unproblematisch erweiterten Eingriff in die Gr<strong>und</strong>rechte des Art.5 GG. Zudem könntenälteren Gruppen Werke vorenthalten werden, die diese nicht nur nicht gefährden,sondern sich von Fall zu Fall sogar, je nach Reifegrad, positiv auf deren weitere Entwicklungauswirken könnten. Deshalb setzt die Feststellung der <strong>Jugendgefährdung</strong>gleichzeitig auch die Klärung der Frage voraus, ob nun auf einen durchschnittlichen,normal entwickelten, einen labilen, gefährdungsgeneigten oder aber auf einen eventuellreifeverzögerten Jugendlichen abzustellen ist. Nach einer Ansicht sei es hier nötig,auch den labilen <strong>und</strong> den reifeverzögerten jungen Menschen zum Maße zu nehmen,da Jugendschutz eben nicht nur den Durchschnitt sondern jeden jungen Menschenbetreffe <strong>und</strong> insbesondere dieser Teil der Adressaten des staatlichen Schutzes bedürfe.23Des Weiteren wird angeführt, dass sich wohl kaum einheitliche Maßstäbe für den „ges<strong>und</strong>enDurchschnittsjugendlichen“ 24 festlegen ließen, zumal vor dem Hintergr<strong>und</strong> derschnellen Entwicklung von Technik <strong>und</strong> Medien sowie der Liberalisierung der Moralsowieso so gut wie jeder Jugendliche gefährdungsgeneigt sei. Extremfälle krankhafterAnfälligkeit, geistiger Störungen oder völliger Verwahrlosung müssten dagegen aberaußer Betracht bleiben.Nach der Gegenansicht wiederum sei nur der „durchschnittliche“ Jugendliche zu berücksichtigen.25 Dies wird damit begründet, dass die Auslegung des Jugendschutzes,wegen der, z.T. erheblich betroffenen Gr<strong>und</strong>rechte, restriktiv erfolgen müsste <strong>und</strong>gefährdungsgeneigte Jugendliche nicht zu Lasten der Gr<strong>und</strong>rechte aus Art.5 GG geschütztwerden könnten. Dadurch entstehe hier schon bereits deshalb keine Regelungslücke,da deren Schutz Aufgabe der Jugendhilfe <strong>und</strong> Jugendpflege sei.Hier kann sowohl Für <strong>und</strong> Wider beider Ansichten argumentiert werden, sobald aberdie Anordnung einer jugendschutzrechtlichen Maßnahme eine Abwägung zwischendem Jugendschutz <strong>und</strong> dem widerstreitenden Interesse erfordert, gilt es dennoch abzuwägen.Denn Jugendschutz muss eben schon dann greifen, wenn eine Gefahr fürjunge Menschen anzunehmen ist <strong>und</strong> dies ist eben auch dann der Fall, wenn es hiernur einen reifeverzögerten, labilen Jugendlichen betrifft. Wer kann denn entscheiden,ob nun dieser oder jener ein „Normaler“ ist? Wie wird so etwas bestimmt <strong>und</strong> kann23 BVerfGE 39, 197 , 205 ; BGHSt 8,80f.; OVG Münster, BPR- Report 4/ 1983, 3,4;OLG Düsseldorf,NJW 1966, 1186; Becker, MDR 1968, 881, 883f.; v. Hartlieb, Handbuch des Film-, Fernseh- <strong>und</strong> Videorechts,S.43; Kalb, Der Jugendschutz bei Film <strong>und</strong> Fernsehen, S. 192ff.; v. Mangoldt / Klein/Starck, GG, Art.5 Abs.1,2 Rn.106; Potrykus, NJW 1967, 1454, 1455.24 Vlachopoulos, <strong>Kunst</strong>freiheit <strong>und</strong> Jugendschutz, S. 54.25 BVerwGE 25,318, 321f.; 28, 223, 227f.; Bauer, JZ 1965, 41, 42; Erbel; DVBl 1973, 572, 530; Eckhardt,DVBl 1969, 857, 859f.; Schraut, Jugendschutz <strong>und</strong> Medien, S. 73f. ; Raue, Literarischer Jugendschutz,S.25 ff.8
nicht, was heute „normal“ ist, morgen schon eine gewisse Reifeverzögerung bedeuten?Schaut man in der Geschichte einmal nur 20 Jahre zurück, so wird dies durchauszu bejahen sein. Heute kann fast jeder mit einem Handy umgehen, weiß was einFlachbildfernseher, eine Digitalkamera oder auch Internet ist. Hätte eine solch rasanteEntwicklung nicht bei dem einen oder anderen noch vor ein paar Jahren nicht Verw<strong>und</strong>erungoder vielleicht sogar ein bisschen Angst ausgelöst? Vor diesem Hintergr<strong>und</strong>wird man dem „Normalen“ nicht mehr die gleiche Bedeutung zukommen lassenkönnen, wie dies die 2. Ansicht fordert. Der Ansatzpunkt muss ein anderer sein.Nimmt man nämlich an, dass von vornherein auf einen labilen, reifeverzögerten Jugendlichenabgestellt wird, so verringert sich dadurch auch in der Gesellschaft dasGewicht, das dem Jugendschutz zugesprochen wird, was wiederum dazu führt, dasseine Abwägungswertung zwischen den Gr<strong>und</strong>rechten des Art.5 <strong>und</strong> dem Jugendschutzwesentlich häufiger zum Nachteil der jugendschutzrechtlichen Maßnahmen ausfallenwird. 26(b) Wie hoch muss die Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung sein?Ob sich ein Werk jugendgefährdend auswirkt oder nicht, darüber können zunächst nurPrognosen getroffen werden. 27 Demnach stellt sich bei der Entscheidung insbesondereauch die Frage nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad, mit dem eine solche Gefährdunganzunehmen ist. Hier wird allgemein angenommen, aufgr<strong>und</strong> des Wertes des Schutzgutes,dass zunächst keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit notwendig ist,sondern eine einfache ausreicht. 28 Gegen diese Ansicht spricht zwar zunächst abermalsdas bereits oben erwähnte Argument des dadurch erhöhten Eingriffs in dieGr<strong>und</strong>rechte des Art. 5 GG, ausschlaggebend ist jedoch ein anderer Aspekt.Wenn es nach dem heutigen Wissenschaftsstand nicht möglich ist festzustellen, ob<strong>und</strong> wenn ja, inwiefern beispielsweise die „neuen Medien“ überhaupt geeignet sind,jugendgefährdende Wirkung zu haben 29 , dann lässt sich in diesem Kontext auch keinean Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer solchen erreichen.<strong>Jugendgefährdung</strong> wäre damit allumfassend zu verneinen <strong>und</strong> der Jugendschutz zumindestin diesem Bereich hinfällig. Da der Jugendschutz aber Verfassungsrang genießt,kann das schwerlich die Lösung sein. 30 Es ist jedoch davon auszugehen, dasssich eine erhöhte Gefährdungswahrscheinlichkeit bei einer Abwägung zwischen den26 Vlachopoulos, <strong>Kunst</strong>freiheit <strong>und</strong> Jugendschutz, S. 54.27 v.Mangoldt/ Klein/ Starck, GG, Art. 5 Abs.1,2 Rn.126.28 BVerfGE 39,197,205; Erbel, DVBl, 1973, 527, 529f.29 Vlachopoulos, <strong>Kunst</strong>freiheit <strong>und</strong> Jugendschutz, S. 55.30 Vgl. BVerwGE 39,197, 205.9
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