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verstehe das gut. Und so entwickelte<br />
sich bis in die siebziger Jahre ein<br />
gigantischer Autofriedhof mit mehr<br />
als 1.500 alten und verunfallten Autos<br />
der Vorkriegs- und der Nachkriegszeit<br />
auf der grünen Wiese.<br />
Sein Sohn Franz übernahm den<br />
Betrieb vom Vater in der Mitte der<br />
siebziger Jahre. Er hatte die visionäre<br />
Idee, den Autofriedhof zu einem<br />
Kulturdenkmal werden zu lassen. Er<br />
erhielt zum damaligen Zeitpunkt<br />
sogar noch die Genehmigung Stahlhallen<br />
zu diesem Zweck zu errichten<br />
und die Wiesenfläche auf dem die<br />
Autos standen im Grundbuch umzuwidmen<br />
in die Nutzung "Autofriedhof".<br />
Es müssen wohl auch für ihn wieder<br />
die Geschichten der Autos gewesen<br />
sein. Franz Messerli überließ die<br />
Autos der Natur. Er zäunte die gesamte<br />
Fläche ein, pflanzte dicht an dicht<br />
einen Außenring mit Pappeln, und die<br />
Natur pflanzte, wie sie es immer tut,<br />
wenn sie sich selbst überlassen bleibt,<br />
Birken, Eschen und mancherlei<br />
anderes Gewächs. Diese wilden<br />
Bäume vertrugen sich sehr gut mit<br />
den Autos, ja sie vereinten sich sogar<br />
mit ihnen, indem sie etwa ihren<br />
Wachstumsweg durch natürliche oder<br />
weg gerostete Karosserieöffnungen<br />
nahmen. Moose und Farne belegten<br />
die Autos wie mit einem Teppich von<br />
feinster Qualität.<br />
Franz Messerli hatte so viel Freude an<br />
dieser tollen Welt, dass er sich direkt<br />
neben dem Autofriedhof schließlich<br />
sein eigenes Wohnhaus baute und<br />
sozusagen seine eigene automobile<br />
Gartenlandschaft als Wandelgarten<br />
nutzte. Hier hatte er hunderte von<br />
Geschichten direkt in seinem Garten.<br />
Aus meiner Sicht muss er dort eine<br />
schöne Zeit verbracht haben. Ich<br />
glaube, dass auch Franz Messerli den<br />
Geschichten seiner Autos zuhören<br />
Aufbruch – Kapitän P 2.6 auf dem<br />
LKW, Ziel: Westfalen, und die Restaurierung,<br />
hoffentlich<br />
Startklar – 16 alte <strong>Opel</strong> fertig zum Aufladen<br />
konnte und kann.<br />
Doch diese Idylle gefiel einigen<br />
Neidern oder auch Umweltschützern<br />
überhaupt nicht.<br />
Befürworter und Gegner des Autofriedhofs,<br />
der zwischenzeitlich sozusagen<br />
ein technisches Kulturdenkmal<br />
geworden war, boten sich erbitterten<br />
Schlagabtausch in allen Medien.<br />
Politik und Parteien der Schweiz<br />
gaben Statements in die eine und die<br />
andere Richtung ab. Es gründeten<br />
sich Kulturvereine für den Autofriedhof<br />
und Bürgerinitiativen von Umweltschützern<br />
dagegen.<br />
Messerli nutzte die Situation und<br />
öffnete den Autofriedhof gegen ein<br />
Eintrittsgeld von 20,- Schweizer<br />
Franken zum Museumsrundgang.<br />
Besonderheit: Fotografieren und<br />
Filmen erlaubt.<br />
Die Werbung dafür machten all die<br />
Gegner und Befürworter kostenlos<br />
und unschlagbar gut in Funk, Fernsehen<br />
und Zeitungen. Tausende Besucher<br />
waren da.<br />
Vor Gericht verlor Franz Messerli<br />
seinen Kampf um und für die Autos.<br />
Am 19.9.2009 wurden dann jäh 795<br />
alte Autos, Schrottobjekte, versteigert.<br />
Erlös: ca. eine halbe Million Euro. 18<br />
davon habe ich ersteigert. 15 <strong>Opel</strong>,<br />
darunter ein Diplomat A, ein Kapitän<br />
´56, je zwei Kapitäne P 2.5, P 2.6 und<br />
Der Klügere gibt nach – spätestens<br />
jetzt wird klar, wie mürbe Längsträger<br />
und A-Säule sein müssen<br />
REPORT<br />
´51, einige Rekord der Fünfziger und<br />
Sechziger, ein Lancia Flaminia Coupé,<br />
ein BMW 700 Coupe und einen<br />
Simca 1301 für einen Freund. Gesamtwert:<br />
2.000 €. Aber, jedes Auto<br />
mit mindestens einer Geschichte. Die<br />
<strong>Opel</strong>s haben für mich viel mehr<br />
Geschichten. Sie alle niederzuschreiben<br />
wäre genug für Buch.<br />
Schaut Euch in Ruhe die Bilder an.<br />
Ihr werdet Eure eigenen persönlichen<br />
Geschichten ganz sicher wieder<br />
entdecken und erträumen.<br />
Übrigens, Autos haben keine Seele –<br />
aber sie können trotzdem Menschen<br />
faszinieren<br />
Martin Degener<br />
Der Autor ist der Vater unseres Mitglieds<br />
Jan-Moritz Degener. Dieser Text diente<br />
ursprünglich als Vorlage für ein Referat<br />
vor den Oldtimerfreunden im Mittelrheinischen<br />
Automobilclub von 1904 e.V.<br />
Inzwischen ist leider klar, was sich schon<br />
bei der Versteigerung abzeichnete: Ein<br />
Teil der alten <strong>Opel</strong> kann nicht mehr<br />
gerettet werden. Der andere Teil lässt<br />
sich zwar nicht in einem wirtschaftlich<br />
vertretbaren Rahmen retten, dennoch<br />
packen die Degeners das an. Schon in<br />
Arbeit ist ein Kapitän ´57. Darüber<br />
berichten wir in einer der kommenden<br />
Ausgaben.<br />
Kurs Norden – Kapitäne und Olympias<br />
auf dem Weg zur Verwertung<br />
oder Rettung<br />
Clubmagazin Nr. 203 27