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Zeitschrift für Lebensrecht 18. Jg. / S. 37-72 / Heft 2 2009<br />
Herausgeber: Juristen-Vereinigung Lebensrecht e.V. (Köln)<br />
Herausgeberbeirat<br />
Prof. Dr. iur. Gunnar Duttge, Göttingen<br />
Prof. Dr. med. Hermann Hepp, München<br />
Prof. Dr. iur. Christian Hillgruber, Bonn<br />
Prof. Dr. iur. Eike von Hippel, Hamburg<br />
Prof. Dr. phil. Rupert Hofmann, Regensburg<br />
Prof. Dr. iur. Winfried Kluth, Halle<br />
Prof. Dr. iur. Karl Lackner, Heidelberg<br />
Prof. Dr. iur. Winrich Langer, Marburg<br />
Prof. Dr. iur. Joseph Listl, Bonn<br />
Der Beweis<br />
Nach langem Anlauf hat sich der Bundestag in dieser<br />
Legislaturperiode doch noch dem Problem der Spätabtreibungen<br />
nach pränataldiagnostischem Befund angenommen<br />
und einige Ergänzungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes<br />
beschlossen (s. dazu die Beiträge von Büchner, S. 38, und<br />
Duttge/Bernau, S. 42). Zunächst hatte es so ausgesehen, als<br />
ob es zu gar keiner Gesetzesänderung kommen würde, weil<br />
sich die SPD jeder Initiative der CDU/CSU verweigerte. In<br />
der Koalitionsvereinbarung hatte es geheißen, die Koalition<br />
werde „prüfen, ob und gegebenenfalls wie die Situation bei<br />
Spätabtreibungen verbessert werden kann.“ Die SPD stellte<br />
sich lange Zeit auf den Standpunkt, dass das „ob“ negativ zu<br />
beantworten sei und sich damit die Frage nach dem „wie“<br />
gar nicht stelle.<br />
Um doch noch einen kleinen Schritt voranzukommen,<br />
setzten die an einem besseren Lebensschutz interessierten<br />
Abgeordneten in der Union schließlich auf eine fraktionsübergreifende<br />
Gesetzesinitiative, die primär aus der Sicht<br />
der betroffenen Frauen Verbesserungen der psycho-sozialen<br />
Beratung nach einem pränataldiagnostischen Befund<br />
zum Ziel hatte. Zusätzlich sollte durch eine Verbesserung<br />
der Bundesstatistik mehr Licht in dieses dunkle Kapitel der<br />
Abtreibungswirklichkeit gebracht werden.<br />
An Ende blieb im Kern die Verbesserung der psychosozialen<br />
Beratung übrig. Das beweist zweierlei: Zum einen<br />
ist damit klargestellt, dass Gesetzesänderungen aussichtslos<br />
sind, wenn sie mit dem Schutz der ungeborenen Kinder<br />
begründet werden. Allein der Gesichtspunkt, die Entscheidungsfreiheit<br />
der Frau in besserer Weise zu gewährleisten,<br />
ließ eine parlamentarische Mehrheit zustande kommen.<br />
Dass eine genauere Statistik nicht durchgesetzt werden<br />
konnte, zeigt zum anderen, dass der Gesetzgeber gar nicht<br />
wissen will, wie oft und weshalb ungeborene Kinder im<br />
fortgeschrittenen Stadium der Entwicklung im Mutterleib<br />
getötet werden. Beides zusammengenommen beweist, dass<br />
die „Reform“ in keiner Weise Ausdruck einer wachsenden<br />
Prof. Dr. iur. Dr. h.c. Harro Otto, Bayreuth<br />
Prof. Dr. med. Johannes Pechstein, Mainz<br />
Prof. Dr. theol. Anton Rauscher, Augsburg<br />
Prof. Dr. iur. Wolfgang Rüfner, Köln<br />
Prof. Dr. phil. Manfred Spieker, Osnabrück<br />
Prof. Dr. iur. Herbert Tröndle, Waldshut-Tiengen<br />
Prof. Dr. iur. Dr. h. c. Wolfgang Waldstein, Salzburg<br />
Prof. Dr. iur. Ralph Weber, Rostock<br />
Prof. Dr. phil. Paul-Ludwig Weinacht, Würzburg<br />
Prof. Dr. med. Hans-Bernhard Wuermeling, Erlangen<br />
parlamentarischen Sensibilität für das Recht auf Leben ist.<br />
Im Gegenteil: Selbst da, wo lebensfähige ungeborene Kinder<br />
auf grausame Weise gezielt getötet werden, ist vom Deutschen<br />
Bundestag keine Abhilfe zu erwarten.<br />
Der gute Wille derjenigen Abgeordneten, die die Gesetzesinitiative<br />
auf den Weg gebracht haben, verdient Anerkennung.<br />
Das Ergebnis des Reformversuches ist und bleibt jedoch<br />
völlig unbefriedigend. Behinderte ungeborene Kinder<br />
haben auch in Zukunft in unserem Rechts- und Sozialstaat<br />
nur ein Lebensrecht zweiter Klasse.<br />
In anderen Bereichen des Lebensschutzes sind dagegen<br />
kleine Lichtblicke zu erkennen. So hat das Verwaltungsgericht<br />
Hamburg den Umtrieben von Dr. Roger Kusch zunächst<br />
einmal einen Riegel vorgeschoben (s. S. 48). Gesellschaftlich<br />
dürfte die Diskussion über organisierte oder gar<br />
ärztliche Suizidbeihilfe freilich verstärkt weitergehen.<br />
Die unselige „Kind als Schaden“-Rechtsprechung (zur<br />
österr. Situation s. ZfL 2009, S. 2 ff.) bleibt weiter ein Thema<br />
der Gerichtspraxis. Auch mit den dürftigsten Argumenten<br />
versuchen immer mehr Betroffene, die Unterhaltslast für<br />
unerwünschte Kinder auf den Arzt abzuwälzen (s. LG Köln,<br />
S. 59). Zumindest in den von der Rechtsordnung nicht gebilligten<br />
Fällen der sog. Beratungsregelung soll nach Ansicht<br />
des OLG Nürnberg die Geburt eines planwidrig geborenen<br />
Kindes keinen „Schaden“ darstellen und damit auch keinen<br />
Unterhaltsanspruch auslösen (s. S. 57). Es wird interessant<br />
sein zu beobachten, ob der BGH wenigstens diese Auswirkung<br />
der Rechtswidrigkeit „beratener Abtreibungen“ akzeptiert.<br />
Rainer Beckmann