Mariella Mosler - Das Magazin für Kunst, Architektur und Design
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VERLäNGERUNG<br />
SAMMLUNG WiLHELM WERNER<br />
28<br />
Anna <strong>und</strong> Wilhelm<br />
Werner mit Tochter<br />
Käte vor der Dienstwohnung<br />
im Altbau<br />
der Hamburger<br />
<strong>Kunst</strong>halle, um 1924<br />
HAMBURG<br />
Geschenke eines Hausmeisters<br />
Die <strong>Kunst</strong>halle zeigt die sehr persönliche „Sammlung des Hausmeisters Wilhelm Werner“<br />
TExT: NORA SDUN<br />
Sammlungen wie die von Wilhelm Werner sind Sehnsuchtsorte aller<br />
Künstler. Von solchen Menschen will man als Künstler gesammelt<br />
werden. Denn solche Sammlungen werden nicht aus Kalkül <strong>und</strong> als<br />
Geldanlage konzipiert, sondern entstehen in engem, fre<strong>und</strong>schaftlichem<br />
Kontakt zu den Künstlern. Sammler wie Wilhelm Werner, der von 1914<br />
bis 1952 in der Hamburger <strong>Kunst</strong>halle arbeitete, bekommen Geschenke,<br />
im Gegensatz zu milliardenschweren Groß-Sammlern. Man tauschte<br />
seine Arbeitskraft, Werner baute zum Beispiel Rahmen <strong>für</strong> die Künstler.<br />
Man schenkte ihm aber auch einfach <strong>Kunst</strong>, um ihm eine große Freude<br />
zu bereiten, <strong>und</strong> eben nicht um die eigene Marktlage attraktiver aufzustellen.<br />
Walter Grasskamp beschreibt in seinem Aufsatz „Der Sammler als<br />
Souverän“ bündig, wie groß der Einfluss der verschiedenen Sammlungstätigkeiten<br />
auf die Entwicklung der <strong>Kunst</strong> ist. So ist der heutige<br />
Triumph der großen Privatmuseen über die ermattete öffentliche<br />
Hand, die sie mit einer kontinuierlichen Überdüngung des Marktes<br />
selbst schwächten, ein absonderlicher. Grasskamp: „Sammlermuseen<br />
stellen genau das Problem aus, was sie selber geschaffen haben: den<br />
vollständig, geradezu grotesk überzogenen Marktwert der Gegenwartskunst,<br />
der gegenwärtig der vielleicht größte Showeffekt der<br />
<strong>Kunst</strong> ist ... jetzt droht die Einheitskost von zwei, drei Duzend Künstlernamen,<br />
aus deren Kombination sich alle großen zeitgenössischen<br />
Privatsammlungen in Kern zusammensetzen.“ Die Sammlung des<br />
Hausmeisters Wilhelm Werner ist anders, vor allem weil er selbst es<br />
war, der sammelte, <strong>und</strong> nicht etwa ferngesteuerte Kriesengewinnler<br />
oder hochdotierte Kuratorenteams, die den Großsammlern beratend<br />
zur Seite stehen.<br />
Zeitgenössische <strong>Kunst</strong> zu sammeln, wenn man es so betreibt wie<br />
Werner, ist eine leidenschaftliche Option geistiger innendekoration,<br />
ein Ausdruck der eigenen Zeitgenossenschaft, eine <strong>für</strong> Außenstehende<br />
womöglich befremdliche Manie mit unvorstellbar hohem Befriedigungspotenzial.<br />
Natürlich hat das immer auch mit Eitelkeit zu tun.<br />
Ein solcher Enthusiasmus ist gar nicht so selten, hat eben nur nicht<br />
so großartige Presse. Warum auch? Es gibt sogar weitere Hausmeister.<br />
Da wäre zum Beispiel der kürzlich verstorbene Hartmut Rausch, er<br />
arbeitete an der <strong>Kunst</strong>hochschule in Frankfurt, er hat eine im Umfang<br />
vergleichbare Sammlung angelegt. Man könnte auch carl Vogel,<br />
seines Zeichens ehemaliger Direktor der HfbK in Hamburg, zu dieser<br />
Sammlergruppe zählen. Amüsantes zu Vogels spezieller Geschichte<br />
findet sich in seinem Buch „Lebenslang: Geständnisse eines Extremsammlers“.<br />
Drei Beispiele, die ein getreues Bild des künstlerisch-sozialen<br />
Umfelds liefern, in dem sich die Sammler befanden.<br />
Bei Vogel, Rausch wie bei Wilhelm Werner ist die soziale Kompetenz<br />
entscheidend. Diese erzeugt den engen Kontakt zu den Künstlern.<br />
Es geht dabei um alles, den Alltag, die Kinder, nicht nur um ein bestimmtes<br />
<strong>Kunst</strong>werk. Es geht im Falle Werners, <strong>und</strong> das ist herausragend,<br />
aber auch um Zivilcourage, so rettete er die Bilder der jüdischen<br />
Künstlerin Anita Rée, welche sich im Besitz der <strong>Kunst</strong>halle befanden<br />
<strong>und</strong> befinden, vor der Beschlagnahmung durch die Nazis, <strong>und</strong> beförderte<br />
die Bilder nach dem Krieg, ohne davon irgendwelches Aufheben<br />
zu machen, zurück ins Depot der <strong>Kunst</strong>halle. Er hatte im poetisch<br />
übertragenen wie tatsächlichen Sinne eben die Schlüssel zum ganzen<br />
Haus: Er hatte die Schlüssel zur <strong>Kunst</strong>halle <strong>und</strong> er hatte die Schlüssel<br />
zum geistigen Haus von Künstlern wie Heinrich Stegemann <strong>und</strong><br />
Willem Grimm, Hans Martin Ruwoldt <strong>und</strong> Eduard Hopf, Dorothea<br />
Maetzel-Johannsen <strong>und</strong> Anita Rée.<br />
„Die Sammlung des Hausmeisters Wilhelm Werner, Hamburger <strong>Kunst</strong>halle, Hamburger<br />
Gang. 18. September 2011 bis 15. Januar 2012. www.kunsthalle-hamburg.de<br />
Alma del Banco<br />
(1862 -1943):<br />
Stillleben mit Terrine