Nr. 5 - Notarkammer
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Die Abtretung der anwaltlichen Honorar-<br />
Die Abtretung der anwaltlichen Honorarforderung<br />
an einen Rechtsanwalt<br />
forderung an einen Rechtsanwalt<br />
Rechtsanwältin Kristina Schmitz,<br />
Dortmund<br />
I. Vorbemerkung<br />
Die Verschwiegenheitspflicht gehört<br />
zu den Grundpflichten des Rechtsanwalts.<br />
Sie wird zum Teil als eine der<br />
„tragenden Säulen des Anwaltsberufs<br />
schlechthin“ bezeichnet, da sie die<br />
Grundlage bildet für einen absolut<br />
offenen und rückhaltlosen Informationsaustausch<br />
des Mandanten mit seinem<br />
Rechtsanwalt. 1<br />
Es ist jedoch allgemein anerkannt,<br />
dass der Rechtsanwalt, der seinen ihm<br />
streitig gemachten Honoraranspruch<br />
gerichtlich geltend macht, von der<br />
Verschwiegenheitspflicht befreit ist. 2<br />
Dem berechtigten Honoraranspruch<br />
des Rechtsanwalts gebührt insoweit<br />
der Vorzug vor der Pflicht zur Verschwiegenheit,<br />
da der Mandant durch<br />
seine Zahlungsverweigerung den<br />
Interessenkonflikt selbst verursacht. 3<br />
Sowohl der Rechtsanwalt als auch die<br />
Rechtsordnung insgesamt haben ein<br />
berechtigtes Interesse daran, dass auch<br />
Ansprüche beruflich zum Schweigen<br />
Verpflichteter gegen ihre Mandanten<br />
durchsetzbar bleiben. 4<br />
Zwar ist auch die grundsätzliche<br />
Zulässigkeit der Abtretung eines<br />
anwaltlichen Honoraranspruchs allgemein<br />
anerkannt. Uneinigkeit herrscht<br />
aber insbesondere bei der Frage, unter<br />
welchen Voraussetzungen eine derartige<br />
Abtretung an einen anderen<br />
Rechtsanwalt zulässig ist.<br />
Im Folgenden soll untersucht werden,<br />
unter welchen Voraussetzungen eine<br />
Gebührenabtretung an einen anderen<br />
Rechtsanwalt berufsrechtlich zulässig<br />
ist, was der Zessionar in der mündlichen<br />
Verhandlung vortragen darf und<br />
schließlich, ob der Zedent in der<br />
mündlichen Verhandlung als Zeuge<br />
zur Verfügung steht.<br />
6<br />
KammerReport Hamm 5/2002<br />
Rechtsanwaltskammer<br />
II. Abtretung einer Honorarforderung<br />
an einen Rechtsanwalt?<br />
Es ist zunächst festzustellen, dass die<br />
Abtretung einer anwaltlichen<br />
Honorarforderung zwangsläufig mit<br />
einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht<br />
verbunden ist, da schon<br />
der Umstand, dass jemand einen<br />
Rechtsanwalt beauftragt hat, von der<br />
Verschwiegenheitspflicht erfasst wird. 5<br />
Davon abgesehen ist der Zedent<br />
jedoch nach § 402 BGB zur umfassenden<br />
Weitergabe aller erlangten Kenntnisse<br />
und Unterlagen an den Zessionar<br />
verpflichtet.<br />
Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes<br />
zur Neuordnung des Berufsrechts der<br />
Rechtsanwälte und der Patentanwälte<br />
vom 2. September 1994 war daher<br />
nach der Rechtsprechung des BGH 6<br />
die Abtretung der Honorarforderung<br />
eines Rechtsanwalts ohne Zustimmung<br />
des Mandanten wegen der<br />
damit nach § 402 BGB verbundenen<br />
umfassenden Informationspflicht in<br />
der Regel gemäß § 134 BGB i.V.m.<br />
§ 203 StGB nichtig. Der BGH hat<br />
seine Rechtsprechung dabei auch auf<br />
solche Fälle erstreckt, in denen Abtretungsempfänger<br />
ein Rechtsanwalt ist. 7<br />
Mit der Berufsrechtsnovelle 1994 hat<br />
der Gesetzgeber in § 49 b Abs. 4<br />
BRAO die Abtretung von Honoraransprüchen<br />
gesetzlich geregelt: Der<br />
Rechtsanwalt, der eine fremde anwaltliche<br />
Gebührenforderung erwirbt,<br />
wird gem. § 49 b Abs. 4 Satz 1 BRAO<br />
ausdrücklich zur Verschwiegenheit<br />
verpflichtet. Nach Satz 2 ist die<br />
Abtretung von Gebührenforderungen<br />
oder die Überlassung ihrer Einziehung<br />
an einen nicht als Rechtsanwalt<br />
zugelassenen Dritten unzulässig, es sei<br />
denn die Forderung ist rechtskräftig<br />
festgestellt, ein erster Vollstreckungsversuch<br />
ist fruchtlos ausgefallen und<br />
der Rechtsanwalt hat die ausdrückliche,<br />
schriftliche Einwilligung des<br />
Mandanten eingeholt.<br />
§ 49 b Abs. 4 BRAO knüpft an die<br />
Abtretung der Honorarforderung an<br />
einen Rechtsanwalt keine besonderen<br />
Voraussetzungen. Daher stellt sich<br />
nun die Frage, wie sich diese Bestimmung<br />
zur früheren Rechtsprechung<br />
verhält, wonach auch die Zession an<br />
einen Rechtsanwalt die Einwilligung<br />
des Mandanten voraussetzte. Bleibt es<br />
auch weiterhin bei diesem Zustimmungserfordernis<br />
oder sind Abtretungen<br />
von Honorarforderungen an<br />
Rechtsanwälte nunmehr grundsätzlich<br />
unbeschränkt zulässig?<br />
Der BGH hat zur Problematik dieser<br />
erst seit dem Jahre 1994 in Kraft<br />
befindlichen Vorschrift bislang noch<br />
nicht Stellung nehmen müssen.<br />
1. Teilweise wird darauf hingewiesen,<br />
dass es nicht das Ziel des § 49 b<br />
Abs. 4 BRAO sei, den Schutz der<br />
Mandantengeheimnisse abzusenken,<br />
weshalb es folglich dabei verbleibe,<br />
dass eine Mitteilung von Geheimnissen<br />
auch im Rahmen eines Abtretungsvorgangs<br />
an einen Rechtsanwalt<br />
nur mit der Einwilligung des Mandanten<br />
zulässig sei. 8 Es dürfe insoweit<br />
nicht übersehen werden, dass auch die<br />
Weitergabe von vertraulichen Tatsachen<br />
an einen seinerseits schweigepflichtigen<br />
Rechtanwalt die Geheim-