Hätte Kant gesurft? - Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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Notebook-Klassen für alle? Wie sich <strong>der</strong> Unterricht verän<strong>der</strong>n muss<br />
NOTEBOOK-KLASSEN FüR ALLE? WIE SICH<br />
DER UNTERRICHT VERäNDERN MUSS<br />
Prof. Dr. Walter Reese-Schäfer, Georg-August-Universität Göttingen, und<br />
Lisa Rosa, Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung, Hamburg,<br />
im Gespräch mit Dr. Christian Stöcker, Stellvertreten<strong>der</strong> Ressortleiter<br />
Netzwelt bei ‚Spiegel Online’.<br />
StöcKeR: Lassen Sie uns eingangs unsere Leitfrage klären: <strong>Hätte</strong> <strong>Kant</strong> <strong>gesurft</strong>?<br />
ReeSe-ScHäfeR: Als <strong>Kant</strong> 1795, im Postkutschenzeitalter, seinen Aufsatz<br />
„Zum ewigen Frieden“ geschrieben hat, wurde dieser nach Leipzig zum<br />
Drucker geschickt, dann zum Korrektur lesen noch einmal zurück gesandt<br />
– und er ist innerhalb einer Woche gedruckt worden. Das ist heute<br />
kaum möglich. Nestroy sagte schon „Der Fortschritt ist vielleicht gar<br />
nicht so groß, wie er aussieht“. <strong>Kant</strong> hat Königsberg bekanntlich sein Leben<br />
lang nicht verlassen. Er hat aber über Afrika doziert und geschrieben.<br />
Königsberg war damals an<strong>der</strong>s als heute eine richtige Handels- und Hafenstadt.<br />
<strong>Kant</strong> hat jede Gelegenheit genutzt, zum Mittagessen Schiffskapitäne<br />
einzuladen und sich informieren zu lassen – er hat ‚genetzwerkt‘.<br />
Ich denke, dass würde er auch heute noch machen, er würde die neuen<br />
sozialen Netzwerke nutzen und weiterhin eine Couch-Potato in Königsberg<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>swo sein.<br />
RoSa: <strong>Kant</strong> hätte surfen müssen, weil das Weltwissen heute im Netz zu<br />
finden ist. Das ist die heutige Weise, sich zu informieren und Wissen zu<br />
erwerben. Die Vorstellung, dass jemand als einzelner große Gedanken<br />
aus sich heraus entwickelt ist ja<br />
ein Mythos <strong>der</strong> Buchgesellschaft<br />
und <strong>der</strong> Zeit, in <strong>der</strong> unsere Schule<br />
entstanden ist. Sicher ist das<br />
auch ein Grund dafür, warum<br />
unsere Schule immer noch Wert<br />
auf Einzelarbeit und vereinzeltes<br />
Arbeiten legt. Dabei findet das<br />
Lernen in den sozialen Medien<br />
>> Unterricht soll keine Stillarbeit<br />
(zuhause o<strong>der</strong> im Klassenraum), son<strong>der</strong>n<br />
ein Miteinan<strong>der</strong> sein. Diskussion<br />
ist wichtig und sollte verbal stattfinden,<br />
um Akzeptanz und Toleranz zu<br />
för<strong>der</strong>n.