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Dresden 1945–1948

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Thomas Widera, <strong>Dresden</strong> <strong>1945–1948</strong><br />

Forschungsstand 19<br />

Die zentrale Bedeutung der Entnazifizierung für strukturelle Veränderungen<br />

und Zugriffsmöglichkeiten sowie für eine konsequent parteiliche Personalpolitik<br />

der KPD/SED bestätigte Damian van Melis am Beispiel der Entnazifizierung<br />

in Mecklenburg-Vorpommern. 53 Obwohl der politische Umsturz nach<br />

Kriegsende auf dem flachen Land nicht mit demselben Tempo wie in Sachsen<br />

vorangetrieben wurde, gab es in der Verwaltung im Norden der SBZ Ende 1945<br />

gleichfalls keine NSDAP-Mitglieder mehr. Zu diesem Befund einer über den umfassenden<br />

Elitenaustausch rasch vollzogenen Neuprägung der Gesellschaft war<br />

bereits Helga A. Welsh für die von ihr untersuchte „Entnazifizierungs- und Personalpolitik<br />

in Thüringen und Sachsen“ gekommen. 54 Sie betonte den Doppelcharakter<br />

der Entnazifizierung, die mit der Ausschaltung von Nationalsozialisten<br />

aus fast allen wichtigen Positionen in Wirtschaft und Gesellschaft politische,<br />

ökonomische und soziale Veränderungen grundsätzlicher Natur ermöglichte.<br />

Auf weitere Literatur 55 wird jeweils im Anmerkungsapparat verwiesen. Dies<br />

gilt auch für die von der Partei- und Staatsführung der DDR gesteuerten Ergebnisse<br />

der marxistischen Geschichtswissenschaft, deren wissenschaftliche Dienlichkeit<br />

zu diskutieren den Rahmen sprengen würde. Sie stellten das Zusammenwirken<br />

von sowjetischen Besatzungsorganen und deutschen Verwaltungen<br />

zwar völlig undifferenziert dar, verleugneten jedoch nicht die Einflussnahme der<br />

Sieger auf die Umgestaltungsprozesse in der SBZ. 56 Ungeachtet der seit 1990<br />

erfolgten Öffnung der Archive halten einige in der DDR sozialisierte Wissenschaftler<br />

weiterhin an ihren monolithischen Geschichtsbildern fest, denen zufolge<br />

die Entwicklung in der SBZ vornehmlich als Reaktion auf politische Entscheidungen<br />

im Westen anzusehen sei. 57 Die generell erforderliche Skepsis<br />

hinsichtlich ideologiegebundener Forschung gebietet gegenüber ihren Resultaten<br />

eine gewisse Zurückhaltung. 58<br />

Nach wie vor ist das SBZ-Handbuch, der 1990 zusammengefasste Wissensstand<br />

der westdeutschen DDR-Forschung, eine unentbehrliche Arbeitsgrundlage.<br />

59 Einen umfassenden Überblick vermittelt auch das von Wolfgang Benz<br />

53 Melis, Entnazifizierung.<br />

54 Welsh, Wandel.<br />

55 Vgl. auch den Forschungsüberblick bei Braun, Neue Literatur; Braun, Neue Forschungen;<br />

Braun, Spiegel der Forschung; Bouvier, Forschungen; Sattler, Wirtschaftsordnung<br />

S. 24–40; Schroeder, SED-Staat, S. 621–632.<br />

56 Vgl. exemplarisch Meinicke, Entnazifizierung; Gräfe/Wehner, Politik der Sowjetischen<br />

Militäradministration; Gräfe/Wehner, führende Rolle der KPD; Wehner, Unterstützung<br />

der sowjetischen Militärorgane; Wehner, Befreiung <strong>Dresden</strong>s vom Faschismus.<br />

57 „Die Gründung der Bundesrepublik provozierte die ungewollt/gewollte Gründung der<br />

DDR.“, behauptete beispielsweise unlängst der ehemalige Bereichsleiter am Zentralinstitut<br />

für Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR Badstübner, zum doppelten<br />

Deutschland, S. 14. Vgl. Müller, Zweierlei Geschichtsschreibung.<br />

58 Exemplarisch spiegelt die Aussage des ehemaligen Direktors des Instituts für Zeitgeschichte<br />

[der DDR] Stefan Doernberg eine um Wahrheitsfindung bemühte ideologische<br />

Befangenheit wider, siehe Aufarbeitung und Versöhnung, S. 171–177; ebenso Doernberg,<br />

Fronteinsatz. Vgl. Halder, Modell, S. 226; Steinbach, Wissenschaftlichkeit und Politik.<br />

59 Broszat/Weber, SBZ-Handbuch.<br />

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen<br />

ISBN Print: 9783525369012 — ISBN E-Book: 9783647369013

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