutigt, beide zu verwenden, er muss jedoch entscheiden welchesModell s<strong>in</strong>nvoll ist. Diese Entscheidung ist abhängig von der <strong>in</strong>ternen „design-grammar“ desSpiels und den Zielen, Werten, Eigenschaften und Vorstellungen des Spielers. Dadurch s<strong>in</strong>dComputerspiele für alle Menschen spielbar. Sie können ihre eigenen Standards setzten undmüssen sich selbst darum kümmern, wie gut sie diese erfüllen. 143Videospiele fordern aber auch traditionelle kulturelle Modelle des Lernens heraus. <strong>Gee</strong> führtals Beispiel folgendes Modell an: Wenn der Lernende mit e<strong>in</strong>em Problem konfrontiert wird,strebt er schnellstmöglich e<strong>in</strong>e Lösung an. Muss er es immer wieder probieren, so ist das e<strong>in</strong>Zeichen dafür, dass er nicht besonders gut dar<strong>in</strong> ist, etwas zu lernen. In guten Ego-Shootern,so <strong>Gee</strong>, gibt es am Ende von vielen Levels e<strong>in</strong>en Boss. Dieser ist stärker als der eigeneCharakter und hat auch viel mehr Lebenskraft. Die Spieler verwenden aberüberdurchschnittlich viel Zeit und Anstrengung darauf, den Boss zu besiegen. Sie müssendaher neue Strategien entwickeln und aus ihren Fehlschlägen lernen. Hierbei geben dieSpieler meist nicht auf. Dies widerspricht dem oben beschriebenen Modell. E<strong>in</strong> Phänomen,dass <strong>Gee</strong> beobachten konnte, ist, dass viele Spieler den Schwierigkeitsgrad höher setzten,<strong>nach</strong>dem sie erfolgreich den Boss bezwungen hatten. <strong>Gee</strong> beschreibt dazu folgende Situation:E<strong>in</strong> junger Mann kämpft 20 <strong>in</strong>tensive M<strong>in</strong>uten gegen den obersten Boss e<strong>in</strong>es Computerspielsauf dem höchsten Schwierigkeitsgrad. Im Endeffekt verliert er zwar diesen Kampf, aber er ist142 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 166143 Vgl. ebd.; S. 171-17447


dennoch weit entfernt, von se<strong>in</strong>em Versagen entmutigt zu werden. Stattdessen hat er e<strong>in</strong>Lächeln im Gesicht und versucht es erneut. <strong>Gee</strong> zieht daraus die Konsequenz, dass <strong>in</strong><strong>Computerspielen</strong> verlieren nicht gleich versagen bedeutet, schwierig ist nicht schlimm undleicht ist nicht gut. Hierzu er<strong>in</strong>nert sich <strong>Gee</strong> an den Sechsjährigen, der „Pikm<strong>in</strong>“ spielte. Erfragte ihn, was besser <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong> sei, schwierig oder e<strong>in</strong>fach. Der Sechsjährigeantwortete ohne zu zögern schwierig ist immer gut und e<strong>in</strong>fach ist nicht gut. <strong>Gee</strong> fragt sichdaraufh<strong>in</strong>, ob e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> solches Statement auch über das normale Lernen sagen würde. Erkommt zu der Schlussfolgerung, das Computerspiele, den Spielenden so <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> das Lösene<strong>in</strong>es Problems <strong>in</strong>volvieren, dass sie das Versagen als Herausforderung empf<strong>in</strong>den. DesWeiteren spielen sie, haben Spaß dabei und genießen es. <strong>Gee</strong> ist der Me<strong>in</strong>ung, dass eserstrebenswert sei, dies für das Lernen <strong>in</strong> jeglicher „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu erreichen. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d,das als Reaktion auf die Frage ob es nicht großartig sei, dass es Zeit und Möglichkeiten habezu Lernen und sich dafür abzumühen, lächelnd nickt, wäre für <strong>Gee</strong> e<strong>in</strong> erstrebenswertesZiel. 144Aus diesen Ausführungen ergeben sich neue Lernpr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong>. DieseLernpr<strong>in</strong>zipien stehen alle <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit kulturellen Modellen. Sie lauten wie folgt: 14530. Das Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über die WeltDie Lernumgebung wird so gestaltet, dass der Lernende bewusst und reflektiert überdie kulturellen Modelle <strong>nach</strong>denkt, mit denen er die Welt betrachtet. Dabei ist eswichtig, dass er weder die zugehörigen Identitäten, deren Fähigkeiten noch derensoziale Zugehörigkeit verunglimpft. Der Lernende soll die kulturellen Modellenebene<strong>in</strong>anderstellen und daraus neue Modelle entwickeln, die auf unterschiedlichsteWeise mite<strong>in</strong>ander verknüpft s<strong>in</strong>d. 14631. Das Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über das LernenDie Lernumgebung ist so gestaltet, dass der Lernende bewusst und reflektiert über se<strong>in</strong>kulturelles Modell, über das Lernen und sich selbst als Lernenden <strong>nach</strong>denkt. Esgelten dieselben Regeln, wie beim Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über die Welt. 147144 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 174-176145 Vgl. ebd.; S. 176146 Vgl. ebd.; S. 176-177147 Vgl. ebd.; S. 17748


32. Das Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über „semiotic doma<strong>in</strong>s“Die Lernumgebung ist so gestaltet, dass der Lernende bewusst und reflektiert über se<strong>in</strong>kulturelles Modell und über die „semiotic doma<strong>in</strong>“, die er gerade erlernt, <strong>nach</strong>denkt.Es gelten dieselben Regeln, wie beim Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über die Welt. 148148 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 17749


2.6 „Der soziale Verstand“Bis jetzt hat <strong>Gee</strong> Computerspiele besprochen, die ausschließlich von e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>zelspielergespielt werden. Er wollte sich damit auf Lernpr<strong>in</strong>zipien konzentrieren, die sich mit demIndividuum beschäftigen und wie es se<strong>in</strong>en Körper und Verstand e<strong>in</strong>setzt, um damit die Weltzu erfahren. Die bisher besprochenen Lernpr<strong>in</strong>zipien s<strong>in</strong>d, so <strong>Gee</strong>, mit der kulturellen,sozialen und materiellen Welt verankert. Dieses Kapitel bezieht sich nun auf Computerspiele,die geme<strong>in</strong>sam gespielt werden. <strong>Gee</strong> beschreibt drei Möglichkeiten, wie dies funktionierenkann: 1491. Spieler können geme<strong>in</strong>sam an e<strong>in</strong>er Videospielplattform spielen, e<strong>in</strong>er Konsole. 1502. Spieler können mehrere Computer mite<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>den und so e<strong>in</strong> lokales Netzwerkerschaffen. Sie können geme<strong>in</strong>sam spielen, ohne dasselbe Gerät zu benutzen. 1513. Die bekannteste Methode für geme<strong>in</strong>same Spiele ist, sich auf e<strong>in</strong>em speziellen Servere<strong>in</strong>zuloggen, um dann bestimmte Spiele mit hunderten oder tausenden Anderenzusammen zu spielen, ohne dabei am selben Ort (Land, Region oder Kont<strong>in</strong>ent) zuse<strong>in</strong>. 152Im Fokus dieses Kapitels liegt die dritte Methode und somit dasComputerspiel „World of Warcraft“. Das Spiel gehört zu demGenre der „Massive-Multiplayer-Onl<strong>in</strong>e-Role-Play<strong>in</strong>g-Games“,kurz MMORPGs. Da es sich im Wesentlichen um e<strong>in</strong>Rollenspiel handelt, greifen <strong>in</strong> weiten Teilen die gleichenMechanismen wie bei „Arcanum“. Zu Beg<strong>in</strong>n des Spiels kreiertman e<strong>in</strong>en Charakter. Man hat dabei die Wahl zwischen zweiFraktionen, dem Geschlecht, der Rasse und der Klasse, die manspielen möchte. „World of Warcraft“ basiert auf e<strong>in</strong>er sehrkomplexen Welt. Sie hat beispielsweise ihre eigenenökonomischen Strukturen, welche auf Angebot und NachfrageAbb. 17: Cover von „World ofWarcraft“reagieren können. Die Spielwelt ist sehr groß gestaltet, es gibt verschiedene Kont<strong>in</strong>ente undStädte. Man kann hier vielen anderen Spielern begegnen. Der Spieler kann alle<strong>in</strong>e kämpfenoder sich e<strong>in</strong>er Gruppe anschließen. MMORPGs unterscheiden sich maßgeblich von normalenS<strong>in</strong>gleplayerspielen. Zum e<strong>in</strong>en haben sie ke<strong>in</strong> Ende. Man kann die höchste Stufe im Spiel149 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 179150 Vgl. ebd.; S. 179151 Vgl. ebd.; S. 179152 Vgl. ebd.; S. 17950


Abb. 18: E<strong>in</strong> große Gruppe von „World of Warcraft“ Spielern, die sichzusammengeschlossen haben, um e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Ziel zu erreichenerreichen und trotzdem immer nochweiter spielen. <strong>Gee</strong> erklärt, dass diehochstufigen Charaktere sogar mehrzu tun haben als niedrigstufigeCharaktere. Sie können mehr Ortebetreten und mehr Aufgaben lösen.Zum anderen s<strong>in</strong>d Spiele wie „Worldof Warcraft“ e<strong>in</strong> öffentlicher Bereich.Es s<strong>in</strong>d Welten, <strong>in</strong> denen Millionenvon Menschen <strong>in</strong> Kontakt kommen(siehe Abb. 18 oder Abb. 19).Menschen aller Altersstufen ausverschiedenen Ländern und mit unterschiedlichen Wertesystemen treffen sich <strong>in</strong> „World ofWarcraft“. <strong>Gee</strong> beschreibt das Lernen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er solchen Umgebung als sozial, verteilt und alsfesten Bestandteil e<strong>in</strong>es Netzwerks. Dieses besteht aus mite<strong>in</strong>ander vernetzten Menschen,Instrumenten, Technologien und Geme<strong>in</strong>schaften. Die derzeitigen Lernumgebungen s<strong>in</strong>d, laut<strong>Gee</strong>, anders gestaltet. Sie isolieren den Lernenden von solchen Netzwerken. Sie testen denLernenden und bilden ihn alsIndividuum aus. Dabei halten sieihn von Instrumenten undTechnologien fern, die ihn zubesseren und stärkerenErkenntnissen führen könnten. Dievernetzte Art des Lernens h<strong>in</strong>gegendef<strong>in</strong>iert <strong>Gee</strong> als den sozialenVerstand. Er hilft den Menschendas Lernen <strong>in</strong> die neue, vernetzteund hochtechnisierte Welt zutransferieren. 153Abb. 19: Er<strong>in</strong>nerungsbild aus „World of Warcraft“ an e<strong>in</strong>en Sieg imEndkampf des damaligen Spiel<strong>in</strong>halts. Die hier abgebildete Gruppe bestehtaus Spielern aus ganz Deutschland, die wochenlang zusammen darangearbeitet haben diesen Sieg zu err<strong>in</strong>gen.In Kapitel 2.3 wurde beschrieben, dass Menschen <strong>in</strong> Mustern denken und handeln, die aufihren Erfahrungen <strong>in</strong> der Welt basieren. Dies, so <strong>Gee</strong>, ist sehr wirkungsvoll, da es uns zweiD<strong>in</strong>ge erlaubt. E<strong>in</strong>mal können wir durch die gesammelten Erfahrungen handeln und denken.Darüber h<strong>in</strong>aus können Menschen auch Muster formen, die von gemachten Erfahrungen153 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 181-18951


geprägt s<strong>in</strong>d. Laut <strong>Gee</strong>, denken die Menschen nicht <strong>in</strong> abstrakten Verallgeme<strong>in</strong>erungen, dienichts mit ihren „embodied expierences“ (verkörperten Erfahrungen) zu tun haben, sondernsie können durch das Denken <strong>in</strong> Mustern weiterführende Vorhersagen über die Welt machen,die auch über den gemachten Erfahrungsschatz h<strong>in</strong>ausgehen. Daraus zieht <strong>Gee</strong> dieSchlussfolgerung, die Menschen könnten nicht funktionieren, geschweige denn überleben,wenn sie nicht <strong>in</strong> Mustern denken würden. Die negative Seite des Denkens <strong>in</strong> Mustern ist,dass es zu Vorurteilen und nicht reflektiertem stereotypischem Verhalten führen kann. 154Was <strong>Gee</strong> damit zeigen möchte ist, dass es dem menschlichen Verstand sehr leicht fällt Musterzu erkennen. Dieser Prozess ist nicht nur mental, sondern auch sozial. <strong>Gee</strong> begründet dieseAnsicht mit dem Argument, dass die Muster von e<strong>in</strong>er sozialen Gruppe abgestimmt undgenormt werden. Die Muster entstehen also nicht nur im Verstand e<strong>in</strong>es Individuums, sondernjedes Individuum e<strong>in</strong>er sozialen Gruppe trägt verschiedene Muster <strong>in</strong> sich. Diese Musterwerden allerd<strong>in</strong>gs von den Werten und Zielen der sozialen Gruppe gefiltert und genormt.Deshalb, so <strong>Gee</strong>, ist das Denken also nicht nur e<strong>in</strong>e Frage der Erkennung von Mustern,sondern zu gleichen Teilen <strong>in</strong>dividuell und sozial. Denn jeder Mensch möchte, dass se<strong>in</strong>eMuster von anderen bestätigt werden. <strong>Gee</strong> betont, dass e<strong>in</strong> Individuum viele Muster kennt.Sie gew<strong>in</strong>nen aber erst an Bedeutung und S<strong>in</strong>n <strong>in</strong> Abhängigkeit von der sozialen Gruppe, <strong>in</strong>der sich das Individuum bewegt. Die Gruppe normt die Muster so, dass jedes Mitglied derGruppe sich an ihnen orientieren kann. Durch diese Ausführungen möchte <strong>Gee</strong> zeigen, dassLernen, Denken und Handeln grundsätzlich sozial s<strong>in</strong>d. 155Lernen ist aber nicht nur sozial, sondern auch „verteilt“. Mit „verteilt“ me<strong>in</strong>t <strong>Gee</strong>, dass wirheutzutage anderen Menschen, Instrumenten oder Technologien das Denken für unsüberlassen. Er ist der Me<strong>in</strong>ung, dass es <strong>in</strong> der modernen Welt wichtig ist, das Wissen andererMenschen und ihre Fähigkeiten im Umgang mit Instrumenten und Technologien zu kennen.Die große Stärke der Verteilung liegt aber nicht nur <strong>in</strong> dem Wissen, was andere leistenkönnen, sondern wie sie mite<strong>in</strong>ander vernetzt s<strong>in</strong>d. Für <strong>Gee</strong> liegt das wirklich wichtigeWissen im Netzwerk. Hierfür führt er e<strong>in</strong> Beispiel aus se<strong>in</strong>en Videospielerfahrungen an. Ernimmt das Spiel „Half-Life“ als Ausgangspunkt, um die Stärke des verteilten Wissens zudemonstrieren. 156154 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 189-191155 Vgl. ebd.; S. 192-196156 Vgl. ebd.; S. 196-19752


Abb. 20: Cover von „Half-Life“„Half-Life“ ist e<strong>in</strong> Ego-Shooter-Spiel. Der Spieler schlüpft <strong>in</strong> dieRolle des MIT-Physikers Gordon Freeman. Dieser betreibt <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em streng geheimen Forschungskomplex, der Black Mesa,unterhalb der Wüste von New Mexiko se<strong>in</strong>e Arbeit. Freemanversucht, neue Energiequellen aus Kristallen außerirdischerHerkunft zu erschließen. Se<strong>in</strong>e Experimente missl<strong>in</strong>gen und <strong>in</strong>der Forschungse<strong>in</strong>richtung tauchen Dimensionstore e<strong>in</strong>erParallelwelt auf. Freeman wird nicht nur mit fremdartigenKreaturen konfrontiert, sondern auch von dem Militär bedroht.Dieses hat den Auftrag, jeden zu töten, der das Gelände verlassenwill. Das Militär ist mit dieser Aufgabe überfordert und e<strong>in</strong> Black-Ops-Spezialkommandowird <strong>nach</strong> New Mexiko entsandt. Sie sollen nun ausnahmslos jeden Überlebenden und alleaußerirdischen Kreaturen töten. Ziel des Spiels ist es, lebendig den Forschungskomplex zuverlassen. <strong>Gee</strong>s Beispiel basiert auf dem Endkampf des Spiels. Er erreichte diesen mit zuwenig Munition. Das Spiel wurde jedoch so gestaltet, dass es ke<strong>in</strong>en Weg zurückgab, ummehr Munition zu sammeln. Das e<strong>in</strong>zige, was <strong>Gee</strong> tun konnte, war e<strong>in</strong>en sehr tiefen Schachth<strong>in</strong>unterzuklettern, denn dort befand sich Munition. Zu diesem Zeitpunkt war der Autor sehrschlecht im Umgang mit derComputersteuerung. <strong>Gee</strong> wusste,wäre er erst <strong>in</strong> dem Schacht, würdeer so schnell nicht mehrherauskommen. Um diesesProblem zu lösen, suchte er imInternet e<strong>in</strong>e Lösung und fand sieauch <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es Cheatcodes(siehe Abb. 21). Er hatte nun genugMunition und konnte das Spielerfolgreich beenden. Was diesesAbb. 21: Das E<strong>in</strong>geben e<strong>in</strong>es Cheatcodes <strong>in</strong> „Half-Life“Beispiel für <strong>Gee</strong> verdeutlicht ist, dass Computerspieler Teil e<strong>in</strong>es großen und starkenNetzwerkes s<strong>in</strong>d. Sie verwenden Wissen, das <strong>in</strong> anderen Menschen, verschiedenenInstrumenten und verschiedenen Technologien gespeichert ist. Sogar e<strong>in</strong>e schwache53


Verb<strong>in</strong>dung kann das Netzwerk stärker machen, da auch diese Wissen beitragen kann. Für<strong>Gee</strong> ist Wissen und Lernen somit nicht nur sozial, sondern auch verteilt. 157<strong>Gee</strong> erweitert se<strong>in</strong>e Argumentation. Wenn Wissen und somit auch Lernen sozial, verteilt undfester Bestandteil e<strong>in</strong>es Netzwerkes ist, so ist das Netzwerk e<strong>in</strong>e Verwandtschaftsgruppe, wie<strong>in</strong> Kapitel 1 bereits erwähnt. Nach se<strong>in</strong>en Ansichten haben Verwandtschaftsgruppen nunfolgende Merkmale: 1581. Mitglieder e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe s<strong>in</strong>d primär durch e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samesBestreben verbunden und nur sekundär durch gefühlsbed<strong>in</strong>gte Verb<strong>in</strong>dungen. Selbstdie gefühlsbed<strong>in</strong>gten Verb<strong>in</strong>dungen werden oft ausgeblendet, um das geme<strong>in</strong>sameStreben zu fördern. Schlussfolgerung: Gefühlsbed<strong>in</strong>gte Verb<strong>in</strong>dungen undsoziokulturelle Unterschiede s<strong>in</strong>d gefährlich, weil sie e<strong>in</strong>e Trennung der Gruppeherbeiführen können, wenn sie über das Bestreben h<strong>in</strong>ausgehen. 1592. Das geme<strong>in</strong>same Streben wird um e<strong>in</strong>en ganzen Arbeitsverlauf geordnet, nicht nur ume<strong>in</strong>zelne, diskrete und dekontextualisierte Aufgaben. Schlussfolgerung: ke<strong>in</strong>e starrenAbteilungen oder Grenzen. 1603. Die Mitglieder e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe haben umfangreiches Wissen, nicht nur<strong>in</strong>tensives. Mit umfangreichem Wissen, me<strong>in</strong>t <strong>Gee</strong>, dass jedes Mitglied mit dem Standdes Strebens vertraut se<strong>in</strong> muss, sie müssen multiple und teilweise übergreifendeFunktionen ausführen können und sie müssen dazu fähig se<strong>in</strong>, das Streben als ganzesSystem zu betrachten und nicht nur ihre Rolle dabei. Schlussfolgerung: ke<strong>in</strong>ee<strong>in</strong>geschränkten Spezialisten, ke<strong>in</strong>e strikten Rollen. 1614. Neben dem umfangreichen Wissen, haben die Mitglieder der Verwandtschaftsgruppeauch <strong>in</strong>tensives Wissen. Sie haben tiefes und spezialisiertes Wissen auf e<strong>in</strong>em odermehreren Gebieten. Mitglieder können auch spezialisiertes Wissen von denErfahrungen außerhalb der Gruppe und verschiedenen sozialkulturellenZugehörigkeiten mite<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Schlussfolgerung: nicht begrenzte Spezialisten s<strong>in</strong>dgut. 1625. Viel von dem Wissen e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe ist stillschweigend (verwurzelt <strong>in</strong>den mentalen, sozialen und physischen Koord<strong>in</strong>aten der Mitglieder mite<strong>in</strong>ander und157 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 197-202158 Vgl. ebd.; S. 203-206159 Vgl. ebd.; S. 206160 Vgl. ebd.; S. 206161 Vgl. ebd.; S. 206162 Vgl. ebd.; S. 20654


verschiedenen Instrumenten und Technologien), verteilt (ausgebreitet unter vielenMitgliedern, deren geteilten sozialtechnischen Übungen und deren Instrumenten undTechnologien) und zerstreut (nicht auf allen Seiten, aber vernetzt mit e<strong>in</strong>igen Seitenund Institutionen). Schlussfolgerung: Wissen ist nicht zuallererst <strong>in</strong> den Köpfen,e<strong>in</strong>zelner Individuen oder Bücher, sondern <strong>in</strong> den Verb<strong>in</strong>dungen von Netzwerken. 1636. Die Aufgabe des Anführers e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe ist die Gruppe zu gestalten,sie kont<strong>in</strong>uierlich zu versorgen und den Mitgliedern zu helfen, ihr stilles Wissen <strong>in</strong>umfangreiches Wissen zu verwandeln. Er oder sie muss begreifen, dass viel Wissenimmer stillschweigend bleiben wird und <strong>in</strong> der Praxis liegt. Schlussfolgerung:Anführer s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Chefs und nur Wissen das expliziert wird, kann sich außerhalbder Verwandtschaftsgruppe verbreiten und von ihr benutzt werden. 164In solchen Verwandtschaftsgruppen so <strong>Gee</strong>, werden Menschen durch die Vertiefung ihrerPraxis gebunden. Denn es ist die Praxis, die ihnen ihre Identität gibt und nicht nur e<strong>in</strong>eBeschäftigung oder e<strong>in</strong>e Reihe von Fähigkeiten darstellt. Ihre <strong>in</strong>dividuellen Fähigkeiten undihr kulturelles Wissen werden als Ressource für e<strong>in</strong>e Gruppe benötigt. Zusammengefasstergibt sich daraus folgende Ansicht <strong>Gee</strong>s: Computerspieler haben <strong>in</strong>tensivere Erfahrungen mitVerwandtschaftsgruppen, machen sich mehr Wissen von Anderen, Instrumenten undTechnologien zu Nutze und s<strong>in</strong>d stärker mite<strong>in</strong>ander vernetzt als die Mitglieder anderer„semiotic doma<strong>in</strong>s“. 165E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Aspekt den Videospiele berücksichtigen ist, <strong>nach</strong> <strong>Gee</strong>, dass sie denSpieler beziehungsweise den Lernenden als E<strong>in</strong>geweihten und Produzenten betrachten. GuteVideospiele erlauben dem Spieler nicht nur e<strong>in</strong> passives Konsumieren, sondern e<strong>in</strong> aktivesProduzieren ihrer eigenen Lernerfahrungen. Dadurch ist der Spieledesigner ke<strong>in</strong> alle<strong>in</strong>igerE<strong>in</strong>geweihter und der Spieler e<strong>in</strong> Außenstehender. In <strong>Computerspielen</strong> s<strong>in</strong>d sowohlSpieldesigner als auch Spieler E<strong>in</strong>geweihte und Produzenten. Dies ergibt sich aus denMechanismen, die <strong>in</strong> allen bisherigen Kapiteln bereits besprochen wurden. In guten<strong>Computerspielen</strong> kann der Spieler zwischen verschiedenen Schwierigkeitsgraden auswählen.In e<strong>in</strong>igen Spielen kann der Spieler den Schwierigkeitsgrad mitten im Spiel verändern,basierend auf der Entscheidung, ob das Spiel zu e<strong>in</strong>fach oder zu schwierig ist. Computerspieleerlauben Spielern, ihre eigene Art des Spielens zu entwickeln und bieten für verschiedeneProbleme verschiedene Lösungsmöglichkeiten. Dabei geben sie den Spielern die Möglichkeit,163 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 206-207164 Vgl. ebd.; S. 207165 Vgl. ebd.; S. 207-20855


mehr Erfahrungen <strong>in</strong> ihrer gewohnten Spielweise zu machen oder völlig neue Spielweisenauszuprobieren. Aber das wohl aussagekräftigste Beispiel für den Lernenden beziehungsweiseden Spieler als Produzenten ist die <strong>in</strong> vielen Spielen mitgelieferte kostenloseGestaltungssoftware. Mit ihr kann der Spieler neue Level, Erweiterungen und sogar ganzeSpiele entwickeln. Das beste Beispiel dafür ist „Counter-Strike“. Dieses sehr bekannte Ego-Shooter-Spiel wurde aus der Software von „Half-Life“ entwickelt. Auf diese Weise, so <strong>Gee</strong>,gew<strong>in</strong>nen Computerspieler mehr Ansichten über das Lernen, während sie spielen, als es <strong>in</strong>anderen „semiotic doma<strong>in</strong>s“ möglich ist und das obwohl sie <strong>nach</strong> Aussage der meistenMenschen ihre Zeit verschwenden. 166Aus <strong>Gee</strong>s Ausführungen ergeben sich folgende Lernpr<strong>in</strong>zipien. Dies s<strong>in</strong>d die abschließendenLernpr<strong>in</strong>zipien, die <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong> gefunden werden können und die Liste ist damitkomplettiert: 16733. Das Verteilungspr<strong>in</strong>zipBedeutung und Wissen s<strong>in</strong>d unter den Lernenden, Objekten, Werkzeugen, Symbolen,Technologien und der Umgebung verteilt. 16834. Das Zerstreuungspr<strong>in</strong>zipBedeutung und Wissen s<strong>in</strong>d so zerstreut, dass der Lernende sie mit anderen Lernendenaußerhalb der „semiotic doma<strong>in</strong>“ teilen kann. Die anderen Lernenden sieht er dabeientweder von Angesicht zu Angesicht, eher selten oder nie. 16935. Das Verwandtschaftsgruppenpr<strong>in</strong>zipDer Lernende gründet e<strong>in</strong>e Verwandtschaftsgruppe, diese ist primär durch ihregeme<strong>in</strong>samen Bestrebungen, Ziele und Verfahren verbunden, nicht durch ihre Rasse,ihr Geschlecht, ihre Nation, ihre Volkszugehörigkeit oder ihre Kultur. 17036. Das E<strong>in</strong>geweihtenpr<strong>in</strong>zipDer Lernende ist e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>geweihter, Lehrer und Produzent (nicht nur Konsument).Dadurch ist er <strong>in</strong> der Lage die Lernerfahrung und die „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu Beg<strong>in</strong>nund durch se<strong>in</strong>e Erfahrungen e<strong>in</strong>zurichten. 171166 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 208-211167 Vgl. ebd.; S. 211168 Vgl. ebd.; S. 211169 Vgl. ebd.; S. 212170 Vgl. ebd.; S. 212171 Vgl. ebd.; S. 21256


2.7 ZusammenfassungIn diesem Kapitel sollen <strong>Gee</strong>s Theorien über die <strong>Lernmechanismen</strong> zusammengefasst und die36 <strong>Lernmechanismen</strong> nochmals <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kurzliste wiederholt werden.<strong>Gee</strong> fordert <strong>in</strong> Bezug auf das Lernen, <strong>in</strong> anderen Begriffen zu denken. So zum Beispiel die„semiotic doma<strong>in</strong>s“. Mit diesen wird beschrieben, wie Bilder, Geräusche, Gesten,Bewegungen, Schaubilder, Diagramme, Objekte und Menschen e<strong>in</strong>e Bedeutung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erLerndiszipl<strong>in</strong> annehmen. Diese def<strong>in</strong>ieren sich, so <strong>Gee</strong>, unter anderem durch die <strong>in</strong>terne unddie externe Sicht auf die jeweilige „semiotic doma<strong>in</strong>“. Die <strong>in</strong>terne Sicht ist die Art und Weisedes Lern<strong>in</strong>haltes, die externe Sicht beschreibt die sozialen Praktiken, mit deren Hilfe dieLernenden oder die „aff<strong>in</strong>ity group“ <strong>in</strong>nerhalb der „semiotic doma<strong>in</strong>“ agieren. Innerhalbdieser Sichten gibt es die „design-grammar“. Auch hier unterscheidet <strong>Gee</strong> wieder zwischene<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen und e<strong>in</strong>er externen Perspektive. Die <strong>in</strong>terne „design-grammar“ entscheidet, obe<strong>in</strong> Inhalt akzeptabel für e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“ ist. Die externe „design-grammar“ h<strong>in</strong>gegenentscheidet, ob e<strong>in</strong>e soziale Praktik für die „semiotic doma<strong>in</strong>“ akzeptabel ist. Um sich e<strong>in</strong>er„semiotic doma<strong>in</strong>“ zu widmen, das heißt um sie zu lernen, wird vom Lernenden e<strong>in</strong>e kritischeund aktive Ause<strong>in</strong>andersetzung gefordert. Diese be<strong>in</strong>haltet die „design-grammar“ auf e<strong>in</strong>erübergeordneten Ebene, sowie auch die sozialen Praktiken zu verstehen und zukommunizieren. 172Dieses tiefgreifende Lernen ist mit der Dreiteilung der Identität verbunden. Der Lernendekreiert e<strong>in</strong>e virtuelle Identität für e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“. Diese hilft ihm oder ihr dabei, e<strong>in</strong>ebestimmte Perspektive e<strong>in</strong>zunehmen und sich somit für bestimmte kognitive und sozialePraktiken zu entscheiden. Die Entwicklungen und Entscheidungen der virtuellen Identitätwerden von den Erfahrungen der realen Identität bee<strong>in</strong>flusst. Dadurch wird e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dungzwischen diesen Identitäten hergestellt. Die projizierte Identität repräsentiert hier dasVerb<strong>in</strong>dungsglied. Sie hilft die Wünsche, Werte, Entscheidungen, Ziele und Handlungen derrealen Identität <strong>in</strong> die virtuelle Identität zu übertragen. Um diesen Prozess zu erleichtern, mussdie „semiotic doma<strong>in</strong>“ so gestaltet se<strong>in</strong>, dass Konsequenzen für Versagen gem<strong>in</strong>dert s<strong>in</strong>d,dass der Lernende für e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz das größtmögliche Arbeitsergebnis erzielt, dassder Lernende über die verschiedenen Identitäten reflektiert, dass der Lernende genug Zeit undRaum zum Üben erhält, dass lebenslanges Lernen bewusst gefördert wird, dass der Lernende172 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 17-4357


wesentliche Belohnungen erhält und dass der Lernende immer an den Grenzen se<strong>in</strong>erMöglichkeiten agiert. 173Auf den oben beschriebenen Ausführungen basierend erweitert <strong>Gee</strong> se<strong>in</strong> Konzept deskritischen und aktiven Lernens. Um dieses zu erreichen, werden situationsabhängige und„embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“) benötigt. Mit ihrer Hilfe wird derLernende emotionaler und tiefer <strong>in</strong> die „semiotic doma<strong>in</strong>“ mit e<strong>in</strong>bezogen. Zusätzlich wird e<strong>in</strong>„appreciative system“ benötigt. Durch dieses kann der Lernende die Emotionen bewussterreflektieren und kritisieren. Daraus resultiert folgendes Ergebnis: Das Lernen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er„semiotic doma<strong>in</strong>“ folgt e<strong>in</strong>em Kreislauf, dem sogenanntenErforschen/Hypothese/Erproben/Überdenken-Prozess. Dem Lernenden werden dadurchverschiedene Lösungswege angeboten, bei denen er se<strong>in</strong>e eigenen Stärken und se<strong>in</strong>en eigenenStil anwenden kann. Alternativ kann er oder sie auch andere Stile erforschen.Lernerfahrungen s<strong>in</strong>d von „embodied experiences“ („verkörperten Erfahrungen“) abhängig.Sie s<strong>in</strong>d niemals dekontextualisiert und dem<strong>nach</strong> immer situationsabhängig. Abhängig vonden „embodied experiences“ ergeben Texte e<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n nur <strong>in</strong>nerhalb der „semiotic doma<strong>in</strong>“.Der S<strong>in</strong>n oder die Bedeutung s<strong>in</strong>d dabei nicht abhängig von den Wörtern, sondern von denModalitäten. Dem Lernenden steht grundlegendes Wissen zu Verfügung. Dieses wird <strong>in</strong>Werkzeugen, Technologien und der Umgebung gespeichert. Komb<strong>in</strong>iert er oder sie diesesgespeicherte Wissen mit dem eigenen Wissen, so können größere und stärkere Effekte erzieltwerden. Das <strong>in</strong>tuitive oder taktische Wissen des Lernenden wird durch wiederholte Übungenund Erfahrungen mit anderen Mitgliedern der „aff<strong>in</strong>ity group“ erweitert. 174Des Weiteren sollte der Lernende, so <strong>Gee</strong>, die „semiotic doma<strong>in</strong>“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vere<strong>in</strong>fachtenUntergruppe von ihr erforschen können. Dies ermöglicht die Lernerfahrungen so zu ordnen,dass zu Beg<strong>in</strong>n grundlegende Muster und Verallgeme<strong>in</strong>erungen vermittelt werden. Wird derLernende dann später mit komplexeren Situationen konfrontiert, ist das Erstellen neuerHypothesen zur Bewältigung von Problemen, durch die bereits bekannten Muster undVerallgeme<strong>in</strong>erungen, vere<strong>in</strong>facht. Besonders <strong>in</strong> der vere<strong>in</strong>fachten Untergruppe der „semioticdoma<strong>in</strong>“ werden fundamentale Handlungen und Fähigkeiten vermittelt. Sie müssen, so <strong>Gee</strong>,<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konzentrierten Form auftreten, damit der Lernende sie oft und gut tra<strong>in</strong>ieren kann.Weiterh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d die fundamentalen Handlungen und Fähigkeiten <strong>in</strong> den Lernkontexte<strong>in</strong>gebunden. Sie s<strong>in</strong>d als Elemente, der zu lernenden „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu betrachten undwerden von Anfang an vom Lernenden erfahren und entdeckt. Um die oben beschriebenen173 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 45-68174 Vgl. ebd.; S. 71-11058


Erfahrungen <strong>in</strong> der „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu gestalten, muss der Lernende Informationen imrichtigen Augenblick oder auf Nachfrage erhalten. Jedoch müssen diese Informationen aufe<strong>in</strong>em gut ausbalancierten M<strong>in</strong>imum gehalten werden, damit der Lernende die Chance hat, zuexperimentieren und selbst zu entdecken. Laut <strong>Gee</strong>, kann er oder sie das Gelernte aufkommende Probleme transferieren. Der Lernende hat so die Möglichkeit zur Adaption undTransformation des zuvor Erlernten. 175Nach <strong>Gee</strong> besteht jegliche „semiotic doma<strong>in</strong>“ aus kulturellen Modellen. Sie vere<strong>in</strong>fachen dasalltägliche Leben und helfen, schnelle Entscheidungen zu treffen. Kulturelle Modelle s<strong>in</strong>dAnsichten und Muster über die Welt. Die Gestaltung und der Aufbau e<strong>in</strong>er Lernumgebungkönnen dazu führen, dass die kulturellen Modelle h<strong>in</strong>terfragt oder bee<strong>in</strong>flusst werden.Weiterh<strong>in</strong> kann dies, so <strong>Gee</strong>, zu der Entwicklung neuer kultureller Modelle führen. 176Zu den Ausführungen über die <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong>, beschreibt <strong>Gee</strong> nun dieArt des Lernens. Für ihn ist sie sozial, vernetzt und verteilt. Das Wissen ist unter denMitgliedern der „aff<strong>in</strong>ity group“, Objekten, Werkzeugen, Symbolen, Technologien und derUmgebung verteilt. Dadurch kann das Wissen mit anderen Lernenden geteilt werden. In der„aff<strong>in</strong>ity group“ s<strong>in</strong>d die geme<strong>in</strong>samen Ziele und Bestrebungen essentiell. Weiterh<strong>in</strong> ist für<strong>Gee</strong> e<strong>in</strong>e Lernumgebung, <strong>in</strong> der der Lernende sowohl E<strong>in</strong>geweihter, Lehrer als auchProduzent ist, grundlegend. 177Aus diesen Theorien ergibt sich nun die Liste der vorher dargestellten 36 <strong>Lernmechanismen</strong>:1. Das aktive und kritische Lernpr<strong>in</strong>zipAlle Gesichtspunkte der Lernumgebung - auch die Art wie die Umgebung aufgebautund präsentiert wird - s<strong>in</strong>d darauf ausgelegt, aktives und kritisches Lernen zufördern. 1782. Das Designpr<strong>in</strong>zipDas Lernen über und das Anerkennen von Design und Designpr<strong>in</strong>zipien ist e<strong>in</strong> Kernder Lernerfahrung. 179175 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 113-142176 Vgl. ebd.; S. 145-177177 Vgl. ebd.; S. 179-212178 Vgl. ebd.; S. 41179 Vgl. ebd.; S. 4159


3. Das Pr<strong>in</strong>zip der SemiotikDas Lernen über und das Anerkennen von Verflechtungen <strong>in</strong>nerhalb und durchmultiple Zeichensysteme wie Bilder, Wörter, Handlungen, Symbole, Artefakte etc., alse<strong>in</strong> komplexes System, ist e<strong>in</strong> Kern der Lernerfahrung. 1804. Das Pr<strong>in</strong>zip der „semiotic doma<strong>in</strong>s“Lernen be<strong>in</strong>haltet das Meistern e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ auf e<strong>in</strong>em gewissen Niveauund die Möglichkeit, an e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe der Domäne auf e<strong>in</strong>emgewissen Niveau teilzunehmen. 1815. Das Pr<strong>in</strong>zip des übergeordneten Denkens über e<strong>in</strong>e „semiotic doma<strong>in</strong>“Das Lernen be<strong>in</strong>haltet aktives und kritisches Denken über die Beziehungen der„semiotic doma<strong>in</strong>“, die gelernt wird mit anderen ihr verwandten „semioticdoma<strong>in</strong>s“. 1826. Das „Psychosoziale Moratorium“ Pr<strong>in</strong>zipDer Lernende kann Risiken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raum e<strong>in</strong>gehen, <strong>in</strong> dem die Konsequenzen derrealen Welt verm<strong>in</strong>dert s<strong>in</strong>d. 1837. Das engagierte Lernen Pr<strong>in</strong>zipDer Lernende partizipiert mit e<strong>in</strong>em ausgedehnten Engagement (viel Aufwand undÜbung). Das Engagement ist e<strong>in</strong>e Erweiterung se<strong>in</strong>er realen Identität. Die realeIdentität steht <strong>in</strong> Beziehung zu se<strong>in</strong>er virtuellen Identität, mit der er sich verbundenfühlt und e<strong>in</strong>er virtuellen Welt, die ihn verlockt. 1848. Das Identitätspr<strong>in</strong>zipDas Lernen bezieht das Aufnehmen von und Spielen mit Identitäten auf e<strong>in</strong>e Art undWeise mit e<strong>in</strong>, die den Lernenden echte Möglichkeiten (die Entwicklung e<strong>in</strong>ervirtuellen Identität) und genügend Chancen bieten, um über die Beziehung von altenund neuen Identitäten <strong>nach</strong>zudenken. Es gibt e<strong>in</strong>e Dreiteilung der Identitäten, die denLernenden dazu veranlasst, über die reale, die virtuelle und die projizierte Identität zureflektieren. 185180 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 42181 Vgl. ebd.; S. 42182 Vgl. ebd.; S. 42183 Vgl. ebd.; S. 64184 Vgl. ebd.; S. 64185 Vgl. ebd.; S. 6460


9. Das Selbsterkenntnispr<strong>in</strong>zipDie Lernwelt ist so konstruiert, dass der Lernende nicht nur etwas über die „semioticdoma<strong>in</strong>“ lernt, sondern auch über sich selbst und se<strong>in</strong> aktuelles Potential. 18610. Das Pr<strong>in</strong>zip der Amplifizierung von E<strong>in</strong>satzFür e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>satz bekommt der Lernende das größtmöglicheArbeitsergebnis. 18711. Das Erfolgspr<strong>in</strong>zipFür Lernende auf allen Fähigkeitsleveln gibt es wesentliche Belohnung von Anfangan. Die Belohnungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuell auf den Leistungsstand, den Aufwand und dasBewältigen abgestimmt und zeigen fortlaufenden Erfolg an. 18812. Das Übungspr<strong>in</strong>zipDie Lernenden bekommen die Möglichkeit sehr viel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kontext (e<strong>in</strong>e virtuelleWelt, die mit den Interessen und e<strong>in</strong>em fortlaufenden Erfolg des Lernenden verbundenist) zu üben, der nicht langweilig ist. Die Lernenden verbr<strong>in</strong>gen viel Zeit mit denAufgaben. 18913. Das Pr<strong>in</strong>zip des fortlaufenden LernensEs gibt e<strong>in</strong>en Lernkreislauf, der aus Automatisierung, Auflösung der Automatisierungund neuer reorganisierter Automatisierung besteht. Dieser Kreislauf veranlasst zulebenslangem Lernen beim Lernenden. 19014. Das Pr<strong>in</strong>zip des Systems der KompetenzenDer Lernende bekommt genügend Möglichkeiten <strong>in</strong>nerhalb se<strong>in</strong>er Lernressourcen zuhantieren, jedoch immer an den Grenzen se<strong>in</strong>er Fähigkeiten. Dadurch wirdsichergestellt, dass die Aufgaben extrem herausfordernd, aber niemals unlösbars<strong>in</strong>d. 19115. Das Erforschungspr<strong>in</strong>zipLernen ist e<strong>in</strong> Kreislauf, er be<strong>in</strong>haltet das Erforschen der Welt und das Reflektierenwährend der und über die Handlung. Basierend darauf folgt das Formulieren e<strong>in</strong>erHypothese, das Erproben der Hypothese <strong>in</strong> der Welt und als letzten Schritt dasAkzeptieren oder Überdenken der Hypothese. 192186 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 64187 Vgl. ebd.; S. 64188 Vgl. ebd.; S. 64189 Vgl. ebd.; S. 68190 Vgl. ebd.; S. 68191 Vgl. ebd.; S. 68192 Vgl. ebd.; S. 10561


16. Das multiple Wegpr<strong>in</strong>zipEs gibt verschiedene Wege für e<strong>in</strong>en Fortschritt. Dies erlaubt dem LernendenEntscheidungen zu treffen. Er kann sich auf se<strong>in</strong>e eigenen Stärken und se<strong>in</strong>en eigenenStil verlassen, um zu lernen und Probleme zu lösen, währenddessen kann er alternativeStile erforschen. 19317. Das situationsabhängige Bedeutungspr<strong>in</strong>zipDie Bedeutungen von Zeichen (Wörter, Handlungen, Objekte, Artefakte, Symbole,Texte, etc.) s<strong>in</strong>d festgelegt <strong>in</strong> „embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“).Bedeutungen s<strong>in</strong>d niemals allgeme<strong>in</strong> oder dekontextualisiert, sie haben ihren Ursprungimmer <strong>in</strong> „embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“). 19418. Das Textpr<strong>in</strong>zipE<strong>in</strong> Text kann nicht wörtlich verstanden werden, er f<strong>in</strong>det se<strong>in</strong>e Bedeutung <strong>in</strong>„embodied experiences“ („verkörperte Erfahrungen“). Der Lernende bewegt sichdem<strong>nach</strong> beim Lernen zwischen dem Text und se<strong>in</strong>en Erfahrungen. Das wörtlicheVerständnis macht nur dann S<strong>in</strong>n, wenn der Lernende genug „embodied experiences“(„verkörperte Erfahrungen“) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ und reichlich Erfahrungen mitähnlichen Texten gesammelt hat. 19519. Das <strong>in</strong>tertextuelle Pr<strong>in</strong>zipDer Lernende versteht geschriebene Texte als e<strong>in</strong>e Familie oder als e<strong>in</strong> Genre vonverwandten Texten und versteht jeden Text <strong>in</strong> Bezug zu anderen <strong>in</strong> diesem Genre nur,wenn er e<strong>in</strong> „embodied understand<strong>in</strong>g“ („verkörpertes Verständnis“) für die Texteerreicht hat. Das Verstehen der Texte als e<strong>in</strong>e Familie oder als e<strong>in</strong> Genre hilft ihm, denS<strong>in</strong>n der Texte zu verstehen. 19620. Das multimodale Pr<strong>in</strong>zipBedeutungen und Wissen werden nur durch verschiedene Modalitäten (Bilder, Wörter,Symbole, Interaktionen, Geräusche etc.) gebildet und nicht nur durch Wörter. 19721. Das grundlegende Intelligenz Pr<strong>in</strong>zipDenken, Problemlösen und Wissen wird <strong>in</strong> Werkzeugen, Technologien und derUmgebung gespeichert (Taschenrechner als Hilfsmittel oder Rechtschreibprüfung amComputer). Das hilft dem Lernenden, damit er sich <strong>in</strong>tensiver mit anderen D<strong>in</strong>gen193 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 105194 Vgl. ebd.; S. 105195 Vgl. ebd.; S. 106196 Vgl. ebd.; S. 110197 Vgl. ebd.; S. 11062


efassen kann. Diese Resultate se<strong>in</strong>es Verstandes kann er mit dem gespeichertenWissen komb<strong>in</strong>ieren, um größere und stärkere Ergebnisse zu erzielen. 19822. Das <strong>in</strong>tuitive Wissenspr<strong>in</strong>zipIntuitives oder taktisches Wissen wird durch wiederholte Übungen und Erfahrungengebildet, oft <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit e<strong>in</strong>er Verwandtschaftsgruppe. Denn diese honoriertund schätzt solches Wissen. Dem<strong>nach</strong> werden nicht nur verbales und bewusstesWissen belohnt. 19923. Das Untergruppenpr<strong>in</strong>zipDas Lernen, besonders am Anfang, f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er vere<strong>in</strong>fachten Untergruppe derechten „semiotic doma<strong>in</strong>“ statt. 20024. Das Stufenpr<strong>in</strong>zipLernsituationen werden so geordnet, dass die ersten Muster und Verallgeme<strong>in</strong>erungenfür die späteren Muster und Verallgeme<strong>in</strong>erungen ergiebig s<strong>in</strong>d. Wenn der Lernendespäter mit komplexeren Situationen konfrontiert wird, ist das Erstellen von neuenHypothesen zur Bewältigung dieser Situationen durch die bereits bekannten früherenMuster und Verallgeme<strong>in</strong>erungen vere<strong>in</strong>facht. 20125. Das Pr<strong>in</strong>zip der konzentrierten BeispieleDer Lernende erlernt, besonders <strong>in</strong> frühen Stadien des Lernprozesses, fundamentaleHandlungen und Fähigkeiten. Diese Handlungen und Fähigkeiten s<strong>in</strong>d so konzentriert,dass der Lernende sie oft und gut tra<strong>in</strong>ieren kann. 20226. Das Pr<strong>in</strong>zip der von Grund auf wesentlichen FähigkeitenGrundlegende Fähigkeiten werden nicht isoliert vom Lernkontext erlernt. Was alswesentliche Fähigkeit gilt, wird von Anfang an, durch den Lernenden erfahren undentdeckt. Wesentliche Fähigkeiten s<strong>in</strong>d Elemente der zu erlernenden „semioticdoma<strong>in</strong>“. 20327. Das Pr<strong>in</strong>zip der Informationen explizit auf Nachfrage und genau zum richtigenZeitpunktDer Lernende erhält auf Nachfrage oder im richtigen Augenblick e<strong>in</strong>e Information,wenn er sie braucht oder sie am besten verwendet und angewendet werden kann. 204198 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 110199 Vgl. ebd.; S. 110200 Vgl. ebd.; S. 141201 Vgl. ebd.; S. 141-142202 Vgl. ebd.; S. 142203 Vgl. ebd.; S. 142204 Vgl. ebd.; S. 14263


28. Das Entdeckungspr<strong>in</strong>zipInformationen werden auf e<strong>in</strong>em gut balancierten M<strong>in</strong>imum gehalten, damit demLernenden ausreichend Möglichkeiten geboten werden können, um zuexperimentieren und selbst zu entdecken. 20529. Das Transferpr<strong>in</strong>zipDem Lernenden werden reichlich Möglichkeiten und Unterstützungen geboten, dasGelernte auf aufkommende Probleme zu transferieren. Die Probleme verlangen e<strong>in</strong>eAdaption und Transformation des zuvor Erlernten. 20630. Das Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über die WeltDie Lernumgebung wird so gestaltet, dass der Lernende bewusst und reflektiert überdie kulturellen Modelle <strong>nach</strong>denkt, mit denen er die Welt betrachtet. Dabei ist eswichtig, dass er weder die zugehörigen Identitäten, deren Fähigkeiten noch derensoziale Zugehörigkeit verunglimpft. Der Lernende soll die kulturellen Modellenebene<strong>in</strong>anderstellen und daraus neue Modelle entwickeln, die auf unterschiedlichsteWeise mite<strong>in</strong>ander verknüpft s<strong>in</strong>d. 20731. Das Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über das LernenDie Lernumgebung ist so gestaltet, dass der Lernende bewusst und reflektiert über se<strong>in</strong>kulturelles Modell, über das Lernen und sich selbst als Lernenden <strong>nach</strong>denkt. Esgelten dieselben Regeln, wie beim Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über die Welt. 20832. Das Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über „semiotic doma<strong>in</strong>s“Die Lernumgebung ist so gestaltet, dass der Lernende bewusst und reflektiert über se<strong>in</strong>kulturelles Modell und über die „semiotic doma<strong>in</strong>“, die er gerade erlernt, <strong>nach</strong>denkt.Es gelten dieselben Regeln, wie beim Pr<strong>in</strong>zip des kulturellen Modells über die Welt.20933. Das Verteilungspr<strong>in</strong>zipBedeutung und Wissen s<strong>in</strong>d unter den Lernenden, Objekten, Werkzeugen, Symbolen,Technologien und der Umgebung verteilt. 210205 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 142206 Vgl. ebd.; S. 142207 Vgl. ebd.; S. 176-177208 Vgl. ebd.; S. 177209 Vgl. ebd.; S. 177210 Vgl. ebd.; S. 21164


34. Das Zerstreuungspr<strong>in</strong>zipBedeutung und Wissen s<strong>in</strong>d so zerstreut, dass der Lernende sie mit anderen Lernendenaußerhalb der „semiotic doma<strong>in</strong>“ teilen kann. Die anderen Lernenden sieht er dabeientweder von Angesicht zu Angesicht, eher selten oder nie. 21135. Das Verwandtschaftsgruppenpr<strong>in</strong>zipDer Lernende gründet e<strong>in</strong>e Verwandtschaftsgruppe, diese ist primär durch ihregeme<strong>in</strong>samen Bestrebungen, Ziele und Verfahren verbunden, nicht durch ihre Rasse,ihr Geschlecht, ihre Nation, ihre Volkszugehörigkeit oder ihre Kultur. 21236. Das E<strong>in</strong>geweihtenpr<strong>in</strong>zipDer Lernende ist e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>geweihter, Lehrer und Produzent (nicht nur Konsument).Dadurch ist er <strong>in</strong> der Lage die Lernerfahrung und die „semiotic doma<strong>in</strong>“ zu Beg<strong>in</strong>nund durch se<strong>in</strong>e Erfahrungen e<strong>in</strong>zurichten. 213211 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 212212 Vgl. ebd.; S. 212213 Vgl. ebd.; S. 21265


3. Theorien über Computerspiele <strong>nach</strong> Manfred Spitzer und Jane McGonigalIm folgenden Kapitel sollen zwei verschiedene Ansichten und Theorien über Computerspielewiedergegeben werden. Diese Theorien stellen zwei gegensätzliche Pole dar. Auf der e<strong>in</strong>enSeite steht Manfred Spitzer mit se<strong>in</strong>er Theorie über die digitale Mediennutzung, entnommenaus se<strong>in</strong>em Buch „Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere K<strong>in</strong>der um den Verstandbr<strong>in</strong>gen“. Die andere Seite wird von Jane McGonigals Theorie aus „Besser als dieWirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wie sie die Welt verändern“repräsentiert. Beide Theorien sollen helfen die Arbeit und die Ansichten von <strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong><strong>in</strong> e<strong>in</strong>en aktuellen und s<strong>in</strong>nvollen Kontext e<strong>in</strong>zuordnen. Zunächst wird die Arbeit vonManfred Spitzer vorgestellt.3.1 Theorien über Computerspiele <strong>nach</strong> Manfred SpitzerProf. Dr. Dr. Manfred Spitzer wurde 1958 geboren. Er studierte Mediz<strong>in</strong>, Psychologie undPhilosophie. Spitzer habilitierte im Fach Psychiatrie und ist Leiter der psychiatrischenUniversitätskl<strong>in</strong>ik <strong>in</strong> Ulm, sowie des Transferzentrums für Neurowissenschaften und Lernen.Nach Me<strong>in</strong>ung der Fachpresse ist er e<strong>in</strong>er der bedeutendsten deutschen Hirnforscher. 214Spitzer beschreibt Spielkonsolen und die dazugehörige Software als die beliebtestenGeschenke. Diese sollen angeblich das Lernen von K<strong>in</strong>dern fördern. Auf die Frage, ob undwas K<strong>in</strong>der durch sie tatsächlich lernen, erhält man aber jedoch zu meist ausweichende odergar ke<strong>in</strong>e Antworten. Für Spitzer ist der Kauf von solchen digitalen Medien mit folgendenPrämissen verbunden: Wer nicht mitmacht, wird zum Außenseiter und verliert Sozialkontaktezu Freunden und Gleichaltrigen. Der Autor untersuchte daher diese Prämissen. Zunächstwidmete er sich der Frage, ob K<strong>in</strong>der mit <strong>Computerspielen</strong> lernen können. Er beschreibt, dasses e<strong>in</strong>en Zusammenhang zwischen <strong>Computerspielen</strong> und schlechten Schulleistungen gebe.Dies basiere auf der Überlegung, dass die Zeit, die zum Videospielen genutzt wird, nicht mehrfür die Hausaufgaben und die Lernstoffvertiefung zur Verfügung steht. E<strong>in</strong>e Studie von 2005beweist, so Spitzer, dass K<strong>in</strong>der, die sich mit <strong>Computerspielen</strong> beschäftigen 30 Prozentweniger Zeit mit Lesen und 34 Prozent weniger Zeit mit Hausaufgaben verbr<strong>in</strong>gen als K<strong>in</strong>der,die ke<strong>in</strong>e solche digitale Medien nutzen. Die Studie beweise aber nur e<strong>in</strong>en statistischenZusammenhang. Spitzers Argument lautet, dass nicht die Videospiele die schlechten214 Vgl. SPITZER, Manfred: „Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere K<strong>in</strong>der um den Verstand br<strong>in</strong>gen“; 2012;E<strong>in</strong>bandtext66


Schulnoten verursachen, sondern dass die schlechten Schulnoten zum Videospielen führen.Spitzer vermutet weiterh<strong>in</strong>, dass K<strong>in</strong>der mit schlechten Schulnoten Computer spielen, um sichvon ihrem Schulversagen abzulenken. Somit geht es weniger um das Argument, ob K<strong>in</strong>dermit Hilfe der digitalen Freizeitmedien lernen, sondern wie sich dieses Lernen auf ihreEntwicklung auswirkt. 215E<strong>in</strong>e negative Auswirkung von <strong>Computerspielen</strong> auf die k<strong>in</strong>dliche Entwicklung zeigt sich fürSpitzer an der Entfremdung zwischen Eltern und K<strong>in</strong>dern. Se<strong>in</strong>er These <strong>nach</strong> bee<strong>in</strong>trächtigenVideospiele die sozialen Fähigkeiten und Beziehungen. Als Beweis für diese These führt erzwei Studien von 2004 und 2005 an. Die Studie von 2005 belegt, dass für jede StundeMediennutzung das Risiko für e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Elternbeziehung um 13 Prozent und das Risikoe<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren B<strong>in</strong>dung an Gleichaltrige und Freunde um 24 Prozent steigen. Die andereStudie von 2004 zeigt im Vergleich e<strong>in</strong>e um 20 Prozent erhöhte negative Auswirkung auf dieElternb<strong>in</strong>dung. Für Spitzer zeigt sich somit, dass digitale Medien den sozialen Fähigkeitenund Fertigkeiten schaden. 216E<strong>in</strong> weiterer negativer Effekt, den Computerspiele auf K<strong>in</strong>der und Jugendliche haben, ist fürSpitzer die Abstumpfung des menschlichen E<strong>in</strong>fühlungsvermögens. Spitzer nennt diesDesensibilisierung. Dieser Effekt tritt durch unbewusst ablaufendes Lernen auf und er betrifftsowohl die Gedanken, die Gefühle als auch die Verhaltensweisen. Um se<strong>in</strong>e These zuunterstützen, berichtet er von e<strong>in</strong>er Studie, die mit 150 Grundschulschülern durchgeführtwurde. In dieser zeigte sich e<strong>in</strong> signifikanter Zusammenhang zwischen Gewaltspielen und derAbstumpfung gegenüber realer Gewalt. Diese Abstumpfung lässt sich, so Spitzer, anhand vonMessungen körperlicher Funktionen <strong>nach</strong>weisen. Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung <strong>nach</strong> kommt dabeifolgendes Ergebnis zum Vorsche<strong>in</strong>: Spiele man zwanzig M<strong>in</strong>uten e<strong>in</strong> gewalthaltigesVideospiel, so kommt es zu e<strong>in</strong>er Verm<strong>in</strong>derung von Puls und Schwitzen bei der Betrachtungvon realen Gewaltszenen. Se<strong>in</strong> Fazit daraus lautet, dass mediale Gewalt die Grundfesten desgesellschaftlichen Zusammenlebens auflöst. Zusammengefasst führen Computerspiele zuzunehmender Gewaltbereitschaft, Abstumpfung gegenüber realer Gewalt, sozialerVere<strong>in</strong>samung und e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>geren Chance auf Bildung. 217E<strong>in</strong> weiterer Aspekt, den Spitzer beschreibt, ist der Verlust der Selbstkontrolle. Dieser Verlustder Selbstkontrolle führt oftmals, so der Autor, zu e<strong>in</strong>er Aufmerksamkeitsstörung. Somit wird,215 Vgl. SPITZER, Manfred: „Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere K<strong>in</strong>der um den Verstand br<strong>in</strong>gen“;S. 185-187216 Vgl. ebd.; S. 195-196217 Vgl. ebd.; S. 201-20367


entgegengesetzt der Behauptung der Entwickler, durch computergestütztes Gehirntra<strong>in</strong><strong>in</strong>g dieallgeme<strong>in</strong>e Leistungsfähigkeit nicht verbessert, sondern verschlechtert. Über die langfristigenAuswirkungen der digitalen Freizeitgestaltung und Arbeit könne zwar noch ke<strong>in</strong>eabschließende Aussage getroffen werden. Für Spitzer ist jedoch offensichtlich, dass derVerlust der Selbstkontrolle e<strong>in</strong> wesentlicher Auslöser von Stress ist und somit zu e<strong>in</strong>erVerm<strong>in</strong>derung der Lebensqualität führt. 218Weiterh<strong>in</strong> führt der Konsum von digitalen Medien, wie Computern, Konsolen und Fernsehernzu Schlaflosigkeit, Depression und Sucht. Spitzer beschreibt den chronischen Schlafentzug alse<strong>in</strong>en Auslöser für Fettleibigkeit und Diabetes. Begleitersche<strong>in</strong>ungen der Fettleibigkeit s<strong>in</strong>dsozialer Rückzug und Ängste. Laut Spitzer entsteht so e<strong>in</strong>e Abwärtsspirale aus Depressionund sozialer Isolation, sowie körperlichen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems und desBewegungsapparats. Der Autor beschreibt die depressiven Zustände als e<strong>in</strong>en Auslöser fürDemenz. Der davon ausgehende zusätzliche Stress und der damit erhöhte Anteil vonStresshormonen im Blutspiegel führen zu e<strong>in</strong>er Gehirnschädigung. Denn Stresshormone s<strong>in</strong>d,so Spitzer, für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich. Weiterh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d auch Diabetesund Übergewicht Faktoren, die durch Durchblutungsstörungen zu Demenz führen. 219Für Spitzer ergibt sich daraus folgendes Ergebnis: Digitale Medien, egal <strong>in</strong> welcher Form,führen zu e<strong>in</strong>er Verm<strong>in</strong>derung der Leistungsfähigkeit des Gehirns. Bei K<strong>in</strong>dern undJugendlichen beh<strong>in</strong>dern sie zusätzlich die Gehirnbildung. Er ist der Me<strong>in</strong>ung, dass bei diesendie geistige Leistungsfähigkeit unter dem möglichen Niveau bleibt. Weiterh<strong>in</strong> bee<strong>in</strong>flussendigitale Medien unser Denken, unseren Willen, unsere Emotionen und unser Sozialverhalten.Er fordert als Lösung für diese Problematik e<strong>in</strong>en ganzheitlichen Ansatz, der sich mit dennegativen Folgen der digitalen Medien ause<strong>in</strong>andersetzt. Dafür werden, se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung <strong>nach</strong>,Lösungen gebraucht, die langfristig wirken. Beispielsweise führt Spitzer als langfristigeLösungen der Problembewältigung e<strong>in</strong>e gesunde Ernährung, genug Bewegung an der frischenLuft und e<strong>in</strong>e positive Lebense<strong>in</strong>stellung an. 220Im nächsten Abschnitt dieses Kapitels sollen Jane McConigals Ansichten über den Gebrauchvon <strong>Computerspielen</strong> dargestellt werden.218 Vgl. SPITZER, Manfred: „Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere K<strong>in</strong>der um den Verstand br<strong>in</strong>gen“;S. 256-257219 Vgl. ebd.; S. 272-273220 Vgl. ebd.; S. 322-32668


3.2 Theorien über Computerspiele <strong>nach</strong> Jane McConigalJane McGonigal wurde 1977 geboren. Sie ist Spieleentwickler<strong>in</strong> und Forschungsleiter<strong>in</strong> am„Institute for the Future“, kurz IFTF, <strong>in</strong> Kalifornien. Gemäß Bewertungen der <strong>in</strong>ternationalenPresse gehört McGonigal zu den zehn wichtigsten und <strong>in</strong>novativsten Spieleentwicklernweltweit. Zu den Auftraggebern von McGonigal gehören die Weltbank, die NationalAcademy of Science, McDonald´s, Intel, die Corporation for Public Broadcast<strong>in</strong>g und dasInternationale Olympische Komitee. 221McGonigal untersucht mit ihrer Theorie weniger die Auswirkungen von <strong>Computerspielen</strong> aufdie menschliche Entwicklung, sie beschäftigt sich vielmehr mit der Frage, warum gespieltwird und was sich daraus für die Zukunft ergeben kann. Die Autor<strong>in</strong> stellt zunächst fest, dasses <strong>in</strong> der Wirklichkeit Bruchstellen gibt. Diese Bruchstellen werden besonders im Vergleichmit <strong>Computerspielen</strong> deutlich. So beschreibt McGonigal die Wirklichkeit als zu simpel,deprimierend, unproduktiv und aussichtslos. H<strong>in</strong>zukommt die Feststellung, dass dieWirklichkeit bezugslos und belanglos ist. Des Weiteren ist sie zwecklos, undankbar, e<strong>in</strong>samund isolierend. Für McGonigal ist die Wirklichkeit darüber h<strong>in</strong>aus schwer verdaulich,kurzfristig, anspruchslos, desorganisiert und gespalten. Kurz gesagt, die Autor<strong>in</strong> beschreibtdie Wirklichkeit als <strong>in</strong> der Gegenwart feststeckend. 222Nach McGonigal wirken Computerspiele den oben beschriebenen negativen Emotionen oderBruchstellen entgegen. Gute Computerspiele stellen unnötige H<strong>in</strong>dernisse dar. DasÜberw<strong>in</strong>den dieser H<strong>in</strong>dernisse jedoch, steigert die Selbstmotivation, das Interesse und dieKreativität. Somit bieten Computerspiele für McGonigal e<strong>in</strong>e Möglichkeit, immer auf derHöhe der eigenen Fähigkeiten zu se<strong>in</strong>. Weiterh<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d Computerspiele das emotionaleGegenstück zur Depression. Denn sie verschaffen uns, so McGonigal, mit Hilfe e<strong>in</strong>eroptimistischen Wahrnehmung unseres Leistungspotentials e<strong>in</strong>en Rausch von belebenderAktivität. Computerspiele verschaffen gute Laune, wenn alles andere versagt. McGonigalbeschreibt das Spielen als e<strong>in</strong>e glückselige Produktivität. Denn Computerspiele bieten klare,leicht verfolgbare Ziele und e<strong>in</strong>deutige Resultate. Dadurch konzentrieren sie die Zeit undEnergie des Spielers auf Ziele, die er oder sie wirklich erreichen können. Für McGonigalfördern Computerspiele zudem soziale B<strong>in</strong>dungen, nicht nur dadurch, dass sie fremdeMenschen der unterschiedlichsten Herkunft auf Onl<strong>in</strong>e-Plattformen zusammenbr<strong>in</strong>gen,221 Vgl. MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wiesie die Welt verändern“; 2012; E<strong>in</strong>bandtext222 Vgl. ebd.; S. 45269


sondern sie motivieren die Spieler auch dazu, so zu handeln, dass er oder sie für andereSpieler sympathischer ersche<strong>in</strong>t. Zusätzlich lassen Computerspiele <strong>in</strong>dividuelle Bemühungennoch bedeutungsvoller wirken, da sie sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en größeren und dem<strong>nach</strong> bedeutungsvollerenKontext rücken. Gute Computerspiele, so McGonigal schaffen es, dass man das echte Lebenmehr genießt, anstatt das Gefühl zu vermitteln, dem Leben zu entfliehen. Die Punkte-, LevelundBelohnungspr<strong>in</strong>zipien aus <strong>Computerspielen</strong> befähigen e<strong>in</strong>en Menschen, so die Autor<strong>in</strong>,schwere Momente durchzustehen und härter an sich selbst zu arbeiten. Sie belohnen e<strong>in</strong>endem<strong>nach</strong> dann, wenn man es am dr<strong>in</strong>gendsten braucht. Durch die oben beschriebenenMechanismen schaffen Computerspiele es, die Lebensqualität der Spieler zu steigern. Denndie Branche der Spielentwickler stellt, so McGonigal, das beste Forschungslabor für dieEntwicklung von menschlichem Glück dar. Aber nicht nur Glück und Zufriedenheit werdenvon Videospielen vermittelt. Die Autor<strong>in</strong> ist auch der Überzeugung, dass man mit Hilfe von<strong>Computerspielen</strong> die Bruchstellen der Wirklichkeit reparieren kann. Als Beispiel beschreibtMcGonigal sogenannte „Crowdsourc<strong>in</strong>g-Spiele“. „Fold<strong>in</strong>g@home“ ist e<strong>in</strong>es der bekanntestenSpiele dieses Genres. E<strong>in</strong> spezielles Programm fügt die Rechenleistung e<strong>in</strong>zelnerHeimcomputer zusammen, so dass e<strong>in</strong> virtueller Supercomputer entsteht. Dieser kannkomplexe wissenschaftliche Aufgaben bearbeiten, die e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelner Computer nicht schaffenwürde. Bei „Fold<strong>in</strong>g@home“ wird die Prote<strong>in</strong>faltung untersucht. Denn Krankheiten wieAlzheimer, Mukoviszidose, BSE und Krebs s<strong>in</strong>d auf fehlerhafte Prote<strong>in</strong>faltungenzurückzuführen. 223 Dieses Spiel br<strong>in</strong>gt zehntausende von Spielern dazu, sich ohne Bezahlungfür die Lösung realer Probleme e<strong>in</strong>zusetzen. Die „Social Participation Games“ s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>weiteres Genre, das Auswirkungen auf die reale Welt hat. Spieler übernehmen hier freiwilligAufgaben, die <strong>in</strong> der realen Welt zu erledigen s<strong>in</strong>d. „The Extraod<strong>in</strong>aries“ ist e<strong>in</strong> solches Spiel.Über das Web beziehungsweise das Handy bekommen die Spieler e<strong>in</strong>e Aufgabe gestellt, wiezum Beispiel e<strong>in</strong>en externen Defibrillator zu fotografieren. Das Foto und die dazugehörigenKoord<strong>in</strong>aten werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Datenbank hochgeladen. Dadurch wird e<strong>in</strong>e Karte von externenDefibrillatoren erstellt, mit deren Hilfe Notrufzentralen Anrufenden den Standort der Gerätedurchgeben kann, um im Notfall Leben retten zu können. 224 Das Erledigen dieser Aufgabefühlt sich <strong>nach</strong> McGonigal genauso heldenhaft, befriedigend und leicht umsetzbar an, wie <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em MMORPG. 225223 Vgl. MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wiesie die Welt verändern“; S. 311-312224 Vgl. ebd.; S. 328-330225 Vgl. ebd.; S. 449-45170


Junge Menschen, so McGonigal, verbr<strong>in</strong>gen ungefähr 10 000 Stunden vor Computer- undVideospielen, noch bevor sie 21 Jahre alt werden. Diese 10 000 Stunden steigern das Potentialzur Kooperation, Koord<strong>in</strong>ation und geme<strong>in</strong>samer Kreation zu e<strong>in</strong>er jeweilsaußergewöhnlichen Fähigkeit. So s<strong>in</strong>d Computerspiele, <strong>nach</strong> McGonigal, die größte Hoffnungum komplexe Probleme der heutigen Zeit zu lösen. Sie können e<strong>in</strong>er Vielzahl von Individuendie Möglichkeit geben, bedeutsame Arbeit zu leisten und die Welt aktiv zu ändern. 226Obwohl die Wirklichkeit oben als gebrochen beschrieben wurde, ist sie für McGonigalwichtig, da sie das Schicksal der Menschheit darstellt. Die Menschheit ist darauf gepolt sichmit jeder Körperzelle und jedem Neuron, um die Wirklichkeit zu kümmern. Deshalb ist fürMcGonigal die wichtigste Aufgabe der Menschen sich jeden Moment so <strong>in</strong>tensiv undengagiert wie möglich um die Wirklichkeit zu kümmern beziehungsweise sich mit ihr zubefassen. McGonigal ist der Auffassung: Wir müssen aufhören, Computerspiele als re<strong>in</strong>eUnterhaltung zu betrachten, wenn wir die Wirklichkeit verbessern wollen. In ihren Augenbereichern uns Computerspiele nicht nur mit positiven Emotionen, positiven Aktivitäten,positiven Erfahrungen und positiven Stärken, sondern sie könnten <strong>in</strong> der Zukunft auch alsKollaborationsplattform für die wichtigsten weltumfassenden Aufgaben gebraucht werden.Sie ist der Überzeugung, dass die Macht von <strong>Computerspielen</strong> im wahren Glück und <strong>in</strong> derVeränderung der Welt liegt. Durch das Videospielen ist e<strong>in</strong>e bessere Wirklichkeit möglich. 227226 Vgl. MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wiesie die Welt verändern“; S. 451-452227 Vgl. ebd.; S. 453-46071


4. FazitAls erstes soll noch e<strong>in</strong>mal auf <strong>Gee</strong>s Zielsetzungen und Schlussfolgerungen <strong>in</strong> Bezug aufse<strong>in</strong>e Arbeit h<strong>in</strong>gewiesen werden. Zum e<strong>in</strong>en wollte er zeigen, dass junge Menschen bei derInteraktion mit Video- und <strong>Computerspielen</strong> <strong>in</strong>tensiv und tiefgründig lernen. Zum anderenwollte er darstellen - <strong>in</strong>sbesondere hier liegt se<strong>in</strong> Fokus - dass gute Videospiele <strong>in</strong> ihrerGestaltung sehr gute <strong>Lernmechanismen</strong> enthalten. Diese <strong>Lernmechanismen</strong> sollten, <strong>Gee</strong>zufolge, mit <strong>Computerspielen</strong> oder auch ohne sie <strong>in</strong> Schulen, an Arbeitsplätzen und auch <strong>in</strong>anderen Lernumgebungen angewendet werden. 228Beim Lesen se<strong>in</strong>er Theorien kann der E<strong>in</strong>druck entstehen, dass <strong>Gee</strong>s Freude und Fasz<strong>in</strong>ationan <strong>Computerspielen</strong> teilweise se<strong>in</strong>e pädagogischen und wissenschaftlichen Motiveüberschattet. So schreibt er sogar <strong>in</strong> der Schlussfolgerung se<strong>in</strong>es Buches „What Videogameshave to teach us about literacy and learn<strong>in</strong>g“, dass er dieses geschrieben hat, weil er so vielSpaß am Spielen hatte und davon erzählen wollte. 229 E<strong>in</strong> weiterer Aspekt, der kritisch zubetrachten ist, ist die starke Fokussierung auf Gewaltspiele <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Kapiteln. Aus eigenerErfahrung kann gesagt werden, dass andere gewaltfreie Computerspiele se<strong>in</strong>e Standpunkteauch ergeben und bestätigt hätten. Zu dem verwendet <strong>Gee</strong> ke<strong>in</strong>e Beispiele aus sogenannten„Aufbau- und Strategiespielen“, welche ebenfalls e<strong>in</strong> elementarer Bestandteil derVideospielbranche s<strong>in</strong>d. Darüber h<strong>in</strong>aus erklärt er se<strong>in</strong>e <strong>Lernmechanismen</strong> oft eher angewaltbezogenen als an gewaltfreien Spielelementen. Durch die Gewaltfokussierung e<strong>in</strong>igerBeispiele wird, die <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung beschriebene negative Instanziierung von<strong>Computerspielen</strong> unterstützt. Auf diese Weise werden pädagogische Inhalte verschleiert, dapotentielle Leser se<strong>in</strong>es Buches durch die Gewaltfokussierung abgeschreckt werden könnten.Des Weiteren wäre denkbar, dass manche der verwendeten Computerspiele Elementeenthalten, welche <strong>in</strong> heutigen Spielen nicht mehr vorkommen. Denn viele der von <strong>Gee</strong>beschriebenen Spiele wurden <strong>in</strong> den Jahren 2003-2007 veröffentlicht. E<strong>in</strong> weitererKritikpunkt ist, dass der Erfolg der <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong> <strong>Gee</strong>s Lerntheorie von der Spielweiseund der Spielere<strong>in</strong>stellung abhängt, sowie auch von der Qualität des Spiels mit bee<strong>in</strong>flusstwird. Das heißt ohne die von <strong>Gee</strong> def<strong>in</strong>ierte Art und Weise des Lernens ist der Erfolg der<strong>Lernmechanismen</strong> nicht mehr gewährleistet. Denn erstens, so argumentiert er, muss e<strong>in</strong> Spielgut se<strong>in</strong>. Zweitens sollte der Spieler aktiv, kritisch und reflektiert denken, sowie drittens, aktivund kritisch lernen. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Qualität der Spiele oft schwierig festzustellen. Siemüsste für jedes Spiel e<strong>in</strong>zeln überprüft werden. E<strong>in</strong>e solche Qualitätsüberprüfung ist jedoch228 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 215229 Vgl. ebd.; S. 21972


nicht notwendig, da die Lernpr<strong>in</strong>zipien ohneh<strong>in</strong> aus guten <strong>Computerspielen</strong> entnommen und<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e andere Lernumgebung übertragen werden sollen.Im Allgeme<strong>in</strong>en lässt sich festhalten, dass <strong>Gee</strong> nicht nur engagiert und motiviert an dieUntersuchung von <strong>Computerspielen</strong> herangegangen ist, sondern auch erfolgreichpädagogische Konzepte aufzeigen konnte. Durch <strong>Gee</strong>s Vorgehensweise, die Computerspieleselbst zu spielen, basieren se<strong>in</strong>e Untersuchungen vor allem auf eigenen Erfahrungswerten.Damit hat er nicht nur den Sachverhalt selbst überprüft, sondern er konnte mit den eigenenBeispielen se<strong>in</strong>e Argumentation verdeutlichen. <strong>Gee</strong>s Theorie ist für den Leser dadurch<strong>nach</strong>vollziehbarer. Darüber h<strong>in</strong>aus kommen, trotz vieler gewalthaltiger Beispiele, die Vielfaltund die Unterschiede von <strong>Computerspielen</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch deutlich zum Ausdruck. <strong>Gee</strong> rücktden Fokus auf verwendbare und positive Elemente <strong>in</strong> <strong>Computerspielen</strong>. Daran lässt sicherkennen, dass Computerspiele nicht nur auf Gewalt<strong>in</strong>halte reduziert werden können. Se<strong>in</strong>eVorgehensweise wirkt der negativen Instanziierung von <strong>Computerspielen</strong> trotz allementgegen. Durch die von ihm beschriebenen <strong>Lernmechanismen</strong> entwickelt <strong>Gee</strong> Möglichkeitenzur Verbesserung von Lernumgebungen. Außerdem zeigen sie neue Perspektiven, die sogarhelfen können, e<strong>in</strong>e vollkommen neue Lernumgebung zu gestalten und auch neueLernmethoden zu entwickeln. Dazu bietet er die sehr umfangreiche und detaillierte Liste der36 <strong>Lernmechanismen</strong>. Diese wird <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch, durch e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>nvollen undkontextbezogenen Aufbau entwickelt. Denn <strong>Gee</strong> erklärt se<strong>in</strong>e <strong>Lernmechanismen</strong> Schritt fürSchritt und logisch auf e<strong>in</strong>ander aufbauend. Zunächst beschreibt er die Basis der Lerntheorie,die „semiotic doma<strong>in</strong>s“. In jedem folgendem Kapitel erweitert er se<strong>in</strong>e Theorie umergänzende Aspekte, die nicht nur weitere Eigenschaften e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ be<strong>in</strong>halten,sondern auch Charakteristika des Denkens und Lernens zur Meisterung e<strong>in</strong>er „semioticdoma<strong>in</strong>“.Im Gegensatz zu Spitzers und McGonigals Thesen beschäftigt sich <strong>Gee</strong> nicht mit den Fragen,ob Computerspiele negative oder positive psychologische und gesundheitliche Konsequenzenhaben und ob Computerspiele an sich s<strong>in</strong>nvoll und nützlich s<strong>in</strong>d. Sowohl Spitzer als auchMcGonigal vertreten zu diesen Fragen extreme und zue<strong>in</strong>ander konträre Me<strong>in</strong>ungen. <strong>Gee</strong>untersucht Computerspiele h<strong>in</strong>gegen auf allgeme<strong>in</strong> anwendbare lernförderliche Strukturen,welche theoretisch nicht auf Computerspiele beschränkt se<strong>in</strong> müssten. Zusätzlich verweist erauf e<strong>in</strong>e mögliche Übertragbarkeit dieser auf e<strong>in</strong>en anderen Kontext. <strong>Gee</strong> entwickelt nicht nure<strong>in</strong>e neue Herangehensweise an das Untersuchungsfeld der Computerspiele, se<strong>in</strong>e Theorieüber die <strong>Lernmechanismen</strong> verkörpert darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>en Mittelweg beziehungsweise e<strong>in</strong>en73


Kompromiss zwischen Spitzer und McGonigal. Die Theorie von <strong>Gee</strong> ist deshalb e<strong>in</strong>Kompromiss, weil er mit ihr e<strong>in</strong>en Verzicht auf Computerspiele ermöglicht, aber dennoch denmöglichen E<strong>in</strong>satz von positiven Computerspielelementen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em andern Kontextbeschreibt.An dieser Stelle sollen zwei <strong>Lernmechanismen</strong> diskutiert werden, die für den Autor derBachelor-These e<strong>in</strong>e besondere pädagogische Relevanz e<strong>in</strong>nehmen. Der ersteLernmechanismus ist das „‚psychosoziale Moratorium‘ Pr<strong>in</strong>zip“. Dieses ist der sechsteLernmechanismus <strong>in</strong> Kapitel 2.2. Er besagt, dass der Lernende Risiken <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Raume<strong>in</strong>gehen kann, <strong>in</strong> dem die Konsequenzen der realen Welt verm<strong>in</strong>dert s<strong>in</strong>d. 230 Besonders <strong>in</strong>diesem Lernmechanismus zeigt sich e<strong>in</strong> besonders starkes Motivationspotenzial. DerLernende muss nicht mit dramatischen Konsequenzen rechnen, wie zum Beispiel dasSitzenbleiben <strong>in</strong> der Schule. Er oder sie kann se<strong>in</strong>e Lernumgebung und se<strong>in</strong>e Fähigkeitenausprobieren und mit e<strong>in</strong>em sicheren Gefühl erforschen. E<strong>in</strong>e derart gestaltete Lernumgebungführt zu dem zweiten Lernmechanismus mit pädagogischer Relevanz. Es ist das „multipleWegpr<strong>in</strong>zip“, der sechzehnte Lernmechanismus <strong>in</strong> Kapitel 2.3. Dieses Pr<strong>in</strong>zip beruht auf e<strong>in</strong>erLernumgebung, die verschiedene Wege für e<strong>in</strong>en Fortschritt bietet. Dadurch kann derLernende Entscheidungen treffen und sich auf se<strong>in</strong>e eigenen Stärken und se<strong>in</strong>en eigenen Stilverlassen. Zusätzlich kann er oder sie alternative Stile ausprobieren. 231 In e<strong>in</strong>erLernumgebung, die durch verm<strong>in</strong>derte Konsequenzen und verschiedene Lösungswegedef<strong>in</strong>iert wird, hat der Lernenden nicht nur e<strong>in</strong> großes Motivationspotential. Er oder sie hatauch die Chance über sich, se<strong>in</strong>e Fähigkeiten und se<strong>in</strong>e Möglichkeiten zu reflektieren. Diesbietet e<strong>in</strong>en Raum, <strong>in</strong> dem die Lernenden sich ausprobieren und die richtige Art und Weisedes Lernens für sich entdecken können. Würde man diese <strong>Lernmechanismen</strong>, schon <strong>in</strong> derSchule anwenden, dann wüssten K<strong>in</strong>der und Jugendliche frühzeitig, wie sich selbste<strong>in</strong>schätzen und wie sie neuem Lernstoff begegnen müssten. Allerd<strong>in</strong>gs ist es wichtig nichtnur e<strong>in</strong>ige der <strong>Lernmechanismen</strong> umzusetzen, sondern alle <strong>in</strong> ihrer Gesamtheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>eLernumgebung zu <strong>in</strong>tegrieren. Denn nur zusammen erschaffen die <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>nach</strong><strong>Gee</strong> e<strong>in</strong>e gute und pädagogisch wertvolle Lernumgebung.E<strong>in</strong> gutes Beispiel für die Umsetzung der <strong>Lernmechanismen</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „semiotic doma<strong>in</strong>“ stelltdie Schule „Quest2learn“, die im Herbst 2009 <strong>in</strong> New York eröffnet wurde, dar. DieLehrpläne und Unterrichtsstrategien wurden 2 Jahre lang von e<strong>in</strong>em Team aus Pädagogen undSpieleentwicklern entwickelt. Die „MacArthur Foundation“ und die „Bill & Mel<strong>in</strong>da Gates230 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 64231 Vgl. ebd.; S. 10574


Foundation“ unterstützen dieses Projekt. Der Lehrplan ist auf den Besuch e<strong>in</strong>es Collegesabgestimmt. Die Schüler erhalten <strong>in</strong> mehreren Blöcken Unterricht <strong>in</strong> Mathematik,Naturwissenschaften, Erdkunde, Englisch, Geschichte, Fremdsprachen, Informatik und Kunst.Entscheidend ist an dieser Schule, wie die K<strong>in</strong>der lernen. Sie s<strong>in</strong>d bei der Erledigung ihrerSchulaufgaben und während des Unterrichts <strong>in</strong> Spielaktivitäten e<strong>in</strong>gebunden. 232„Quest2learn“ basiert auf dem Model des „game-like-learn<strong>in</strong>g“, <strong>in</strong> welchem der Lehrplan aufstrukturellen Pr<strong>in</strong>zipien von <strong>Computerspielen</strong> aufbaut und diese imitiert. Dieser ist spezielldarauf ausgelegt, Interaktivität und systematisches Denken zu fördern. Grundlage desProjektes ist die Idee, dass digitale Spiele e<strong>in</strong> zentraler Bestandteil der heutigen K<strong>in</strong>dheitsundJugendkultur und e<strong>in</strong> effektives Instrument für die <strong>in</strong>tellektuelle Entwicklung der K<strong>in</strong>derund Jugendlichen s<strong>in</strong>d (Bildungslehrplan von „Quest2learn“ im Anhang). 233Anhand dieses Beispiels lässt sich erkennen, dass <strong>Gee</strong>s Theorien durchaus <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderenLernkontext anwendbar se<strong>in</strong> könnten. Se<strong>in</strong>e Arbeit kann als Grundlage für solche und andereProjekte dienen, bedarf jedoch noch e<strong>in</strong>iger weiterer Forschung. Denn <strong>Gee</strong>s Theorie über die<strong>Lernmechanismen</strong> ist zwar <strong>in</strong> weiten Teilen anwendbar, muss aber noch empirisch überprüftwerden. Darüber h<strong>in</strong>aus wäre es s<strong>in</strong>nvoll e<strong>in</strong>ige weitere Untersuchungen zur Thematikdurchzuführen. So müssten zum Beispiel die noch sehr allgeme<strong>in</strong>gültig formulierten<strong>Lernmechanismen</strong> an spezifische Lernkontexte angepasst werden. Zusätzlich könnte überprüftwerden, ob die im Jahr 2007 von <strong>Gee</strong> verfassten <strong>Lernmechanismen</strong> für heutigeComputerspiele noch aktuell s<strong>in</strong>d. Es wäre möglicherweise s<strong>in</strong>nvoll, Felduntersuchungen zuden e<strong>in</strong>zelnen <strong>Lernmechanismen</strong> durchzuführen.Abschließend lässt sich sagen, dass <strong>Gee</strong>s Theorien nicht nur e<strong>in</strong>e neue Perspektive auf dieDiskussion über Computerspiele bieten, sondern auch e<strong>in</strong>e Möglichkeit, gewöhnlicheComputerspiele für die Pädagogik nutzbar zu machen. E<strong>in</strong>e weiterführendeAuse<strong>in</strong>andersetzung mit der Thematik im deutschsprachigen Raum wäre wünschenswert. Indiesem S<strong>in</strong>ne soll die vorliegende Bachelor-These mit folgendem Zitat enden:„Wir können alles spielen, was wir wollen. Wir können jede Zukunft schaffen, die wir unserträumen. Lasst die Spiele beg<strong>in</strong>nen.“ 234232 Vgl. MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wiesie die Welt verändern“; S. 170-178233 Vgl. Q2L.ORG: „Quest to learn – 2012-2013Student & Parent Handbook”; 2012/2013234 MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong> profitieren und wie sie dieWelt verändern“; S. 2775


5. Anhang5.1 Bildungslehrplan von „Quest2Learn“ 235235 Q2L.ORG: „Quest to learn – 2012-2013Student & Parent Handbook”; 2012/2013; S. 10-14. URL:http://q2l.org/Student%20Handbook%202012-2013.pdf zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.201376


5.2 GlossarAff<strong>in</strong>itiy groupE<strong>in</strong>e Gruppe von Menschen, die nicht nur am Inhalte<strong>in</strong>er Lerndiszipl<strong>in</strong> teilnehmen, sondern auch mitverschiedenen sozialen Praktiken darauf reagieren.Beispiele: Denken, Handeln, Interagieren, Bewerten undGlauben. 236Appreciative systemE<strong>in</strong> wertschätzendes System oder Bewertungssystem.Mit dem „appreciative system“ werden persönlicheHandlungen, Emotionen und Erkenntnisse <strong>in</strong> Bezug aufdie Lerndiszipl<strong>in</strong> bewusst evaluiert. 237AufbauspielDies ist e<strong>in</strong> Genre von <strong>Computerspielen</strong>. WirtschaftlicheZusammenhänge werden <strong>in</strong> diesen Spielen vere<strong>in</strong>fachtsimuliert. Der Spieler hat die Aufgabe möglichst vielGew<strong>in</strong>n zu erwirtschaften und sich gegen Konkurrentendurchzusetzen.Black Op„Black Op“ ist die Abkürzung für Black Operation. Diesist e<strong>in</strong>e Speziale<strong>in</strong>heit, die verdeckte Operationen gegengravierende Verstöße gegen Gesetze oder ethischeGrundsätze durchführt.CheatcodeMit e<strong>in</strong>em Cheatcode kann der Spielverlauf e<strong>in</strong>esComputerspieles auf bestimmte Art und Weisebee<strong>in</strong>flusst werden. Normalerweise dient diese Funktionzu Testzwecken <strong>in</strong> der Entwicklungsphase des Spiels.Crowdsourc<strong>in</strong>g-SpieleBei diesen Spielen werden Aufgaben ausgelagert undvon externen Personen bearbeitet, wie im angegebenenBeispiel „Fold<strong>in</strong>g@home“.236 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 27-28237 Vgl. ebd.; S. 90-9381


Design-grammarDie Gestaltungsstruktur oder Gestaltungsregeln e<strong>in</strong>erLerndiszipl<strong>in</strong>. Die „design-grammar“ wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>terne und externe Sicht unterteilt. Die <strong>in</strong>terne Sichtbestimmt, ob Inhalte typisch oder akzeptabel für e<strong>in</strong>eLerndiszipl<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d. Die externe Sicht bestimmt, obsoziale Praktiken für e<strong>in</strong>e Lerndiszipl<strong>in</strong> typisch oderakzeptabel s<strong>in</strong>d. 238Egoperspektive Die Egoperspektive ist e<strong>in</strong>e Kameraansicht <strong>in</strong><strong>Computerspielen</strong>. Die Darstellung der Spielwelt erfolgtaus der Ich-Perspektive. Der Spieler sieht oftmals nurse<strong>in</strong>e Hände.Ego-ShooterDies ist e<strong>in</strong> Genre von <strong>Computerspielen</strong>. Der Spielerbetrachtet e<strong>in</strong>e dreidimensionale Spielwelt aus e<strong>in</strong>erEgoperspektive und agiert mit Waffen, um andereSpieler oder computergesteuerte Gegner zu besiegen.Embodied„Embodied“ bedeutet den Geist als Teil des Körpers zubetrachten. E<strong>in</strong>e Handlung soll durch den Körper undden Geist erlebt werden. Im Text wird „embodied“ <strong>in</strong>Verb<strong>in</strong>dung mit Geschichten, Bedeutungen, Erfahrungenund Handlungen verwendet. 239FansitesE<strong>in</strong>e Fansite ist e<strong>in</strong>e Webseite, die gezielt Informationenzu e<strong>in</strong>em Hobby (Computerspiel, Person usw.)bereitstellt. Ziel dieser Internetseiten ist es, sich mitGleichges<strong>in</strong>nten auszutauschen oder Interesse für dasThema zu wecken.First-Person-ShooterSiehe Ego-Shooter.238 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 29-31239 Vgl. ebd.; S. 79-8082


Game-like-learn<strong>in</strong>g„Game-like-learn<strong>in</strong>g“ ist e<strong>in</strong>e Form von spielerischemLernen. Im verwendeten Beispiel „Quest2learn“ beruhtder Lehrplan der Schule auf verschiedenen strukturellenPr<strong>in</strong>zipien aus <strong>Computerspielen</strong>.Handheld-KonsoleDies ist e<strong>in</strong>e tragbare elektronische Konsole und dientdem Spielen von Videospielen.Konzentrierte BeispieleDamit ist e<strong>in</strong>e große Auswahl von fundamentalen odergrundlegenden Werkzeugen, Fähigkeiten undInstrumenten geme<strong>in</strong>t. Diese sollen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erkonzentrierten Form bereitgestellt se<strong>in</strong>. 240Kulturelle ModelleKulturelle Modelle s<strong>in</strong>d Ansichten und Muster über dieWelt. Sie werden von verschiedenen sozialen Gruppenrepräsentiert und manchmal geteilt. Sie verhelfen denMenschen zum Agieren und zum Interagieren.Kulturelle Modelle können auch untere<strong>in</strong>anderkonkurrieren. 241Massive-Multiplayer-Onl<strong>in</strong>e-Role-Play<strong>in</strong>g-Game, MMORPGE<strong>in</strong> MMORPG ist e<strong>in</strong> Computer-Rollenspiel, dasausschließlich über das Internet gespielt werden kann.Tausend oder mehr Spieler können gleichzeitig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ervirtuellen Welt onl<strong>in</strong>e spielen.N<strong>in</strong>tendo 3DSE<strong>in</strong>e Handheld-Konsole des japanischen Unternehmens„N<strong>in</strong>tendo“. Es ist die erste Spielkonsole, dieautostereoskopische 3D Inhalte darstellen kann. DerN<strong>in</strong>tendo 3DS wurde im Jahr 2011 <strong>in</strong> Europaveröffentlicht.N<strong>in</strong>tendo GameCubeDer N<strong>in</strong>tendo GameCube ist e<strong>in</strong>e von dem japanischen240 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 139241 Vgl. ebd.; S. 148-15583


Unternehmen „N<strong>in</strong>tendo“ hergestellte Spielkonsole undwurde im Jahr 2002 <strong>in</strong> Europa veröffentlicht.NPCDer Begriff NPC umfasst alle Figuren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emComputerspiel, die nicht vom Spieler gesteuert werden.Sie verhalten sich dem Spieler gegenüber freundlichoder neutral.PlayStation PortableE<strong>in</strong>e Handheld-Konsole des Unternehmens „SonyComputer Enterta<strong>in</strong>ment“. Sie wurde im Jahr 2011 <strong>in</strong>Europa veröffentlicht.Projizierte IdentitätMit Hilfe der projizierten Identität werden <strong>in</strong> dievirtuelle Identität die Wünsche, Werte, Vorstellungenund Ziele der realen Identität übertragen. Die projizierteIdentität ist das Verb<strong>in</strong>dungsglied zwischen der realenund der virtuellen Identität. Der Fokus liegt somit aufder Interaktion zwischen der virtuellen und der realenIdentität. 242Reale IdentitätDie reale Identität erschafft die virtuelle Identität durchWünsche, Werte, Vorstellungen und Ziele der realenPerson. Die reale Identität muss hierbei die eigenenMotivationen reflektieren. Der Fokus liegt somit aufdem nicht virtuellen Charakter. 243Semiotic doma<strong>in</strong>sDie „semiotic doma<strong>in</strong>“ ist die Art und Weise wie, zumBeispiel Bilder, Geräusche, Gesten, Bewegungen,Schaubilder, Diagramme, Objekte und Menschen e<strong>in</strong>eBedeutung annehmen. Zu dem umfassen „semioticdoma<strong>in</strong>s“ e<strong>in</strong>e Reihe von Praktiken, die man benötigtum die unterschiedlichen Bedeutungen zu242 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 48-54243 Vgl. ebd.; S. 48-5484


kommunizieren. Im verwendeten Kontext kann man die„semiotic doma<strong>in</strong>s auch als Wissensbereich oderLerndiszipl<strong>in</strong> <strong>in</strong>terpretieren. 244Serious Games„Serious Games“ s<strong>in</strong>d digitale Spiele, die nicht primärder Unterhaltung dienen. Vielmehr sollen sieInformationen und Bildung vermitteln. Dies geschieht <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em ausgeglichenen Verhältnis zuUnterhaltungsaspekten.ShooterspielSiehe Ego-Shooter. Das Spielen erfolgt nicht zw<strong>in</strong>genddurch die Ego-Perspektive, andere Kameraansichtens<strong>in</strong>d auch möglich.S<strong>in</strong>gleplayerspiel Das S<strong>in</strong>gleplayerspiel ist e<strong>in</strong>e Form des<strong>Computerspielen</strong>s, bei dem ohne andere Mit- oderGegenspieler spielt.Social Participation Games„Social Participation Games“ s<strong>in</strong>d Computerspiele, dieAufgaben oder Missionen formulieren, die von denSpielern <strong>in</strong> der wirklichen Welt ausgeführt werdenmüssen, wie im angegebenen Beispiel „TheExtraord<strong>in</strong>aries“.Sozialer VerstandDer Begriff „sozialer Verstand“ beschreibt das Lernen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>er Umgebung, die als sozial, verteil und festenBestandteil e<strong>in</strong>es Netzwerkes def<strong>in</strong>iert wird. 245StrategiespielDies ist e<strong>in</strong> Genre von <strong>Computerspielen</strong>. Der Spieler hatdie Aufgabe, durch taktisches und strategischesGeschick, andere Spieler oder computergesteuerteGegner zu besiegen.244 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 19-20245 Vgl. ebd.; S. 181-18985


Third-Person-ShooterDies ist e<strong>in</strong> Genre von <strong>Computerspielen</strong>. Der Spielerbetrachtet die Spielwelt aus e<strong>in</strong>er Kameraansicht, diemeistens direkt h<strong>in</strong>ter der Spielfigur positioniert ist.VerteiltDer Begriff „verteilt“ symbolisiert die Verteilung desWissens auf Menschen, Instrumente oder Technologieund das Wissen über deren Vernetzung mite<strong>in</strong>ander. 246VerwandtschaftsgruppeSiehe „aff<strong>in</strong>ity group“.Virtuelle IdentitätDie virtuelle Identität verkörpert den Spielcharakter. Siewird durch reale Identität erschaffen und mit Hilfe derprojizierten Identität weiterentwickelt. Der Fokus liegtsomit auf dem Spielcharakter und dessenHandlungsweisen. 247246 Vgl. GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; 2007; S. 196-197247 Vgl. ebd.; S. 48-5486


5.3 AbbildungsverzeichnisAbb. 1: Kapitän Olimar und dieverschiedenen Pikm<strong>in</strong>sPIKMIN.WIKIA.COM: „Capta<strong>in</strong> Olimar“;2011/2012. URL:http://pikm<strong>in</strong>.wikia.com/wiki/Capta<strong>in</strong>_Olimarzuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013ArmeeAbb. 2: Kapitän Olimar und se<strong>in</strong>e Pikm<strong>in</strong>-WELSH, Oli: „New Play Control! Pikm<strong>in</strong>Review“; 28.01.2009. URL:http://www.eurogamer.net/articles/new-playcontrol-pikm<strong>in</strong>-reviewzuletzt e<strong>in</strong>gesehen am06.06.2013Abb. 3: Das Bekämpfen e<strong>in</strong>es Gegners mitHilfe der Pikm<strong>in</strong>MATTHEW: „A Look Back – Pikm<strong>in</strong>“;07.03.2012. URL:http://gr<strong>in</strong>dquest.wordpress.com/2012/03/07/a-look-back-pikm<strong>in</strong>/ zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am06.06.2013Abb. 4: Das Zentrum des WaldesTECHMORFE.COM: ohne Titel; ohneJahresangabe. URL:http://www.techmorfe.com/tunel-do-tempopikm<strong>in</strong>/zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 14.04.2013Abb. 5: Cover von „Arcanum: VonDampfmasch<strong>in</strong>en und Magie“MONSTERWII.blogspot.de: „Arcanum - OfSteamworks & Magick Obscura - Incl. BonusFeatures - English Installation“; 27.03.2012.URL:http://monsterwii.blogspot.de/2012/03/arcanum-of-steamworks-magick-obscura.htmlzuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Abb. 6: Arcanum CharakterprofilScreenshot vom Autor selbst erstellt am23.04.2013 aus dem Spiel „Arcanum: VonDampfmasch<strong>in</strong>en und Magie“, <strong>nach</strong> den87


Beschreibungen von <strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong>sCharakter Bead BeadAbb. 7: Cover von „Deus Ex“FI.WIKIPEDIA.ORG: „Tiedosto:Deus excover.jpg“;2000. URL:http://fi.wikipedia.org/wiki/Tiedosto:Deus_ex-cover.jpg zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Abb. 8: „Deus Ex“ CharakterbildschirmImplantateScreenshot vom Autor selbst erstellt am19.05.2013 aus dem Spiel „Deus Ex“Abb. 9: Beispiel e<strong>in</strong>er Nachricht mitZugangsdaten aus dem Spiel „Deus Ex“Screenshot vom Autor selbst erstellt am19.05.2013 aus dem Spiel „Deus Ex“Abb. 10: Cover von „Tomb Raider: The LastRevelation“TOMBRAIDERDIABLO.BLOGSPOT.DE:„Tomb Raider The Last Revelation rar“;24.03.2013. URL:http://tombraiderdiablo.blogspot.de/2013/03/tomb-raider-last-revelation-rar.html zuletzte<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Abb. 11: Der goldene Schädel, den derSpieler im Wasser entdecken kannScreenshot vom Autor selbst erstellt am22.05.2013 aus dem Spiel „Tomb Raider: TheLast Revelation“ - Roter Pfeil vom Autor <strong>in</strong>das Bild e<strong>in</strong>gefügtAbb. 12: Professor von Croys Anweisungen,aus dem Tra<strong>in</strong>igsmodul von „Tomb Raider:The Last Revelation“Screenshot vom Autor selbst erstellt am22.05.2013 aus dem Spiel „Tomb Raider: TheLast Revelation“ – Textblock vom Autor ausdem Spiel „Tomb Raider: The LastRevelation“ transkribiert und <strong>in</strong> das Bilde<strong>in</strong>gefügt88


Abb. 13: Cover von „System Shock 2“THEGAMERSCHALLENGE.COM:„Halloween Horror – Top 5 Video Games ToPlay“; 27.10.2012. URL:http://www.thegamerschallenge.com/tgc/halloween-horror-five-games-to-play/ zuletzte<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Abb. 14: Der Informationsterm<strong>in</strong>al aus„System Shock 2“Screenshot vom Autor selbst erstellt am23.05.2013 aus dem Spiel „System Shock 2“Abb. 15: Cover von „Sonic Adventure 2Battle“DE.SONIC.WIKIA.COM: „Sonic Adventure2 Battle“; ohne Jahresangabe. URL:http://de.sonic.wikia.com/wiki/Sonic_Adventure_2:_Battle zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am06.06.2013Abb. 16: Cover von „Operation Flashpo<strong>in</strong>t:Cold War Crisis“EN.WIKIPEDIA.ORG: „OperationFlashpo<strong>in</strong>t: Cold War Crisis“; ohneJahresangabe. URL:http://en.wikipedia.org/wiki/Operation_Flashpo<strong>in</strong>t:_Cold_War_Crisis zuletzt e<strong>in</strong>gesehenam 06.06.2013Abb. 17: Cover von „World of Warcraft“CDKEY-ONLINE-KAUFEN.DE: „World ofWarcraft – Sei Teil des Weltrekords“; ohneJahresangabe. URL: http://cdkey-onl<strong>in</strong>ekaufen.de/world-of-warcraft-cd-key-kaufen/zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Abb. 18: E<strong>in</strong>e große Gruppe von „World ofWarcraft“ Spielern, die sichzusammengeschlossen haben, um e<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>sames Ziel zu erreichenScreenshot vom Autor selbst erstellt am02.08.2008 aus dem Spiel „World ofWarcraft“89


Abb. 19: Er<strong>in</strong>nerungsbild aus „World ofWarcraft“ an e<strong>in</strong>en Sieg im Endkampf desdamaligen Spiel<strong>in</strong>halts. Die hier abgebildeteGruppe besteht aus Spielern aus ganzDeutschland, die wochenlang zusammendaran gearbeitet haben diesen Sieg zuerr<strong>in</strong>gen.Screenshot vom Autor selbst erstellt am02.09.2010 aus dem Spiel „World ofWarcraft“Abb. 20: Cover von „Half-Life“SECTORW.WIKIA.COM: „File:Half-Life.jpg“; ohne Jahresangabe. URL:http://sectorw.wikia.com/wiki/File:Half-Life.jpg zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Abb. 21: Das E<strong>in</strong>geben e<strong>in</strong>es Cheatcodes <strong>in</strong>„Half-Life“Screenshot vom Autor selbst erstellt am26.05.2013 aus dem Spiel „Half-Life“90


5.4 AbkürzungsverzeichnisAbb.Black OpsBSEESAetc.IFTFMITMMORPGNATONPCNSFUNATCOUNNAbbildungBlack OperationBov<strong>in</strong>e spongiforme EnzephalopathieEnterta<strong>in</strong>ment Software Associationet ceteraInstitue for the FutureMassachusetts Institute of TechnologyMassive-Multiplayer-Onl<strong>in</strong>e-Role-Play<strong>in</strong>gGameNorth Atlantic Treaty OrganizationNon-player characterNational Secessionist ForceUnited Nations Anti-Terrorist CoalitionUnited National Nom<strong>in</strong>ate91


5.5 LiteraturverzeichnisBAUER, Manuel: „Studie: Gewalthaltige Computerspiele machen aggressiv“; 11.10.2012.URL: http://www.computerbild.de/artikel/cbs-News-PC-Studie-Gewalt-Computerspieleaggressiv-7814481.htmlzuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013CGPUBLISHER.COM: „<strong>James</strong> <strong>Paul</strong> <strong>Gee</strong>“; ohne Jahresangabe. URL:http://jamespaulgee.cgpublisher.com/ zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013ENTERTAINMENT SOFTWARE ASSOCIATION: „2012 Sales, Demographic and UsageData – Essential Facts about the Computer and Video Game Industry”; 2012. URL:http://www.theesa.com/facts/pdfs/ESA_EF_2012.pdf zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013GEE, <strong>James</strong> <strong>Paul</strong>: „What video games have to teach us about learn<strong>in</strong>g and literacy”; PalgraveMacmillan; New York 2007HERODOT: „Historien“; Alfred Kröner Verlag; Stuttgart 1971MCGONIGAL, Jane: „Besser als die Wirklichkeit! Warum wir von <strong>Computerspielen</strong>profitieren und wie sie die Welt verändern“; Wilhelm Heyne Verlag; München 2012MCGONIGAL, Jane: „Gam<strong>in</strong>g can make a better world“; 2010. URL:http://www.ted.com/talks/jane_mcgonigal_gam<strong>in</strong>g_can_make_a_better_world.html zuletzte<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Q2L.ORG: „Quest to learn – 2012-2013Student & Parent Handbook”; 2012/2013. URL:http://q2l.org/Student%20Handbook%202012-2013.pdf zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.201392


SPITZER, Manfred: „Digitale Demenz – Wie wir uns und unsere K<strong>in</strong>der um den Verstandbr<strong>in</strong>gen“; Droemer Verlag; München 2012TAZ.DE: „Mehr Wissenschaft gefordert“; 26.04.2010. URL: http://www.taz.de/!51696/zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013T-ONLINE.DE: „Black Ops 2 sorgt für Milliarden-Umsatz <strong>in</strong> Rekordzeit“; 07.12.2012. URL:http://www.t-onl<strong>in</strong>e.de/spiele/id_61205536/black-ops-2-knackt-milliarden-grenze-<strong>in</strong>rekordzeit.htmlzuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.2013Z., Joan: „Gewalt im Videospiel, der ewige Sündenbock“; 14.02.2013. URL:http://www.gulli.com/news/20827-gewalt-im-videospiel-der-ewige-suendenbock-2013-02-14zuletzt e<strong>in</strong>gesehen am 06.06.201393


5.6 Eidesstattliche ErklärungHiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Ausarbeitung selbstständig verfasst und ke<strong>in</strong>eanderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt habe, alle Ausführungen, dieanderen Schriften wörtlich oder s<strong>in</strong>ngemäß entnommen wurden, kenntlich gemacht s<strong>in</strong>d unddie Arbeit <strong>in</strong> gleicher oder ähnlicher Fassung noch nicht Bestandteil e<strong>in</strong>er Prüfungsleistungwar.------------------------------------------- -------------------------------------------Ort/DatumUnterschrift94


5.7 DanksagungenIch möchte me<strong>in</strong>en Eltern Adelheid und Thomas danken, die mich immer unterstützt und mirme<strong>in</strong>en ersten Computer gekauft haben. Ohne sie wäre ich niemals so weit gekommen undnicht die Person, die ich heute b<strong>in</strong>. + 500 Unterstützung, + 500 LiebeAuch me<strong>in</strong>en Geschwistern Boris und Holger möchte ich danken, die mich schon als 5-Jährige auf ihrem Atari „Bobby goes Home“ spielen ließen. Besonders me<strong>in</strong>em ältestenBruder Boris möchte ich danken, der diese Bachelor-These so oft gelesen hat. + 100Beistand, + 100 SpielfreudeIch danke me<strong>in</strong>em Freund Benni, der mich <strong>in</strong> dieser Zeit so oft aufgeheitert, abgelenkt undunterstützt hat. Er hatte immer e<strong>in</strong> offenes Ohr für me<strong>in</strong>e Sorgen und das Talent mich trotzallem zum Lachen zu br<strong>in</strong>gen. + 100 Fürsorge, + 100 Empathie, + 100 BedeutungAuch me<strong>in</strong>em Freund und Kommilitonen Tim möchte ich danken. Immer, wenn ich e<strong>in</strong>engedanklichen Hänger hatte, hat er mich aufs Neue <strong>in</strong>spiriert. + 100 Ideenreichtum, + 100superheldenhafte InspirationMe<strong>in</strong> Dank gilt auch me<strong>in</strong>em Betreuer Herrn Gregory Grund. Er hat mich beim Schreiben derBachelor-These immer unterstützt und stand für Fragen jederzeit und schnell zur Verfügung.+ 50 Weitsicht, + 50 E<strong>in</strong>satz95

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