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echtsecke<br />
Jäger & Disziplinarrecht<br />
Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Verwaltungsstrafrecht und<br />
im Disziplinarrecht, erläutert am Beispiel eines Fehlabschusses.<br />
Dr. Hermann Tscharre<br />
Disziplinaranwalt<br />
Weidgerechte Jagdausübung erfordert<br />
auch Kenntnis der einschlägigen<br />
Rechtsvorschriften.<br />
Einen diesbezüglichen Aspekt beleuchtete<br />
schon der Artikel von Dr. Martin Zanon in<br />
der März-Ausgabe von „Jagd in Tirol“. Mein<br />
folgender Beitrag soll das „Jägerische Rechtswissen“<br />
weiter vertiefen:<br />
Noch ist die Büchse sicher verwahrt, doch<br />
schon bald – Lauf entölt und Probeschuss<br />
absolviert – wird sie uns Jäger auf Pirsch und<br />
Ansitz unentbehrliche Begleiterin sein.<br />
Gesetz und Rechtssprechung stellen bei<br />
der Schussabgabe auf jagdbares Wild an den<br />
Jäger höchste Anforderungen, mit gutem<br />
Grund! Sagten doch schon die Alten: „Ist die<br />
Kugel aus dem Lauf, hält’s der Teufel nimmer<br />
auf“. Doch vor Fehlabschüssen ist keiner<br />
gefeit, so auch nicht der Jäger in unserem<br />
Beispiel. Auf einen I-er Hirsch darf er weidwerken,<br />
unser Jäger, und ein Vermeintlicher<br />
kommt endlich auch in Anblick, heimlich,<br />
ziemlich massig, ein ungerader 14-Ender, wie<br />
das Spektiv auf 250 Meter zeigt. Den Hirsch<br />
sieht unser Jäger zum ersten Mal, er überlegt<br />
nicht lange: „Der passt, mindestens 10-jährig“,<br />
urteilt er und lässt die Kugel fliegen …<br />
Leider nur 8-jährig, lautet dagegen die Beurteilung<br />
der Bewertungskommission. Welche<br />
Folgen hat der Fehlabschuss?<br />
Allgemeines zur Strafbarkeit<br />
Ohne auf alle juristischen Facetten gesondert<br />
einzugehen, kann grundsätzlich von<br />
Folgendem ausgegangen werden: Damit ein<br />
menschliches Verhalten (Handeln oder Unterlassen)<br />
strafbar ist, muss es<br />
›tatbestandsmäßig,<br />
›rechtswidrig und<br />
›schuldhaft sein.<br />
Tatbestandsmäßig handeln heißt, dass das<br />
betreffende Verhalten einem im Gesetz genau<br />
umschriebenen Tatbestand, der mit Strafe bedroht<br />
ist, entsprechen muss.<br />
Rechtswidrig handeln heißt, dass das Verhalten<br />
einen Verstoß gegen die Rechtsordnung<br />
darstellen muss und dass es auch keine<br />
Gründe geben darf, die dieses Verhalten<br />
ausnahmsweise rechtfertigen (z. B. Notwehr,<br />
Ausübung amtlicher Befugnisse etc).<br />
Schuldhaft handeln heißt, dass beim Täter<br />
ein inneres Verhalten vorliegen muss, das<br />
man ihm vorwerfen kann, das heißt, dass er<br />
entweder vorsätzlich oder fahrlässig handelt.<br />
Vorsätzlich handeln heißt, dass der Täter<br />
die strafbare Handlung begehen will (direkter<br />
Vorsatz) oder dass er es ernstlich für möglich<br />
hält, dass sein Tun eine strafbare Handlung<br />
darstellen könnte und er sich damit abfindet,<br />
dass er eine strafbare Handlung in Kauf<br />
nimmt (bedingter Vorsatz). Beispiel: „Ich<br />
will den Hirsch erlegen, obwohl mir klar ist,<br />
dass er schonungswürdig ist“ (direkter Vorsatz)<br />
oder „Ich will den Hirsch erlegen und<br />
sollte sich herausstellen, dass er schonungswürdig<br />
ist, ist mir das auch egal, ich schieße<br />
trotzdem“ (bedingter Vorsatz).<br />
Fahrlässig handeln heißt, dass der Täter<br />
die strafbare Handlung deshalb begeht, weil<br />
er die nach den Umständen gebotene, ihm<br />
mögliche und zumutbare Sorgfalt, mit der er<br />
die Tat hätte vermeiden können, außer Acht<br />
lässt. Entweder kommt ihm gar nicht in den<br />
Sinn, dass er durch sein Handeln strafbar<br />
werden könnte (unbewusste Fahrlässigkeit)<br />
oder er hält es zunächst grundsätzlich für<br />
möglich, dass sein Tun eine strafbare Handlung<br />
darstellen könnte, handelt aber trotzdem<br />
im Vertrauen darauf, dass dies nicht der Fall<br />
ist (bewusste Fahrlässigkeit). Beispiel: Der<br />
Jäger erlegt ein schonungswürdiges Stück<br />
ohne vorherige ausreichende Ansprache in<br />
der Annahme, dass der Abschuss ohnehin in<br />
Ordnung geht (unbewusste Fahrlässigkeit);<br />
oder: Der Jäger spricht das Stück an, hat auch<br />
gewisse Zweifel, ob er nicht ein schonungs-<br />
würdiges Stück vor sich hat, erlegt es aber<br />
dennoch im Vertrauen darauf, dass dies nicht<br />
der Fall ist und der Abschuss in Ordnung gehen<br />
wird (bewusste Fahrlässigkeit).<br />
Rechtsfolgen nach<br />
Verwaltungsstrafrecht<br />
Der Jäger in unserem Beispiel am Beginn des<br />
Beitrages hat also einen schonungswürdigen<br />
Hirschen der Altersklasse II erlegt. Über ihn<br />
wird von der Behörde eine Geldstrafe verhängt.<br />
Warum?<br />
Der Jäger hat damit der in der 2. Durchführungsverordnung<br />
zum Tiroler Jagdgesetz<br />
2004 (2. DV-TJG) enthaltenen Bestimmung,<br />
dass bei Rotwild in der Altersklasse II unter<br />
Bedachtnahme auf die vom Tiroler Jägerverband<br />
kundgemachten Richtlinien für<br />
die Bewirtschaftung des Schalenwildes nur<br />
besonders schlecht entwickelte (männliche)<br />
Wildstücke erlegt werden dürfen (§ 3 Abs. 4<br />
und 5,2. DV-TJG), zuwidergehandelt. Dieses<br />
Verhalten ist gemäß § 7,2. DV-TJG bzw. gemäß<br />
§ 37 Abs. 1 Tiroler Jagdgesetz 2004 (TJG<br />
2004) strafbar, das Strafausmaß bestimmt §<br />
70 Abs. 1 lit. l TJG 2004.<br />
Sein Verhalten war daher einerseits tatbestandsmäßig.<br />
Sein Verhalten war andererseits auch rechtswidrig,<br />
weil es einen Verstoß gegen die<br />
Rechtsordnung darstellt, die auf eine weidgerechte<br />
Jagdausübung und die Erhaltung<br />
eines qualitativ guten, ausgewogenen und<br />
angemessenen Wildstandes abzielt.<br />
Letzte Voraussetzung für die Strafbarkeit<br />
ist das Vorliegen eines Verschuldens. Hier<br />
scheidet Vorsatz jedenfalls aus, wohl aber<br />
wird die Behörde aus dem im Beispiel geschilderten<br />
Verhalten des Jägers von einer<br />
unbewussten Fahrlässigkeit bei der Schussabgabe<br />
ausgehen. Darüber hinaus gibt es im<br />
Verwaltungsstrafrecht bei diesen hier in Rede<br />
stehenden Straftaten eine Besonderheit,<br />
nämlich eine „Schuldvermutung“ gemäß §<br />
5 VStG (Verwaltungsstrafgesetz 1991), von<br />
der die Behörde Gebrauch machen kann. §<br />
5 VStG lautet:<br />
20 Jagd in Tirol 04/2010