Dresden 1945–1948
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Thomas Widera, <strong>Dresden</strong> <strong>1945–1948</strong><br />
Untersuchungsgegenstand 13<br />
soviel wie über die Planungen der Kommunistischen Partei Deutschlands<br />
(KPD) in ihrem Moskauer Exil. 21 Doch wir kennen kaum die politische Alltagspraxis,<br />
jene Interdependenz von Herrschenden und Beherrschten, die erst den<br />
anscheinend irreversiblen ostdeutschen Weg in die Geschichte und seine „Trennung<br />
vom Westen“ 22 ermöglichte. „Nur die energisch begrenzte Untersuchung<br />
am konkreten Fall, die minutiöse Verfolgung der Entwicklung im Detail vermag<br />
über die Gemeinplätzigkeit hinauszuführen, die sich allmählich aus einer allzuoft<br />
wiederholten Darlegung ‚großer Entwicklungslinien‘ zu ergeben droht.“ 23<br />
Diese nach wie vor gültige Forderung ist in der modernen Diktaturforschung<br />
aktueller denn je, und die vorliegende Studie unternimmt den Versuch, im spezifischen<br />
Detail das Allgemeine sichtbar zu machen und dabei die Durchsetzung<br />
und die Funktionsmechanismen einer totalitären Diktatur herauszuarbeiten. 24<br />
Der Fokus richtet sich auf die historischen Prozesse der Mikroebene von Politik<br />
und Gesellschaft nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur. Der<br />
Begriff der „Diktaturdurchsetzung“, der dieser Arbeit zugrunde liegt, impliziert,<br />
dass zur Errichtung einer Diktatur die Bereitschaft der Gesellschaft herbeigeführt<br />
werden musste, nicht legitimierte Herrschaft hinzunehmen. 25 Mit Hilfe<br />
dieses analytischen Instruments werden am Beispiel <strong>Dresden</strong>s Aufbau und Ausbau<br />
der für die Diktaturdurchsetzung notwendigen Herrschaftsstrukturen dargestellt.<br />
Zur „antifaschistisch-demokratischen Umwälzung“ 26 bediente sich die<br />
Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) deutscher Gegner<br />
des Nationalsozialismus, unter denen sie die Kommunisten von Anfang an massiv<br />
bevorzugte. Vor der Errichtung zentraler Instanzen begannen politischer<br />
Umbau und Machtsicherung auf der Ebene kommunaler Verwaltungsorgane.<br />
<strong>Dresden</strong> ist als Untersuchungsgegenstand auch deswegen besonders geeignet,<br />
weil von der sächsischen Landeshauptstadt entscheidende politische Impulse<br />
ausgingen. Die Hauptstadt des Landes Sachsen mit seiner zentralen Bedeutung<br />
für die sowjetische Besatzungspolitik als industrielles Kernland der SBZ 27 hatte<br />
Pilotfunktion bei der Herausbildung modellhafter Strukturen. Die Dresdner<br />
Stadtverwaltung war Nukleus und Ausgangsbasis der sächsische Landesverwal-<br />
21 Vgl. Badstübner/Loth, Pieck – Aufzeichnungen; Erler/Laude/Wilke, Nach Hitler; Keiderling,<br />
Gruppe Ulbricht; Wettig, Bereitschaft; Wilke, Anatomie.<br />
22 Vgl. Henke, Trennung vom Westen.<br />
23 Fromme, Ordnung, S. 213.<br />
24 Schneider, Nationalsozialismus und Region, S. 439; Wirsching, Nationalsozialismus in<br />
der Region, S. 27 und 38; das bekannteste Beispiel dafür ist das „Bayern-Projekt“ des<br />
Instituts für Zeitgeschichte Broszat/Fröhlich, Bayern in der NS-Zeit II.<br />
25 Vgl. Behring/Schmeitzner, Einleitung, S. 9–12.<br />
26 So der offizielle Terminus in der DDR, vgl. Doernberg, Geburt, S. 450, der ebenso der<br />
Verschleierung tatsächlicher Gegebenheiten und Machtverhältnisse diente wie die Umschreibungen<br />
„antifaschistisch-demokratisch“ und „antifaschistisch geprägte Gesellschaft“<br />
heute bei Badstübner, Reich, S. 72 und 546; dazu auch Wettig, Kontrastprogramm.<br />
27 Vgl. Halder, Demontagen, S. 176.<br />
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525369012 — ISBN E-Book: 9783647369013