Naturnahe Waldwirtschaft-Dauerwald heute? - Landesbetrieb Forst ...
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Entwicklung strukturreicher Mischwälder am Beispiel der Lehroberförsterei Chorin,<br />
u. a. des <strong>Dauerwald</strong>blockes Groß-Ziethen<br />
Entwicklung strukturreicher<br />
Mischwälder am Beispiel der<br />
Lehroberförsterei Chorin, u. a. des<br />
<strong>Dauerwald</strong>blockes Groß-Ziethen<br />
MARTIN GUERICKE & HANS-JOACHIM GAFFRON<br />
„<strong>Dauerwald</strong>wirtschaft unterscheidet sich grundsätzlich<br />
von aller bisherigen <strong>Forst</strong>wirtschaft in der Auffassung,<br />
mit der sie dem Arbeitsobjekt gegenübertritt.<br />
Sie sieht in dem Walde ein einheitliches, lebendiges<br />
Wesen mit unendlich vielen Organen, die alle zusammenwirken<br />
und miteinander in Wechselbeziehung stehen.<br />
In dem Raum zwischen den obersten Kronenspitzen<br />
und zwischen den äußersten Wurzelverzweigungen<br />
im Boden ist dieses Wesen beschlossen und<br />
alles, was in diesem Raum sich befindet, lebt und<br />
webt, gehört dem Organismus an. Dieses Waldwesen<br />
ist gedacht von ewiger Dauer. Es lebt, arbeitet und<br />
verändert sich“ (MÖLLER 1923).<br />
Stellvertretend für die Entwicklung strukturreicher Mischwälder<br />
in der Lehroberförsterei Chorin sowie im<br />
Kontext mit den vorangegangenen Beiträgen über die<br />
waldbauliche Bedeutung der Lichtbaumarten und den<br />
standörtlichen wie vegetationskundlichen Veränderungen<br />
u. a. in den westlich von Chorin gelegenen Waldflächen<br />
beschäftigt sich dieser Beitrag mit den Waldstrukturen<br />
wie sie gegenwärtig auf rd. 60 ha in den<br />
beiden Abteilungen 212 und 214, Revierförsterei Theerofen<br />
anzutreffen sind. Die vorgestellten Inventurergebnisse<br />
wurden im Rahmen von zwei Bachelorarbeiten<br />
am Fachbereich für Wald und Umwelt, Fachgebiet<br />
Waldwachstumskunde der Hochschule für Nachhaltige<br />
Entwicklung Eberswalde erarbeitet. Hierbei handelt<br />
es sich um die Arbeiten „Der <strong>Dauerwald</strong>block Groß-<br />
Ziethen“ (LENZ 2008) und „Der <strong>Dauerwald</strong>block Groß-<br />
Ziethen – waldwachstumskundliche Untersuchung und<br />
Analyse mehrschichtiger Waldstrukturen“ (MIES 2010).<br />
Die 2008 und 2010 durchgeführten Feldaufnahmen und<br />
Analysen basieren auf Probekreisen bzw. Transekten<br />
in ausgewählten, repräsentativen Bestandesstrukturen<br />
beider Abteilungen. Nähere Angaben zur Aufnahmemethodik,<br />
den erhobenen Parametern sowie weitere<br />
Ergebnisse sind beiden o. g. Arbeiten zu entnehmen.<br />
Die Geschichte des <strong>Dauerwald</strong>blockes<br />
Die ursprünglichen Waldstrukturen im Bereich Groß-<br />
Ziethen werden als Mischung bestehend aus Buchen,<br />
Eichen, Kiefern und Birken beschrieben. Bis zum<br />
18. Jahrhundert wurde das Waldbild maßgebend durch<br />
eine in der Nähe befindliche Glashütte sowie durch<br />
die Ortschaft Senftenhütte beeinflusst. Zur Herstellung<br />
von Pottasche wurden die Buchen aus den naheliegenden<br />
Beständen entnommen und die Eichen<br />
als Bauholz verwendet. Dies alles fand im Kahlschlagprinzip<br />
statt, so dass es in der Folge zu einer großen<br />
Anzahl an Blößen kam. Durch die Streunutzung der<br />
Einwohner von Senftenhütte fand zusätzlich eine Degradierung<br />
des Bodens statt, die sich positiv auf die<br />
Kiefernnaturverjüngung auswirkte (vgl. BERGMANN 1999).<br />
Von der <strong>Dauerwald</strong>idee Möllers inspiriert, wurde durch<br />
Oberlandforstmeister Dr. Erhard Hausendorff um 1920<br />
in den degradierten und zu diesem Zeitpunkt von der<br />
Kiefer dominierten Wäldern um Senftenhütte herum<br />
ein „Kieferndauerwaldblock“ nach dem Vorbild „Bärenthoren“<br />
ausgewiesen (HAUSENDORFF 1927). Dazu<br />
wurde die Streunutzung eingestellt, die in Resten vorhandene<br />
Laubbaumverjüngung intensiv gepflegt und<br />
die Altkiefern einer kontinuierlichen Kronenpflege unterzogen.<br />
Die Kiefernnaturverjüngung blieb hingegen<br />
ohne Behandlung. Nachdem sich die weitere Waldentwicklung<br />
lange Zeit unbeobachtet vollzog, gewann<br />
der „<strong>Dauerwald</strong>block“ erst mit der Einführung des Begriffs<br />
der vorratspfleglichen <strong>Forst</strong>wirtschaft in der<br />
DDR erneut an Bedeutung. Die Waldfläche hatte einen<br />
Sonderstatus, u. a. wurden keine Harznutzungen<br />
an den noch vorhandenen Altkiefern vorgenommen.<br />
Durch Hähersaat von Buchen und Eichen und durch<br />
eine starke Dezimierung der Wilddichte in Folge des<br />
2. Weltkrieges stellte sich zunehmend Naturverjüngung<br />
der Laubbaumarten ein (vgl. BERGMANN 1993). Nach<br />
rd. 10 Jahren wich man jedoch von dem Modell der<br />
Vorratspflege wieder ab und der Block verlor erneut<br />
an Bedeutung. Die Entstehung und Geschichte des<br />
heutigen „<strong>Dauerwald</strong>blockes“ lässt sich demnach<br />
verkürzt wie folgt darstellen:<br />
Der <strong>Dauerwald</strong>block entstand<br />
... um 1816 auf durch Streunutzung degradierten Flächen<br />
aus Kiefernnaturverjüngung unter einem lichten<br />
Schirm 120-jähriger Altkiefern.<br />
... durch Anflug weiterer Kiefern-Generationen mit<br />
einzelnen Eichen und Buchen, nachdem Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts die Streunutzung durch die<br />
Bewohner des Dorfes Senftenhütte eingestellt<br />
wurde.<br />
... durch die „Vision“ Hausendorffs, dem Leiter des<br />
<strong>Forst</strong>amtes Grimnitz und Schüler Alfred Möllers,<br />
den Bestandeskomplex im Revier Groß-Ziethen<br />
ab 1920 als Kieferndauerwald weiter zu entwickeln<br />
(Vorbild Bärenthoren). Er betrieb intensive Kronen-