Dresden 1945–1948
Dresden 1945–1948
Dresden 1945–1948
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Forschungsstand<br />
Thomas Widera, <strong>Dresden</strong> <strong>1945–1948</strong><br />
Forschungsstand 17<br />
Wie erwähnt, kann die Dresdner Lokalstudie auf keinen vergleichbaren Arbeiten<br />
aufbauen. Regionalgeschichtliche Untersuchungen wie die von Paul Erker<br />
und Hans Woller 37 existieren für die Nachkriegsgesellschaft in der SBZ/DDR<br />
bislang ebenso wenig wie ein Pendant für die vielen lokalhistorischen Arbeiten<br />
über westdeutsche Großstädte. 38 Helge Matthiesens Analyse der konservativen<br />
Eliten Greifswalds erstreckt sich über einen Zeitrahmen von neunzig Jahren<br />
und widmet sich daher der Nachkriegszeit nur in einem Ausschnitt. 39<br />
Natürlich setzt der auf den engen geografischen Rahmen <strong>Dresden</strong>s umgrenzte<br />
Untersuchungsgegenstand die Berücksichtigung übergreifender Zusammenhänge<br />
voraus. Dafür liegen in Sachsen mit einer Reihe neuer Forschungsergebnisse<br />
günstige Voraussetzungen vor. Zu nennen ist insbesondere die Studie zur<br />
„KPD/SED in Sachsen 1945–1952“, der „Partei der Diktaturdurchsetzung“,<br />
von Stefan Donth und Mike Schmeitzner, die erstmalig im Anschluss an die einschlägigen<br />
Monographien von Harold Hurwitz und Andreas Malycha 40 die Entwicklung<br />
der KPD zur stalinistischen Kaderpartei in einer konzentrierten Fallanalyse<br />
verfolgt. Beide Verfasser sprechen von einer Scharnierfunktion der<br />
KPD zwischen Bevölkerung und Besatzungsmacht, wobei ihnen die kommende<br />
Staatspartei als „maßgebliche Instanz der Diktaturdurchsetzung“ gilt. 41 Breiten<br />
Raum nimmt in dieser Schilderung die Eliminierung sozialdemokratischer Positionen<br />
innerhalb der SED ein sowie deren Umformung zu einer „Partei neuen<br />
Typus“, die auf diese Weise ihre führende Rolle in Staat und Gesellschaft verwirklichte.<br />
Von vergleichbarer Bedeutung ist der gleichnamige Sammelband von<br />
Rainer Behring und Mike Schmeitzner. 42 Er operationalisiert in einer Reihe<br />
quellengesättigter Spezialuntersuchungen das Konzept der Diktaturdurchsetzung<br />
und diskutiert auch in theoretischer Hinsicht dessen Reichweite.<br />
Winfrid Halder betont gleichfalls die Besonderheit der sächsischen Entwicklung<br />
und stellt in den Mittelpunkt seines „Modell für Deutschland“ benannten<br />
Fazits zur sächsischen Wirtschaftspolitik, dass die sowjetisch-sozialistische<br />
Herrschaftsordnung das von SMAD und SED gleichermaßen anvisierte Ziel<br />
war. 43 Während Halder im Detail die von der SED improvisierte Wirtschaftsplanung<br />
analysiert und beim Aufbau der Wirtschaftsverwaltung bis 1948 auf die<br />
Rolle des eigenwilligen sächsischen Wirtschaftsministers Fritz Selbmann eingeht,<br />
rekonstruiert Gerd R. Hackenberg auf empirischer Grundlage den ökono-<br />
37 Erker, Nachkriegsgesellschaft; Woller, Gesellschaft und Politik.<br />
38 Vgl. Barbian/Heid, Kriegsende und Wiederaufbau; Billstein/Illner, Köln 1945; Borgstedt,<br />
Entnazifizierung in Karlsruhe; Irek, Mannheim.<br />
39 Matthiesen, Greifswald, S. 449–532; nach Beendigung der Arbeit an dem Manuskript<br />
erschien die fundierte Lokalstudie von Sperk, Entnazifizierung Köthen/Anhalt.<br />
40 Hurwitz, Stalinisierung; Malycha, SED.<br />
41 Schmeitzner/Donth, Partei der Diktaturdurchsetzung, S. 532.<br />
42 Behring/Schmeitzner, Diktaturdurchsetzung.<br />
43 Halder, Modell, S. 607.<br />
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />
ISBN Print: 9783525369012 — ISBN E-Book: 9783647369013