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Ausgabe 7-2006 - Goethe-Universität

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15. November <strong>2006</strong> CAMPUS AKTUELL7Auf den Spuren des frühislamischen MoscheebausErgebnisse der deutsch-syrischen Ausgrabungen <strong>2006</strong> in Kharab SayyarDie jüngste, zweimonatige Grabungskampagnedes Instituts fürArchäologische Wissenschaften,Abteilung Archäologie und Kulturgeschichtedes Vorderen Orientsunter Leitung von Prof. Jan-WaalkeMeyer im vergangenen Sommer erbrachteneue Befunde aus dem Bereichder Moschee, der Grabungsstellevon Imad Mussa, Damaskus,die für die Entstehung und diefrühe Entwicklung der islamischenKunst von großer Bedeutung sind.Fotos: PrivatDie Moschee hat eine Seitenlängevon etwa 50 Metern.An drei Seiten jeweilsfinden sich Arkadenhallen(riwaq), im Südendie Gebetshalle (haram).Auf diese Weise wird einerelativ große, rechteckigeFläche eingeschlossen, dieeinen offenen Hof (sahn)bildet; Abb. 1Diese siebte Grabungskampagneaus dem frühislamischen KharabSayyar in Nordostsyrien –über frühere wurde unter anderem imUniReport 5/06 berichtet – konntenerneut durch Spendenmittel, die derFörderverein ENKI bereitstellt, undmit erheblicher Unterstützung der AntikendirektionDamaskus durchgeführtwerden.Die Moschee in Kharab Sayyar besitztWährend der Fußbodender Arkadenhallen unddes Gebetssaals aus einemmassiven Gipsestrichbestehen, sind im Hofbereichausschließlich gebrannteZiegel verlegt.eine Seitenlänge von etwa 50 m undgehört von ihrem Grundriss her zudem seit der Umayyadenzeit geläufigenTyp der Hypostyl-Moschee. Andrei Seiten jeweils finden sich Arkadenhallen(riwaq), im Süden die Gebetshalle(haram). Auf diese Weisewird eine relativ große, rechteckigeFläche eingeschlossen, die als offenerHof (sahn) anzusehen ist (Abb. 1).1flache, jeweils durch Halbsäulen voneinandergetrennte Nischen gegliedert.An den Seitenwangen sind zudem Resteeines Stuckdekors mit Inschrift,dem Beginn der ersten Koransure, derBismallah, erhalten (Abb. 3).Die leider nur im Schutt gefundenenReste des Stuckdekors sind stilistischmit dem Stuckdekor aus der GroßenMoschee des Mutawakkil in Samarra,Mitte des 9. Jhs. n. Chr., zu vergleichen.Hervorzuheben ist schließlich noch,dass der Mihrabbereich sich an der2 3der nördlichen Arkadenhalle war zwischendem vierten und fünften Pfeilersockelder Hofseite ein knapp 3 m tie-Die Gebetshalle bestehtaus zwei durch eine Säulenreihevoneinander getrenntenSchiffen. Die imAbstand von etwa zweiMetern errichteten Säulenhaben einen Durchmesservon knapp einem Meter;Abb. 2.Die Sockelzone der Gebetsnischewar möglicherweiseursprünglich mitStuck dekoriert. An denSeitenwangen sind Resteeines Stuckdekors mit Inschrift,dem Beginn derersten Koransure, der Bismallah,erhalten; Abb. 3Der Mihrab – zentrales Elementreligiöser Orientierung4 5Blick in die nahezu vollständig erhaltene Zisterne Die beiden Langseiten werden durch drei Pfeilervorlagen gegliedert, diein flache gemauerte Gurtbögen übergehen; Abb. 4. Ziegelgewölbe in der Zisterne: Die Ziegel sind in einen sehr dickenGipsmörtel verlegt, mit dem die Gewölbe auch nach oben abgedeckt sind; Abb. 5Das Zentrum jeder Moschee bildet der Mihrab, in der Mitte der Südwand gelegen, diedie Qibla, also die Gebetsrichtung angibt. Frühe Moscheen aus der Zeit der ersten Kalifenhatten noch keinen Mihrab; bindend war nur die Gebetsrichtung (Qibla) nach Mekka.Erst mit den Umayyaden wird, zusammen mit anderen vorislamischen Bauteilen,wie etwa das Basilika-Schema, auch die Nische in profanen Architektur als Thronnische,in der sakralen als Gebetsnische, ähnlich einer Kirchenapsis, übernommen. Allerdingssollte der Mihrab nicht, wie häufig angenommen, die Gebetsrichtung nach Mekka markieren,sondern sie diente im Frühislam primär dem Khalifen oder seinem Stellvertreterin den Provinzen, wie dem Gouverneur, als eigener Betraum. Entsprechende literarischeQuellen liegen vor; für eine Bedeutung als »imperiale Gebetsnische«, wie Katharina Otto-Dornes ausdrückt, sprechen Reichtum und Pracht der Ausstattung, die diesen Bereichaus der schlichten Umgebung der Moschee herausheben. Dieser Dekorwille findetsich auch, leider nur noch in Resten, in Kharab Sayyar wieder.In den frühen Moscheebauten, wie etwa der Umayyaden-Moschee in Damaskus, ist vondem zugehörigen Mikhrab nichts erhalten. Nur aufgrund der Bauform der betreffendenMoscheen ist sie sicher zu erschließen und sie ist auch durch die Literatur belegt. Diebeiden bisher ältesten Zeugnisse sind die Gebetsnische el-Khassaki (Museum Bagdad,wohl umayyadische Spolie aus spätantiker Zeit) und die Mikrab der Sidi Oqba-Moscheein Quairuan aus 2. Hälfte 9. Jh. n. Chr. Damit darf Kharab Sayyar zumindest als des ältesteBeispiel einer noch im Bauzusammenhang befindlichen Mihrab angesehen werden.Während der Fußboden der Arkadenhallenund des Gebetssaals aus einemmassiven Gipsestrich bestehen, sindim Hofbereich ausschließlich gebrannteZiegel verlegt.Die Gebetshalle selbst besteht aus zweidurch eine Säulenreihe voneinandergetrenntes Schiffen. Die im Abstandvon etwa 2 m errichteten Säulen befindensich auf einem sieben Lehmziegellagenhohen Sockel (ca. 0,50 m)und sie sind ebenfalls aus gebranntenZiegeln aufgemauert; ihr Durchmesserbeträgt knapp 1 m (Abb. 2). Die Bauformentspricht durchaus der derspätantiken Basilika; die Ausrichtungist jedoch eine andere. Während dieSäulenstellung der Basilika auf eine imZentrum einer Schmalseite gelegenenInstallation (Apsis, Thron, Altar) orientiertist, findet sich in der Moscheedas entsprechende Zentrum – derMihrab – in der Mitte der südlichenLängsmauer.In diesem Jahr konnte von uns dieserBereich, d.h. die Gebetsnische, freigelegtwerden; hervorzuheben istzunächst einmal ihre tiefe, halbrundeForm der Nische, die sich bei verschiedenenBauten dieser Zeit wiederfindet(z. B. Balkuwara, Mosche II). Nach innenwird die halbrunde Fassade durcheine relativ flache Sockelzone, diemöglicherweise ursprünglich mitStuck dekoriert war, sowie durch fünfAußenfassade dadurch abzeichnet,dass er über den Mauerverlauf hinausragt.Auch hierfür gibt es durchausParallelen in der gleichzeitigen Moscheebaukunst.Konkrete Hinweise auf die Art der Bedachungder Gebetshalle liegen bisherDie Reste des Stuckdekors,sind stilistisch mit demStuckdekor aus derGroßen Moschee desMutawakkil in Samarra,zu vergleichen.nicht vor. Auch für die Annahme, dassder Betsaal durch ein überhöhtes, aufden Mikhrab zuführendes Mittelschiff,ein sog. Transept, besonders gestaltetwurde, können nur wenig Anhaltspunktegeltend gemacht werden.Tatsächlich ist diese Säulenstellunghier etwas breiter als in den anderenBereichen. Es ist daher durchaus möglich,dass die an sich ungegliedertePfeilerhalle durch ein Transept besondershervorgehoben wurde.Ein zweites bemerkenswertes Ergebnissind Ergänzungen zu den bisher bekanntenEinzelheiten zur Wasserversorgungder Anlage. Seit ersten Grabungsarbeiten2004 in dem Bereichfer Schacht bekannt, der aus sorgfältiggesetzten gebrannten Lehmziegelnaufgemauert ist und in den von Nordenher ein etwa 1,80 m hoher Kanalmit leicht gewölbter Oberseite mündet.Hierin ist offensichtlich die Wasserzuleitungzu sehen, die mit einemunter dem Fußboden der Arkadenhalleangelegten Wasserreservoir verbundenist. Im Schacht befindet sich nachSüden hin, unter dem Niveau des Hofes,eine kleinere, nur 0,50 m auf 0,30m große Öffnung – eine Art Überlauf–, die zugleich als Zuleitung für denBrunnen in der Mitte des Hofes anzusehenist. Leider ist die Deckedieser Zisterne, im Gegensatzzu einer weiterenunter der westlichenHalle, vollständig eingestürzt.In diesem Jahrkonnte einezweite Zisterneunter derwestlichenArkadenhallefreigelegt werden,die nahezuvollständig erhaltenist. Sie ist etwa 12 mlang, 3,50 m breit und2,50 m hoch. Die beidenLangseiten werden durchdrei Pfeilervorlagen gegliedert,die in flache gemauerte Gurtbögenübergehen, so dass vier ebenfallsrecht flache Ziegelgewölbe gebildetwerden können. Die Ziegel sind in einensehr dicken Gipsmörtel verlegt,mit dem die Gewölbe auch nach obenabgedeckt sind. Darüber ist dann derFußboden aus einem festen Estrichverlegt.Überraschend ist die Qualität des Mauerwerks,aber auch der Erhaltungszustand;vordringlich wird jetzt die Sicherungder Bausubstanz dieser in vielerleiHinsicht einmaligen Anlage sein,die allerdings durch private Zuwendungenerfolgen muss.Jan-Waalke MeyerInformationen:Prof. Jan-Waalke Meyer; Institut fürArchäologische WissenschaftenArchäologie und Kulturgeschichte desVorderen Orients; Tel. 069 798 32317oder 32313Einmalig: PrivateFinanzierungSeit 1998 finden regelmäßig Ausgrabungenin Kharab Sayyar/Nordostsyrienals Teil eines Regionalprojektes statt.Träger ist die Universität Frankfurt inKooperation mit dem syrischen Antikendienstund der Deutschen Orient Gesellschaft.Die Finanzierung erfolgt ausschließlich– und dies ist einmalig in derderzeitigen deutschen Orientforschung- durch private Spenden, die durch denFörderverein ENKI bereitgestellt werden;darüber engagiert sich Syrien finanziellund mit der Abstellung von Mitarbeitern.Dafür werden noch dringendSponsoren gesucht, da der finanzielleAufwand weder vom Institut noch vonden syrischen Partnern alleine erbrachtwerden kann. Zur Sicherung der Bausubstanzwerden nun wieder Fördererund Mittel benötigt. Mögliche werbewirksameGegenleistungen sind selbstverständlichangedacht; der FördervereinENKI an der Universität Frankfurtdarf Spendenbescheinigungen ausstellen.

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