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40 thema<br />
ZfL 2/2009<br />
zu beraten. Die Beratung erfolgt in allgemein verständlicher<br />
Form und ergebnisoffen. Sie umfasst die eingehende Erörterung<br />
der möglichen medizinischen, psychischen und sozialen Fragen<br />
sowie der Möglichkeiten zur Unterstützung bei physischen und<br />
psychischen Belastungen. Die Ärztin oder der Arzt hat über<br />
den Anspruch auf weitere und vertiefende psychosoziale Beratung<br />
nach § 2 zu informieren und im Einvernehmen mit der<br />
Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen nach § 3 und zu<br />
Selbsthilfegruppen oder Behindertenverbänden zu vermitteln.<br />
(2) Die Ärztin oder der Arzt, die oder der gemäß § 218b Absatz<br />
1 des Strafgesetzbuchs die schriftliche Feststellung über die<br />
Voraussetzungen des § 218a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs zu<br />
treffen hat, hat vor der schriftlichen Feststellung gemäß § 218b<br />
Absatz 1 des Strafgesetzbuchs die Schwangere über die medizinischen<br />
und psychischen Aspekte eines Schwangerschaftsabbruchs<br />
zu beraten, über den Anspruch auf weitere und vertiefende<br />
psychosoziale Beratung nach § 2 zu informieren und im<br />
Einvernehmen mit der Schwangeren Kontakte zu Beratungsstellen<br />
nach § 3 zu vermitteln, soweit dies nicht aufgrund des<br />
Absatzes 1 bereits geschehen ist. Die schriftliche Feststellung<br />
darf nicht vor Ablauf von drei Tagen nach der Mitteilung der<br />
Diagnose gemäß Absatz 1 Satz 1 oder nach der Beratung gemäß<br />
Satz 1 vorgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn die<br />
Schwangerschaft abgebrochen werden muss, um eine gegenwärtige<br />
erhebliche Gefahr für Leib oder Leben der Schwangeren<br />
abzuwenden.<br />
(3) Die Ärztin oder der Arzt, die oder der die schriftliche Feststellung<br />
der Indikation zu treffen hat, hat bei der schriftlichen<br />
Feststellung eine schriftliche Bestätigung der Schwangeren über<br />
die Beratung und Vermittlung nach den Absätzen 1 und 2<br />
oder über den Verzicht darauf einzuholen, nicht aber vor Ablauf<br />
der Bedenkzeit nach Absatz 2 Satz 2.“<br />
Nach dem geänderten § 14 Absatz 1 SchKG handelt<br />
ordnungswidrig, wer entgegen § 2a Absatz 1 oder 2<br />
keine Beratung der Schwangeren vornimmt (Ziffer 1),<br />
entgegen § 2a Absatz 2 Satz 2 die schriftliche Feststellung<br />
ausstellt (Ziffer 2), entgegen § 13 Absatz 1 einen<br />
Schwangerschaftsabbruch vornimmt (Ziffer 3) oder<br />
seiner Auskunftspflicht nach § 18 Absatz 1 nicht nachkommt<br />
(Ziffer 4). Die Ordnungswidrigkeit kann mit<br />
einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden<br />
(§ 14 Absatz 2 SchKG - neu -).<br />
IV. Keine Verbesserung der Statistik<br />
Durch die vom Bundestag mehrheitlich abgelehnte<br />
Änderung des § 16 SchKG sollten für die statistische<br />
Erfassung von Schwangerschaftsabbrüchen folgende<br />
Erhebungsmerkmale erweitert bzw. präzisiert werden:<br />
Die Dauer der abgebrochenen Schwangerschaft in vollendeten<br />
einzelnen Wochen seit der Empfängnis, lebende<br />
Kinder, etwaige vorgeburtlich diagnostizierte Fehlbildungen<br />
des Embryos oder Fötus oder Auffälligkeiten<br />
im Genom, Tötungen im Mutterleib (Embryozid oder<br />
Fetozid) bei Mehrlingsschwangerschaften und in sons-<br />
tigen Fällen. Grundsätzliches Ziel dieser Gesetzesänderung<br />
sollte es sein, eine Beobachtung der statistischen<br />
Entwicklung des Abbruchsgeschehens in Bezug auf die<br />
unter § 218a Absatz 2 StGB fallenden Gruppen der rein<br />
medizinischen und der medizinisch-sozialen Indikation<br />
und ihrer Suchgruppen zu ermöglichen. 15 Die derzeit<br />
geltende Regelung der Meldung von Schwangerschaftsabbrüchen<br />
nach Indikationen, so die Begründung des<br />
Gesetzentwurfs, ermögliche es dem Gesetzgeber nicht,<br />
gesundheits- und behindertenpolitisch notwendige Entscheidungen<br />
zu treffen.<br />
V. Äußerungen im Bundestag<br />
Über das Ziel der Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes<br />
haben sich die Abgeordneten in den Beratungen<br />
des Bundestags unterschiedlich und viel sagend<br />
geäußert. In der Debatte vom 18. Dezember 2008 äußerte<br />
die Abgeordnete Ina Lenke (FDP), gemeinsames Ziel<br />
müsse es sein, die Zahl von Abbrüchen (Spätabtreibungen)<br />
so gering wie möglich zu halten. 16 Für die Abgeordnete<br />
Ingrid Fischbach (CDU/CSU) ging es in derselben<br />
Debatte darum, dem Problem der späten Schwangerschaftsabbrüche<br />
zu begegnen. Sie hoffe, „dass wir<br />
gemeinsam das Ziel verfolgen, dem uneingeschränkten<br />
Lebensrecht ungeborener Kinder hinreichend gerecht<br />
zu werden“. 17 Die Abgeordnete Ulla Schmidt (Aachen)<br />
(SPD) erklärte damals, sie urteile über keine Frau, kein<br />
Elternteil, keine Eltern, „die sich in einer Konfliktsituation,<br />
auch nach der zwölften Schwangerschaftswoche,<br />
für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, weil<br />
sie meinen, dass die psychische und physische Gesundheit<br />
der Frau gefährdet ist, … Diese Entscheidung kann<br />
nur die Frau treffen. Aber es ist gut, wenn wir sie bei<br />
dieser Entscheidung nicht allein lassen.“ 18 Für den Abgeordneten<br />
Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)<br />
gibt es „de facto eine Entscheidungsfreiheit.“ Er glaube,<br />
es sei auch gut so, dass man keine Frau gegen ihren Willen<br />
zwingt, ein behindertes Kind auszutragen. 19<br />
In der Sitzung des Bundestags vom 13. Mai 2009 äußerte<br />
der Abgeordnete Johannes Singhammer (CDU/CSU)<br />
die Hoffnung, dass die Zahl der Spätabtreibungen sich<br />
verringert. 20 Demgegenüber nannte die Abgeordnete<br />
Kerstin Griese (SPD) als Ziel des gemeinsamen Gesetzentwurfs,<br />
„dass die betroffenen Frauen eine Entscheidung<br />
fällen können, mit der sie später leben können.“ Es gehe<br />
nicht darum, quantitativ die Zahl der Spätabbrüche zu<br />
senken, sondern es gehe um bessere Beratung und dar-<br />
15 So die Begründung des zusammengeführten Gesetzentwurfs in<br />
der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend (Fn. 13), zu Artikel 1 Nummer<br />
4.<br />
16 Plenarprotokoll 16/21156 (A).<br />
17 Plenarprotokoll 16/21164 (D).<br />
18 Plenarprotokoll 16/21169 (B).<br />
19 Plenarprotokoll 16/21171 (B).<br />
20 Plenarprotokoll 16/24211 (D).