Dresden 1945–1948
Dresden 1945–1948
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Thomas Widera, <strong>Dresden</strong> <strong>1945–1948</strong><br />
Fragestellung und Aufbau der Studie<br />
Fragestellung, Aufbau der Studie 15<br />
In der SBZ/DDR wurde ein den Westzonen diametral entgegengesetztes Politikmodell<br />
realisiert. Die empirisch angelegte Untersuchung soll mittels einer<br />
Verknüpfung von Ereignis- und Strukturgeschichte in verschiedenen Längs- und<br />
Querschnitten herausfinden, in welchem Maß Konsens und Loyalität aufgebaut<br />
werden konnten, wie die gesellschaftspolitische Umgestaltung gelang, welche<br />
Voraussetzungen dafür vorlagen und welche Bedingungen erst noch geschaffen<br />
werden mussten. Über die Frage nach der Integrations- und Mobilisierungsfähigkeit<br />
des politischen Systems sowie nach dessen Organisations- und Problemlösungskapazitäten<br />
ist zur Herrschaftswirklichkeit vorzudringen. Dabei wurden<br />
sowohl die Konstituierung der Parteien wie ihre demokratischen Wurzeln und<br />
ihre Verankerung in der Bevölkerung in den Blick genommen, die Vorgaben der<br />
sowjetischen Besatzungspolitik, der Spielraum deutscher Politiker und die<br />
Zwänge, denen sie unterlagen, aber auch ihr eigenes Wollen, ihr Selbstverständnis<br />
und ihre Bereitschaft zum Neuanfang. Hier ist das begriffliche Raster Diktaturdurchsetzung<br />
wegen seines allgemeineren Charakters dem der Sowjetisierung<br />
34 oder Stalinisierung für die quellennahe Analyse des politischen Systems<br />
vorzuziehen. Mittels seiner größeren Trennschärfe können die exogenen von<br />
den autochthonen Faktoren getrennt und Ausmaß sowie Stellenwert ermittelt<br />
werden, „den die Sowjetisierung innerhalb der deutschen politischen, gesellschaftlichen,<br />
wirtschaftlichen und kulturellen, vielleicht auch mentalen Strukturen<br />
erreicht hat“. 35<br />
Die Komplexität des Untersuchungsgegenstands erlaubt oft nicht die chronologische<br />
Schilderung der Ereignisse, generell wurde dies angestrebt, doch strukturelle<br />
Längsschnitte waren ebenso erforderlich. Die thematischen Schwerpunkte<br />
wurden in den zeitlichen Ablauf eingeordnet. Am Anfang steht eine<br />
Bilanz am Ende des Zweiten Weltkrieges. Doch wird man in <strong>Dresden</strong> vor allem<br />
nach dem prägenden Einschnitt des Jahres 1945, dem 13./14. Februar, fragen<br />
müssen. Die Vernichtung der bis dahin als „Elbflorenz“ beschriebenen Altstadt<br />
hinterließ in der Bevölkerung, die gehofft hatte, verschont zu bleiben, ein dauerndes<br />
Trauma. Welchen Stellenwert hatten die sozialen und politischen Erfahrungen<br />
vor 1945 in den Monaten des Umbruchs? Diese Frage liegt besonders<br />
dem dritten Kapitel, das den Neuaufbau der städtischen Verwaltungsgremien<br />
und die Gründung der Parteien behandelt, und dem anschließenden vierten Kapitel<br />
zugrunde, das die unterschiedlichen Interessen und Positionen untersucht,<br />
die den Beginn der politischen Säuberung prägten.<br />
Der darauf folgende Abschnitt beschreibt die Anfänge des Sicherheitsapparates.<br />
Die Parteiherrschaft der KPD/SED beruhte neben der Machtbasis in der<br />
Verwaltung in hohem Maß auf repressiven Methoden. Die Ordnungspolizei<br />
wurde zum Handlanger der Besatzungsmacht und zur Ausgangsbasis für die po-<br />
34 Lemke, Einleitung; Lemberg, Sowjetisches Modell.<br />
35 Behring/Schmeitzner, Einleitung, S. 11.<br />
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525369012 — ISBN E-Book: 9783647369013