AktuellLebendige Autos mit SeeleOldtimer-Liebhaber Ernst Piëch holt die MarkeAustro-Daimler aus der Versenkung. Er zeigt seinefahrtüchtigen Raritäten in einem neuen Museum.Benzingeruch kitzelt die Nase. Sechs Zylinderschnurren. Der Fahrtwind erzeugt Gänsehaut, sowie der satte Klang des Auspuffs. Unter den Sitzpolsternaus Leder sind die Vibrationen des Antriebaggregatsleicht zu spüren. Der Motor hustet abund zu, die Zündkerzen sind wohl reif für einenWechsel.Wenngleich leicht verschnupft, liefert das benzinbefeuerteTriebwerk viel Kraft schon in den unterenDrehzahl-Regionen. „Wie bei einem Diesel“, sagtErnst Piëch. Damals sei Höchstgeschwindigkeit nichtdas Maß der Dinge gewesen. Der Enkel des begnadetenAuto-Konstrukteurs Professor FerdinandPorsche sitzt am Steuer seines siebensitzigen Austro-Daimler ADR/22. „Der Wagen ist mein Jahrgang –1929“, erzählt der 83-Jährige im Plauderton. „JedesAuto hat eine Seele, eine Stimme, einen Charakter.Für mich sind Autos wie Lebewesen.“Kurz vor der Spazierfahrt hat sich Piëch in eineralten Schuhfabrik in seiner zweiten Heimat Mattseenahe Oberösterreich einen Lebenstraum erfüllt. Indem ganz neuen Museum „Fahr(t)raum“ zeigt derOldtimerliebhaber seine über Jahrzehnte gesammeltenRaritäten auf vier Rädern: vom Lohner-Porschebis zum VW-Käfer.Besucher sollen dem Charakter der Edelkarossennachspüren und jene Entwickler kennenlernen, diediesen Autos Leben eingehaucht haben. Die MarkeAustro-Daimler dominiert die glänzende Parade seltenerAutomobile. Obwohl die fahrbaren Untersätzeaus Wiener Neustadt vor dem Ersten Weltkrieg zumBesten gehörten, was auf Europas Straßen unterwegswar, ist die rot-weiß-rote Automarke heutelange vergessen oder wird im besten Fall mit DaimlerDeutschland verwechselt.Das neue Museum inMattsee soll Austro-Daimler vom Autofriedhofzurück ins nationaleBewusstsein derÖsterreicher bringen.Dazu werden die vielentechnischen Errungenschaftendes Ausnah -me-Tech nikers FerdinandPorsche präsentiert,der 17 Jahre langbei Austro-Daimler denErfolg der Markeprägte und später auchin den Steyr-Werkenentscheidende Impulsesetzte.Mit dem Begriff „Museum“hat PorschesEnkel Piëch keinerechte Freude. „Das10CM 3-<strong>2013</strong> | www. <strong>DAVC</strong>.DE
AktuellLebendige Autos mit Seeleklingt so verstaubt. Meine Autos werden bewegt, bekommengenügend frische Luft.“ Sprach’s, setzt dieSchirmmütze auf, klemmt sich hinters Steuer undgibt Gas.Bei der Oldtimer-Ausfahrt rund um den Mattseeund mitten hinein ins malerische, grün und blau gehalteneTrumer Seenland erzählt der 83-JährigeAnekdoten aus dem Leben eines Austro-Daimler-Edelfans. Beim Gaisberg-Rennen spurtete der behäbigscheinende, betagte Siebensitzer einem jüngerenBentley auf und davon. „Die Dame am Steuer desBentleys traute ihren Augen kaum, wie sie mir imZiel anvertraut hat.“ Andernorts, bei der Ennstal-Classic, gab die Nockenwelle den Geist auf, warnichts mehr zu retten. „So etwas muss man einemAutomobil, das 400.000 Kilometer auf dem Tachohat, nachsehen. Diese Autos müssen gestreicheltwerden.“Experiment Holzgas-TraktorPiëch hat als gelernter Maschinenbau-Ingenieurund Kfz-Mechaniker-Meister viele Autos von untengesehen, sich gerne und oft die Finger beim Schraubenschmutzig gemacht. „Heute wechsle ich nurnoch die Zündkerzen selbst.“ Ein Großprojekt wirdder in England lebende Autoliebhaber nie vergessen.Als Student bekam der junge Ernst Piëch vonseinem Onkel den Auftrag, etwas Gescheites anzupackenund einen komplett zerlegten Holzgas-Traktorwieder zusammenzubauen. Schließlich sei Praxisdurch nichts zu ersetzen. „Ich war stolz, als das Dingfertig war und tatsächlich gelaufen ist. Gerochenhabe ich allerdings danach wie eine geselchteWurst.“ Es sei ein interessantes Experiment gewesen,einmal nicht mit Benzin zu fahren.Das Fahrgefühl in dem mehr als 80 Jahre alten Austro-Daimlerist keineswegs mit jenem in einem Traktoroder in einem Auto von heute zu vergleichen. Indem Oldtimer riecht, hört und spürt man noch dieArbeit des Motors. Die Straße wirkt viel unmittelbarer.Auffällig sind auch Unterschiede in der Bedienung.Das Gaspedal ist in der Mitte angesiedelt, esgibt gleich zwei Bremspedale, der Fahrer kann dasTreibstoff-Gemisch je nach Bedarf von mager bisfett regeln. Die Edelkarosse erweckt Aufsehen. Dieübrigen Verkehrsteilnehmer machen große Augen.Die Herren schauen interessiert, die Damen lächelnPiëch und seinen Passagieren freundlich zu – darankönnte man sich gewöhnen.Eine Hand lässig am Lenkrad und mit fast spitzbübischemLächeln im Gesicht, erinnert sich Piëch anseinen Opa – Ferdinand Porsche. „Als ich den Führerscheingemacht habe, ist der Großvater nebenmir gesessen und hat geschaut, ob ich auch gut fahrenkann.“ Das war die Feuertaufe in der autoaffinenFamilie. Wenn Porsche selbst am Steuer saß „istmir regelmäßig schlecht geworden. Er ist sehr, sehrforsch unterwegs gewesen.“Tel. 040 55 50 38 39Sie suchen das ganz besondere Objekt Ihrer Liebe –das klassische Automobil mit makelloserLebensgeschichte? Sie scheuen den großenRummel und bevorzugen eher die leisen Töne?Dann liegen Sie bei Claus Mirbach richtig,denn da ist tatsächlich das drinnen, was dran steht.Ausstellung und Büro: Sorthmannweg 20Werkstatt: Deepenstöcken 522529 Hamburgpost@clausmirbach.dewww.clausmirbach.deCM 3-<strong>2013</strong> | www. <strong>DAVC</strong>.DE 11