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EINZELNE MOLEKÜLE ALS BAUSTEINE UND<br />

SONDEN ZUR ANALYSE VON NANOSTRUKTUREN<br />

Johannes Hohlbein und Christian G. Hübner<br />

Die Natur hat nach den heute etablierten Theorien schon vor Milliarden Jahren die ersten<br />

nanostrukturierten Materialien hervor gebracht: Organische Makromoleküle, die in der Lage<br />

waren, sich selbst zu replizieren. Seitdem hat die Evolution natürliche Nanostrukturen<br />

hervor gebracht, gegen die sich die von Menschen geschaffenen künstlichen Nanostrukturen<br />

fast primitiv ausnehmen. Während die ersten Ansätze zur künstlichen Herstellung von<br />

Nanostrukturen von einem so genannten »Top-down«-Konzept ausgingen, das heißt der<br />

sukzessiven Verkleinerung mikroskopischer Strukturen, wird heute vermehrt – nach dem<br />

Vorbild der Natur – der umgekehrte Ansatz verfolgt: In einem »Bottom-Up«-Prozess sollen<br />

die Nanostrukturen aus ihren Grundbausteinen – Atomen bzw. Molekülen – entweder<br />

durch Selbstorganisation oder gezielte Manipulation hergestellt werden. Um einen solchen<br />

Prozess verfolgen und steuern zu können, muss man in der Lage sein, die einzelnen Bausteine<br />

– die Moleküle – direkt zu beobachten. Dies ist mit der in den letzten zehn Jahren<br />

entwickelten Methode der Einzelmolekül-Fluoreszenzdetektion und -spektroskopie möglich.<br />

In diesem Artikel sollen schlaglichtartig die Besonderheiten dieser Methode sowie Anwendungen<br />

bei der Untersuchung von Nanostrukturen vorgestellt werden.<br />

Einzelmolekül-Fluoreszenzdetektion<br />

Seit dem ersten Experiment im Jahr 1990,<br />

bei dem die Fluoreszenz eines einzelnen<br />

Moleküls nachgewiesen werden konnte,<br />

hat die Methode der Einzelmolekül-<br />

Fluoreszenzdetektion, abgekürzt SMD<br />

(»Single Molecule Detection«), eine stürmische<br />

Entwicklung erfahren. War man bisher<br />

zur Beobachtung einzelner Atome oder<br />

Moleküle mittels Raster-Tunnel- und Raster-Kraft-Mikroskopie<br />

auf Oberflächen<br />

beschränkt, erlaubt die SMD Einblicke in<br />

das Innere von Materialien, solange diese<br />

transparent sind. Diese Voraussetzung<br />

wird von vielen natürlichen Materialien<br />

(z. B. Zellwände, Zell-Inneres) sowie einer<br />

Reihe von künstlichen Polymeren (Kunststoffen)<br />

erfüllt. Methodisch ist sie nah mit<br />

der Fluoreszenzmikroskopie verwandt.<br />

Gegenstand der Untersuchung sind so genannte<br />

Fluorophore, also Moleküle, die<br />

aufgrund ihrer elektronischen Struktur zur<br />

Fluoreszenz angeregt werden können. Solche<br />

– synthetisch hergestellten – Moleküle<br />

sind zum Beispiel in den Tinten von Textmarkern<br />

in hoher Konzentration enthalten,<br />

wodurch diese ihre intensive Farbe erhalten.<br />

Es gibt jedoch auch natürliche Fluorophore,<br />

wie zum Beispiel das grün fluoreszierende<br />

Protein GFP, das aus einer Tiefseequalle<br />

gewonnen werden kann (siehe<br />

Abb. 1). Bei dem Licht, das von den bei<br />

uns im Frühsommer zu beobachtenden<br />

Leuchtkäfern abgegeben wird, handelt es<br />

sich jedoch nicht um Fluoreszenz, sondern<br />

um Biolumineszenz. Die zum Leuchten<br />

notwendige Energie wird dabei nicht wie<br />

bei der Fluoreszenz durch Einstrahlung<br />

von Licht, sondern durch eine biochemische<br />

Reaktion gewonnen.<br />

Zur Untersuchung einzelner Fluorophore<br />

..............................................................................<br />

scientia halensis 2/2004<br />

Fachbereich Physik<br />

...............................................................................<br />

Abb. 1: Lumineszierende Qualle Aequorea Victoria (a) und dreidimensionale Struktur des grün<br />

fluoreszierenden Proteins (GFP). Die zusammengefaltete Aminosäurekette ist schematisch<br />

dargestellt. Im Inneren des Proteins ist der eigentliche Fluorophor zu sehen, also der Teil des<br />

Proteins, der die Fluoreszenz verursacht.<br />

werden diese in einem Mikroskop mit dem<br />

Licht eines Lasers zur Fluoreszenz angeregt.<br />

Um das sehr schwache Licht eines<br />

einzelnen Moleküls mit einer Leistung von<br />

etwa 40 fW (vergleichbar mit dem Licht einer<br />

100-W-Glühlampe in 1 500 km Entfernung)<br />

überhaupt registrieren zu können,<br />

werden hochempfindliche Photodioden<br />

bzw. Kameras eingesetzt. Prinzipiell ist es<br />

sogar möglich, einzelne Moleküle im Mikroskop<br />

mit dem Auge zu sehen, wenn<br />

man sich ausreichend lange in einem dunklen<br />

Raum aufgehalten hat. Aus dem mikroskopischen<br />

Bild kann man dann unter anderem<br />

die Anordnung der Moleküle oder<br />

deren Ausrichtung im Material bestimmen.<br />

Proteine in Nanoporen<br />

Proteine (von dem griechischen Wort<br />

protos = zuerst) sind die wichtigsten<br />

Grundbausteine aller Lebewesen. Keine andere<br />

Klasse von Zellbestandteilen hat so<br />

vielfältige Funktionen: von der Katalyse<br />

chemischer Reaktionen über den Transport<br />

von Stoffwechselpro- und edukten oder Ionen<br />

durch die Zellmembran, die mechanische<br />

Stabilisierung, aber auch aktive Bewegung<br />

bis hin zur Signalweiterleitung reicht<br />

das Spektrum ihrer Aufgaben. Diese ungeheure<br />

Vielseitigkeit wird durch den Aufbau<br />

der Proteine, die chemisch gesehen zu den<br />

Makromolekülen gehören, ermöglicht. Entscheidend<br />

ist dabei die Reihenfolge – Sequenz<br />

– der aneinandergereihten Aminosäuren,<br />

aus denen die Proteine bestehen.<br />

Aus der Sequenz folgt eine ganz bestimmte<br />

dreidimensionale Struktur (Konformation),<br />

deren Entstehung aus der ungeordneten<br />

Kette von Aminosäuren als Faltung<br />

bezeichnet wird. Bis heute ist nicht verstanden,<br />

wie das Makromolekül aus der<br />

unglaublich großen Anzahl möglicher Konformationen<br />

die »richtige« findet. Bekannt<br />

ist, dass es eine Klasse von Proteinen, die<br />

so genannten Chaperonine, gibt, die die<br />

Faltung anderer Proteine begünstigen. Als<br />

ein Wirkmechanismus dieser Chaperonine,<br />

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