Coverstory - Sonnenzeitung
Coverstory - Sonnenzeitung
Coverstory - Sonnenzeitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
port. Lediglich wenige Prozent der möglichen Wärmemenge<br />
sollen ins Netz eingespeist werden. Für fossile Megaprojekte<br />
wie dieses werden und wurden Bauern gezwungen, Gaspipelines<br />
auf ihrem Grund zuzulassen. Bei der Erdgasleitung<br />
„Südschiene“, die vom niederösterreichischen Baumgarten<br />
kommend u.a. Mellach mit dem benötigten Erdgas versorgt,<br />
wird die Problematik an einem Fall deutlich: Der Landwirt<br />
Erwin Haider aus Schlagl bei Gloggnitz wehrte sich bis<br />
zuletzt gegen die Pipeline. Zum einen führte er Umwelt- und<br />
Klimaschutzgründe an, zum anderen wird die Leitung in<br />
einen Rutschhang verlegt und verläuft genau hier durch das<br />
stärkste Erdbebengebiet Österreichs. Die Umweltsprecher<br />
aller drei Oppositionsparteien im Nationalrat unterstützten<br />
Haider und dessen Forderung, das Gaswirtschaftsgesetz so<br />
zu ändern, dass es zu keinen Enteignungen mehr kommen<br />
kann. Doch die Fossillobby kann offensichtlich auf die jeweiligen<br />
Regierungen zählen – egal ob Rot-Schwarz in Wien<br />
oder Schwarz-Grün in Graz. Eine massive Energieabhängigkeit<br />
vom Ausland wird damit in Kauf genommen und damit<br />
die Gefahr, dass Russland den Gashahn jederzeit wieder<br />
zudrehen kann.<br />
Grazer Fernwärme: Kohle, Heizöl, Erdgas<br />
Das Gaskraftwerk in Mellach wird also keine oder kaum<br />
Fernwärme nach Graz liefern. Damit ist klar, dass das seit<br />
vielen Jahrzehnten laufende Kohlekraftwerk (ebenfalls in<br />
Mellach) der maßgebliche Fernwärmelieferant in Graz bleibt<br />
– bislang produzierte es mehr als zwei Drittel des gesamten<br />
Bedarfs. Auf dem zweiten Platz lag bisher das Kraftwerk<br />
Werndorf, das knapp 13 Prozent des Fernwärmebedarfs<br />
lieferte und mit Heizöl schwer, Erdgas und Altöl betrieben<br />
wird. Das Erdgas-Heizwerk in der Grazer Puchstraße, das<br />
bislang gut sieben Prozent der Fernwärme erzeugte, soll in<br />
naher Zukunft ausgebaut werden (siehe auch Kasten). Zwölf<br />
Prozent kamen bislang aus der Abwärme zweier Industriebetriebe<br />
und lediglich 0,1 Prozent sind dank Solarthermie<br />
erneuerbar.<br />
Beispiel Estag: PR-Masche und Wirklichkeit<br />
Der steirische Energieversorger Estag, der sich nun „Energie<br />
Steiermark“ nennt, wirbt mit seinem Öko-Image, investiert<br />
wird aber in Erdgas: Der steirische Teil der „Südschiene“ ist<br />
nach eigenen Angaben mit rund 90 Millionen Euro „das<br />
größte Hochdruckleitungsprojekt in der Geschichte der<br />
steirischen Gasversorgung“. Ursprünglich wollte das Unternehmen<br />
am Grazer Standort Puchstraße um 230 Millionen<br />
Euro ein 400-MW-Gaskraftwerk zur Fernwärmeversorgung<br />
errichten. Dieses Großprojekt wurde zwar inzwischen ad<br />
acta gelegt, was aus Sicht einer nachhaltigen Energieversorgung<br />
zu begrüßen ist. Trotzdem wird das hier bestehende<br />
Gaskraftwerk ausgebaut.<br />
Eine österreichische Stadt hat bereits Erfahrungen mit der<br />
Anschlusspfl icht von Fernwärme: Linz. Hier heißt es im<br />
Gesetz vom 24. Mai 2007: „Die Anschlusspfl icht an eine<br />
gemeindeeigene Wärmeversorgungsanlage gilt uneingeschränkt<br />
…“. Lediglich Erdgas wird ebenfalls eine hohe<br />
Relevanz zugesprochen.<br />
SONNENZEITUNG 1/12<br />
95 Prozent der Haushalte sind an leitungsgebundene<br />
Energieträger angeschlossen, wobei Erdgas und Fernwärme<br />
derzeit in etwa gleich große Anteile hielten, so Wilfried<br />
Hager vom Umwelt- und Technikcenter des Magistrats<br />
Linz. „Aber die Tendenz geht eindeutig weg von Gas zu<br />
Fernwärme.“ Diese zitierte Abkehr von Gaseinzelheizungen<br />
bedeutet aber nicht automatisch eine Ökologisierung der<br />
Energieversorgung: Schließlich stammt gerade Fernwärme<br />
oft aus Gaskraftwerken. Mit Hackschnitzel- und Pelletseinzelheizungen<br />
habe man auch in Linz „keine Freude, da diese<br />
Feinstaub erzeugen“, so Hager weiter. Diese würden nur<br />
in den Gegenden der Landeshauptstadt gefördert, „wo weit<br />
und breit kein Fernwärmeanschluss ist“. Sehr wohl würden<br />
aber große, zentrale Biomasseanlagen bevorzugt, da diese<br />
mit einer Rauchgasreinigung ausgestattet seien und daher<br />
geringere Feinstaubmengen emittierten. Damit wären wir<br />
am Anfang der Diskussion, ob moderne Biomasseheizungen<br />
vielleicht sogar die Lösung und nicht der Verursacher des<br />
Feinstaubproblems sein könnten.<br />
THEma<br />
35