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ZfL 2/2009 umschau<br />

65<br />

Zeitaufwand das Leben oder die Gesundheit des Patienten<br />

ernstlich gefährdet“ (so § 12 des österreichischen<br />

Patientenverfügungsgesetzes). Die tatsächlichen Schwierigkeiten<br />

bei der Umsetzung von Patientenverfügungen<br />

im Notfall hält der Verfasser für hinnehmbar. Denn Sache<br />

des Gesetzes sei es, „Transparenz und größtmögliche<br />

Klarheit zu den rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

zu schaffen, von denen ausgehend Notfallmediziner<br />

ihre ärztliche Situationsverantwortung wahrnehmen,<br />

dem Selbstbestimmungsrecht der Patienten Rechnung<br />

tragen und gegenüber den Angehörigen Humanität<br />

und psychologische Sensibilität wahren sollen“.<br />

Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob eine gesetzliche Regelung<br />

dem Notfallarzt seine schwierige Aufgabe wesentlich<br />

erleichtert, unter hohem Zeitdruck eine der Situation<br />

angemessene Entscheidung zu treffen und die<br />

notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Denn was wird<br />

ein Notfallmediziner schon tun, wenn er keine völlig<br />

eindeutige Patientenverfügung vorfindet und ihn die<br />

Angehörigen des Hilfebedürftigen flehentlich bitten,<br />

dem ihnen lieben Menschen zu helfen? (us)<br />

Grenzen der Selbstbestimmung<br />

Auch Prof. Dr. Axel Bauer, Mitglied des Deutschen Ethikrates,<br />

befasst sich in einem Beitrag für die Zeitschrift<br />

für medizinische Ethik (2009, S. 169 ff.) mit der anste-<br />

VRiVG a. D. Bernward Büchner, Freiburg<br />

Die Gründung der Juristen-Vereinigung Lebensrecht 1<br />

geht zurück auf den Streit über eine für den Lebensschutz<br />

Ungeborener bedeutsame Rechtsfrage. Nach<br />

der Strafrechtsnovelle von 1976 war der Abbruch einer<br />

Schwangerschaft durch einen Arzt in den gesetzlich<br />

vorgesehenen Indikationsfällen „nicht nach § 218 strafbar“.<br />

So auch in Fällen der „sozialen Indikation“, deren<br />

Praxis derjenigen einer Fristenlösung gleichkam. Was<br />

hatte diese Formulierung „nicht nach § 218 strafbar“ zu<br />

bedeuten? Eine damals als herrschend bezeichnete Meinung<br />

ging mit oberflächlicher Argumentation davon<br />

aus, dass damit ein Rechtfertigungsgrund beschrieben<br />

werde, der Schwangerschaftsabbruch in den Indikationsfällen<br />

also nicht nur von Strafe befreit, sondern gerechtfertigt<br />

sei. Von erheblicher praktischer Bedeutung<br />

war diese Streitfrage insbesondere im Zusammenhang<br />

aus der jvl<br />

25 Jahre Juristen-Vereinigung Lebensrecht*<br />

henden gesetzlichen Regelung von Patientenverfügungen.<br />

Unter dem Titel „Grenzen der Selbstbestimmung<br />

am Lebensende: Die Patientenverfügung als Patentlösung?“<br />

übt der Autor Kritik an der weit verbreiteten<br />

Selbstbestimmungs-Euphorie.<br />

Therapien bei Patienten mit infauster Prognose seien<br />

häufig sehr teuer und würden als „sinnlos“ eingestuft.<br />

Utilitaristische, aber nur scheinbar objektive Maßstäbe<br />

für die subjektive Lebensqualität verdeckten die Tatsache,<br />

dass sie immer nur genau diejenigen Parameter<br />

widerspiegelten, die bei ihrer Formulierung berücksichtigt<br />

wurden. Aus einer zum Teil durch die Medien<br />

verstärkten Furcht vor einem Leben im Pflegeheim heraus<br />

würden von Ethikern und Juristen antizipierende<br />

Formen der „Selbstbestimmung“ am Lebensende propagiert,<br />

die aber keine Patentlösung für ein menschenwürdiges<br />

Sterben böten.<br />

Der Autor diskutiert neben den grundsätzlichen Überlegungen<br />

des damaligen Nationalen Ethikrates aus dem<br />

Jahre 2005 die dem Deutschen Bundestag mittlerweile<br />

vorliegenden unterschiedliche Gesetzentwürfe zur<br />

Patientenverfügung. Anhand eines Beispiels aus der<br />

klinischen Ethikberatung wird dargestellt, wie verhängnisvoll<br />

sich bereits heute die Kombination von Patientenverfügung<br />

und Vorsorgevollmacht dann auswirken<br />

kann, wenn statt der vorgeblichen Autonomie des Patienten<br />

die Willkür des Bevollmächtigten unkontrolliert<br />

zum Zuge kommt. Der Beitrag stellt das Konzept des<br />

„selbstbestimmten“ Sterbens prinzipiell in Frage. (rb)<br />

mit der „Abtreibung auf Krankenschein“. Gegen die<br />

Rechtfertigungsthese wandte sich der Kölner Notar Dr.<br />

Werner Esser 1981 in einem Beitrag, welcher die Frucht<br />

eines regen Kontakts mit zwei prominenten Juristen<br />

war. Der eine war der frühere Bundesverfassungsrichter<br />

Willi Geiger, der sich schon 1980 gegen die Rechtfertigungsthese<br />

ausgesprochen hatte. Der andere war<br />

Herbert Tröndle, der bereits 1978 in der ersten von ihm<br />

betreuten Auflage des Kommentars zum Strafgesetz-<br />

* Ansprache anlässlich der Jubiläumsveranstaltung am 8. Mai<br />

2009 in Köln. Der Festvortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Josef Isensee<br />

zum Thema: „Der grundrechtliche Konnex von Leben und<br />

Menschenwürde“ wird in einer der nächsten Nummern der ZfL<br />

publiziert.<br />

1 Hierzu auch Werner Esser, ZfL 1994, S. 22 ff.; Bernward Büchner,<br />

ZfL 2004, S. 48 ff.

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