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Waidmattblatt Nr. 45 Nachbarschaften (Nov. 2011)

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GeschäftsstelleWB <strong>45</strong>3/<strong>2011</strong>DIE BEDEUTUNG VON NACHBARSCHAFTEN IN DER SCHWEIZ IM VERGLEICH ZUMAUSLANDINDIVIDUALITÄT UND ÖFFENTLICHKEITÜber <strong>Nachbarschaften</strong>, individuelle Bedürfnisse und Öffentlichkeit im Stadtraum.6"Tue Gutes: Dein Nachbar erfährtes nie. Tue Böses: Manweiss es auf hundert Meilen."Dieses alte Sprichwort aus Chinareflektiert die Ansicht vieler Bewohnerder Welt zum ThemaNachbarschaft. Auch ich habemir dies schon öfters lautstarkgedacht. Doch verbinde ichden Begriff Nachbarschaft überwiegendmit positiven Gefühlen.Meine Erfahrungen an meinemWohnort in Würenlos AG zeigenmir, dass Nachbarn auch guteFreunde sein können. Solche,mit welchen man zusammeneinen Grill organisiert, sich austauschtund bei Problemen füreinanderda ist.In diesem Artikel möchte ich jedochnicht meine Ansichtenwiedergeben sondern vielmehreinen gewagten Vergleich zwischen<strong>Nachbarschaften</strong> in derSchweiz und im Ausland ziehen.Ich habe die Vermutung, dassdie Unterschiede bezüglich Notwendigkeitvon <strong>Nachbarschaften</strong>gross sind.Um einen Vergleich ziehen zukönnen, will jedoch erst analysiertsein, was Nachbarschaft inder Schweiz bedeutet. In derRecherchearbeit stiess ich erfreulicherweiseauf eine repräsentativeUmfrage der PricewaterhouseCoopers.Gerne werdeich einige Erkenntnisse darauszitieren. Gemäss der Studie mitinsgesamt 1590 Personen istNachbarschaft in der Schweizim Verständnis nicht zwingendan die räumliche Nähe desWohnortes gebunden. Ein grosserTeil sieht den Nachbarnauch als jemanden den mangut kennt, zu dem man am Arbeitsplatzein gutes Verhältnishat oder zu jemand mit welchemübers Internet immer wiederKontakt aufgenommenwird. Das bedeutet der Nachbarmuss nicht zwingend im gleichenHaus wohnen, sondernkann z. B. an der gleichen Strasse,in der Umgebung oder auchausserhalb des Wohnortes sesshaftsein. Für die Mehrheit derTeilnehmer ist ein persönlichesVerhältnis zum Nachbarn sowieeine aktive Nachbarschaft mitgegenseitigen, kleinen Hilfeleistungenwichtig. Das grösste Interessedaran haben vor allemEltern mit Kindern, sowie Alleinstehende.Was mich erstaunt, istdass knapp die Hälfte der Befragtendie Nachbarschaft alsziemlich aufdringlich sowie kontrollierendempfinden.Die genaue Studie finden Sie inder Homepagewww.nachbarschaftshilfe.ch.Leider sind im Ausland keine solchenoder ähnliche Umfragenzu <strong>Nachbarschaften</strong> auffindbar.Aus diesem Grund habe ichmich entschlossen zwei GenossenschafterInnenzu Ihren Erfarungenim persönlichen, nachbarschaftlichenUmfeld zu befragen.Herr Penella V. aus Italien,Glaubtenstrasse 3, 8046 Zürich„In Italien kommuniziert mantäglich mit den Nachbarn. Siesind teilweise sehr enge Freundeauf welche man sich jederzeitverlassen kann“, erklärt uns HerrPenella. Die Hilfe wird in Italienals selbstverständlich angesehen.Wenn er einen Unterschied zurSchweiz feststellen kann ist esdie "Distanz" zwischen Nachbarn,welche seiner Meinungnach in der Schweiz grösser ist.Dies hat für ihn positive sowienegative Aspekte.Herr Ashori A. aus Iran, Riedenhaldenstrasse95, 8046 Zürich"Ich fühle mich wohl in meinerLiegenschaft und sehe keinegrossen Unterschiede in dennachbarschaftlichen Beziehungengegenüber meinem HeimatlandIran", meint Herr Ashoriim Gespräch. Ihm bereitenFreund- und Bekanntschaften inder Nachbarschaft und imWohngebiet eine grosse Freude.Er ist sich sicher, dass eine intakteNachbarschaft den Alltagfröhlicher und lebendiger gestaltetund für mehr Lebensqualitätsorgt. Dies darf er auch täglichan seinem Wohnort dem"Punkthaus" der BG Waidmatterleben.Gemäss ihm ist es im Iran "gangund gäbe" dass sich Neumieterim Haus vorstellen oder auchbereits wohnhafte Mieter sichbei dem/r Neuzuzüger/in bekanntmachen. Dies wünscht ersich auch in der Schweiz beziehungsweisein der BG Waidmatt.Einen genauen Vergleich mitden gegebenen Daten zuerstellen ist leider nicht möglich.Deshalb möchte ich Sie anregen,sich eigene Gedanken dazuzu machen. Sie werden mitSicherheit interessante Unterschiedefeststellen. Offensichtlichkommunizieren unterschiedlicheKulturen anders miteinander,genauso wie sie untereinanderauch verschieden umgehenund jeweils eigene Bräucheund Rituale pflegen.In diesem Sinne wünsche ich vielSpass und hoffentlich ein interessantesGesprächsthema mit IhrenNachbarn in nächster Zeit…Fabio BrunettoGeschäftsstelleWir alle haben das Bedürfnisnach Privatsphäre, das Bedürfnisnach einem Ort des Rückzuges,nach einer ganz persönlichenRuheinsel im Kreise unsererLiebsten. Gleichwohl leben wirmeist in Häusern mit mehrerenWohneinheiten, mit Nachbarn,die wir oft schon viele Jahrekennen und vielfach auch sehrschätzen. Unser Heimweg führtuns durch Strassen, Plätze, Wegehin zum Hauseingang, welcheruns über das TreppenhausZugang zu unserer geliebtenWohnung verschafft. Währendwir uns im öffentlichen Stadtraummeist anonym und unerkanntfühlen, weil wir zur erweitertenUmgebung weniger persönlichenBezug haben als zuunserem direkten Wohnumfeld.Die städtische Geräuschkulisseist vielschichtig, oft laut und vielfachwirr. Je näher wir uns unseremdirekten Wohnumfeld nähern,desto vertrauter wird unsdie Umgebung und Begegnungenwerden zunehmend wenigeranonym, wir begegnen unserenNachbarn, die wir entwederkennen oder zumindestschon mal gesehen haben.Obschon wir uns im öffentlichenStadtraum frei und unabhängigbewegen verspüren wir zumindestein schwaches Mass anZugehörigkeit. Im direktenWohnumfeld ist den meistenBewohnern Zugehörigkeit einwichtiges Bedürfnis, welchesGemeinschaft erst entstehenlässt. Die Vertrautheit mit unserergebauten Umgebung nimmt mitjedem Schritt in Richtung unserereigenen Wohnung zu. Vomöffentlichen Stadtraum her kommendbewegen wir uns in unsererSiedlung im halbprivatenRaum, der uns gegenüber derAnonymität der Öffentlichkeitbereits ein höheres Mass an Vertrautheitund Schutz gibt.Wohl bekanntester halbprivaterRaum ist das Treppenhaus einesMehrfamilienhauses, oder diegemeinschaftlichen Spielplätzeund Gemeinschaftsräume. DieserRaum ist der Schauplatz unddas Fundament für gelebteZugehörigkeit. Hier entstehenspontane Gespräche, hier ruftman sich gerne auch mal zu,hier pflegen wir nachbarschaftlicheBeziehungen.Über diesen „Filter der Öffentlichkeit“mit starker kommunikativerFunktion gelangen wirschliesslich zu unserem Allerheiligsten,unserem Privatraum.Hierhin ziehen wir uns zurück,und hier suchen wir Geborgenheit.Das Leben innerhalb dereigenen Wohnung ist meist absolutePrivatsache. Während wirNähe und Zugehörigkeit imTreppenhaus noch zulassen,schafft die Wohnung bewusstDistanz und Abgrenzung zu unserenNachbarn. Hier wollen wirdoch alle unsere Ruhe haben.Kleinste Ruheverletzungen bereitskönnen zu gespannten Verhältnissenunter Nachbarn führen,weil die Empfindsamkeit imPrivatraum viel höher angesiedeltist, als im öffentlichenRaum.Der Nachbar nebenan scheintganz schön nah – Verbundenheitoder Eingriff in die Privatsphäre?Für eine sozialverträgliche Nachbarschaftmüssen genau diesenunterschiedlichen Bedürfnissennach Zugehörigkeit und intimerPrivatsphäre räumlich Rechnunggetragen werden. Wir müssenunseren Aufenthaltsort unserenmomentanen Bedürfnissen anpassenkönnen, je nachdem obwir uns exponieren oder zurückziehenwollen.Die räumliche Struktur unseresLebensraumes bleibt aber nurBühne für gelebte Toleranz undRespekt gegenüber unseremnahen Nebenan, die Hauptakteuresind wir jeder selbst.Stefan AeschiGeschäftsleiter7

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