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LINDETECHNOLOGYAusgabe TITELTHEMA: Mit Erdgas in die ZukunftEnergielieferant im DauerfrostVollgas durch Australien#1.Hammerfest: LNG für den Weltmarkt Trucks mit sauberem TreibstoffMedizintechnikWasserstoffBiotechnologie11 Stahlschwamm für ImplantateDie Vision kommt auf die StraßeEiskalt um den GlobusFlüssige Energie – effizient transportiertAuf dem Weg zur grünen ChemieBrückentechnologie für die EnergieversorgungMit Erdgas indie Zukunft


editorial // LINDE TECHNOLOGY #1.1103EditorialLiebe Leserinnenund Leser,der Weg in eine CO 2 -arme Energieversorgung ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Fest steht:Der Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO 2 ) lässt sich nicht sofort stoppen. Aber wir können dieEmissionen schon jetzt erheblich reduzieren: Bereits heute steht uns eine wirksame Alternative zur Verfügung– Erdgas. Erdgas ist eine geeignete Brückentechnologie für eine klimaschonendere Energieversorgungbeispielsweise von Privathaushalten, der Industrie und dem Transportsektor. Denn Erdgas ist ähnlicheinsetzbar wie Öl, erzeugt aber wesentlich weniger CO 2 . Zudem reichen die weltweiten Vorkommen nochdeutlich länger als Erdöl. Innovative Erdgas-Technologien können somit einen wichtigen Beitrag beim Übergangin eine CO 2 -freie Wirtschaft leisten.An allen Schlüsselstellen der Wertschöpfungskette trägt <strong>Linde</strong> dazu dabei, die Vorteile von Erdgas alsPrimärenergie weltweit umfassend zu nutzen – von der Quelle bis zum Verbraucher. Das Titelthema dieserAusgabe zeigt die ganze Bandbreite unseres Erdgas-Know-hows: So sorgt unsere Technologie dafür, dassder Energieträger in flüssiger Form, kurz LNG für Liquefied Natural Gas, auch von entfernten Lagerstätteneffizient zum Verbraucher gelangt. Die dafür erforderliche Kältetechnologie ist eine Kernkompetenz von<strong>Linde</strong>. Unsere Ingenieure haben die Verflüssigungsanlagen selbst an schwierigste Klimabedingungen angepasst,wie die weltweit nördlichste LNG-Anlage in Hammerfest zeigt. Auch für den LNG-Transport bieten wirinnovative Lösungen und engagieren uns beim Aufbau einer LNG-Infrastruktur: <strong>Linde</strong>-Ingenieure entwickelnbeispielsweise Speichertanks für Hafenanlagen und Schiffe. Zudem baut und betreibt <strong>Linde</strong> kleinere LNG-Anlagen zur Versorgung von LKW-Tankstellen.Um fossile Treibstoffe im Straßenverkehr zu ersetzen, bietet Wasserstoff ein großes Potenzial. <strong>Linde</strong> engagiertsich seit Jahren dafür, die umweltfreundliche H 2 -Technologie auf die Straßen zu bringen. In vielenBereichen ist dies bereits gelungen – von Wasserstoffbussen im kalifornischen Nahverkehr bis zu Brennstoffzellenautos,die den Globus umrunden.Auch die chemische Industrie setzt zunehmend auf nachwachsende Rohstoffe – und wird damit immergrüner. Auf dem Gebiet der Anlagentechnik für biotechnologische Verfahren sind unsere Experten von <strong>Linde</strong>-KCA-Dresden ganz vorne mit dabei.Wir bieten schon heute passende Technologien und Verfahren für eine effiziente Rohstoffnutzung und eineklimafreundliche Energieversorgung. Wir denken an künftige Generationen, wir setzen auf Nachhaltigkeit.Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre.Dr.-Ing. Aldo BelloniMitglied des Vorstands der <strong>Linde</strong> AG


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // inhalt04_18Erdgasverflüssigung: von Norwegen in die Welt_10Medizintechnik: Knochenzellen wachsen auf porösem Metall_52_46Stahlproduktion: Energie sparen mit SauerstoffWasserstoff: Brennstoffzelle macht mobil


inhalt // LINDE TECHNOLOGY #1.110503 editorial06 Edler Treibstoff08 newsLuftzerleger für Gas-to-Liquids-Anlage in Katar10 Stahlschwamm für Stabile KnochenInnovative Oberflächentechnik für ImplantateTitelthemaMit Erdgas in die ZukunftVerflüssigungstechnologien von <strong>Linde</strong> sorgen dafür, dass Erdgas sicher um den Globus transportiert werden kann.Der Energierohstoff stellt eine wichtige Brückentechnologie dar – auf dem Weg in eine CO 2 -freie Wirtschaft.14 Sicherer Rohstoff:Energie aus ErdgasInnovative Technologien für flüssigesErdgas helfen beim Klimaschutz18 lng-lieferant im DauerfrostHammerfest produziert flüssiges Erdgas fürden globalen Markt30 Vollgas durch Down UNderAustralische Trucks fahren umweltfreundlichmit Erdgas statt Diesel34 Der Schlüssel zum Rohstoff-DepotStickstoff-Technologie verbessert Förderquotevon Erdgas und Erdöl26 Eiskalt verschifftVerflüssigen, speichern, transportieren –Lösungen für eine optimale Infrastruktur36 Effizientes Feuerwehr-gasCO 2 löscht Schwelbrände in Biomasse-Silos und Abfallbunkern38 Rückkehr ins LebenPflegekonzept für langzeitbeatmete Patienten42 Bakterien an der SauerstoffbarIndustrieabwässer energie- und kostensparend reinigen44 „Bioraffinerien nutzen Nachwachsende ROhstoffe Optimal”Interview: <strong>Linde</strong>-Experten erklären, wie Biotechnologie die Chemie revolutioniert46 H 2 kommt auf die STraSSeWasserstoff: Vision wird Wirklichkeit52 HeiSSer stahl – effizient geglühtSauerstoff spart Energie bei der Stahlproduktion54 Beeren unter FrostschockTiefgefrieren mit Flüssigstickstoff


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Pearl06Flüssige Kraft: Mit derGas-to-Liquids-Anlagein Katar gewinnt Shellwertvolle Treibstoffeaus Erdgas.Bildquelle: Shell1


Pearl // LINDE TECHNOLOGY #1.1107<strong>Linde</strong>-Technologie für Weltrekord-Anlage in KatarEdler TreibstoffDie weltgrößte Gas-to-Liquids-Anlage (GTL) in Katar wandelt Erdgas inflüssige Kraftstoffe um. Der Prozess verbraucht Sauerstoff. Acht Luftzerlegervon <strong>Linde</strong> produzieren die riesigen Mengen für die Anlage von Shell.Im heißen Wüstensand steht ein Industriekoloss der Superlative: eineWeltrekord-Anlage zur Erdgasumwandlung. Im Staat Katar, genauer inRas Laffan, produziert die Anlage mithilfe der Gas-to-Liquids-Technologie– kurz GTL – pro Tag rund 140.000 Barrel flüssige Kraftstoffe wieDiesel oder Kerosin sowie eine Reihe weiterer wertvoller Kohlenwasserstoffe.Zusätzlich werden aus dem Erdgas täglich etwa 120.000Barrel Kondensate, flüssiges Petroleumgas und Ethan gewonnen.Innerhalb dieses Großprojekts sorgt die <strong>Linde</strong> Engineering Division fürdie enormen Sauerstoffmengen: Acht baugleiche Luftzerleger produzierenstündlich rund 860.000 Kubikmeter Sauerstoff. Zum Vergleich:Mit dieser Menge könnte man etwa 70 große Heißluftballone füllen.Der Sauerstoff hilft, das Erdgas in hochreinen Dieselkraftstoff umzuwandeln.Mit dem Projekt hat <strong>Linde</strong> 2006 den größten je ausgeschriebenenAuftrag für Luftzerlegungsanlagen übertragen bekommen.Die Inbetriebnahme der acht Luftzerleger ist für das laufendeJahr 2011 vorgesehen.Link:www.shell.com.qa


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // NEWS08newsCO 2 -Abtrennung im Langzeittest:Klimaschutz im KraftwerkDie Pilotanlage am RWE-Kraftwerk Niederaußem bei Köln hat denPraxistest bestanden: Dort wurde ein neuartiges Verfahren installiert,mit dem Kohlendioxid aus Rauchgasen energieeffizient abgetrenntwird. Mit der innovativen Technologie, die auf speziellenchemischen Lösemitteln basiert, lassen sich 20 Prozent Energie einsparen.RWE, <strong>Linde</strong> und BASF erproben das neue Verfahren seit 2009in einem Kooperationsprojekt. „Mit der Effizienzsteigerung und derdamit verbundenen Kostensenkung haben wir gemeinsam einenwesentlichen Erfolgsfaktor für die Carbon-Capture-Technologie (CCS)geschaffen, die wir als Schlüssel zu einer klimaverträglichen Kohleverstromungbetrachten“, erklärte Dr. Johannes Heithoff, LeiterForschung und Entwicklung bei RWE Power. Die Kooperationspartnerhaben jetzt entschieden, die nächste Projektphase zu starten: VonMärz an geht die Pilotanlage bis Ende 2013 in den Langzeittest.Die Pilotanlage ist Bestandteildes Innovationszentrums Kohle derRWE Power. <strong>Linde</strong> verantworteteEngineering und Bau der Pilotanlageund BASF optimierte den neu entwickeltenAbtrennprozess. Mit derTechnik sollen insgesamt mehr als90 Prozent des Kohlendioxids ausKraftwerksabgasen entfernt und imUntergrund gespeichert oder stofflichumgewandelt werden – zumBeispiel zu Düngemitteln. Die CO 2 -Abtrennung in Kohlekraftwerkensoll bis 2020 kommerziell verfügbarsein. Für das Entwicklungsprojektinvestiert RWE Power rund neunMillionen Euro. Das Bundesministeriumfür Wirtschaft und Technologiefördert das Projekt mit rund vier MillionenEuro.Südkorea:Synthetisches Erdgas: Alternative für Kohlereiche RegionenDer südkoreanische Stahlkonzern POSCO baut in Gwangyangeine Anlage zur Erzeugung von synthetischem Erdgas (SyntheticNatural Gas – SNG) aus Kohle und Petrolkoks. Die Anlage wirdüber eine nominelle Kapazität von 500.000 Tonnen transportfertigessynthetisches Erdgas pro Jahr verfügen und soll Ende2013 in Betrieb gehen. Die <strong>Linde</strong> Engineering Division wird diegesamte Technologiekette für die Synthesegas-Behandlung und-konditionierung sowie die Schwefelabtrennung mittels des<strong>Linde</strong> Rectisol ® -Verfahrens bereitstellen. Weiterer Technologielieferantist Haldor Topsøe, ein führender Anbieter von integriertenKatalysator-Lösungen. Die SNG-Technologie bietet in kohlereichenRegionen große Vorteile für die Energieumwandlung.


NEWS // LINDE TECHNOLOGY #1.1109Stahlproduktion:Luftzerleger für AsienDie Stahlproduktion boomt weltweit – und damit auch dieNachfrage nach Luftzerlegern für die Herstellung von hochwertigemMaterial: <strong>Linde</strong> baut für das chinesische StahlunternehmenTaiyuan Iron & Steel Company Limited (TISCO)in Taiyuan in der nordchinesischen Provinz Shanxi zwei neuegroße Luftzerlegungsanlagen. Die Produktionskapazitätbeträgt jeweils rund 2.000 Tonnen pro Tag. Und für Arcelor-Mittal, das weltweit größte Stahlunternehmen, errichtet<strong>Linde</strong> in Temirtau, Kasachstan, ebenfalls eine neue Luftzerlegungsanlagemit derselben Kapazität. Die Investition fürdie neue Anlage beträgt rund 95 Millionen Euro. Im Rahmendieses Projekts erhielt <strong>Linde</strong> zudem den Auftrag, das Stahlwerkin einem stark aufstrebenden Markt langfristig mitgasförmigem Sauerstoff und Stickstoff zu versorgen.Südafrika:Know-how zur KohlevergasungMedizingase:Fonds für GesundheitDas südafrikanische Unternehmen Sasol Technology Ltd. hat <strong>Linde</strong>für die nächsten zehn Jahre als bevorzugten Engineering-Partner füreinen wesentlichen Teil seiner Kohlevergasungstechnologie ausgewählt.Der Auftrag umfasst die Komponenten Rohgaskühlung, Rohgas-Shift,Nebenproduktverarbeitung und Gesamtintegration der Prozesseinheiten.<strong>Linde</strong> wird Sasol, basierend auf seiner Erfahrung inden Technologiebereichen Wasserstoff- und Synthesegaserzeugungsowie Gasaufbereitung, technische Beratung und entsprechendeIngenieurleistungen bereitstellen. Bis heute erhielt <strong>Linde</strong> von Sasolden Zuschlag für über 70 Aufträge, die von der Konzeptionierung bishin zur schlüsselfertigen Errichtung von Anlagen reichen.<strong>Linde</strong> fördert die therapeutische Nutzung von Gasenin der Medizin: Dazu hat <strong>Linde</strong> Healthcare, die globaleBusiness Unit des Unternehmens, den <strong>Linde</strong> HealthcareREALfund gegründet. Damit will man innovativeIdeen und Forschungsprojekte zum Einsatz vonGasen in verschiedenen therapeutischen Bereichendes Gesundheitswesens unterstützen – zum BeispielLösungen, die Sicherheit, Komfort und Mobilität vonPatienten verbessern. Die ausgewählten Projektewerden jeweils mit bis zu 75.000 Euro gefördert.H 2 -Tankstelle:Grüner WasserstoffIm Rahmen der Clean Energy Partnership (CEP) bauen diePartner TOTAL Deutschland und <strong>Linde</strong> mitten im Zentrum Berlinseine weitere Wasserstofftankstelle. Der Wasserstoff wirdmittels erneuerbarer Energien komplett regenerativ erzeugt.Ein Teil stammt aus einer <strong>Linde</strong>-Pilotanlage, die flüssige Biomasseals Ausgangsstoff einsetzt. Darüber hinaus wird dasVerfahren der Windelektrolyse genutzt, das TOTAL in Kooperationmit ENERTRAG vorantreibt.


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Medizintechnik10Innovative Oberflächentechnik für ImplantateStahlschwamm fürStabile KnochenKünstliche Hüft- und Kniegelenke müssen sich dauerhaft mit dem menschlichen Knochenverbinden. Dabei spielt die Oberfläche des Implantat-Werkstoffs eine entscheidende Rolle.<strong>Linde</strong>-Forscher haben jetzt einen Prozess entwickelt, mit dem sie eine hauchdünne, poröseSchicht auf Stahlteilen herstellen können. Damit verleihen sie Metallen besondere Eigenschaften– und eröffnen so völlig neue Möglichkeiten in der Medizintechnik.Autorin: Ute KehseBildquelle: Miriam Maslo/SPL/Agentur Focus11Das Alter macht die Knochen müde. Und der demografische Wandelsorgt dafür, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich besterGesundheit erfreuen, aber deren Knie- oder Hüftgelenke den alltäglichenBelastungen nicht mehr standhalten. Wenn die Knochen etwadurch Osteoporose ihre Stabilität verlieren oder Verschleiß jede Bewegungzur Qual macht, können Implantate die Beweglichkeit wiederherstellen.Die Zahl der Operationen steigt weltweitseit Jahren steil an. Aber auch junge Menschen leidenbereits immer öfter an der gefürchtetenArthrose und brauchen künstlichen Knochenersatz.Biokompatibel, leicht und stabilDas ideale Material für Implantate haben die Medizinerallerdings noch nicht gefunden. Hunderte vonverschiedenen Modellen und Werkstoffkombinationen sind im Umlauf:„Da die künstlichen Gelenke immer länger halten müssen, werdenimmer größere Anforderungen an das Implantat material gestellt“,sagt Prof. Fritz-Uwe Niethard vom <strong>The</strong>rapiezentrum Schwertbad inAachen. Der künstliche Gelenkersatz muss korrosionsbeständig undbiokompatibel sein, darf also keine Unverträglichkeitsreaktionen hervorrufen.Zudem muss er die extremen Druck- und Biegebelastungenaushalten, die im Körper auftreten – und die zeitweise bis zum Sechsfachendes eigentlichen Körpergewichts betragen können. NatürlicherKnochen, ein Verbundwerkstoff aus dem Stütz-Eiweiß Kollagen unddem Mineral Hydroxylapatit, ist all diesen Anforderungen gewachsen– zumindest solange er gesund ist. Denn die Knochenfasern bildenein Gerüst, das gleichzeitig leicht und belastbar ist. Nährstoffe, Zellenund Stoffwechselprodukte können problemlos hindurchwandern.Pierre Forêt vom Industriesegment Wärmebehandlungbei der <strong>Linde</strong> Gases Division. Werkstoffspezialistenversuchen deshalb, Implantate mit einerporösen Struktur herzustellen. Das soll die Verbindungzwischen Metall und Knochen erleichtern.Auch Forêt widmet sich mit seinem Projekt„Porous Structures“ den Gelenkimplantaten. Zusammenmit seinen Kollegen hat der <strong>Linde</strong>-Experte in München ein neuesVerfahren entwickelt, mit dem sie ein durchlässiges Metallgeflechtauf beliebige Stahlsorten aufbringen können. Der große Vorteil: Essind keine Beschichtungen, die leicht abbröckeln, sondern die Strukturensind untrennbar mit dem massiven Stahl verbunden. Und erstunter dem Mikroskop enthüllt die Stahloberfläche ihren speziellenReiz: Bei 500-facher Vergrößerung wird sichtbar, dass der scheinbarmassive Stahl in Wirklichkeit ein kompliziertes Gebilde aus rundlichen,unregelmäßig verschmolzenen Körnern ist. Gewundene Hohlräumedurchziehen das elegante Metallgerüst.Die poröse Schicht, löchrig wie ein Küchenschwamm, ist nur Bruchteileeines Millimeters dick. Doch sie ist ein Schlüssel für völlig neueMöglichkeiten in der Medizintechnik: „Die feinstrukturierte Oberflächekönnte die Verträglichkeit von Implantaten, Stents und medizigewebezellensiedeln aufPorösen Oberflächen.Wegen der starken mechanischen Belastungen verwenden Medizintechnikerheute für Hüft- und Knie-Implantate häufig spezielle Edelstahllegierungen,zum Beispiel Kobalt-Chrom-Legierungen oder diebesonders korrosionsbeständige Chrom-Nickel-Molybdän-Legierung316L. Denn Stahl hat gute mechanische Eigenschaften, und die Legierungenhaben sich als biokompatibel erwiesen. „Allerdings verbindetsich Stahl nicht gut mit dem Knochengewebe“, sagt


Röntgencheck: Künstliche Implantatemüssen individuell angepasstwerden und optimal mit dem Knochengewebeverwachsen.Medizintechnik // LINDE TECHNOLOGY #1.1111


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Medizintechnik12Hightech im OP: Chirurgen passen Hüft- oder Knie-Implantateoptimal in den menschlichen Bewegungsapparat ein. DamitImplantate aus Stahl und Knochengewebe eine stabile Verbindungeingehen, müssen sie sich miteinander verbinden.<strong>Linde</strong>-Experten haben ein Verfahren entwickelt, das schwammartigeMetalloberflächen erzeugt (Foto unten). Die poröseStruktur sorgt dafür, dass sich Zellen optimal anlagern können.nischen Instrumenten im Körper verbessern“, erklärt Forêt. Denn dieBeschaffenheit der Oberfläche spielt eine große Rolle dabei, ob einFremdkörper vom menschlichen Immunsystem akzeptiert oder abgestoßenwird: Auf einem Implantat mit einer rauen Oberfläche könnenzum Beispiel Knochenzellen besser anwachsenals auf einer spiegelglatten Fläche. In den winzigenHohlräumen könnten auch Wirkstoffe eingelagertwerden, die Abstoßungsreaktionen verhindern. Dasist zum Beispiel bei Stents wichtig, die verengteBlutgefäße offen halten sollen. Spritzen, medizinischeInstrumente oder Elektroden von Herzschrittmachernaus dem neuen Material könnten mit Antibiotikabestückt werden, um bakterielle Infektionen zu vermeiden.Ausgangspunkt der Entwicklung war ein Effekt, auf den Wissenschaftlerum Christoph Laumen, Leiter Prozessindustrie Metallurgieund Glas bei <strong>Linde</strong> Gases, und Sören Wiberg von der <strong>Linde</strong>-TochterAGA Gas in Schweden 2006 ganz zufällig stießen: Für Materialtestssetzten die <strong>Linde</strong>-Forscher Edelstahl einer Atmosphäre aus dem EdelgasArgon und Wasserdampf aus – bei Temperaturen von mehr alsheiSSer dampffrisstMikroPorenin Stahlhülle.1.000 Grad Celsius. Das Wasser reagierte mit den LegierungsbestandteilenNickel, Chrom, Molybdän, Kobalt und Silizium. Dadurch bildetensich an der Oberfläche Körner verschiedener Metalloxide. Anschließendsetzten die Forscher den Stahl einer heißen Wasserstoffatmosphäreaus, um die Oxide wieder zu entfernen. Dochzu ihrer Überraschung blieb unter bestimmten Bedingungenein luftiges Metallgerüst mit zahlreichenPoren und Hohlräumen zurück – deren Durchmesserzwischen einem und zwanzig Mikrometern variierte.Die poröse Schicht, ungefähr so dick wie einmenschliches Haar, unterschied sich auch in ihrerchemischen Zusammensetzung vom massiven Ursprungszustand.„Während der Oxidation wandern Elemente wieChrom zur Oberfläche. Das macht die poröse Schicht noch korrosionsbeständiger“,berichtet Forêt.Um die Porenbildung gezielt steuern zu können, beschäftigtensich die Materialexperten in den folgenden Monaten intensiv mit demWerkstoff und den chemischen Prozessen: „Wir haben herausgefunden,wovon die Größe der Poren abhängt und wie wir einheitliche


Medizintechnik // LINDE TECHNOLOGY #1.1113Porengrößen erzeugen können“, sagt Projektleiter Forêt. WelcheOxide sich bilden und wie groß die neugebildeten Metallkörnchenwerden, hängt von zahlreichen Größen ab: von der Temperatur, derBeschaffenheit des Stahls, welche Gase verwendet werden und wielange Oxidation und Reduktion dauern. Die Dauer der Reduktion istbesonders entscheidend, denn: „Reduzieren wir zu lange, zerfällt dasGerüst. Reduzieren wir zu wenig, verschwindet das Oxid nicht vollständig“,so Forêt. Doch auch dieser Effekt lässt sich unter Umständengezielt nutzen – etwa um die chemische Zusammensetzung einerOberfläche nach Wunsch zu verändern. Ein weiterer Vorteil des neuenVerfahrens: Auch große Materialmengen oder einzelne fertige Werkstückelassen sich sehr schnell behandeln.Kurzinterview„Eine der erfolgreichstenOperationen“<strong>Linde</strong> Technology sprach mitProf. Dr. med. Fritz-Uwe Niethard,Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.Er ist ärztlicher Leiterdes Ambulanten Reha-ZentrumsSchwertbad in Aachen.Metallschwamm für Autos und PhotovoltaikDie Anwendungsmöglichkeiten gehen deshalb weit über die Medizintechnikhinaus: Auch in Sonnenkollektoren könnten poröseEdelstahloberflächen sinnvoll genutzt werden, glauben die <strong>Linde</strong>-Experten. Für industrielle Prozesse ist zudem die erhöhte Wärmetauschkapazitätder haarfeinen porösen Schicht interessant: Weil dieOberfläche sich durch die Hitzebehandlung um den Faktor 20 bis 100vergrößert, kann ein Bauteil Wärme viel schneller ableiten. „Im Laborhaben wir gemessen, dass sich die Wärmetauschkapazität um 40 Prozenterhöht“, so Forêt. Derzeit testen er und seine Kollegen ihrePrototypen zusammen mit einer Partnerfirma in so genannten Abgasrückführungs-Kühlern– kurz AGR-Kühlern. Diese Bauteile, die millionenfachin Autos eingebaut werden, tragen dazu bei, die Schadstoffemissionender Fahrzeuge zu reduzieren. Der AGR-Kühler senkt dieTemperatur der Abgase nach der Verbrennung, bevor sie noch einmalin den Motor geleitet werden. Das senkt vor allem die Stick oxid-Emissionen. „Wenn wir die Effizienz dieser Bauteile steigern können,kann der Hersteller die Größe reduzieren und Material sparen. DerGewinner ist die Umwelt“, sagt Forêt.Derzeit sind die <strong>Linde</strong>-Experten dabei, die Möglichkeiten desschwammigen Stahls als Biomaterial weiter auszuloten. Dazu konntensie bereits einen führenden Implantat-Hersteller als Partner gewinnen.In den nächsten Monaten wollen Forêt und seine Kollegentesten, wie gut sich Knochenzellen tatsächlich mit dem porösen Edelstahlverbinden. Forêt: „Bei Experten hat die Idee bereits viel Anklanggefunden.“ Kein Wunder: Poröse Oberflächen lassen sich zwar auchdurch andere Herstellungsverfahren mit Lasern oder Ionenstrahlenerzeugen. Aber diese Produktionswege sind erheblich teurer als dievergleichsweise günstige Hitzebehandlung.11Die Implantationen von künstlichen Hüft- oderKniegelenken nehmen enorm zu. Woran liegt das?Einerseits an der demografischen Entwicklung: Hüft- undKniegelenksverschleiß und auch Schenkelhalsfrakturen tretenvorwiegend im höheren Lebensalter auf. Andererseitshat sich auch die Indikationsstellung verlagert. Patienten,deren Gelenke früher durch korrigierende Operationen –so genannte Umstellungsosteotomien – entlastet wurden,bekommen nun eher ein künstliches Gelenk. Schließlichspielt auch das Übergewicht vieler Patienten eine großeRolle, vor allem beim Verschleiß am Kniegelenk.Wie wichtig ist die Oberflächenbeschaffenheit fürdie Verträglichkeit des Implantats?Die Oberfläche spielt aus verschiedenen Gründen eine großeRolle: Erstens müssen die Gelenkoberflächen so glatt wiemöglich sein, damit kein Abrieb entsteht. Das ist gewährleistet,wenn Keramik gegen Keramik gleitet, oder auchKeramik oder Metall gegen Kunststoff. Zweitens sollen dieOberflächen, die Kontakt mit dem Knochen haben, eine optimaleVerbindung mit diesem eingehen, so dass die Protheseeinwächst. Dies ist am ehesten bei einer etwas aufgerautenOberfläche möglich. Drittens darf die Oberfläche keine Substanzenfreisetzen, die körperschädlich sind.1Wie lange hält eine Ersatzhüfte heute im optimalenFall?Link:www.nlm.nih.gov/medlineplus/hipreplacement.htmlIn einigen Ländern gibt es Register, mit denen die Haltbarkeitder Prothesen dokumentiert wird. Aus dem so genannten„Schwedenregister“ wissen wir, dass bei den neuestenProthesenkomponenten auch nach 15 Jahren nur zehn Prozentgelockert sind oder getauscht werden mussten. Diemoderne Endoprothetik gehört damit zu den erfolgreichstenOperationsmethoden überhaupt.


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Infrastruktur14Komplexes Anlagennetz:Verflüssigungstechnologie von <strong>Linde</strong>kühlt das Erdgas auf minus 160 GradCelsius. Es verflüssigt sich und verringertsein Volumen um das 600-fache. Dasvereinfacht den Transport.


Infrastruktur // LINDE TECHNOLOGY #1.11Titelthema: Mit Erdgas in die zukunft15Technologien für die effiziente Erdgasverflüssigungsicherer Rohstoff:Energie aus ErdgasBildquelle: <strong>Linde</strong> AGAutorin: Caroline Zörlein11Der Aufbau einer CO 2 -armen Wirtschaft ist eine der großen aktuellen Herausforderungen. DieEnergieversorgung mit Erdgas bietet eine Brückentechnologie, die bereits heute die CO 2 -Emissionen erheblich reduziert. Für den effizienten Transport des umweltfreundlichen Energieträgersvon der Quelle bis zum Verbraucher setzt man zunehmend auf verflüssigtes Erdgas –Liquefied Natural Gas, kurz LNG. Die Ingenieure der <strong>Linde</strong> <strong>Group</strong> entwickeln innovative Verfahrenrund um die Erdgasverflüssigung: LNG-Technologie von der Großanlage bis zur Tankstelle.Klimaschutz verlangt saubere Energie. Mit Erdgas kommt die Weltdiesem Ziel näher. Denn der Rohstoff lässt sich ähnlich flexibeleinsetzen wie Erdöl, ist aber wesentlich umweltfreundlicher: Bei derVerbrennung von Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas, entstehenfast 30 Prozent weniger Kohlendioxid (CO 2 ) als bei Erdöl undknapp 45 Prozent weniger als bei Kohle. Ein weiterer Vorteil: DieErdgasvorkommen reichen noch mindestens200 MilliardenKubikmeter LNGwerden proJahr weltweitTransportiert.200 Jahre. Erdgas zählt schon heute zu denwichtigsten Energiequellen: Etwa 25 Prozentdes Weltenergiebedarfs werden damit gedeckt– Tendenz steigend.Genau wie beim Öl befinden sich die Erdgasquellenaber meist weit entfernt vom Verbraucher.Bislang bringen vor allem lange Pipelinesden Energieträger zu Kraftwerken, Industrieanlagenund Häusern: Rund 90 Prozent des Erdgaseswerden so transportiert. Aber ab einer Entfernung von etwa3.000 Kilometern ist ein Pipelinebau wirtschaftlich nicht mehr rentabel– zu hoch sind die Kosten für Bau, Material und notwendigeVerdichterstationen für die langen Distanzen.Um das Gas über viele Tausend Kilometer zu befördern, haben sichandere Strategien durchgesetzt: der Transport von Erdgas in flüssigerForm als so genanntes Liquefied Natural Gas – kurz LNG. Bereits heutewerden jährlich rund 200 Milliarden Kubikmeter verflüssigtes Erdgasum den Globus transportiert – das entspricht einem Anteil von rundzehn Prozent am Erdgasmarkt. Wichtigster Vorteil: In flüssiger Formbraucht Erdgas nur wenig Platz. Denn beim Abkühlen auf minus 160Grad Celsius nimmt es nur noch ein 600stel des ursprünglichen Volumensein. Deshalb lässt sich LNG so über weite Strecken, auch ausentlegenen Regionen, einfach und wirtschaftlichzum Verbraucher transportieren – beispielsweiseper Schiff. Damit reist das flüssige Erdgas rundum den Globus. Heute sind weltweit 200 LNG-Tankerauf den Meeren unterwegs. Der Inhalt einessolchen Ozeanriesen reicht aus, um beispielsweisein Deutschland etwa 34.000 Haushalte ein Jahrmit Gas zu versorgen.Ausgangspunkt sind große LNG-Anlagen. Mittlerweilesind weltweit rund 70 dieser so genanntenWorldscale-Anlagen in Betrieb. Sie verflüssigen riesige Erdgasmengenfür den Export und besitzen Kapazitäten von etwa zehnMillionen Tonnen pro Jahr in mehreren Anlagensträngen. Die Tankertransportieren das Flüssigerdgas zu speziellen An legestationen in denHäfen überall auf der Welt. Dort wird das verflüssigte Erdgas wiederverdampft, in ein landesweites Pipelinenetz eingespeist und gelangtso zum Verbraucher.


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Infrastruktur16Titelthema: mit Erdgas in die ZukunftPer Tankschiff um die WeltHandelsströme von flüssigem Erdgas: Ab Distanzen von mehreren Tausend Kilometern lohnt sich der Erdgastransport nur noch per Schiff. Dazu wirddas energiereiche Gas verflüssigt. Das Flüssigerdgas, kurz LNG für Liquefied Natural Gas, wird dann von speziellen LNG-Tankern transportiert.Mittlerweile verteilen rund 200 dieser Tankschiffe das Flüssigerdgas rund um den Globus. An küstennahen Stationen lässt sich das Flüssigerdgas perLkw weiter befördern oder es wird wieder verdampft, in ein landesweites Pipelinenetz gespeist und so zum Verbraucher geleitet.HammerfestAlaska, USATrinidad& TobagoAlgerienKatarLibyenOmanAbu DhabiNigeriaMalaysiaIndonesienBruneiAustralienVor allem Japan und Korea sind seit jeher große LNG-Importeure undgelten als Vorreiter, denn sie haben schon früh eine entsprechendeInfrastruktur im Land aufgebaut.Erdgas – ein klimaschonender EnergieträgerIn kühleren Klimazonen dient Erdgas zu 60 Prozent zum Heizen.Aber der Energieträger lässt sich auch anderweitig nutzen: beispielsweisefür die Stromproduktion oder als Kraftstoff für LKW. Und auchSchiffe sollen künftig zunehmend mit dem sauberen LNG angetriebenwerden. Denn: „LNG ist deutlich umweltfreundlicher, es enthältweniger Schwefel und weniger Kohlenstoff“, sagte Hermann J. Klein,Vorstandsmitglied des Germanischen Lloyd, auf dem ersten Umweltkongress(gmec) der Schifffahrtsbranche. Er schätzt, dass bis 2035 diemeisten Schiffe mit dem Kraftstoff betrieben werden.Dank der Verflüssigungstechnologie und modernster Tankschiffewächst der Erdgasanteil am weltweiten Energiemix. „LNG ist zu einemSynonym für einen sauberen Energieträger geworden“, sagt MarcusLang, Leiter Erdgasanlagen bei <strong>Linde</strong>. „Mit unseren maßgeschneidertenenergieeffizienten Anlagen bedienen wir einen breiten Markt an Verflüssigungsanlagen– von World-Scale-Anlagen bis hin zu kleinerenLNG-Anlagen für den regionalen Markt“, so der <strong>Linde</strong>-Ingenieur. Unddamit sich künftig auch schwieriger zugängliche Erdgasquellen effizientnutzen lassen, entwickelt <strong>Linde</strong> seine Verflüssigungstechnologienständig weiter: Denn zahlreiche Erdgaslagerstätten befinden sich Offshore– also vor den Küsten. Zur Förderung des Erdgases kommen nurschwimmende Plattformen oder Förderschiffe in Frage. „Deswegenhaben wir uns entschlossen, mit Unternehmen zusammenzuarbeiten,die so genannte FPSO-Anlagen (Floating Production, Storage and Offloading)entwickeln. Für diese Art der Erdgasförderung und den anschließendenTransport wollen wir unsere Verflüssigungstechnologiemodifizieren“, erklärt Lang. Aber die <strong>Linde</strong>-Ingenieure entwickelnauch spezielle Anlagenmodule, um die Förderquote der Erdgasvorkommenzu erhöhen: Mithilfe von Stickstoffgas, das in die Lagerstättengepresst wird, lässt sich die Ausbeute deutlich erhöhen, und der begehrteRohstoff kann effizient und umweltfreundlich gewonnen werden.Mit innovativen Verfahren rund um die Erdgasverflüssigung baut<strong>Linde</strong> eine wichtige Technologiebrücke auf dem Weg zu erneuerbarenEnergien.


Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftInfrastruktur // LINDE TECHNOLOGY #1.1117Kurzinterview„Komplettanbieterfür flüssiges Erdgas“LNG ist flüssiges Erdgas. Der Energieträger steht vor einer großen Zukunft im Energiemix.Innovative Technologien für LNG und dessen Transport spielen eine wichtige Rolle. <strong>Linde</strong> bietetdazu ein breites Portfolio. Marcus Lang, Leiter Erdgasanlagen bei <strong>Linde</strong>, erklärt Details.also verflüssigtem Erdgas als Handelsware. Solche Anlagen produzierenpro Jahr ca. 10.000 bis 1,5 Millionen Tonnen. Wir habendiese Technologie auch für die erste größere LNG-Anlage inChina westlich der Wüste Gobi geliefert. Unser Kunde Guanghui –Chinas Pionier in Sachen LNG – ersetzt im Transport- und IndustriesektorBenzin, Diesel oder Kerosin durch LNG. Teilweise wirdes mehrere Tausend Kilometer durch China transportiert. Ein Folgeauftragfür eine Verflüssigungsanlage mit einer Jahreskapazitätvon über 400.000 Tonnen wird derzeit abgewickelt. In SachenLNG-Distribution bietet <strong>Linde</strong> über seine TochterunternehmenCryostar und Cryo AB Lösungen für die On-Board-Speicherung,Betankung von LKW und Schiffen sowie komplette Small- undMid-Scale-LNG-Terminals an.11Welche Technologien stellt <strong>Linde</strong> für die Erdgasverflüssigungbereit?Um Erdgas in LNG zu überführen, ist modernste Tieftemperaturtechnik(Kryotechnik) notwendig. Die Verfahren gehören zu unserenKernkompetenzen. Für den LNG-Transport müssen viele Komponentenvom Methan abgetrennt werden, zum Beispiel schwereKohlenwasserstoffe, CO 2 , Stickstoff, Schwefelverbindungen undWasser. Das Herzstück der Verflüssigungsanlage sind unserekryogenen Wärmetauscher. Die meisten World-Scale-LNG-Anlagenverwenden gewickelte Wärmetauscher, die bis zu 70 Meterhoch sind. <strong>Linde</strong> ist eines von zwei Unternehmen weltweit, dasdiese Technologie beherrscht. Unsere Wärmetauscher werdennicht nur in eigenen LNG-Anlagen eingesetzt, sondern auchUnternehmen wie Shell, Woodside, ConocoPhillips und andereÖl- und Gaskonzerne vertrauen auf unsere Technologie.<strong>Linde</strong> baut auch kleinere LNG-Anlagen und Komponentenfür die LNG-Distribution ... ?Stimmt, unsere Small- oder Mid-Scale-Anlagen produzieren fürden regionalen Markt. Bei <strong>Linde</strong> sprechen wir von Merchant-LNG,11Erdgas als Handelsware, wie positioniert sich <strong>Linde</strong> indiesem Marktsegment?Beim Merchant-LNG haben wir bereits eine weltweit führendePosition, die wir behaupten wollen. Die Synergien von <strong>Linde</strong>Engineering und <strong>Linde</strong> Gas lassen sich hier gut nutzen. Das stärktunsere Strategie, bei LNG-Anlagen die gesamte Wertschöpfungsketteanzubieten. <strong>Linde</strong> Engineering ist das einzige Unternehmenim LNG-Geschäft, das seinen Kunden selbst entwickelte Anlagenmodule,eine breite Palette an Verflüssigungstechnologien, Distributionsausrüstungund Dienstleistungen anbietet. Kleinere LNG-Anlagen betreibt <strong>Linde</strong> sogar selbst. Für verflüssigtes Erdgas sindwir ein One-Stop-Shop, bieten den Kunden alles aus einer Hand.Welche LNG-Projekte sehen Sie für <strong>Linde</strong> in der Zukunft?Wir wollen an den Erfolg unserer ersten großen Referenzanlage inHammerfest, Norwegen, anknüpfen und uns als solider Partner fürWorld-Scale-Anlagen etablieren. Derzeit sind wir auch als Technologiegeberfür eine große LNG-Anlage in Venezuela im Gespräch.Wir entwickeln unser Anlagenportfolio weiter: Gemeinsam mitdem Unternehmen Single Buoy Moorings arbeiten wir an der erstenVerflüssigungsanlage für die Offshore-Produktion – so genanntenFPSO-Anlagen (Floating Production, Storage and Offloading).


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // HAmmerfest18Hightech-Fabrik am Polarkreis:Der Erdgasschatz aus der Barentsseewird mittels modernster<strong>Linde</strong>-Anlagentechnik verflüssigt.


Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftHammerfest // LINDE TECHNOLOGY #1.1119Hammerfest: Flüssiges Erdgas für den WeltmarktLNG-lieferantim DauerfrostBildquelle: <strong>Linde</strong> AGAutor: Tim Schröder11In der eisigen Kälte von Nordnorwegen steht eine der weltgrößten Anlagen zur Produktionvon flüssigem Erdgas (LNG). Der Bau war ein enormes Wagnis – nicht zuletzt möglichgeworden durch innovative <strong>Linde</strong>-Technologie. Die Anlage produziert nicht nur zuverlässigLNG, sondern hat auch die Verflüssigungstechnologie entscheidend vorangebracht.Zudem ist sie ein einzigartiges Referenzprojekt für künftige Anlagen auf dem Land und aufdem Meer – und vor allem für einen weltweit expandierenden LNG-Markt.Wenn der Schneesturm in Hammerfest tobt, gefriert so ziemlich alles.In der öden Gegend Nordnorwegens, gut 600 Kilometer nördlich desPolarkreises schützt nichts vor den eisigen Böen. Zwischen den Häuserntürmen sich Schneewehen und im Gesicht beißt die feuchteKälte. Direkt vor Hammerfest liegt Melkøya – eine kleine karge Inselim Meer. Hier tobt der Wind noch ein wenig wilder als an Land.Und deshalb ist das Eiland so etwas wie eineBerühmtheit geworden. Denn es gibt wohl kaumeinen unwirtlicheren Ort, um einen Hightech-Industriekomplex zu errichten – und zudem nocheine der größten Erdgasverflüssigungsanlagender Welt.Auf Melkøya wird Erdgas vom Grunde der Barentsseeauf minus 160 Grad Celsius abgekühlt,dabei in LNG (Liquefied Natural Gas) verwandeltund anschließend auf Tankschiffe verladen.Die meisten der weltweit rund 70 LNG-Großanlagenstehen in warmen Regionen wie Algerien oder der arabischenHalbinsel. Keine andere Anlage muss alljährlich sechs lange MonateSchnee und Eis trotzen. Und die Insel hat eine lange Geschichte: Inden späten 1990er-Jahren diskutierten Ingenieure von <strong>Linde</strong> undvier MillionenTonnen Flüssigeserdgas pro Jahr:genug fürzwei MillionenHaushalte.dem norwegischen Energiekonzern Statoil die ersten Entwürfe fürdie Anlage auf Melkøya. Allen Beteiligten war klar, dass man esmit einem sehr außergewöhnlichen Projekt zu tun hatte – und dasseinige Herausforderungen zu meistern sein würden. Gut zehn Jahrespäter spricht Statoil von einem Erfolgsmodell. Anfang 2008 hat dieAnlage ihren regulären Betrieb aufgenommen, seitdem produziertsie gut vier Millionen Tonnen LNG jährlich, genugum drei Millionen Familienhaushalte ein Jahr langzu versorgen. Im vergangenen Jahr feierte mandie Beladung des einhundertsten LNG-Tankers.Und mittlerweile überbietet die Anlage sogar ihrSoll: Sie produziert 104 Prozent der ursprünglichgeplanten Kapazität.Anlagentechnik: wind- und wetterfest„Niemand hat je zuvor eine so große Anlage fürein solches Klima konzipiert. Entsprechendanspruchsvoll war das Engineering“, sagt Peter Hortig, langjährigerProjektleiter bei <strong>Linde</strong>. Die Entwickler mussten alle Eventualitätendurchspielen: Natürlich in erster Linie das Design des Anlagenteils, indem das Gas verflüssigt wird. Sie haben aber auch den Sturm simu-


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // HAmmerfest20Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftVon Norwegenin die Welt:In den Kugeltanksdes FlüssiggastankersArctic Princess (obenlinks im Bild) reistdas tiefkalte LNG vonHammerfest rundum den Globus. ProStunde strömen 12.000Kubikmeter Erdgasin den Schiffsbauch.Gelagert wird das LNGin riesigen Gasspeichertanks(Bild unten).


Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftHammerfest // LINDE TECHNOLOGY #1.1121Schneewittchens verborgene SchätzeSnøvhit – zu deutsch Schneewittchen– heißt das Erdgasfeld inder norwegischen Barentssee. Eszählt zu den größten Vorkommenweltweit. Das unterseeisch geförderteErdgas wird über eine140 Kilometer lange Pipeline zurInsel Melkøya nahe Hammerfestgeleitet. Dort wurde modernsteAnlagentechnik von <strong>Linde</strong> aufgebaut,um das energiereiche Gaszu verflüssigen. Als so genanntesLiquefied Natural Gas, kurz LNG,lässt sich der Energieträger mitspeziellen Tankschiffen rund umden Globus transportieren.NorwegenSnØvhitHammerfestMelkØyaliert, berechnet, wie kalt es für die Techniker wird und sogar wohinder Schnee weht. Dazu bauten die Ingenieure eigens einen Teststandaus Stahlträgern, Rohren und Armaturen, um ihn auf Melkøya zuprüfen. „Mit einer Webcam konnten wir beobachten, wo sich derSchnee sammelt und ob die Anlage frei bleibt“, erinnert sich Hortig.Der enorme Engineering-Aufwand hat sich gelohnt: „Das, was wirvorbereitet und gebaut haben, war am Ende passgenau – und letztlichperfekt konzipiert“, sagt Hortig mit etwas Stolz. Bedenkt man,dass ein LNG-Prozess in dieser Größenordnung trotz aller technischenFinessen noch heute eine enorme Herausforderung ist, wird klar, wieviel technisches Know-how im Entwicklungsprozess gesteckt hat.Denn jedes Gas ist anders: Je nach Erdgasfeld schwanken Druck,Erdgashafen:Betonriese für125.000 Kubikmeterflüssiges Erdgas.Zusammensetzung und Temperatur des Gases. Daran müssen derLNG-Prozess und vor allem die Abkühlung und Verflüssigung optimalangepasst werden.Auf Melkøya findet die Verflüssigung in einer so genannten „Coldbox“statt. Diese „kalte Kiste“ misst etwa 40 Meter Höhe und ist sogroß wie ein schlankes Bürogebäude. Die Verflüssigung läuft nachdem Kühlschrank-Prinzip: Ein Kühlmittel wird komprimiert, kondensiertund wieder entspannt und dabei in riesigen Wärmetauschern amErdgas vorbeigeführt. Dem Gas wird dabei schrittweise Wärme entzogen,bis es sich verflüssigt und sein Volumen extrem schrumpft –perfekt geeignet für den Abtransport per Schiff. In der Coldbox aufMelkøya haben die Wärmetauscher für Vorkühlung, Zwischenkühlung,die endgültige Verflüssigung und Unterkühlung Platz. „Ein großer Teilunseres Know-hows steckt im optimalen Design der Wärmetauscher,das ebenfalls individuell an die Bedingungen vor Ort angepasst werdenmusste“, erklärt Hortig.Doch das revolutionäre Projekt hatte auch kleine Startschwierigkeiten:So traten in einigen technologisch neuartigen Komponentenanfangs kleinere Leckagen auf. „Wir konnten die Defekte aber schnellbeheben und die Komponenten durch robustere Bauteile ersetzen“,sagt Markus Vogt, Hortigs Nachfolger und derzeitiger Projektleiter fürHammerfest. Aber der eigentliche Prozess funktionierte von Anfangan sehr gut. Doch eine LNG-Anlage ist kein Elektromotor, den mannach Belieben an- und abschaltet. Der Prozess muss langsam angefahrenund schrittweise weiter optimiert werden, bis die Anlage ihrevolle Leistung erreicht. Das dauert einige Zeit. Die <strong>Linde</strong>-Experten


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // HAmmerfest22Titelthema: Mit Erdgas in die Zukunfthaben auch die Statoil-Fachkräfte an der Anlage ausgebildet und sindjetzt noch täglich in der quadratkilometergroßen LNG-Maschine unterwegs,denn: „Ein Projekt wie Hammerfest ist nicht einfach abgeschlossen,wenn die Anlage errichtet und der Schlüssel übergebenist. <strong>Linde</strong> unterstützt seine Kunden natürlich auch weiter beim Betriebund bei der Optimierung der Anlage“, so Vogt.Härteste Bedingungen für Menschen und MaschinenAls sich <strong>Linde</strong> entschied, die Anlage in Hammerfest zu errichten, hattedas Unternehmen zwar Erfahrung mit LNG-Anlagen, aber diese warenkonzipiert für kleinere Verflüssigungsleistungen und die Arbeit inwärmeren Gefilden und wurden beispielsweise in Südafrika aufgebaut.Für die <strong>Linde</strong>-Experten war es also ein gewaltiger Schritt zurVier-Millionen-Jahrestonnen-Anlage in eisiger Kälte. „Wir sind froh,dass wir ihn gegangen sind. Mit Hammerfest haben wir viel gelernt.Wir kennen den Prozess und die Anforderungen an das Design vonLNG-Großanlagen inzwischen in- und auswendig“, sagt Vogt. Zudemlässt sich ein derart vielschichtiger Prozess immer weiter optimieren.So wurden mittlerweile neue Komponenten eingebaut, die einennoch höheren LNG-Ausstoß als zuvor ermöglichen. Damit konnte<strong>Linde</strong> die Kapazität der Anlage auf 104 Prozent steigern. Mit Melkøyahaben die <strong>Linde</strong>-Ingenieure den Weltmarkt für LNG-Großanlagen verändert.Denn bis vor zehn Jahren gab es weltweit nur zwei bedeutendeTechnologien für Flüssigerdgasanlagen im Millionen-Jahrestonnen-Maßstab.Von diesem Projekt, für das <strong>Linde</strong> einen eigenen leistungs fähigenVerflüssigungsprozess entwickelt hat, geht ein Signal aus: „Wir habengezeigt, dass wir das ganze Portfolio von der kleinen bis zur ganzgroßen Anlage bedienen können – selbst unter den härtesten Bedingungen“,sagt Vogt. Und so wird derzeit die nächste große Anlagefür Venezuela geplant. Aber auch für die größten Gasreserven derWelt – auf der arabischen Halbinsel, am persischen Golf, in RusslandMontage-Puzzle: Die einzelnen Anlagenmodule für Hammerfest wurden an verschiedeneneuropäischen Orten vormontiert. Per Schwerlastschiff reisten die gigantischen Stahlkonstruktionenmehrere Tausend Kilometer – bis nach Nordnorwegen. Anlagenexperten von <strong>Linde</strong>kontrollierten den Aufbau vor Ort und sorgten dafür, dass Gasturbinen, Pumpen, Kompressorenund Wärmetauscher optimal zusammenspielen.


Titelthema: MIT Erdgas in die ZukunftHammerfest // LINDE TECHNOLOGY #1.1123Pioniere im Permafrost:TechnischesNeuland für<strong>Linde</strong>-Ingenieure.


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // HAmmerfest24Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftSteuerzentrale der Gas-Insel: Erdgas ist einNaturprodukt – deswegen schwanken Druck,Zusammensetzung und Temperatur. Nur wenndie einzelnen Prozesse optimal aufeinanderabgestimmt werden, ist die LNG-Produktioneffizient.


Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftHammerfest // LINDE TECHNOLOGY #1.1125Verbesserte Anlagentechniksteigertdie Kapazität auf104 Prozent.SChlüsselkomponente Wärmetauscheroder Australien – werden in Zukunft riesige LNG-Anlagen mit mehrerenMillionen Tonnen Kapazität benötigt. Für derartige Superlativewird <strong>Linde</strong> künftig auch das Engineering und perfekt abgestimmteKomponenten wie etwa Coldboxen und Wärmetauscher liefern – Bauteile,die spielend bis zu 50 Millionen Euro kosten.LNG-Produktion von morgen: auf dem MeerMittlerweile zieht aber noch ein ganz anderer Markt herauf, für den<strong>Linde</strong> dank der Anlage vor Hammerfest bestens gerüstet ist: Künftigsollen LNG-Anlagen auch auf schwimmenden Plattformen oderFörderschiffen im Meer installiert werden. Diese Förderinseln – LNG-FPSO (Floating Production Storage and Offloading) genannt – sollenhelfen, Erdgasfelder auf hoher See auszubeuten. Für derartige Vorkommen,die sich Hunderte von Seemeilen von der Küste entferntin großer Tiefe befinden, wären Pipelines unerschwinglich. Ein LNG-FPSO aber könnte das Gas aus der Tiefe fördern, das Volumen durchVerflüssigung extrem verringern und dann direkt auf dem Meer anTankschiffe übergeben.Zwar schwimmt die Anlage auf Melkøya nicht, doch wurden dieHerzstücke wie etwa die 35.000 Tonnen schwere Prozess anlage mitPumpen, Gasturbinen und Wärmetauschern und die große Coldboxüber See auf Spezialschiffen herantransportiert. „An Land hat manPlatz. Für die Seereise aber mussten wir alle Komponenten extremeng auf einer Schwimmplattform verstauen“, sagt Dr. Marc Schier,Projektleiter für LNG-FPSO bei <strong>Linde</strong>. Das Basis-Know-how für dieschwimmenden Anlagen besitzt <strong>Linde</strong> also. Natürlich ist der reineTransport übers Meer etwas anderes als eine Vor-Ort-Produktion aufeinem Schiff zur Erdgasverflüssigung. Denn Coldbox und Wärmetauschermüssen dann selbst bei starkem Seegang arbeiten. Und Ladepumpenund Verladearme müssen auch bei hohen Wellen sicher funktionieren,wenn das Tankschiff längsseits liegt.„Die Welt wartet auf das erste LNG-FPSO“, sagt Schier. Mit einigenJahren Melkøya-Erfahrung fühlt <strong>Linde</strong> sich dafür bestens gerüstet.Und das sehen die Kunden offenbar genauso. So besteht derzeitDie Rohrbündel des gewickelten Wärmetauscherssind das Herzstück der so genannten Coldbox.Sie spielt in der LNG-Anlage von Hammerfest einewichtige Rolle, weil dort der Verflüssigungsprozessstattfindet. Mehrere Wärmetauscher, so genannteGegenströmer, Trennkolonnen und Abscheidermit verbindenden Rohrleitungen und Instrumenten,bilden das Innenleben dieser Boxen. Beim Durchströmender Wärmetauscher kühlt sich das GasSchritt für Schritt ab – von etwa 40 Grad Celsius aufminus 163 Grad – bis es sich schließlich verflüssigt.<strong>Linde</strong> ist der einzige Hersteller, der beide in großenLNG-Anlagen üblichen Tieftemperatur-Wärmetauschertypenproduziert: gewickelte Wärmetauscherund Plattenwärmetauscher.bereits Interesse für ein Schiff zur Erdgasverflüssigung in australischenGewässern. Gut möglich also, dass das erste LNG-FPSO inwenigen Jahren vor Australien schwimmt – im Sonnenschein und ganzohne Schneetreiben.LINKs:www.lngfacts.orgwww.gl-group.com/pdf/nonstop_2007-02_D.pdfwww.statoil.comwww.linde-engineering.com/en


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // LNG-TERMINAL26Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftErstes Flüssigerdgas-Terminal in der OstseeEiskalt VerschifftVerflüssigtes Erdgas lässt sich mit Schiffen und LKW selbst dorthin transportieren, wo eskeine Pipelines gibt. In der Nähe von Stockholm hat die <strong>Linde</strong> <strong>Group</strong> jetzt das erste Terminalfür flüssiges Erdgas im Ostseeraum gebaut – und dafür sämtliche Komponenten entlangder LNG-Wertschöpfungskette bereitgestellt: von den Verflüssigungsanlagen über die Tanksder Transportschiffe bis hin zum Terminal selbst.Autorin: Andrea HoferichterBildquelle: HO/Reuters/Corbis11Auf einem kleinen Landzipfel, etwa 60 Kilometer südlich von Stockholm,hat ein großes Projekt im Mai 2011 Premiere. Hier steht seitKurzem das erste Terminal für verflüssigtes Erdgas, kurz LNG (LiquefiedNatural Gas), in Schweden – gebaut und betrieben vom <strong>Linde</strong>-Tochterunternehmen AGA. Von dort soll nicht nur das Land selbst,sondern der gesamte Ostseeraum beliefert werden. Für das NynäshamnerLNG-Terminal lieferte <strong>Linde</strong> alles aus einer Hand: „Von derLNG-Anlage in Stavanger über die Speichertanks der Lastwagen undSchiffe, die stationären Speicher, Einheiten für die On-Board-Rückverflüssigungund die Anlagen, um das LNG wieder in Gas zu verwandeln“,zählt Trond Jerve, LNG-Manager von AGA,auf. Die schwedische AGA Gas AB ist Eigentümerdes Terminals und betreibt es mit eigenem Personal.Und die <strong>Linde</strong>-Tochter Cryo AB aus Göteborg– spezialisiert auf Kältetechnik und Speicherung –stellte die Tanktechnologie.Das Herzstück der Anlage in Nynäshamn ist einrunder Betontank mit einem Durchmesser von fast36 Metern und ebenso hoch. „Darin können wir bis zu 20.000 KubikmeterLNG speichern“, sagt Jerve. Das entspricht rund zwölf MillionenKubikmetern Gas, denn jeder Kubikmeter Flüssigkeit dehnt sich beimVerdampfen auf das 600-fache seines Volumens aus. Tiefgekühlt beiminus 162 Grad Celsius wird das verflüssigte Gas in die Speichertanksvon LKW gefüllt und so direkt zu den Kunden gebracht oder bis zueinem Anschlusspunkt an ein bereits vorhandenes Gasnetz. Dort wirdes in <strong>Linde</strong>-Rückvergasungsanlagen vorsichtig wieder erwärmt und alsErdgas weiter verteilt. „In der Region um Stockholm ist der Flüssigerdgastransportnicht nur die wirtschaftlichste Methode, sondern auchohne Konkurrenz, denn Pipelines zum Verteilen des EnergieträgersBereits zehnProzent des Erdgas-transportsals LNG.gibt es nicht“, berichtet Jerve. Der pipeline-unabhängige Transportgewinnt immer mehr an Bedeutung. Heute werden weltweit mehr alszehn Prozent des Erdgases als LNG transportiert – Tendenz steigend.Den Bau eines zweiten Speichers hat AGA deshalb schon fest imVisier. „Das Terminal in Nynäshamn zählt aber auch dann noch zu denSmall-Scale-Terminals“, erzählt Jerve. Diese kleineren Anlagen sindzwar zurzeit noch die Außenseiter unter den rund 70 LNG-Terminalsweltweit, haben aber vor allem einen großen Vorteil: Sie könnenauch in der Nähe von Gewerbegebieten und Städten installiert werden– und die Wege zu den Kunden sind kurz. So wird vom AGA-Terminalin Nynäshamn unter anderem die benachbarteErdölraffinerie Nynas beliefert. Sie brauchtfür ihre Erdölverarbeitung Wasserstoffgas, das siejetzt statt aus Rohbenzin aus Erdgas herstellenwill. Durch den Umstieg auf Erdgas lassen sich dieKohlen dioxid-Emissionen der Raffinerie um bis zu58.000 Tonnen reduzieren. Der EnergieversorgerStockholm Gas, auch am Terminalbau beteiligt, willso gut 50.000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid einsparen.In Nynäshamn sorgt <strong>Linde</strong> sogar selbst für den LNG-Nachschub:Das verflüssigte Erdgas stammt überwiegend aus einer modernen,besonders energieeffizienten Erdgas-Verflüssigungsanlage im norwegischenStavanger, die die <strong>Linde</strong> Engineering Division für dasUnternehmen Skangass AS gebaut hat. „Mit dieser LNG-Anlage, die300.000 Jahrestonnen erzeugt, haben wir unsere führende Positionbei der mittelgroßen LNG-Produktion weiter gefestigt“, erklärt<strong>Linde</strong>s Projektleiter Dr. Erich Ettlinger. Seit Ende 2010 ist die Anlagein Betrieb. Von dort aus liefern LNG-Tanker, wie die „Coral Methane“der niederländischen Reederei Anthony Veder, 7.500 Kubikmeter und


LNG-terminal // LINDE TECHNOLOGY #1.1127Energiereiche Fracht:Moderne Membrantanker transportierendas Flüssigerdgas über die Meere –und sorgen für eine weltumspannendeLNG-Infrastruktur.


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // LNG-TERMINAL28Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftVoller Energie: In Gasspeichertanks – gebautvon der <strong>Linde</strong>-Tochter AGA – wartet das verflüssigteErdgas in Nynäshamn auf seinen Weitertransportzu den Verbrauchern.Reiseziel erreicht:In küstennahen LNG-Terminals wieim schwedischen Nynäshamn kommtdas Flüssigerdgas an. Sowohl Kugelalsauch moderne Membrantankersind mit doppelten Hüllen ausgestattet,die eine sichere Transportspeicherunggewährleisten.MembrantanksKugeltanksDetails im Blick: Ingenieure der schwedischen<strong>Linde</strong>-Tochter AGA Gas AB auf der Baustelle desersten LNG-Terminals der Ostsee.von 2013 an bis zu 15.000 Kubikmeter Flüssigerdgas nach Schweden.Beim Umschlagen wird Sicherheit großgeschrieben, denn gasförmigesMethan, das beim Verdampfen von LNG entsteht, und Luftkönnten ein explosionsfähiges Gemisch bilden. Die <strong>Linde</strong>-Ingenieurebunkern das Flüssigerdgas deshalb in Speichern und Tanks, die gleichaus zwei massiven Wänden bestehen: eine innere aus Stahl und eineäußere aus Beton. „Sollte eine der Wände ein Leck bekommen, hältjeweils die andere dicht“, erklärt Jerve. Umgefüllt wird das Gas überein tiefgekühltes System aus Pumpen, Schläuchen und Rohren. Wasverdampft, wird mit Rückverflüssigungsanlagen wieder eingefangen.Gedämmter Schiffsbauch: Edelstahl undIsolierschichten machen die LNG-Speicher vonMembrantankern sicher und effizient.Treibstoff für umweltfreundliche MobilitätMit Erdgas lässt sich nicht nur der Ausstoß von Kohlendioxid um etwa30 Prozent senken. Auch Schadstoffemissionen fallen im Vergleich zufossilen Brennstoffen wie Benzin oder Öl deutlich geringer aus. Beider Verbrennung entstehen rund 90 Prozent weniger Schwefelundetwa 80 Prozent weniger Stickoxide. Schwermetalle oder Rußpartikelwerden überhaupt nicht freigesetzt. Jerve sieht deshalb aucheine wachsende Bedeutung des neuen LNG-Terminals für die Mobilitätin Schweden, denn: „Schon heute gelten hier hohe Umweltauflagen.“So müssen Taxis, die am Arlanda-Flughafen auf Fahrgästewarten, mit Gas, Hybrid- oder Elektromotoren laufen. Der schwedischeLKW-Hersteller Volvo Trucks betreibt seit Kurzem in einem


Titelthema: mit Erdgas in die ZukunftLng-terminal // LINDE TECHNOLOGY #1.1129Fördern, Verflüssigen und transportierenErdgas-Retter auf hoher SeeVon Katar aus machen sich die größtenFlüssigerdgas-Tanker der Welt auf ihren Wegin die USA, nach Großbritannien und Asien.Die modernen Membrantanker der SerieQ-Max von Samsung Heavy Industries undDaewoo Shipbuilding and Marine Engineeringsind länger als drei Fußballfelder undso hoch wie ein Mehrfamilienhaus mit zwölfStockwerken. Und sie haben eine ganzbesondere Technik an Bord: die RückverflüssigungsanlagenEcoRel, die vom französischen<strong>Linde</strong>-Tochterunternehmen Cryostarentwickelt wurden. „Damit können wir alles,was an Flüssigerdgas während der Fahrt alsso genanntes Boil-Off-Gas oder kurz ,BOG‘verdampft, wieder verflüssigen“, sagt derCryostar-Ingenieur David de Nardis. Weil dasFlüssigerdgas nur knapp unter seiner Siedetemperaturbei minus 16 Grad Celsius gelagertwird, können schon winzige Wärmebrückenin den Tanks, Druckschwankungenoder eine raue See die unerwünschte Verdampfungverursachen.Die Mengen, die so auf der Strecke bleiben,sind gewaltig: Bei einer Transportzeit vonzwanzig Tagen verdampfen in den Tanksetwa drei Prozent des LNG. Auf Schiffen inder Q-Max-Größenordnung kommen soschnell Verluste zusammen, die rund einerMillion Liter Erdgas entsprechen. „Je größerder Tanker, desto wirtschaftlicher ist unserVerfahren“, berichtet Nardis. In Tankern ohneRückverflüssigungsanlage wird die verdampfteFlüssigkeit aus dem Tank entfernt,damit kein Überdruck entsteht, und anschließendim Schiffsmotor an Bord verbrannt.Die Technik, die das wertvolle Flüssigerdgasrettet, beruht auf dem so genannten Brayton-Kühlprozess.Er gehört zum Standard inder Welt der tiefen Temperaturen und arbeitetmit Stickstoffgas als Kühlmittel. Der Stickstoffwird über mehrere Kühlstufen und mithilfevon zwei gastypischen Effekten starkabgekühlt: Gase werden deutlich kälter, wennsie arbeiten müssen, weil man sie eine Turbineantreiben lässt. Und sie kühlen sich ab,wenn sie sich durch ein Ventil in ein großesVolumen ausbreiten können – wie Luft,die man aus einem Luftballon lässt. Die sogewonnene Stickstoffkälte wird über einenWärmetauscher auf das verdampfte Erdgasübertragen, das sich dann wieder verflüssigt.„Der Kühlprozess kann jederzeit schnellgestartet werden, zum Beispiel nach demBeladen, wenn besonders viel BOG entsteht“,sagt de Nardis. Vor zehn Jahren haben dieCryostar-Ingenieure mit dem Bau der erstenEcoRel-Anlagen begonnen. Heute sind bereits14 Tanker mit der LNG-rettenden Technik unterwegs– „Tendenz steigend“, so de Nardis.Pilotprojekt Laster mit einer Mischung aus 25 Prozent Diesel und75 Prozent LNG und will eine kleine LKW-Flotte nächstes Jahr auf denMarkt bringen.„Der wohl wichtigste Zukunftsmarkt ist aber die marine Nutzung“,so der Erdgas-Experte. So müssen beispielsweise Autofähren in Norwegenmit Erdgas betrieben werden. Bis 2013 werden Jerve zufolgemehr als 40 Schiffe mit Flüssigerdgas fahren, die meisten davon mitKältetechnik der <strong>Linde</strong>tochter Cryo AB. Und auch international giltErdgas unter Branchenexperten als der Schiffstreibstoff der Zukunft,denn die Umweltauflagen für die Schifffahrt durch die InternationaleSeeschifffahrtsorganisation IMO werden immer strenger. Vor allem dieGrenzwerte für Schwefel im Treibstoff sinken. Für die Schifffahrt inNord- und Ostsee gelten heute 1,5 Prozent als zulässiger Höchstwert,2015 darf der Schwefelgehalt nur noch 0,1 Prozent betragen. BeimAufenthalt in europäischen Häfen muss schon heute ein Grenzwertvon 0,1 Prozent eingehalten werden. „Erdgas bietet eine attraktiveAlternative, um dieses Ziel zu erreichen“, ist Jerve überzeugt.Von einem Wechsel zum umweltfreundlicheren Schiffstreibstoffkönnten die Ostsee und ihre Anrainer besonders profitieren. Dennheute gilt mit rund 40.000 Quadratkilometern fast ein Drittel der Ostseeals tot, so verschmutzt ist das Binnenmeer. Gleichzeitig wohnendort viele Menschen auf engem Raum. Die Stiftung Det Norske Veritas(DNV) mit Stammsitz in Oslo hat herausgefunden: Rechnet man dasVerhältnis von Anwohnern und Wasservolumen im Ostseeraum aufdas Mittelmeer hoch, müssten dort 17 Milliarden Menschen leben.Das neue LNG-Terminal wird aber künftig nicht nur die unmittelbareUmgebung entlasten und die Ostseeregion mit Erdgas versorgen.Die Anlage soll auch den Weg in die Ära der erneuerbaren Energieträgerebnen, so dass langfristig verflüssigtes Biogas als Ausgangsstoffgenutzt werden könnte. Das Gas, das aus Pflanzen, Gülle, Abwasseroder Mülldeponien gewonnen wird, ist seinem fossilen Verwandtenchemisch sehr ähnlich. Es besteht wie dieser zu über 90 Prozent ausMethan und lässt sich ebenso leicht verflüssigen. Und ganz gleich inwelchem Aggregatzustand: Bio- und Erdgas sind problemlos mischbar.„Für die Übergangszeit können wir das flüssige Erdgas sozusagenals Backup-Lösung einsetzen und immer dann zumischen, wenn Engpässebeim Biogas auftreten“, erklärt Jerve. Auf diese Weise ist Versorgungssicherheitauch in der Zukunft garantiert, rund um die Uhrund so umwelt- und klimafreundlich wie möglich.LINKs:www.aga.comwww.cryostar.comwww.energy.ca.gov/lng/faq.html


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Australien30Giganten der Straße: Die australischen Trucks,so genannte Roadtrains, sind bis zu 50 Meter lang.Die Sattelschlepper transportieren mehr als72 Prozent des gesamten Frachtguts in Down Under.


Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftAustralien // LINDE TECHNOLOGY #1.1131Erdgas statt Diesel: In Australien fahren Laster mit LNGVollGas DurchDown UnderBildquelle: Hemis/laifAutorin: Julica Jungehülsing11In Australien wird ein Großteil der Waren in riesigen Lastern durchs Land verfrachtet.Doch stark schwankende Dieselpreise erschweren die Planungssicherheit in der Transportbranche.Deshalb wollen viele Unternehmer ihre Trucks jetzt auf Flüssigerdgas(LNG) umrüsten. Hierfür errichtet <strong>Linde</strong> kleinere Anlagen, so genannte Micro-LNG-Plantsund entwickelt ein Netzwerk von LNG-Tankstellen. Damit stellt das Unternehmen nichtnur die nötige Infrastruktur entlang der endlosen Highways zur Verfügung – es hilftauch, die Emissionen in Down Under zu senken.Überholt wird selten auf dem Stuart Highway. Das 2.700 Kilometerlange Asphaltband, das Australiens Süden mit dem Norden verbindet,ist sogar streckenweise von absoluter Stille geprägt – nur hin undwieder durchbrochen von einem donnernden Roadtrain: Ein australischerLaster, der bis zu 50 Meter lang ist und voll beladen 150 Tonnenwiegt. Dann hängt eine Staubwolke über derStraße, bevor der Highway wieder ausgestorbenbis zum Horizont da liegt. Australien hält unterden Industrienationen den Rekord, die wenigstenMenschen pro Straßenkilometer zu bewegen.Aber in keinem anderen Land wird mehrFracht pro Kopf über den Asphalt transportiert –mit steigender Tendenz: Der Schwerlastverkehrin Down Under boomt. Denn Menschen, Güterund Produktionsstätten trennen oft weite Distanzen.Die meisten Australier leben an den Küsten, aber viele Rohstoffelagern weit im Landesinneren. Transportalternativen zur Straße wieetwa schiffbare Flüsse oder Kanäle fehlen, und auch das Schienennetzist bescheiden.Um die Menschen in Australien – flächenmäßig der sechstgrößteStaat der Erde – mit Obst, Gemüse, Fleisch, Computern, TV-Gerätenoder Getränken zu versorgen, bleibt nur der Schwerlastverkehr aufder Straße. Auch die Industrie ist zum Transport von Rohstoffen oderSchwankenderDieselpreis machtFlüssigerdgasAls Treibstoffattraktiv.Maschinen auf die Trucks angewiesen. Aber das boomende Transportwesenkämpft mit einem Problem: Der Dieselpreis steigt undschwankt enorm. „Es ist extrem schwer zu planen, wenn ein wichtigerKostenfaktor so unberechenbar ist. Denn kaum niest jemandim Nahen Osten oder droht einer Ölplattform ein schwerer Sturm,schnellt der Preis in die Höhe“, beschreibt KenPadgett, einer der größten Holz-TransporteureTasmaniens, die Situation.Wie Padgett erging es vielen Fuhrbetriebenauf der bewaldeten Insel im Süden Australiens.Um weniger abhängig vom volatilen Dieselpreiszu sein, suchten die Transporteure nach Alternativen– und fanden sie im Flüssigerdgas, kurz LNGfür Liquefied Natural Gas. Immerhin ist Australiender drittgrößte Flüssigerdgas-Produzent im asiatisch-pazifischenRaum, fast die Hälfte des LNG wird sogar exportiert.Im Jahr 2008 waren es 15,2 Millionen Tonnen für 5,9 Milliarden australischeDollar – das entspricht 4,4 Milliarden Euro. Der Erdgasreichtumdes Landes sorgt dafür, dass der Rohstoff im Vergleich zu Erdölrelativ günstig ist.Aber lange Zeit blockierte ein klassischer Teufelskreis die Idee,LNG als Kraftstoff zu nutzen: Fehlen Tankstellen für einen neuen Energieträger,rüstet kein Fuhrbetrieb um. Aber ohne Kunden steht auch


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Australien32Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftMeilenstein für LNG-Autobahn:Aus Kohleflözgas lässt sich Erdgas gewinnen undverflüssigen. In isolierten Drucktanks stehtes dann an LNG-Tankstellen bereit und dient alsgünstiger Treibstoff für die australischen Trucks.die modernste Gas-Tankstelle vor dem ökonomischen Untergang. EinDilemma, das die australischen Transporteure gemeinsam mit <strong>Linde</strong>slokaler Konzerngesellschaft BOC in Australien in den Griff bekommenwollten: Die Fuhrbetriebe in Tasmanien gründeten eine LNG-Initiative,deren sieben Mitglieder täglich über 160 Laster über die Straßendes Bundeslandes schicken. Für BOC bedeuteteLNG im tank:20 Prozentweniger Co 2 -Emissionenim Verkehr.dies eine verlässliche Größe, mit der die Gas-Pionierearbeiten konnten. Denn der Konzern kannauf 30 Jahre Erfahrung am LNG-Markt zurückblicken:Damals eröffnete BOC in Dandenong beiMelbourne, Victoria, die erste australische Flüssigerdgas-Anlage.Sie wird derzeit für ein neuesTransportprojekt erweitert und modernisiert. Einezweite Anlage nahm BOC Mitte Januar 2011 im tasmanischenWestbury in Betrieb: Professor Dr.-Ing.Wolfgang Reitzle, Vorsitzender der Vorstands der <strong>Linde</strong> AG, eröffnetedas Werk offiziell, zusammen mit Vertretern der australischen undtasmanischen Regierung. Die Anlage in Tasmanien arbeitet mit Erdgasaus einer Pipeline.Die verbindlichen Zusagen der Tasmanier ermöglichten BOC die Investitionund Ausweitung auf die australische Ostküste. Dabei konzentriertsich das Unternehmen bislang vor allem auf den bevölkerungsreichenSüdosten des Kontinents zwischen Queensland und Victoria:Denn über zwei Drittel des australischen Lastverkehrs rollt über dieInland- und Küsten-Highways zwischen Melbourne,Sydney und Brisbane. Eine dritte Micro-LNG-Anlageentsteht deshalb derzeit nahe Chinchilla im rohstoffreichenSurat-Becken von Queensland. Diese Micro-LNG-Anlage wandelt Methan aus Kohleflöz-Gas zu Flüssigerdgasum. Dazu filtert zunächst ein Reinigungsgerätdie Unreinheiten aus dem Kohleflözgas, dem dabeiauch CO 2 , Schwefel und Feuchtigkeit entzogen wird.Daran schließt sich eine Kühlanlage mit speziellemWärmetauscher an, die das Gas kühlt und verflüssigt.BOC-Ingenieure hatten dazu ein Patent des Gas Technology Institute(GTI) genutzt, weiter entwickelt und besitzen nun die weltweiteLizenz für die Technologie. „Im Industriegasebereich innerhalb Australienssind wir schon jetzt stark vertreten. Der Energiesektor bietet


Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftAustralien // LINDE TECHNOLOGY #1.1133weitere Wachstumsmöglichkeiten für BOC sowie für die Nutzungvon LNG“, sagt Mike Karbanowicz, General Manager für Strategie &Planung bei BOC in Sydney.Bei <strong>Linde</strong> war man sich schon lange bewusst, wie attraktiv diegeringen Preisschwankungen des flüssigen Erdgases in Australien imVergleich zu Diesel waren. BOC entwickelte deshalb ein Konzept, dasFlüssigerdgas auch für die Transportindustrie attraktiv macht: „Gasstatt Diesel“. Das klang zwar einfach, war jedoch ein Projekt mitvielen Unbekannten: Die <strong>Linde</strong>-LNG-Experten standen vor der Herausforderung,so genannte Micro Plants zu entwickeln, die auch kleineMengen wirtschaftlich und bedarfsgerecht produzieren: „Angesichtsder großen Distanzen in Australien ist es ökonomisch sinnvoll, mehrerekleine Anlagen in Kundennähe zu haben – und so Transportkostenzu senken“, nennt Karbanowicz einen Grund für eine Anlagemit einer Leistung von 50 Tonnen LNG pro Tag, was etwa 70.000Litern Diesel entspricht.Um die Kosten für die neuen Anlagen möglichst gering zu halten,griffen die Ingenieure auf vorhandene Module zurück: „Wir suchtendie größte existierende kommerzielle Kühlanlage, die wir findenkonnten und bauten die Anlage gewissermaßen um den Kühlmittelkompressorherum“, erklärt Karbanowicz. Die Entwicklung dauerteetwa zwei Jahre. „Zeitintensiv war weniger der Bau als vielmehr dieEntwicklung des Abnehmermarktes, da es sich um ein völlig neuesPrinzip handelte”, erklärt Alex Dronoff, LNG-Business Manager beiBOC in Sydney.LNG-Umrüstung zahlt sich ausUm LNG für möglichst viele Unternehmer rentabel zu machen, hatBOC in Tasmanien bereits ein Versorgungsnetzwerk von Tankstellenaufgebaut, die stabile Preise für verflüssigtes Erdgas garantieren –vor allem verglichen mit dem üblichen Dieseltreibstoff. Und auch aufdem australischen Kontinent wird derzeit – zwischen den beidenStandorten der Micro-LNG-Plants in Queensland und Victoria – eine„LNG-Autobahn“ aufgebaut: Bis zu acht Tankstellen sollen entstehen.Gase-Experten führen derzeit Gespräche mit Spediteuren, um diegeeigneten Standorte für Füllstationen zu finden.Und die Bedienung der Flüssigerdgas-Tankstellen, die von der<strong>Linde</strong>-Tochter Cryostar entwickelt wurden, ist nicht nur besonderspreiswert, sondern auch einfach. Denn einen Tankwart gibt es nicht:Der Fahrer füllt den Kraftstoff selbst ein. Begeistert sind nicht nurdie Transporteure, auch die Umwelt profitiert: Mit LNG betriebeneLaster laufen leiser und verursachen über 20 Prozent weniger CO 2 -Emissionen.Einen Truck auf LNG umzurüsten, kostet je nach Technologie zwischen50.000 bis 95.000 Euro. Aber die in der Anschaffung teuersteVariante verspricht auf Dauer auch die größten Ersparnisse. Zwarhaben alle LKW sowohl Diesel- als auch Gastanks, aber das Volumenbeider Systeme variiert stark. Denn manche Hersteller brauchen Diesel– meist rund fünf Prozent des gesamten Tankvolumens – nur zumStart ihrer Motoren. Für die Fahrstrecken nutzen die Fahrzeuge dannLNG – das rund 95 Prozent des Tanks ausmacht. Diese Variante giltals die langfristig günstigste, denn: „Gas ist nicht nur billiger als Diesel,sondern die Motoren leben auch länger und benötigen wenigerWartung“, erklärt Karbanowicz die Vorteile der neuen Technologie.Transport-Boom im outbackDer Schwerlastverkehr in Australien wächststetig: Bis 2030 sollen 1,8-Mal so viele Güter perLKW transportiert werden wie 2008. Der Verkehrzwischen den Bundesstaaten soll sich gar mehrals verdoppeln. Schon jetzt sind die Zahlen stattlich:Über 81.000 mehrgliedrige Sattelschlepperwaren 2009 in Australien unterwegs. 72 Prozentdes gesamten Frachtguts rollt über Highwaysund Straßen: 191,5 Milliarden Tonnen pro Kilometerwaren es 2008, in zwanzig Jahren sollen es342 Milliarden sein.Je nach Motor- und Kilometerleistung kann sich das Umsatteln aufLNG bereits nach drei Jahren auszahlen.„Interessant ist die Flüssigerdgas-Alternative für Schwerkraftbetriebewie etwa die Holz verarbeitende Industrie, oder für Unternehmen,deren Trucks etwa mit Milch und Rohstoffen bis zu 250.000Kilometer im Jahr unterwegs sind,” nennt Karbanowicz die Hauptabnehmer,zu denen künftig aber auch LKW von BOC gehören könnten:„Wir prüfen derzeit, welche unserer Fahrzeuge sich für eine Umstellungeignen.“ In drei Jahren will <strong>Linde</strong> insgesamt täglich etwa 500„Roadtrains“ sowie kleinere LKW, Sattelschlepper und Tankzüge mitFlüssigerdgas versorgen. Ein Ziel, das auch die australische Regierungfreut, die das Pilotprojekt in Tasmanien finanziell unterstützt hat.„LNG ist für Schwertransporter die erste echte Alternative zu Diesel“,so Martin Ferguson, Australiens Rohstoff- und Transportminister.LINKs:https://boc.com.auwww.abare.gov.au/interactive/09_auEnergy/htm/chapter_6.htm


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Erweiterte Förderung34Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftStickstoff sorgt für effiziente Erdgas- und ErdölförderungDer SChlüssel zumRohstoff-DepotObwohl die globalen Erdgasvorräte deutlich länger reichen als Öl, müssen die Quellen bestmöglichgenutzt werden. Ein wichtiges Hilfsmittel ist Stickstoff, der in die Tiefe verpresst wird,um den abfallenden Lagerstättendruck zu erhöhen. <strong>Linde</strong>-Ingenieure entwickeln Anlagenmodule,mit denen sich die Förderquote der fossilen Rohstoffe umweltverträglich steigern lässt.Die Erde gibt ihre Schätze nicht gerne preis. Um begehrte Rohstoffewie Erdgas aus unterirdischen Vorkommen zu fördern, sind aufwändigeAnlagen und ausgefeilte Technologien nötig. Dennoch lassensich die Reservoire mit gasförmigen Energieträgern je nach Geologienicht vollständig nutzen. Bei Erdgasquellen liegt die Ausbeute aufgrunddes natürlichen Gasdrucks bei rund 75 Prozent – bei Ölquellensind es gar nur maximal 50 Prozent.Aber es gibt Verfahren, mit denen sich Erdgas auch dann erfolgreichaus den Gesteinsschichten befreien lässt, wenn die Förderungder Quelle schon weit fortgeschritten ist: Ein nützliches Hilfsmitteldazu ist Stickstoff (N 2 ). Presst man N 2 in eine Erdgaslagerstätte, wirdder Druck in der Lagerstätte künstlich erhöht – die Erdgasquelle liefertmehr begehrten Rohstoff. Der Prozess – im Fachjargon „EnhancedGas Recovery“ (EGR) genannt – lässt sich auch mit anderen inerten,das heißt reaktionsträgen Gasen als Stickstoff betreiben: So nutztman in den USA auch Kohlendioxid (CO 2 ) aus unterirdischen Quellenals kostengünstige Variante. Zweckmäßig ist ebenfalls der Einsatzvon recyceltem CO 2 , das beispielsweise aus den Verbrennungsabgasenvon Kraftwerken abgetrennt wurde. Stickstoff dagegen kannpraktisch überall aus der Umgebungsluft mit Luftzerlegungsanlagengewonnen werden. Auch physikalisch gibt es Unterschiede: CO 2 lässtsich stärker komprimieren als N 2 , weshalb man sehr große MengenReinigung dank Kryotechnik:Die westaustralische ErdgaslagerstättePluto enthält viel Stickstoff.Seine Abtrennung in speziellenAnlagen ermöglicht es, derartigeQuellen vermehrt zu nutzen.


1Titelthema: Mit Erdgas in die ZukunftErweiterte Förderung // LINDE TECHNOLOGY #1.1135Autor: Frank FrickBildquelle: Woodside, <strong>Linde</strong> AG1Luftzerleger im WüstenstaatIn dem Gasfeld Habshan der Abu Dhabi NationalOil Company (ADNOC) soll künftig Stickstoffden Erdgasdruck aufrechterhalten. <strong>Linde</strong> bautdafür zwei große Luftzerleger im 50 Kilometerentfernten Mirfa. Der Stickstoff wird über einePipeline transportiert, in den Boden gepresstund erhöht so die Förderquote.Stickstoff sorgtfür höhereAusbeute derLagerstätten.braucht, um die Erdgas-Reservoire unter Hochdruck zu setzen. Somitist der EGR-Prozess bei der Verdichtung mit Stickstoff energiesparenderals die CO 2 -Variante.Um den Förderdruck in einer Lagerstätte aufrecht zu erhalten, hatsich noch eine weitere Technologie etabliert: Ein Teil des gewonnenenErdgases wird wieder in den Boden zurück injiziert. DiesesVerfahren nutzt beispielsweise die Abu Dhabi National Oil Company(ADNOC) bei ihrem Gasfeld Habshan. „Aber für dasErdgas gibt es eine wirtschaftlichere und wichtigereVerwendung: Es wird dringend benötigt,um Strom zu erzeugen“, erklärt Dr. Gerhard Beyselvon der <strong>Linde</strong> Engineering Division. Daher habenADNOC und <strong>Linde</strong> das GemeinschaftsunternehmenElixier gegründet. Das Joint Venture baut derzeitzwei große Luftzerlegungsanlagen in Mirfa, einemKüstenort in Abu Dhabi, das zu den VereinigtenArabischen Emiraten gehört. Die Gesamtkosten des Projekts: 800 MillionenUS-Dollar. Ende 2011 sollen die Anlagen fertiggestellt sein.Von Mirfa aus wird der Stickstoff dann über eine rund 50 Kilometerlange Pipeline ins Landesinnere nach Habshan transportiert unddort zur erweiterten Förderung der Gas- und Ölreservoire verwendet.„Bei der Konstruktion der zwei Anlagen in Mirfa, die pro Stunde670.000 Kubikmeter Stickstoff liefern werden, konnten wir auf unserebewährten Luftzerleger-Einheiten für die Ölförderung in Cantarellzurückgreifen“, sagt Beysel, der in der Engineering Division für dieGeschäftsentwicklung der Luftzerleger verantwortlich ist. Das Projekthat auch strategische Bedeutung: Denn ADNOC hat Zugang zu rund90 Prozent der Erdöl- und Gasvorkommen in Abu Dhabi. Diese Reservengelten als die viertgrößten weltweit.Je nach geologischen Gegebenheiten kann sich ein Teil des injiziertenStickstoffs nach einiger Zeit mit dem geförderten Erdgas vermischen.Prinzipiell ist das kein Problem: Stickstoff reagiert weder mitden Verbindungen im Erdgas, noch greift es die Materialien der Förderanlagenan. Zudem ist N 2 auch im Erdgas enthalten. Aber überschreitetsein Anteil bestimmte Grenzwerte, erfüllt das Erdgas nichtmehr alle Anforderungen von Industrie und Handel. Denn Stickstoffverringert den Heizwert des Erdgases und macht seine Verarbeitungin der chemischen Industrie unwirtschaftlich. „Um das Erdgasin verflüssigter Form, als LNG, lagern und transportierenzu können, muss der Stickstoffanteil ambesten unter einem Prozent liegen“, sagt Beysel.Falls ein Erdgasvorkommen mehr Stickstoff enthältals im LNG-Produkt gewünscht, wird bei derLNG-Produktion ein stickstoffreicher Erdgasstromabgetrennt. Er dient beispielsweise als Brennstofffür Turbinen, die Energie für den Verflüssigungsprozessliefern. „Ist der Stickstoffanteil darin allerdingszu hoch, tolerieren ihn die Turbinen nicht mehr“, sagt Dr. GeorgSchopfer, Vertriebsprojektleiter für LNG- und Gasverarbeitungsanlagenbei <strong>Linde</strong> Engineering. „Das ist typischerweise der Fall, wenn dernatürliche Stickstoffgehalt wie in den Erdgasfeldern Pluto und Xenain der Nähe von Karratha vor der Küste Westaustraliens mehr als rundsechs Prozent beträgt“, so Schopfer.Stickstoff effizient abtrennenUm den abgetrennten Gasstrom sinnvoll zu nutzen, entschied sichdas größte australische Öl- und Gasunternehmen Woodside für eineandere Lösung: Als dort 2006 die Verflüssigungsanlagen für das Erdgasgeplant wurden, integrierte man ein Modul, das Fachleute „NitrogenRejection Unit“, kurz NRU, nennen. In dieser Einheit wird derabgetrennte stickstoffreiche Strom abgekühlt, bis ein Teil des Gasesflüssig ist: So genannte Rektifikationskolonnen trennen bei Temperaturenzwischen minus 140 und minus 180 Grad Celsius das Erdgasund den Stickstoff nahezu vollständig voneinander. Die NRU-Anlagein Karratha stammt von <strong>Linde</strong>. Schopfer: „Die Bauteile der Anlage sindbereits in Australien eingetroffen und werden derzeit montiert.“ Nochim Jahr 2011 will Woodside die neue Verflüssigungsanlage in Betriebnehmen. „Für uns ist die NRU in Australien eine wichtige Referenz imErdgas-Geschäft“, so Schopfer. Denn künftig wird man immer mehrErdgasquellen mit hohem Stickstoffgehalt erschließen – und die <strong>Linde</strong>-Technologiezur N 2 -Abtrennung des Gases wird wichtiger.Mit <strong>Linde</strong>-Prozesstechnik sprudeln auch Ölquellen intensiver(Enhanced Oil Recovery; EOR); dort sieht Schopfer weiteres Potenzial.Die Technologie half bereits, das Ölfeld Cantarell am Golf von Mexikoeffizienter zu nutzen. Im ersten Jahr stieg die Fördermenge um 60Prozent, nachdem Stickstoff eingepresst wurde. Das Gas stammt ausder Luft und wird mit fünf <strong>Linde</strong>-Luftzerlegern gewonnen. Die Technologielässt sich auch mit einen Satz zusammenfassen: Luft zerlegen,um mehr Rohstoffe zu gewinnen.LINKs:www.elixier.ae/elixier/profile.htmlwww.woodside.com.au/Our+Business/Pluto/


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Müllschutz36CO 2 löscht Schwelbrände in Biomasse-Silos und Abfallbunkerneffizientes Feuerwehr-GasBiomasse ist gefragt: Aus organischen Stoffen lässt sich gut Energie gewinnen. Holz, Müll oder Strohlagern dazu in riesigen Silos. Aber dort lauert auch die Gefahr von Bränden oder gar Explosionen.Mit konventionellen Methoden können Feuerwehrleute die Schwelbrände dann kaum eindämmen. Einneues Löschsystem von <strong>Linde</strong> arbeitet mit CO 2 und bekämpft die Brände ganz gezielt und effektiv.In den Öfen von Biomassekraftwerken müssen Flammen lodern –sonst stehen Turbinen still oder Fernwärmeleitungen erkalten. Unddamit der Nachschub nie ausgeht, werden die organischen Brennstoffewie Altholz, Müll, Gras oder Stroh in riesigen Bunkern oder aufHalden gelagert. Das bereitet den Kraftwerksbetreibern aber auchimmer wieder Probleme: Denn solches Material kann sich schon beider Lagerung entzünden. Schuld daran sind Kohlenstoff und Feuchtigkeit,die sich in frischem Gras oder im Hausmüll finden und für Bakterienein gefundenes Fressen darstellen. Sie verwenden den Kohlenstoffals Nahrung, machen daraus neue Mikroorganismen undproduzieren Wärme, die die Biomasse entzünden kann. Meldungenwie „Hackschnitzellager in Flammen“ tauchen immer wieder inden Medien auf. „Solche Brände verursachen dann schnell Schäden,die oft mehrere hunderttausend oder gar Millionen Euro betragen“,erklärt Dr. Michael Heisel von der <strong>Linde</strong> Gases Division.Explosionsgefahr im GetreidesiloAber nicht nur in Kraftwerksbunkern lauert die Brandgefahr: AuchGetreide für Kornmühlen, Raps zur Biodiesel-Produktion oder Holzschnitzelfür die Spanplatten-Fertigung lagern in Silos oder Hallen.Und egal ob die organischen Stoffe zur Energiegewinnung oder Weiterverarbeitungvorgesehen sind: In den riesigen Bunkern kommt esimmer wieder zu Schwelbränden oder sogar Explosionen. So wie imJahr 2005: Damals versuchten dutzende Feuerwehrmänner vergeblich,den Müllbunker einer Müllverbrennungsanlage bei Bielefeld mitWasser, Schaum und einer Tensid-Wasser-Mischung zu löschen. Dochder Brand in der Halle mit den gigantischen Maßen – 75 Meter lang,15 Meter breit und 25 Meter hoch – ließ sich nicht unter Kontrollebringen. Nach drei Tagen riefen die Kraftwerks-Verantwortlichen bei<strong>Linde</strong> an und baten um Hilfe: <strong>Linde</strong> Gas Bielefeld hat dann flüssigesCO 2 geliefert, das gasförmig eingebracht wurde und innerhalb von


1Müllschutz // LINDE TECHNOLOGY #1.1137Brandgefahr: In den Brennkammern von Biomasse- oder Müllkraftwerkensollen die Flammen richtig lodern. Aber auch in den riesigen Silos fürHolz, Stroh oder Müll kann es sehr heiß werden. Dort lauert Gefahr, wennsich das Schüttgut aufgrund von Oxidation und mikrobiologischenAbbauprozessen erhitzt und ein Schwelbrand entsteht.Wasserstoff (H 2 ) in erheblichen Mengen. Wenn gasförmiger Wasserstoffund Sauerstoff auf Glut oder Funken treffen, kommt es zur sogenannten Knallgasreaktion. Die Explosionsgefahr lässt erst wiedernach, wenn das gesamte Silovolumen mit Stickstoff inertisiert ist, alsonur noch sehr wenig Sauerstoff vorhanden ist.Autorin: Heidi WahlBildquelle: BMU/Bernd Müller, R. Kreuels/laif1eineinhalb Tagen das Feuer gelöscht hat. Rund 130 Tonnen Flüssig-CO 2 lieferte <strong>Linde</strong> damals – rund sechs Tanklastzüge.Dieser Brand in Bielefeld war so etwas wie die Initialzündung fürden <strong>Linde</strong>-Verfahrenstechniker. Heisel fragte sich, warum in der Anlageüberhaupt Feuer entstanden ist und wie sich das CO 2 beimLöschen in den Bunkern verhalten hat. Der Gase-Spezialist machtesich ans Werk und suchte Antworten. „Meist entstehen Schwelbrändeim unteren Drittel von Silos“, erklärt Heisel. „Dort ist die Isolierwirkungdes Schüttguts gegenüber der Umgebung hoch und das Materialliegt dort bereits lange.“ Der eigentliche Auslöser für Schwelbrändeist die langsame Oxidation. Das haben Untersuchungendes SP Technical Research Instituteof Sweden gezeigt. Diese Oxidation kann in derBiomasse durch die mikrobiologischen Abbauprozesse,also die Fermentation von organischemMaterial, noch verstärkt werden.Brennt ein Biomassebunker, haben Feuerwehrleuteein großes Problem – nicht nur wegender dabei entstehenden teilweise giftigen undumweltschädlichen Brandgase: Holzschnitzeldeponien sind riesig undmanche Silos rund 100 Meter hoch. Die Löschtrupps kommen mit demLöschmittel oft überhaupt nicht in die Nähe des Brandherdes. „Dakönnen sie ein ganzes Meer reinschütten, das Wasser kommt untennicht an“, erklärt Heisel das Dilemma. „Konventionelle Löschmethodenmit Wasser oder Schaum haben sich nur bei Feuer an der Oberflächebewährt. Aber tief unten im Schüttgut ist die Methode meistwirkungslos.“ Weiterer Nachteil der Wasserlösch-Methode: NasserMüll, durchweichtes Papier oder feuchte Holzpellets sind als Brennstoffunbrauchbar, verkleben im Silo leicht und sind deshalb schwerauszuräumen.Stickstoff kann den Brand anfachen„Die bislang effizienteste Löschmethode bei Bränden tief im Schüttgutist das Einleiten von Inertgas, meist Stickstoff, der von unten indas Silo geblasen wird“, erklärt Heisel. Weil der Stickstoff (N 2 ) leichterist als Luft und im Silo aufsteigt, entsteht eine inerte Atmosphäre.Diese erstickt das Feuer früher oder später, denn sie unterbindet dieSauerstoffzufuhr. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass eineN 2 -Injektion zu Beginn die Brände sogar weiter anfachen und zuExplosionen führen kann. „Die Luft, die noch im Silo ist, wird nachoben geschoben, vorbei am Brandherd, wo vermehrt Funken undBrandgase erzeugt werden. Diese Brandgase plus Luft und Funkensind explosionsfähig, so dass es ordentlich krachen kann “, so Heisel.Eine Verbrennung mit Luftüberschuss erzeugt nicht brennbares Kohlendioxidund Wasser. Unter Luftmangel entstehen aber neben CO 2und H 2 O auch die beiden brennbaren Gase Kohlenmonoxid (CO) undKohlendioxiddurchdringtden gesamtenBiomasse-Bunker.CO 2 -Teppich entzieht dem Brand die WärmeDass Schwelbrände mit CO 2 effektiver gelöscht werden können alsmit Stickstoff, zeigten Beobachtungen und Messungen in den <strong>Linde</strong>-Labors.„Die Überlagerung des Schüttguts mit einer Schicht ausCO 2 ist effizienter“, so Heisel, „weil das Gas wesentlich schwerer istals Luft und Brandgase und deshalb von oben nach unten durch dasSchüttgut dringt.“ Das Kohlendioxid unterbindet die Luftzufuhr. „Undwo kein Sauerstoff, da kein Feuer“, bringt der Ingenieur die einfache,aber effektive Lösung auf den Punkt. Zudem entzieht der Kohlendioxid-Teppichden Funken ihre Wärme, da das Gas im Vergleich zuStickstoff eine höhere Wärmekapazität hat. Als Löschgas hat CO 2 abernoch weitere Vorteile: Es ist nur gering toxisch, kann nicht weiter oxidiertwerden und ist an vielen Orten in ausreichendgroßen Mengen verfügbar.Wichtige Voraussetzung für den erfolgreichenCO 2 -Löschangriff ist allerdings eine gleichmäßigeKohlendioxid-Schicht über dem Lagergut. Die<strong>Linde</strong>-Experten benutzen dazu so genannte Venturidüsen,die das flüssige Kohlendioxid vollständigverdampfen. Die Düsen werden von oben indie Silos eingebaut oder im Brandfall eingeführtund verteilen das Gas langsam und gleichmäßig. So wird kein Staubaufgewirbelt, der ähnlich wie die Brandgase zu einer Explosion führenkönnte. Die <strong>Linde</strong>-Ingenieure haben das innovative Löschsystemzum Patent angemeldet und ihm den Markennamen ADURIS ® gegeben.Und in zehn großen Müllverbrennungsanlagen sind die „Feuerwehr-Gasanlagen“bereits installiert und schützen als neuer SicherheitsstandardSilos und Bunker vor Bränden.Heisel, der das Verfahren maßgeblich mitentwickelt hat, fasst dieVorteile zusammen: „ADURIS ® löscht Schwelbrände nicht nur effektiv,es verhindert Schäden am Lagergut und an den Silos und senktdie Gefahr für Feuerwehrleute erheblich, weil sie den Löschvorgangaus sicherer Distanz durchführen können.“ Ganz zu schweigen vonniedrigeren Versicherungsprämien, die die Anwender der ADURIS ® -Löschsysteme aushandeln konnten. Aufgrund chemischer Reaktionenwird es wohl auch künftig immer noch zu Schwelbränden in Biomasse-Silos oder Müllbunkern kommen. Doch mit dem <strong>Linde</strong>-Löschsystemdürften Feuerwehr-Langzeit-Einsätze wie beim Biomasse-Heizkraftwerkin Taufkirchen bei München erspart bleiben. Dort brannte dieganze Halde: Erst nach zweieinhalb Monaten waren die letztenBrandnester gelöscht. Mit Wasser.LINKs:www.carmen-ev.dewww.erneuerbare-energien.dewww.eubia.org


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Pflegekonzept38REMEO ® : Pflegekonzept für langzeitbeatmete PatientenRückkehr ins LebenMenschen, die auf künstliche Beatmung angewiesen sind, verbringen oft viel Zeit auf einerIntensivstation. Aber die Atmosphäre zwischen hochmodernen medizinischen Apparatenbelastet die Patienten. Damit langzeitbeatmete Menschen schneller wieder nach Hauseentlassen werden können, haben Experten von <strong>Linde</strong> das Konzept REMEO® entwickelt: Ineigenen Centern bereiten geschulte Pflegekräfte die beatmeten Patienten auf die Rückkehrin den Alltag vor – mit oder ohne Beatmungsgerät. Das fördert nicht nur den Lebensmutder Menschen, das Konzept hilft auch, die Kosten im Gesundheitswesen zu senken.Autorin: Clara SteffensBildquelle: <strong>Linde</strong> AG11Ihr Leben hängt an einem Schlauch, das Atmen übernimmt ein Gerät,das Luft in ihre Lungen pumpt. Die Beatmungsmaschine drückt mitSauerstoff angereicherte Luft über den Schlauch direkt in die unterenAtemwege. In einigen Fällen dauert diese Behandlung über einensehr langen Zeitraum. Sonst gelangt nicht ausreichend Sauerstoff insBlut, Kohlendioxid wird nicht ausreichend abgeatmet. LangzeitbeatmetePatienten benötigen neben der Grundpflege oft eine aufwändigeund komplexe <strong>The</strong>rapie. Aber Pflegeheimesind meist nicht auf die Bedürfnisse langzeitbeatmeterPatienten spezialisiert. Deshalb hat <strong>Linde</strong>REMEO ® entwickelt, das weit über die reine medizinischeSauerstoffversorgung hinausgeht. Esverbindet klinische Kompetenz mit modernsterMedizintechnik: „Mit REMEO ® haben wir eine neueDimension in der medizinischen Leistungserbringunggeschaffen“, sagt Dr. Peter Kalin, Marketing-Manager bei <strong>Linde</strong> Healthcare in Deutschland. Denn die beatmetenPatienten erhalten eine neue Perspektive für eine optimale Versorgungauch außerhalb der Klinik. „Die lebenserhaltende Funktion musskomplett von außen gesteuert werden“, erklärt REMEO ® -PflegemanagerinAntje Kassin. Ein Beatmungsgerät übernimmt diese Funktionund entlastet die Atemmuskulatur. Das Problem: Dauert die Beatmungüber mehrere Wochen, baut die Muskulatur ab – wie bei einemBrücken bauen– von DerIntensivmedizinzur täglichenPflege.gebrochenen Bein, das über Wochen in Gips geruht hat. „Dann heißtes Trainieren“, so Kassin. Doch ein Platz auf der Intensivstation ist dafüreigentlich nicht mehr notwendig. Zuhause sind Patienten und ihreAngehörigen mit der neuen Situation allerdings häufig überfordert.REMEO ® dagegen hat sich schon in seinem Namen diesen Patientenverschrieben: Das lateinische Wort „remeo“ bedeutet „Ichkehre nach Hause zurück“ – und möchte genau diese Brücke zwischenIntensivmedizin und täglicher Pflege bauen. Dazukommt eine klare medizinische Erfolgserwartung:„Im besten Fall können die Patienten irgendwannkomplett auf die Beatmung verzichten“, gibt Kalindas Ziel vor. Wenn das nicht möglich ist, kann dieAbhängigkeit von der Beatmung häufig zumindestauf bestimmte Zeiten – zum Beispiel nachts– reduziert werden. In manchen Fällen aber mussdie Beatmung dauerhaft fortgeführt werden. Dieselangzeitbeatmeten Patienten können entweder in einem REMEO ® -Center bleiben oder wieder in ihr eigenes Zuhause zurückkehren.„Wir bereiten die Patienten und ihre Angehörigen dann gezielt aufdas neue Leben zu Hause mit Beatmung vor“, erklärt Kalin.Das neue Versorgungsprogramm soll vor allem den so genannten„Drehtüreffekt“ reduzieren. Gemeint ist damit der unglückseligeKreislauf von zu frühzeitiger Entlassung von der Intensivstation und


Perspektive für zu Hause: In den REMEO ® -Centern bereiten speziell geschultePflegekräfte langzeit beatmete Patienten aufdie Zeit nach dem Klinikaufenthalt vor.Pflegekonzept // LINDE TECHNOLOGY #1.1139


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Pflegekonzept40Spezialisiertauf die Pflegevon langzeitbeatmetenPatienten.einer zu schnellen Wiederaufnahme aus einem Pflegeheim oder vonzu Hause. „Unser Personal ist spezialisiert auf die Pflege langzeitbeatmeterPatienten“, bestätigt Kalin. Auch die <strong>The</strong>rapie ist speziellauf die Bedürfnisse der „anspruchsvollen Patienten“ ausgelegt:Schluck-, Sprech- und Atemtraining sind ebenso Teil des Programmswie eine regelmäßige Mobilisierung und Physiotherapie. Der Erfolgder einzelnen Center zeigt, dass das REMEO ® -Programmfunktioniert: „Bei 38 Patienten haben wirChancen gesehen, dass sie irgendwann ohne Beatmungauskommen“, berichtet Kassin aus demCenter in Mahlow bei Berlin, dem weltweit erstenREMEO ® -Center. Nach zwei Jahren leben 15 ehemalslangzeitbeatmete Patienten wieder ganz ohne Beatmungsgerät,vier weitere haben nur noch eineAtemunterstützung.REMEO ® hat nicht nur die Patienten im Blick.Auch Lebenspartner, Kinder und Geschwister werden auf die neueSituation im eigenen Zuhause intensiv vorbereitet. „Wir sprechenmit den Angehörigen, binden sie in die tägliche Pflege gerne mit einund zeigen ihnen, wie sie das Beatmungsgerät richtig bedienen oderwie sie sich in Notsituationen verhalten sollen“, erklärt PflegemanagerinKassin. Auch zurück in den eigenen vier Wänden ist weiterhinUnterstützung möglich. Dazu bietet die REMEO ® -Heimbeatmungneben den Centern das zweite Modell des Pflegeprogramms: IndividuelleHilfeleistungen für den Beatmungspatienten. Das bedeutetmodernste Technik, regelmäßige Hausbesuche oder sogar eine Rundum-die-Uhr-Pflege.Darüber hinaus steht Tag und Nacht ein Notdienstfür pflegerische oder technische Fragen bereit. „Wir haben mit dermodernen Medizintechnik heute die Möglichkeit, Patienten auchaußerhalb der Klinik kompetent und auf hohem pflegerischen Niveauzu versorgen“, sagt Konrad Bengler, Global BusinessManager REMEO ® .Auch auf die Zusammenarbeit mit Lungenfachärztenlegen die <strong>Linde</strong>-Experten großen Wert: DieMediziner kommen regelmäßig in die Center, umden weiteren Pflegeplan und mögliche Fortschrittehin zu einem Leben ohne künstliche Beatmungzu besprechen. „Die Ärzte kennen die Patientenzum Teil schon aus der Klinik“, sagt Kassin. Genaudiese Kombination aus spezialisierter Pflege undklinischer Kompetenz in der Intensivmedizin ist laut Kalin das Besondereund Neue an REMEO ® : „Wir haben eine Versorgungsmöglichkeitgeschaffen, die es so bisher zum Beispiel im deutschen Gesundheitssystemnicht gab.“ Sukzessive werden die REMEO ® -Centerzertifiziert: Jeder Handgriff ist beschrieben und überprüft. Um diesenQualitätsstandard auf Dauer zu gewährleisten, wird er regelmäßigvon externen Spezialisten kontrolliert. Versorgungsverträge mitden Krankenkassen sichern die Finanzierung. Laut Kalin kostet ein


Pflegekonzept // LINDE TECHNOLOGY #1.1141REMEO ® -Platz rund 12.000 Euro pro Monat – dasselbe Bett auf derIntensivstation eines Krankenhauses jedoch bis zu 40.000 Euro. Undauch die ambulante Versorgung eines Beatmungspatienten zu Hausekommt auf mindestens 18.000 Euro im Monat: „Wir sprechen hier alsonicht nur von einem medizinisch-ethischen, sondern auch von einemvolkswirtschaftlichen Problem, das gelöst werden will.“Internationale ServiceleistungREMEO ® -Zuhause gibt es auch in Italien, Portugal und Argentinien.Dazu kommen weitere REMEO ® -Center in Kolumbien und in den USA.Neue Center sind geplant, brauchen aber intensive Vorbereitung:„Beim Aufbau eines Centers müssen wir unsere Serviceleistung spezifischan jedes Land anpassen“, erklärt Bengler. So haben sich dieNiederlassungen in Knoxville und Nashville in Tennessee, USA, einenguten Ruf erworben, wenn es um erfolgreiche Entwöhnung von langzeitbeatmetenPatienten geht. „Derzeit entwickeln wir strategischePläne für weitere REMEO ® -Standorte – vor allem in Gebieten, indenen bisher keine Einrichtungen für Langzeitbeatmung zur Verfügungstanden“, sagt Gene Gantt von REMEO ® USA. Bisher musstendie Betroffenen häufig weit weg von ihrer Familie und ihrer gewohntenUmgebung gepflegt werden.Auch in Südamerika hat sich REMEO ® auf die Anforderungenvor Ort spezialisiert: Weil etwa in Kolumbien deutlich weniger Klinikplätzevorhanden sind als in Europa und Nordamerika, ist in denKünstliche BeatmungWenn der Gasaustausch in den Lungenbläschen (Alveolen)oder die mechanische Atmung (Ventilation)gestört ist, liegt die einzige Überlebenschance in einerkünstlichen Beatmung. Ein Beatmungsgerät versorgtden Körper mit Sauerstoff und hilft beim Ausatmen vonKohlendioxid. Während bei der natürlichen Atmungdas Zwerchfell einen leichten Unterdruck erzeugt, erfolgtdie künstliche Beatmung mit Überdruck. Es gibtzwei Modelle der künstlichen Beatmung: Bei der unterstützendenSauerstofftherapie können die Betroffenennoch eigenständig atmen und benötigen Sauerstoffzum Beispiel nur nachts. Die vollständige Beatmungerfolgt über ein so genanntes Tracheostoma, eine operativangelegte Öffnung der Luftröhre nach außen.Über einen Schlauch wird ein Luftgemisch in die Atemwegegedrückt. Notwendig ist der Eingriff bei langzeitbeatmetenPatienten im Endstadium der ChronischenObstruktiven Lungenerkrankung, bei neuromuskulärenErkrankungen oder bei Patienten nach einem Unfall mithoher Querschnittslähmung. Die Entwöhnung einesIntensivpatienten nach langer Beatmung ist ein schwierigerProzess, der Wochen dauern kann. Manche Patientenerlangen ihre Fähigkeit zur Spontanatmung nichtzurück und benötigen eine dauerhafte Heimbeatmung.Chronische Erkrankung COPDAus den unterschiedlichsten Gründen müssen Menschenkünstlich beatmet werden. Häufiger Grundsind chronische Erkrankungen wie COPD (ChronicObstructive Pulmonary Disease), die sich konstantverschlechtern und das Lungengewebe schädigen.Dadurch nimmt vor allem die Atemkapazität ab: Ausden feinen Lungenbläschen werden zunehmendgrößere, schlaffe Luftsäcke, die nicht mehr die Krafthaben, Luft aus dem Brustraum zu entfernen. DerGasaustausch funktioniert nicht mehr. Die Folge: Zuwenig Sauerstoff gelangt ins Blut, Kohlendioxidwird nicht ausreichend abgeatmet. Wird weiteresGewebe zerstört, sind auch die Bronchien nicht mehrstabil: Beim kleinsten Druck fallen sie in sich zusammenund verschlechtern die Ausatmung noch weiter.Je schlechter die Lunge belüftet ist, desto größerist die Gefahr für Lungenentzündungen – ein Teufelskreis,denn: Weiteres Lungengewebe wird zerstört.Schätzungen zufolge leiden weltweit 600 MillionenMenschen an COPD. Die Krankheit gilt nach Angabender Weltgesundheitsorganisation WHO als vierthäufigsteTodesursache – nach Herzinfarkt, Schlaganfallund Lungenentzündung. Nach Ansicht vonExperten wird die Zahl der Todesfälle durch Lungenversagenin den kommenden Jahren weiter steigen.Aber auch ein Unfall, der zum Beispiel eine Querschnittslähmungzur Folge hat, kann die Atemfunktionso stark beeinträchtigen, dass der Patient nichtmehr allein atmen kann.Centern in Bogotá, Medellín und Cartagena rund um die Uhr ein Arztanwesend. „Wir können immer mehr Patienten helfen – und auchdie Verkaufszahlen haben hervorragende Werte erreicht“, so JavierRamirez, REMEO ® Südamerika. Der Experte auf dem Gebiet der Beatmungspflegearbeitet seit 2005 für <strong>Linde</strong>. Dank der bereits erzieltenErfolge ist es gelungen, die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmenszu ändern: „Unser Name steht nicht mehr nur für ein Industriegaseunternehmen,sondern repräsentiert auch die Gesundheitspflege“,sagt Ramirez.LINKs:www.lungenemphysem-copd.dewww.remeo.comwww.heimbeatmung.dewww.nhlbi.nih.gov/health/dci/Diseases/Copd/Copd_WhatIs.htmlwww.nhlbi.nih.gov/health/dci/Diseases/hlw/hlw_respsys.html


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Mikrokläranlagen42Industrieabwässer energie- und kostensparend reinigenBakterien an derSauerstoffbarDie Reinigung von Abwässern aus industriellen Prozessen ist weltweit ein beträchtlicherBetriebskostenfaktor. <strong>Linde</strong>-Ingenieure haben jetzt ein effizientes System entwickelt:Der neuartige Bioreaktor senkt die Kosten für Strom und Klärschlamm-Entsorgung erheblich.Wie wär’s mit einem Gläschen recyceltem Industrieabwasser, vollständiggereinigt und gesundheitlich unbedenklich? „Das ist kein Witzund technisch absolut machbar“, sagt Darren Gurney, Experte fürindustrielle Abwasseraufbereitung bei <strong>Linde</strong>. Die Abwässer wieder inaufbereitetes Wasser zu verwandeln, das in Flüsse zurückgeleitetoder sogar wiederverwendet werden kann, wird für die Industrie zurRealität. Mittlerweile steigen die Kosten für Abwasserent- und FrischwasserversorgungJahr für Jahr. Allein in Deutschland entstehen jedesJahr Industrieabwässer, die rund 150 MilliardenBadewannen füllen könnten. Besonders effizientarbeitet das Wasserrecycling in der neuenAxenis-Anlage, einer Kombination aus herkömmlicherBio-Aufbereitungs- und Ultrafiltrations-Trenntechnologie (UF) im Querstromverfahren.„Axenis-Anlagen sind kompakt und modular inContainern aufgebaut, verbrauchen im Betriebweniger Strom und produzieren weniger überschüssigenKlärschlamm als konventionelle Systeme“,nennt Gurney die wichtigsten Vorteile. Deshalb seien sie nichtnur umweltfreundlich, sondern auch für kleinere Unternehmenerschwinglich, die sich die Anschaffung einer eigenen Kläranlage vorOrt bisher nicht leisten konnten.Bioreaktor mit Billionen BakterienDas Kernstück der neuen Anlage ist ein Membran-Bioreaktor, in demeine Population aus Billionen Bakterien und anderen Mikroben aktivist. Diese nur unter dem Mikroskop zu erkennenden Mikroorganismenkönnen lösliche organische Schadstoffe in Kohlendioxid und Wasserzerlegen. Solche Schadstoffe entstehen beispielsweise in der Chemie-,Pharma- sowie der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie.Zum Leben brauchen die Mikroorganismen nicht nur die Nährstoffeaus dem Abwasser, sondern während der ganzen Zeit auch gelöstenSauerstoff in ausreichender Menge. Konventionelle Systeme pumpenReiner Sauerstoffsorgtfür 70 Prozentweniger Klärschlamm.dazu große Mengen Luft in den Bioreaktor. Axenis dagegen arbeitetmit Sauerstoff pur: „Reiner Sauerstoff löst sich viel effektiver inAbwasser“, erklärt Gurney. So erreichen die <strong>Linde</strong>-Anlagen höhereSauerstoffkonzentrationen und sind in der Lage, mit bis zu drei Mal sovielen Mikroorganismen zu arbeiten wie konventionelle Anlagen.Das beschleunigt den Abbau der Schadstoffe, hat aber nocheinen weiteren Vorteil. Weil sich so auch mehr Mikroorganismendas nahrhafte Schadstoffangebot teilen müssen, produzierensie auch weniger: „Das ist ein großer Vorteil,weil durch diesen natürlichen Prozess biszu 70 Prozent weniger überschüssiger Klärschlammentsteht, der kontinuierlich aus derAnlage abgezogen und teuer entsorgt werdenmuss“, so Gurney.Die Mikroorganismen im Axenis-Bioreaktorarbeiten zudem bei höherer Durchschnittstemperaturals die meisten luftbetriebenen Anlagen.Das erhöht die Reaktionsraten deutlich. „In derAnlage liegen die Temperaturen im Mittel bei über 25 Grad Celsius“,nennt Gurney den Grund dafür. Die Wärme entsteht zum größten Teildurch den Stoffwechsel der Mikroorganismen. Das ist zwar in konventionellenReaktoren nicht anders, aber dort treiben Luftblasen dieWärme wieder heraus und sorgen so für niedrigere Durchschnittstemperaturen,typischerweise um 15 Grad Celsius.Nicht nur der Einsatz von reinem Sauerstoff macht das patentierteVerfahren einzigartig. Der Bioreaktor ist zusätzlich an eine sogenannte Querstrom-Filtrationsstufe mit Ultrafiltrations-Membrangekoppelt. Dort wird das Gemisch aus biochemisch gereinigtem Wasserund aktiviertem Klärschlamm getrennt. Die Filter bestehen ausrohrförmigen Membranen, deren Poren so klein sind – zwischen 0,03und 0,05 Mikrometer –, dass sie alle schwebenden Fremdstoffe undKolloide zurückhalten. Feststoffe und Biomasse werden wieder zurückin den Bioreaktor geschleust. Die UF-Membranen haben gleich zwei


1Mikrokläranlagen // LINDE TECHNOLOGY #1.1143Reines Wasser: Laboranalysen zeigen, dass das mitder <strong>Linde</strong>-Anlage aufbereitete Industrieabwasserin flüssiges Nass mit Trinkwasserqualität zurückverwandeltwerden kann.Autorin: Andrea HoferichterBildquellen: Getty Images, <strong>Linde</strong> AG1Vorteile. Gurney: „Sie können qualitativ hochwertig aufbereitetesAbwasser erzeugen, praktisch frei von schwebenden Feststoffen undmit sehr niedrigem gelöstem Restschadstoffanteil, und sie brauchenweniger Platz als konventionelle Trennanlagen.“ Diese nutzen dieSchwerkraft zur effektiven Trennung von Biomasse und gereinigtemAbwasser. Das erfordert große Flächen.Durch die Rückführung des komprimierten, mit Sauerstoff angereichertenaktivierten Klärschlamms in den Kernstrom des Bioreaktorswird nicht nur der für die Mikroorganismen lebenswichtige Gehaltan gelöstem Sauerstoff aufrecht erhalten. „Er sorgt auch dafür, dassMikroorganismen und Abwasser im Reaktor gut durchmischt werden“,erklärt der <strong>Linde</strong>-Ingenieur. Die Geschwindigkeit der Durchmischungwird über einen kontrollierten Seitenstrom und Einspritzdüsen unterder Oberfläche gesteuert. Das macht ein Sekundär-Belüftungssystemim Bioreaktor, wie es in den meisten konventionellen Anlagen vorhandenist, überflüssig. Deshalb punktet der Axenis-Prozess spezielldurch seine Energierückgewinnung beim Trennprozess, denn sie senktdie Lebenszykluskosten erheblich. Gurney betont: „Axenis-Anlagenverbrauchen voraussichtlich 20 bis 30 Prozent weniger Strom.“Bis zu 75 Prozent Industrieabwasser recycelnNach den Behandlungsschritten in Bioreaktor und UF-Membran ist dasgereinigte Wasser (Permeat) bereit für eine Wiederverwendung oderweitere Verarbeitung. Bis zu 70 bis 75 Prozent des Abwassers kannnach der Aufbereitung wieder verwendet werden. „Das UF-Permeatkann durchaus sauber genug sein, um es direkt in einen Flusslaufeinzuleiten“, so Gurney. Schließt man zusätzlich eine Umkehrosmose-Anlage an, die zudem noch Salze entfernt, lässt sich das ehemaligeIndustrieabwasser sogar trinken. „Technisch und auch praktisch istdas überhaupt kein Problem“, so der Ingenieur.Da Abwasser jedoch nicht gleich Abwasser ist, Art und Menge derSchadstoffe stark variieren können, empfehlen die <strong>Linde</strong>-Ingeniere,an neuen Abwasserströmen immer erst Pilotversuche durchzuführen.Die Axenis-Pilotanlage ist in einem Frachtcontainer installiert undenthält außer Bioreaktor und UF-Membran jede Menge Messtechnik.„Damit können wir die Anlage perfekt auf das Abwasser einesbestimmten Betriebes abstimmen“, sagt Gurney. Es kann etwa vierMonate dauern, die Abwasserbehandlung zu stabilisieren und dieoptimalen Betriebsparameter festzulegen.Die erste Axenis-Anlage, mit einer Kapazität von 140 Kubikmeternpro Tag, ist bereits in Betrieb. Mehr als ein Dutzend weitereUnternehmen haben bereits Interesse angemeldet. „Unser nächstesZiel ist es, ein modulares System zu entwickeln, das nach Bedarferweiterbar und für beliebige Abwassermengen einsetzbar ist“,sagt Gurneys Kollege Stefan Dullstein. „Mittelfristig wollen wir Axenisauch großindustriellen Unternehmen anbieten und auf der grünenWiese schlüsselfertige Anlagen aufbauen, die die anfallendenAbwasserströme in eine nachhaltige Quelle qualitativ hochwertigenWassers verwandelt.“Dullstein und Gurney sind sich sicher, dass in naher Zukunft dasInteresse an dieser Technologie der Wasser-Wiederverwendung sehrgroß sein wird. „Der Druck auf die Industrie, mit Wasser nachhaltigerumzugehen, wird ständig größer, nicht zuletzt wegen des Klimawandelsund der steigenden Nachfrage privater Haushalte“, sagen sie.Gerade in Ländern mit knappen Vorräten an verfügbarem Wasser steigendie Umweltanforderungen an die Abwasserqualität, die Entsorgungsgebührenund die Frischwasserpreise ständig. Und so könntendie Anlagen vielleicht schon bald auch in Regionen zum Einsatzkommen, in denen Menschen von sauberem Trinkwasser – welcherHerkunft auch immer – bisher nur träumen können.Link:www.un.org/waterforlifedecade


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Biotechnologie44interview„Bioraffinerien NUtzen NachwachsendeRohstoffe Optimal“Die Zukunft der Chemie ist grün: Wie moderne Anlagentechnik und innovative industrielleBiotechnologie die Chemieindustrie verändern, erklären Uwe Welteroth und Dr. Markus Wolperdinger,Experten für Biotechnologie-Anlagen bei der <strong>Linde</strong>-KCA-Dresden GmbH, einerKonzerngesellschaft der <strong>Linde</strong> <strong>Group</strong>.Interview: Caroline ZörleinBildquelle: <strong>Linde</strong> AG/E. Rodtmann11111Was ist das besondere an biotechnologischenVerfahren?Uwe Welteroth: Mit biotechnologischen Verfahren lassen sichnachwachsende Rohstoffe unterschiedlichsten Ursprungs effizientverwerten. Mikroorganismen oder Enzyme, kultiviert inmodernen Bioreaktoren, werden in der industriellen Biotechnologiegenutzt, um Grund- und Spezialchemikalien herzustellen,aber auch Biokraftstoffe oder chemische Zwischenprodukte.In Bioraffinerien werden einzelne Anlagensysteme, bestehendaus biotechnologischen und physikalisch-chemischen Prozessen,optimal auf die Rohstoffe bzw. Produkte zugeschnitten.Wie ist <strong>Linde</strong>-KCA in dem wichtigen Wachstumsfeld„industrielle Biotechnologie“ aufgestellt?Welteroth: Dass sich die Chemieproduktion in Zukunft von ihrerfossilen Rohstoffbasis zu einer stärker biobasierten Erzeugungentwickeln wird, haben wir schon vor einigen Jahren richtig eingeschätzt.Daher hat die <strong>Linde</strong>-KCA-Dresden GmbH bereits imJahr 2005 ein langfristig angelegtes Programm initiiert, um denGeschäftsbereich „Biotechnology Plants“ konsequent auf dieindustrielle Biotechnologie auszurichten. Wir sind bereits heutein der Lage, Verfahren zur Herstellung von „grünen“ Produktenanzubieten. Dabei arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen,um biotechnologische Verfahren und Anlagenmodule weiterzu entwickeln und für die Anwendung maßzuschneidern.Und welcher Entwicklungsschritt folgt dann?Dr. Markus Wolperdinger: Der nächste Meilenstein in RichtungBioraffinerie ist die Hochskalierung der Biotech-Verfahren, umauch großtechnisch produzieren zu können. In der gegenwärti-11gen Phase kommt deshalb Pilot- und Demonstrationsanlageneine wichtige Bedeutung zu. Nur so lässt sich eine „integrierteBioproduktion“ überhaupt entwickeln. Das bedeutet, dass dienachwachsenden Rohstoffe in einer energetischen und stofflichenKaskaden- und Koppelnutzung möglichst vollständig verwendetsowie Prozessketten intelligent miteinander verknüpft werden.Was sind die Herausforderungen für diesen Ansatz?Welteroth: Es ist wichtig, die nachwachsenden Rohstoffe in ausreichendenMengen und kostengünstig bereitzustellen. Eineweitere Herausforderung ist, die biobasierten Stoffströme inexistierende Produktionsumgebungen der chemischen Industriezu integrieren, die ja hauptsächlich auf Petrochemie basiert.Gleichzeitig muss eine solche Anlage als Ganzes ja auch wirtschaftlichsein. Bei <strong>Linde</strong>-KCA vereinen wir das dafür notwendigeKnow-how, um Bioraffinerien weiter voranzutreiben: Hierkönnen wir unsere weltweit anerkannte Expertise in Planungund Bau von Großanlagen sinnvoll mit unserer Kompetenz imBereich der industriellen Biotechnologie kombinieren.Bei welchen Projekten wirkt <strong>Linde</strong>-KCA derzeit mit?Wolperdinger: Wir realisieren gerade ein wichtiges Projekt amChemiestandort Leuna: <strong>Linde</strong>-KCA ist im Auftrag der Fraunhofer-Gesellschaftals Generalunternehmer im Bereich Technik fürPlanung, Lieferung und Errichtung des „Fraunhofer-Zentrums fürChemisch-Biotechnologische Prozesse“, kurz CBP, verantwortlich.Zusammen mit der Standortgesellschaft InfraLeuna und der <strong>Linde</strong>Gases Division wird die Anbindung an vorhandene Anlagen undStoffströme des Standortes Leuna sichergestellt. Dieses Bioraffinerie-Forschungszentrumbesitzt eine „Leuchtturm“-Funktion:Hier werden die Fraunhofer-Gesellschaft und mehr als 25 Indus-


Biotechnologie // LINDE TECHNOLOGY #1.1145Industrielle BiotechnologieBiotech-Experten: Uwe Welteroth, Bereichsleiter Biotechnologie-Anlagen(li.) und Dr. Markus Wolperdinger, LeiterBusiness Development Biotechnologie-Anlagen (re.)Die industrielle Biotechnologie,auch Weiße Biotechnologie genannt,verwendet Werkzeuge der Naturz. B. Bakterien, Pilze oder Enzyme zurindustriellen Produktion. Mittlerweilelassen sich mit der Weißen Biotechnologiewichtige Grund- und Spezialchemikalieneffizient herstellen.<strong>Linde</strong>-KCA engagiert sich in Leunabeim Aufbau eines biotechnologischchemischenForschungszentrumsund liefert Know-how und Anlagenfür künftige Bioraffinerien.1trie- und Forschungspartner biotechnologische und chemischeProzesse zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe bis zum industriellenMaßstab weiterentwickeln. Das Investitionsvolumen fürdas CBP beträgt mehr als 50 Millionen Euro. Auch <strong>Linde</strong>-KCAengagiert sich dort als Partner mehrerer Forschungsprojekte, um<strong>Linde</strong>-eigene Verfahren zu etablieren. Am CBP wird eine breitePalette an Rohstoffen erforscht, wie Lignocellulose (z. B. Holzund Agrarreststoffe), aber auch Pflanzenöle und -fette. Sie dienenals Ausgangsmaterialien für die Produktion von Schmierstoffen,Tensiden oder Grundchemikalien.Welteroth: <strong>Linde</strong> engagiert sich aber auch in vielen weiterenBiotechnologie-Projekten, wie der Herstellung von grünem Wasserstoff,der Nutzung von Algen beispielsweise zur Bioethanol-Erzeugung oder der Biogas-Produktion. Darüber hinaus arbeitenwir bei <strong>Linde</strong>-KCA an einer Reihe innovativer Verfahren, z. B. derthermischen Umwandlung von Biomasse zu Chemieprodukten.Um Was Geht es in Bioraffinerien genau?Welteroth: In Bioraffinerien will man nicht nur das Kohlenstoff-Synthesepotenzial der Natur nutzen, sondern auch energieundressourceneffiziente Prozesse etablieren, Abfallströme minimierenund CO 2 -Emissionen reduzieren. Leuna ist das Vorzeigemodellfür die Umsetzung eines biotechnologisch-chemischenVerbund-Konzeptes an einem bestehenden Chemie- bzw. Raffineriestandort:Die Infrastruktur und etablierten Stoffströme bietenviele Anknüpfungspunkte für „grüne Adern“. So lassen sich petrochemischeProzesse schrittweise durch biobasierte Verfahren ergänzen.Völlig ersetzen werden sie diese mittelfristig sicher nicht.Wolperdinger: Ein gutes Beispiel für diese Stoffströme ist Ethylen,das im <strong>Linde</strong>-Portfolio und am Standort Leuna eine wichtigeRolle spielt. CO 2 -neutrales Ethylen lässt sich aus Biomasseherstellen: Ausgangsmaterial dafür ist Bioethanol, idealerweise1produziert aus pflanzlichen Rohstoffen, die nicht in Konkurrenzzu Nahrungs- und Futtermitteln stehen. Mit ausgewählten Technologiepartnernarbeiten wir daran, die Bio-Ethylen-Produktionzu optimieren und die Herstellungskosten weiter zu reduzieren.Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der IndustriellenBiotechnologie ein?Wolperdinger: Für die Umsetzung einer „integrierten Bioproduktion“sind nicht nur Technologieunternehmen wie <strong>Linde</strong> gefordert:Ein so starker technologischer Trend muss von politischenRahmenbedingungen und Fördermaßnahmen begleitet werden,um schnell wirtschaftliche Dimensionen zu erreichen. In den USAhat man früh reagiert. Die Europäische Union hat im März 2010nachgezogen und eine „Strategie für intelligentes, nachhaltigesund integratives Wachstum – Europa 2020“ vorgestellt. Der Aufbaueiner Bioökonomie, als eine wichtige Initiative für die deutscheZukunft, ist in der Bioökonomiestrategie der Bundesregierungfest verankert und wird stark gefördert.Welteroth: Wir sind überzeugt, dass die industrielle Biotechnologiein Zukunft immer wichtiger wird: Die Nachfrage nach Anlagen,die es ermöglichen, Biomasse effizient zu Chemieproduktenzu verarbeiten, nimmt weltweit zu. Bei <strong>Linde</strong>-KCA wollen wirdie industrielle Biotechnologie ausbauen und dazu beitragen,dass durch die Einbindung „grüner“ Zwischenprodukte die Wertschöpfungskettender Chemieindustrie nachhaltiger werden.Daher engagieren wir uns in vielen Projekten zur Entwicklungund Umsetzung innovativer Verfahren im industriellen Maßstab.LINK:www.linde-kca.com


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // WAsserstoff46Saubere Großstadt: In der SanFrancisco Bay Area sollen emissionsfreieWasserstoffbusse künftighelfen, die CO 2 -Emissionen erheblichzu senken.


Wasserstoff // LINDE TECHNOLOGY #1.1147Wasserstoff: Aus Vision wird WirklichkeitBildquelle: Anthony Pidgeon/Lonely Planet Images/picture allianceAutor: Michael Kömpf11H 2 kommt aufdie StraSSeDie Elektromobilität ist der entscheidende Baustein zukünftiger Fortbewegung. Und beinaheunbeachtet strebt die Brennstoffzelle der Serienfertigung entgegen: Nach Meinung von Expertenkönnte diese Technologie schon in wenigen Jahren kostengünstiger sein als Batterien – unddamit die Wasserstoffnutzung enorm forcieren. Die einstige H 2 -Vision ist bereits auf direktem Wegzur Wirklichkeit: Wasserstoffbusse fahren im öffentlichen Nahverkehr, Brennstoffzellen-Staplersummen durch Fabrikhallen und Wasserstoffautos umrunden gleich die ganze Welt.Wasserstoff für die Straßen von San Francisco: Seit Herbst 2010 summtdie neuste Generation von Brennstoffzellenbussen über kalifornischenAsphalt. Das Verkehrsunternehmen AC Transit befördertseine Fahrgäste auf mehren Linien mit Wasserstoffantrieb in der sogenannten Bay Area – der Bucht von San Francisco: Vom Zentraldepotin Emeryville – nahe den Studios der Animationsfilmemacher vonPixar – und drei weiteren Standorten transportiert AC Transit mit insgesamt600 Bussen mehr als 1,5 Millionen Menschentäglich zwischen 13 Städten in der BayArea. Zur Flotte von AC Transit zählt ein DutzendBrennstoffzellenfahrzeuge der dritten Generationdes belgischen Herstellers Van Hool. Für JaimieLevin, bei AC Transit verantwortlicher Direktorfür alternative Kraftstoffe, sind die Brennstoffzellenbusseein wichtiger Meilenstein auf demWeg zur nachhaltigen und umweltfreundlichenMobilität. Mit den Brennstoffzellenbussen will erden jährlichen Dieselverbrauch von rund 22,7 Millionen Litern (sechsMillionen Gallonen) reduzieren. Die Wasserstoff-Betankungstechnologie,die auch Autos versorgen kann, stammt von <strong>Linde</strong>. „Wir sindzuversichtlich, dass es uns die <strong>Linde</strong>-Betankungstechnik erlaubt, einekommerzielle Flotte von Wasserstoff-Brennstoffzellenbussen aufzubauen“,so Levin.Befüllt werden die Busse an zwei neuen Tankstellen in Emeryvilleund Oakland. Ein Teil des H 2 -Bedarfs wird bereits mit regenerativerWasserstoff:BesonderesPotenzial beiFahrzeugen fürlange Strecken.Energie erzeugt: Auf den Tankstellendächern in Emeryville und anderenStandorten sind Solaranlagen mit einer Leistung von mehr als 700Kilowatt installiert, die auch Strom für den Elektrolyseur zur Wasserstoffproduktionbereitstellen. 60 Kilogramm H 2 soll die Anlage pro Tagerzeugen – genug für zwei Busse. Die restlichen zehn Fahrzeuge werdenaus einem Tank mit 34.000 Litern Flüssigwasserstoff gespeist, dermittels eines ionischen Kompressors gasförmig getankt werden kann.Die Kapazität reicht aus, um neben allen Bussenzusätzlich bis zu 20 Brennstoffzellen-Autos täglichmit Wasserstoff zu versorgen. „Mit diesemProjekt wollen wir beweisen, dass H 2 -Brennstoffzellenbussebesser sind als dieselbetriebeneBusse. Denn durch die Nutzung von Methan alsAusgangsstoff reduzieren wir den CO 2 -Ausstoßbereits um 40 Prozent und mit erneuerbarenEnergien dann um 100 Prozent“, so Levin.Damit setzt AC Transit dort an, wo Expertendie wichtigsten Vorteile der Brennstoffzelle für die Mobilität derZukunft erkennen: „Besonderes Potenzial hat die Brennstoffzelle alsAntriebstechnologie in großen Fahrzeugen, die für längere Streckengenutzt werden und heute für deutlich höhere CO 2 -Emissionen verantwortlichsind“, erklärt Andreas Tschiesner von der UnternehmensberatungMcKinsey. Auf der Automesse in Detroit hatte das UnternehmenAnfang des Jahres eine umfangreiche Studie zum Markt derAntriebstechnik vorgestellt. „Die Analysen zeigen, dass das CO 2 -


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // WAsserstoff48H 2 für City undWerkshalle: DaskalifornischeVerkehrsunternehmenAC Transitbefördert mit seinenumweltfreundlichenWasserstoffbussentäglich rund 200.000Menschen durchdie San Francisco BayArea. Und im BMW-Werk in Spartanburg,South Carolina/USA,rollen 85 Staplermit einem emissionsfreienBrennstoffzellenantriebdurchdie Hallen.Woher der Wasserstoff kommtGrundsätzlich kann Wasserstoff durch jedeForm der Primärenergie gewonnen werden –erneuerbar oder konventionell. Weltweit wirdder weitaus größte Teil, rund 75 Prozent desIndustriegases Wasserstoff, aus Erdgas über dieso genannte Dampfreformierung gewonnen.Das Verfahren ist sehr effizient und ausgereift –und zudem steht Erdgas an vielen Orten zurVerfügung. <strong>Linde</strong> hat weltweit bereits mehr als200 Anlagen zur H 2 -Produktion gebaut. DenWasserstoff, der für die Mobilität benötigt wird,will <strong>Linde</strong> mit künftig weiter steigendem Anteilregenerativ erzeugen.Vermeidungspotenzial des Brennstoffzellenantriebs bei größerenFahrzeugen viel höher ist als mit Batterieantrieb oder Range-Extender– einer Kombination aus Elektro- und Verbrennungsmotor“, soTschiesner. Außerdem punkteten die Brennstoffzellen-Fahrzeuge miteiner besseren Gesamtrechnung, weil der Anteil der Antriebstechnologiean den Fahrzeugkosten geringer wird. Aus Tschiesners Sicht bildetdie CO 2 -Regulierung den wichtigsten Stellhebel bei der Entwicklungdes Antriebsmarkts: „Welche Antriebstechnik künftig dominiert,hängt stark davon ab, welche CO 2 -Grenzwerte zum Tragen kommen.“H 2 : Baustein für emissionsarme MobilitätBei vielen Experten weicht derzeit die erste Euphorie über rein batterieelektrischeAutos mehr und mehr einer nüchternen Betrachtung. Auchbeim World Future Energy Summit (WFES) Anfang 2011 in Abu Dhabiwaren sich die Vertreter der Autoindustrie einig: Es könnte wenigerein Entweder-Oder als viel mehr eine Koexistenz von Elektro- undBrennstoffzellenautos geben – und das bereits im Jahr 2020: Dannkönnte man Brennstoffzellenautos zu einem konkurrenzfähigen Preisanbieten, sagte Prof. Dr. Herbert Kohler, Leiter „E-Drive & Future Mobility“,sowie Umweltbevollmächtigter der Daimler AG, gegenüberdem Fachmagazin „Auto Motor und Sport“ am Rande des WFES. Preis-


Wasserstoff // LINDE TECHNOLOGY #1.1149H 2 -Pumpe für hohen DurchsatzFür die Umwandlung von flüssigem Wasserstoff in Hochdruckwasserstoffhat <strong>Linde</strong> ein neuartiges Kryopumpen-Systementwickelt. Damit lassen sich H 2 -Fahrzeugeeffizient und in kurzer Zeit aus einem Tank mit flüssigemWasserstoff befüllen. Der Prozess nutzt die Vorteileder direkten Kompression von flüssigem Wasserstoff –das senkt den Energiebedarf einer H 2 -Tankstelle enorm.Denn aufgrund der Kühlleistung des flüssigen Wasserstoffsist für die Verdichtung keine weitere Kühlung nötig.Ein speziell konzipiertes System aus Luft-Wärmetauscherund Temperierung erhöht beim Tankvorgang die Temperaturauf minus 40 Grad Celsius. Die Kryopumpe erzeugtdabei einen maximalen Druck von bis zu 900 barund erreicht so eine Betankungskapazität von bis zu100 Kilogramm Wasserstoff pro Stunde – damit eignet siesich vor allem für Tankstellen mit großem H 2 -Durchsatz.Zudem arbeitet die Kryopumpe sehr leise und derWartungsaufwand ist gering.lich würde ein solches Auto dann etwa auf dem Niveau eines Vierzylinder-Diesel-Hybridsliegen, der die EU-6-Abgasnorm erfüllen kann.Auch die bisher umfangreichste europäische Studie über Zukunftschancenverschiedener Antriebskonzepte im Individualverkehr belegt,dass wasserstoffbetriebene Brennstoffzellen-Fahrzeuge ein wichtiger Bestandteil einer künftigen,emissionsarmen Mobilität sein werden.Zusammen mit 30 Unternehmen und Organisationenaus den Bereichen Automobilbau, Mineralöl,Energieerzeugung und Gase hatte <strong>Linde</strong> umfangreicheDaten zur Verfügung gestellt. DieStudie greift das Ziel der EU-Kommission undder G8-Staaten auf, den CO 2 -Gesamtausstoß bis2050 um 80 Prozent, im Straßenverkehrssektorsogar um 95 Prozent zu reduzieren. Untergliedert nach Fahrzeugsegmentenwurden technische Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeitvon Verbrennungsmotor, hybrid- und batterie-elektrischem Antriebsowie der Brennstoffzelle untersucht und verglichen. „Die Kernaussageeiner von uns bereits im Jahr 2005 vorgestellten Untersuchungwird von der neuen Studie eindrucksvoll bestätigt“, sagt Dr. AndreasOpfermann, Leiter Clean Energy und Innovationsmanagement beiBrennstoffzelle:Für Mittel- undOberklasse ambesten geeigneteAntriebstechnik.<strong>Linde</strong>: „Der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur ist zu vergleichsweiseüberschaubaren Kosten darstellbar.“In ihrem mittleren Szenario geht die Studie davon aus, dass Brennstoffzellen-Fahrzeugeim Jahr 2050 einen Anteil von 25 Prozent amFahrzeugbestand erreichen werden. Dazu sind bis 2020 Investitionenvon rund drei Milliarden Euro notwendig, um europaweit eineInfrastruktur von Wasserstoff-Tankstellen zu etablieren – ein geringeSumme im Vergleich zu den Ausbaukosten des europäischen Stromnetzes,den die EU auf rund 200 Milliarden Euro veranschlagt. Einweiteres Ergebnis der Studie ist, dass eine erhebliche Marktdurchdringungvon Brennstoffzellen-, Batterie- und Plug-in-Hybridfahrzeugenerreicht werden muss, um die erklärten CO 2 -Reduktionen zu erzielen.Während batterie-elektrische Fahrzeuge vorallem für den Kurzstreckenverkehr, zum Beispielin Innenstädten, geeignet sind, bieten Brennstoffzellen-Fahrzeugeden Vorteil einer größerenReichweite und kürzeren Betankungszeit. „Damitsind sie die am besten geeignete Antriebstechnikfür die Reduzierung von CO 2 -Emissionen immittleren und oberen Fahrzeugsegment“, erklärtMarkus Bachmeier, Leiter Hydrogen Solutionsbei <strong>Linde</strong>. Und diese Klassen umfassen immerhinetwa 50 Prozent aller Fahrzeuge und verursachen derzeit rund 75Prozent aller CO 2 -Emissionen im Straßenverkehrssektor.Selbst mit der heute gängigen Wasserstoff-Produktionsmethodedurch Dampfreformierung auf Erdgasbasis sinken die CO 2 -Emissionenpro gefahrenem Kilometer im Vergleich zu Benzin- oder Dieselfahrzeugenum bis zu 30 Prozent. „Wir arbeiten intensiv daran, denAnteil von regenerativ erzeugtem Wasserstoff zu erhöhen“, so Bach-


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // WAsserstoff50meier. Die EU-Studie zeigt auch, dass sich die Gesamtkosten der Fahrzeugnutzung– dem so genannten total cost of ownership – für alleAntriebskonzepte spätestens im Jahr 2025 annähern. Steuerliche Vergünstigungenoder Anreizsysteme könnten das noch forcieren.Die aktuellen Ergebnisse bedeuten also gute Nachrichten für diebreite Masse der Autofahrer: Denn wurde das Elektroauto bisher eherals Zweitwagen vor allem für betuchte Einkommensklassen präsentiert– mit der Voraussetzung eines festen Parkplatzes und möglichsteinem Erstwagen für größere Reichweiten – könnte ein Fahrzeug mitBrennstoffzelle künftig sämtliche Mobilitätsanforderungen einerFamilie befriedigen – und das zu bezahlbaren Preisen. Für McKinsey-Berater Tschiesner steht fest: „Für Wasserstoff- oder Batteriefahrzeugewerden wir eine dynamische Marktentwicklung nur erreichen,wenn wir den Markt in der ersten Phase erfolgreich aktivieren, indemwir die Autofahrer für das elektrische Fahren begeistern und entsprechendeNachfrage schaffen.“ Und das bedeutet konkret: „Es müssenjetzt mehr Autos auf die Straße, um die Alltagstauglichkeit der Wasserstofftechnologiezu belegen“, so der H 2 -Experte Bachmeier.Das sehen auch die „Erfinder des Automobils“ von Mercedes-Benzso. Ende Januar gab das Unternehmen den Startschuss für eine weltweitbislang einmalige Langstreckenfahrt, den F-CELL World Drive: In125 Tagen geht es 30.000 Kilometer durch 14 Länder. Mit der B-KlasseF-CELL, dem ersten unter Serienbedingungen gefertigten Brennstoffzellenfahrzeug,will Mercedes-Benz die Welt umrunden. Die Streckeverläuft durch verschiedenste Klimazonen, über Asphalt ebenso wieüber unbefestigte Straßen. „Mit dieser einzigartigen Weltumrundungunterstreichen wir die hohe technische Reife unserer Elektrofahrzeugemit Brennstoffzelle. Mit rein batterie-elektrischen Fahrzeugenwäre ein solches Vorhaben nicht möglich“, erklärt Dr. Thomas Weber,im Vorstand der Daimler AG verantwortlich für Konzernforschung undMercedes-Benz Cars Entwicklung. Für die H 2 -Tankstellen auf der Routesorgen die H 2 -Experten von <strong>Linde</strong>. Das Unternehmen ist exklusiverProjektpartner von Mercedes-Benz. Speziell zur Versorgung auf denabgelegenen Strecken der Weltumrundung hat ein Team um den<strong>Linde</strong>-Ingenieur Robert Adler – den Erfinder des ionischen KompressorsTanken mit dem Ionischen VerdichterZur effizienten Betankung mit Wasserstoff hat<strong>Linde</strong> den ionischen Verdichter entwickelt. Erarbeitet statt mit einem festen Kompressionskolbenmit einer ionischen Flüssigkeit: ein organischesSalz, das sich im Verdichtungsprozess wie ein Festkörperverhält. Der Wirkungsgrad liegt gegenüberkonventionellen Verdichtern deutlich höher. IonischeFlüssigkeiten wirken korrosionshemmend, dasreduziert den Wartungsaufwand. Der Energiebedarffür die ionische Kompression liegt bis zu 20Prozent niedriger als bei herkömmlichen Verfahren.– gemeinsam mit Daimler eine neue mobile 700-bar-Betankungseinheitauf Basis eines Mercedes-Benz Sprinters entwickelt. Darin ist diekomplette Technik für die H 2 -Verdichtung und -Befüllung enthalten.„Schon heute können wir mit unserer Technologie Reichweitenvon 400 Kilometern bei der B-Klasse F-CELL erreichen. Und das beieiner Betankungszeit von wenigen Minuten“, sagt Peter Fröschle,Leiter Abteilung Strategische Energieprojekte und MarktentwicklungBrennstoffzellen-/Batteriefahrzeuge bei der Daimler AG. Die B-KlasseF-CELL eigne sich deshalb sowohl für den Alltagsgebrauch in Ballungszentrenals auch für den Einsatz auf Langstrecken.H 2 -Gabelstapler: saubere Luft in der WerkshalleAber nicht nur in den Neuentwicklungen der Autoindustrie fährt dieBrennstoffzelle mindestens auf gleicher Höhe mit dem reinen Elektroantrieb.Auch in den Produktionshallen der Fahrzeughersteller selbstsorgt Wasserstoff für emissionsfreie Mobilität: H 2 -Gabelstapler habenden Alltagsbetrieb aufgenommen. Ende 2010 fuhren in verschiedenenEinrichtungen bereits fast 1.000 Wasserstoff-Gabelstapler. Einerder Hauptversorger und Technologielieferant für die Wasserstoff-Infrastruktursind die Experten von <strong>Linde</strong>. Jüngstes Beispiel ist das WerkBMW Manufacturing Co. in Spartanburg, South Carolina. Dort versorgt<strong>Linde</strong> die für die Montagelinie notwendige Gabelstaplerflotte von


Wasserstoff // LINDE TECHNOLOGY #1.1151Mit Wasserstoff rund um die Welt:Im Rahmen des F-CELL WorldDrive durchqueren drei Brennstoffzellenautos125 Länder und legenjeweils etwa 30.000 Kilometer zurück.Auf abgelegenen Strecken versorgtein speziell entwickeltes Fahrzeug –mit ionischem Kompressor anBord – die Autos mit Wasserstoff.über 85 Fahrzeugen mit H 2 . Durch den Wasserstoffantrieb arbeitetdieser Teil der innerbetrieblichen Logistik von BMW emissionsfrei.Auch für die sechs Zapfsäulen im BMW-Werk dient der von <strong>Linde</strong>entwickelte ionische Kompressor zur Betankung. Der Wasserstofffällt als Nebenprodukt einer Chemieanlage an und wird von <strong>Linde</strong>in einem Verflüssiger, der durch Strom aus einem Wasserkraftwerkgespeist wird, CO 2 -frei für den Transport aufbereitet. „Wir haben eineklare Vision und wollen in unserem Werk wo immer möglich erneuerbareEnergie nutzen“, sagte Josef Kerscher, Präsident von BMWManufacturing. „Das Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Projekt bringtuns diesem ambitionierten Ziel einen großen Schritt näher“, so Kerscher.Für BMW bietet die Umstellung auf H 2 viele Vorteile: So benötigtdie Betankung der Brennstoffzellenstapler mit kaum drei Minutendeutlich weniger Zeit als ein Batteriewechsel, der rund 20 Minutendauert. Dank des zwei Kilogramm fassenden Wasserstofftanks lassensich die Fahrzeuge acht bis zehn Stunden betreiben. Zudem bleibt dieLeistungsabgabe verglichen mit Batterien über die gesamte Schichtdauergleich hoch. Der Wegfall der Ladestationen senkt den Stromverbrauchdes Werks, und die Entsorgung der Batterien entfällt.Der Vision von Wasserstoff als Energieträger der Zukunft sind dieIngenieure weltweit wieder ein Stück näher gekommen. Ob sich eineAntriebstechnik für alle Anwendungen durchsetzen wird, bleibt offen.Fest steht: „Sowohl bei Batterie- als auch Brennstoffzellen-Fahrzeugenentstehen hohe Kosten und Risiken für Industrie und Infrastrukturanbieter.Eine Starthilfe für die neuen Antriebstechnologien scheintunverzichtbar“, so McKinsey-Berater Tschiesner. Denn: „Aufgrund derenormen Anfangsinvestitionen für die Konsumenten, aber auch für dieIndustrie, müssen ebenfalls industriepolitische Instrumente genutztwerden, um den Aufbau der Infrastruktur und die Entwicklung derNachfrage zu sichern.“ Jaimie Levin konnte seine Vision von Wasserstoffbussenim öffentlichen Nahverkehr mit Fördergeldern der Regionalverwaltung,des Staates Kalifornien und der US-Regierung realisieren.Er ist nicht nur von der Umweltfreundlichkeit der Fahrzeugebegeistert. Auch die geringe Vibration und Lautstärke überzeugten ihn:Er testete seine Busse, indem er tibetische Klangschalen anschweißenließ, um wartende Passagiere akustisch auf den Bus aufmerksam zumachen. Doch die Schalen blieben stumm. Jetzt testet Levin Windspiele,um die notwendigen Signalgeräusche zu erzeugen.LINKs:www.actransit.orgwww.zeroemissionvehicles.eu


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Oxyfuel-Verfahren52Sauerstoff spart Energie bei der Stahlproduktionheisser stahl –Effizient geglühtNach dem Gießen muss Stahl im Schnitt zwei Mal wiedererwärmt werden. Erst so lässter sich walzen oder schmieden. Das verschlingt viel Energie. <strong>Linde</strong> hat eine Technologieentwickelt, um die Stahlproduktion klimaverträglicher und wirtschaftlicher zu gestalten:Durch den Einsatz von Sauerstoff lassen sich der Energiebedarf und die Abgasemissionensenken – bei gleichzeitig erhöhtem Anlagendurchsatz.Stahl ist das Gerüst der modernen Welt: Ob Bauwerke, Autokarossenoder Maschinen – die metallische Legierung zählt zu den wichtigstenindustriellen Baustoffen. Für die weltweite Stahlproduktion ist dasJahr 2010 gar zum Rekordjahr geworden: Mit 1,4 Milliarden Tonnenwurde soviel Stahl produziert wie nie zuvor. Und die Nachfrage steigtweiter. Aber auch die damit verbundenen immensen Energiekosten:Denn um Stahl weiterverarbeiten zu können, muss er nach dem Gießenin Walzwerken oder Schmieden erneut aufrund 1.200 Grad Celsius erwärmt werden. Das verbrauchtviel Energie: pro Tonne Stahl mindestens1,3 bis 2 Gigajoule – soviel Energie steckt etwa ineinem Blitz. In manchen Ländern macht der Energieanteilbis zu 40 Prozent der Kosten der gesamtenStahlproduktion aus.Mit dem Rebox ® -Oxyfuel-Portfolio von <strong>Linde</strong>bieten sich hier optimale Möglichkeiten Kosten zusparen. Denn statt der sonst üblichen Umgebungsluft wird reiner Sauerstoffin den Aufwärmöfen oder Glühanlagen verwendet. Dadurch lässtsich der Energiebedarf um mehr als die Hälfte senken. Joachim vonSchéele, Marketing-Manager Metalle & Glas bei <strong>Linde</strong>, erklärt, welchesPotenzial im Rebox ® -Oxyfuel-Verfahren steckt: „Jede Tonne desgegossenen Stahls muss Aufwärm- und Glühöfen durchschnittlichzwei Mal durchlaufen. Erst dann lassen sich Bleche, Rohre oder Stahlträgerformen.“ Bei der üblichen Verbrennung wird Umgebungsluftzugeführt, die zu 78 Prozent aus Stickstoff besteht. Ein Großteil derEnergie muss aufgewendet werden, um den überflüssigen StickstoffWärmeanlagenmit bis zu80 ProzentWirkungsgrad.zu erhitzen. Leitet man jedoch den flüssigen oder gasförmigen Brennstoffenreinen Sauerstoff zu, ist die Verbrennung besonders effektiv.Genau das geschieht beim Oxyfuel-Verfahren. „Durch den Einsatz vonSauerstoff gelangt eine höhere Energiemenge direkt auf das zuerwärmende Produkt“, erklärt der Stahl-Experte. „Während die meistenAnlagen nur einen Wärmewirkungsgrad von rund 50 Prozenthaben, erreichen wir 75 bis 80 Prozent.“ Das verringert auch dieDurchlaufzeit – in derselben Zeit kann also wesentlichmehr produziert werden. „Das ist besser, alsden Ofen zu verlängern. Und die Investition rechnetsich oft schon nach weniger als einem Jahr“,sagt von Schéele. Die Entwicklung der Oxyfuel-Verbrennung begann bereits 1990. Seit dieser Zeithat <strong>Linde</strong> weltweit rund 120 Aufwärmöfen undGlühanlagen umgerüstet. Damit konnten etwa1.000 Gigawattstunden Energie jährlich eingespartwerden. Das entspricht etwa dem Bedarf von 200.000 normalenHaushalten, so das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).Die Energieeinsparung bleibt angesichts steigender Preise einschlagkräftiges Argument für die Stahlhersteller. Aber auch andereAspekte rücken verstärkt in den Fokus der verarbeitenden Unternehmen.Von Schéele: „Viele unserer Kunden wollen ihre Produktion steigern,ohne den Ofen erweitern zu müssen.“ Denn die gesetzlichenAuflagen dafür werden immer strenger. „Da kommt die <strong>Linde</strong>-Technologiezum perfekten Zeitpunkt. Sie ermöglicht es nicht nur mehrzu produzieren, sondern auch die Abgasemissionen lassen sich durch


1Oxyfuel-Verfahren // LINDE TECHNOLOGY #1.1153Unsichtbare Flamme – sichtbarer ErfolgHeißes Eisen von der Rolle:Jede Tonne Stahl durchläuft vor derVerarbeitung zu Blechen und Rohrenmehrere Aufwärm- und Glühöfen.Zwei Weiterentwicklungen im Rebox ® -Portfoliomachen die Stahlverarbeitung noch effizienter:Bei der flammenlosen Verbrennung,wissenschaftlich korrekt Volumenverbrennunggenannt, wird die Flamme mit Rauchgasen verdünntund so praktisch unsichtbar. Die Flammeist zwar kühler, aber ausgedehnter, so dasssich die Wärme gleichmäßig verteilt. Durch diegeringere Temperatur wird zudem der Ausstoßvon NO x reduziert. Um die Wärmeübertragungzu verbessern, hat sich die direkte Flammenbeaufschlagung(Direct Flame Impingement,DFI) etabliert – dabei trifft die Flamme direkt aufdas zu erwärmende Metall. Das Prinzip ist dasselbewie das Vorwärmen von Metall mit derSchweißflamme vor dem Schweißen. In Deutschlandsetzt ThyssenKrupp Steel diese Technologiebereits in einigen Werken ein und konnteso rund 30 Prozent mehr Stahl produzieren,ohne die Öfen verlängern zu müssen.Autorin: Katharina BeckerBildquelle: Boening/Zenit/laif1die Rebox ® -Technologie verringern“, erklärt der gelernte Metallurge.Wird die Luft durch reinen Sauerstoff ersetzt, lassen sich klimaschädlicheEmissionen von Stickoxiden (NO x ) deutlich reduzieren, wie dasBeispiel des weltgrößten Stahlkonzerns ArcelorMittal zeigt: Nach derUmrüstung 2007 produzierte das Werk in Shelby im US-BundesstaatOhio ein Viertel mehr, dennoch wurden 92 Prozent weniger Stickoxideausgestoßen. Und auch Energieverbrauch und Kohlendioxid-Ausstoß sanken um 60 Prozent.Stahlproduktion: Durchlaufzeiten halbierenEin weiteres Erfolgsbeispiel ist die Firma Ascometal, die Stäbe undWalzdrähte für Lager, Federn, Kraftfahrzeugtechnik, Öl- oder Gasbohrausrüstungfertigt: Durch den Wechsel von Luft- auf Sauerstoffbetriebin ihrem Werk im französischen Fos-sur-Mer konnte die gleiche Produktionsmengemit neun statt zuvor 13 Öfen erreicht werden. Auch einerder führenden Edelstahlhersteller, das finnische Unternehmen Outokumpu,setzt schon lange auf Rebox ® – mit insgesamt 15 Anlagen: Imschwedischen Werk Nyby ließ sich durch die Umrüstung die Kapazitätdes ersten Bandglühofens erhöhen – von 42 auf 65 Tonnen proStunde. Zudem konnte der zweite Durchlaufofen seinen Durchsatzvon anfänglich elf auf 23 Tonnen pro Stunde steigern und gleichzeitigdie strengen Abgasauflagen erfüllen. Und auch die Oberflächenqualitätdes erwärmten Stahls verbesserte sich, so dass einige Nachbearbeitungsstufenentfielen – was die Produktionskosten weiter senkte.<strong>Linde</strong>s jüngste war zugleich die weltgrößte Installation: Im schwedischenBorlänge beim Stahlkonzern SSAB können pro Stunde 600 Ton-nen Stahl geformt werden – vor allem für die Autoindustrie. „Für unsist eine so große Anlage ein Meilenstein“, sagt von Schéele vollerStolz. Nach den guten Erfahrungen wollen die Schweden durch dieUmrüstung beider Öfen auf die Oxyfuel-Technologie künftig zehn Prozentmehr produzieren – und gleichzeitig 15 Prozent Energie sparen.Dabei wird der Ausstoß von Stickoxiden um 25 Prozent und der vonKohlendioxid um 15 Prozent gesenkt.Künftig wird vor allem in Europa das <strong>The</strong>ma CO 2 an Bedeutunggewinnen, ist sich der <strong>Linde</strong>-Experte sicher. Denn im Schnitt fallenlaut World Steel Association pro Tonne produzierten Stahls 1,9 TonnenKohlendioxid an. Nach Angaben der Internationalen Energieagenturist die Eisen- und Stahlindustrie damit verantwortlich für vierbis fünf Prozent des weltweiten CO 2 -Ausstoßes. „Mit der Einführungdes Emissionshandels in Europa muss derjenige, der mehr Kohlendioxidausstoßen will, die Rechte dafür an der Börse kaufen. Werdagegen weniger emittiert, kann seine ,Verschmutzungsrechte’ ander Börse verkaufen“, sagt von Schéele. CO 2 -Reduktion hilft alsoauch, die Kosten in der Stahlproduktion zu senken.LINKs:www.worldsteel.orgwww.stahl-online.de


LINDE TECHNOLOGY #1.11 // Schnellfrosten54Tiefgefrieren mit FlüssigstickstoffBeeren unterFrostschockUm Früchte schonend einzufrieren, braucht esmehr als Temperaturen im Minusbereich. ErstSchockfrosten bei extremer Kälte sorgt dafür,dass empfindliche Lebensmittel Geschmack undForm behalten. <strong>Linde</strong> liefert hierfür kryogeneGase und ein Sortiment an Froster-Anlagen.Für Obst und Gemüse tickt die Uhr direkt nach der Ernte: Um dasSchicksal des schnellen Verderbens zu stoppen, ist Einfrieren oft diebeste Variante. Aber das normale Abkühlen unter den Gefrierpunkteignet sich kaum für empfindliche Früchte. „Beim Auftauen bleibtvon den schönen Himbeeren dann oft nur Matsch übrig“, sagt TobiasRapp, Leiter Vertrieb Marktentwicklung Lebensmittel bei <strong>Linde</strong> GasDeutschland. Aber das Auge isst mit – auch wenn die Früchte nochso gut schmecken. Empfindliche Lebensmittel vertragen langsamesGefrieren nicht: Himbeeren bestehen zum Großteil aus Wasser, umgebenvon einer feinen Zellhaut. „Zu Hause im Gefrierschrank bildetdas gefrierende Wasser allmählich lange Eiskristalle. Mit ihren scharfkantigenSpitzen durchdringen sie die Zellmembranen und sprengensie auf“, erklärt der <strong>Linde</strong>-Experte. Wenn die Früchte auftauen, läuftder Zellsaft aus – und übrig bleibt oft unansehnlicher Fruchtbrei.Dagegen hilft Schockfrosten mit flüssigem Stickstoff. Damit dieempfindlichen Beeren nach dem Auftauen nicht in sich zusammensacken,muss es beim Frosten schnell gehen: Werden Lebensmittelrasch abgekühlt, gefriert das Wasser in den Zellen blitzartig. DerVorteil: Es bilden sich nur winzige Kristalle. Sie könnendie Zellhäute nicht verletzen – und beim Auftauenverlieren Himbeere, Brombeere und Co. keineFlüssigkeit: Die Früchte behalten ihre pralle Form,Textur und den typischen Biss. Der Qualitätsanspruchan Lebensmittel ist heute viel höher alsfrüher: „Lebensmittel sollen so ursprünglich aussehen wie möglich.Sie sollen gut portionierbar sein und sich möglichst lange halten“,beschreibt Rapp die Herausforderungen.Um Lebensmittel mit der optimalen Kryotechnik einzufrieren, hat<strong>Linde</strong> verschiedene Wege des Schockfrostens entwickelt, die unterder Marke CRYOLINE ® angeboten werden. Empfindliche Produkte landenbeispielsweise in einem Tauchbad aus geruchs- und geschmacksneutralemflüssigem Stickstoff – bei minus 196 Grad Celsius. Darinwird eine Himbeere zuerst äußerlich angehärtet und behält so ihreAutorin: Katharina BeckerBildquelle: <strong>Linde</strong> AG2 1Stickstoffbadschont PRALLEZellhaut.Form. Sobald die Schale stabil ist, kommt sie auf ein Förderband, aufdem die Beere durchgefrostet wird. „Für ganz empfindliche Lebensmittelist das die einzig machbare Lösung“, so der <strong>Linde</strong>-Experte.Auch der Kundenwunsch nach guter Portionierbarkeit bei Tiefkühlgemüseoder Fertiggerichten lässt sich mit der Schockfrosttechnologieerfüllen. Weniger empfindliche Lebensmittel wie Shrimpsoder Pilze landen dazu auf einem eisigen Schüttelband: Das Transportbandführt eine Wellenbewegung aus und wirft die Zutaten kurz in dieLuft: Sie bleiben voneinander getrennt und frieren nicht zusammen.Ein Verfahren, das in kürzester Zeit in Deutschland Abnehmer fand.Deutschlands größter Hersteller von Pfannengerichten setzt aufein ähnliches schonendes Frostverfahren. Dabei reicht es nicht, dassdie Einzelteile von Bami Goreng, Risotto oder Paellagetrennt bleiben – auch die verbindende Sauce mussin den Schockfroster. „Das lässt sich nur bewerkstelligen,indem die gesamte Mischung in einer ArtMischtrommel lose rollend gefriert. Die Sauce wirdwährenddessen aufgesprüht und gefriert direkt aufdem Produkt“, erklärt Rapp das so genannte Coating-Verfahren. Dieaufwändige Prozedur zahlt sich in der Küche aus: Die Sauce ist homogenverteilt, und die Lebensmittel lassen sich beliebig portionierterwärmen – bestens geeignet für die schnelle Küche.LINK:www.linde-gas.com/en/products_and_supply/foodfreezing


Anti-Agingfür Ihren Salat.Die Zukunft der Lebensmittelkonservierung.Innovative Gase spielen in der Lebensmittelindustrie eine immer wichtigere Rolle – beim Kühlen, Gefrieren oder Verpacken.Gasgemische wie MAPAX ® von <strong>Linde</strong> bestehen aus Kohlendioxid, Stickstoff und Sauerstoff und ersetzen als so genannteSchutzatmosphäre herkömmliche Konservierungsstoffe. Sie sorgen ganz ohne künstliche Zusatzstoffe dafür, dass Obst,Gemüse, Fleisch, Fisch und selbst Backwaren frisch und appetitlich bleiben. Ein Beispiel dafür, wie wir hervorragendeQualität konservieren und mit unseren innovativen Lösungen das Leben einfacher machen.Weitere Informationen über <strong>The</strong> <strong>Linde</strong> <strong>Group</strong> finden Sie online unter www.linde.com.


Herausgeber<strong>Linde</strong> AGKlosterhofstraße 180331 MünchenTelefon +49.89.35757-01Telefax +49.89.35757-1398www.linde.com

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