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[ 4 ] Viele Jugendliche glauben nicht an Lösungen der Politik, sagt Richard Münchmeier. Im Stich Richard Münchmeier Von Jahr zu Jahr werden es weniger Jugendliche, die in Jugendstudien die Frage „Interessierst du dich für Politik?“ mit „Ja“ beantworten. Wie ist es um das Verhältnis von Jugend und Politik bestellt? Richard Münchmeier, Professor an der Freien Universität Berlin, wirft einen Blick auf die aktuelle Jugendforschung zum Thema. [[ gelassen?! Anteil Anteil der der mit mit Ja Ja antwortet antwortet Die Shell Jugendstudien der vergangenen Jahre zeigen, dass junge Leute sich wenig für den üblichen „Politikbetrieb“ von Parteien, Gremien, parlamentarischen Ritualen und administrativen Apparaten interessieren, jedoch sehr wohl für Themen wie Gerechtigkeit, Solidarität, Engagement, Umweltschutz. Die ritualisierte Betriebsamkeit der PolitikerInnen empfinden sie als wenig relevant und ohne Bezug zum wirklichen Leben. Jugendliche würden von den politischen AkteurInnen nachvollziehbare Beiträge und Leistungen zur Lösung ihrer biografischen Zukunftsunsicherheiten erwarten. Gemessen an den die Jugendlichen beschäftigenden Problemen wird die Politik als unwirksam und versagend wahrgenommen. 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Die erlebte Distanz zur Politik hängt jeweils davon ab, inwieweit die Jugendlichen glauben, mit ihrer Zukunft zurechtzukommen. Denn am meisten beschäftigen Jugendliche nicht die klassischen Lehrbuchprobleme der Identitätsfindung, Partnerwahl und Verselbstständigung, sondern die Probleme der Arbeitswelt. Viele Jugendliche sorgen sich, dass Massenarbeitslosigkeit, Lehrstellenmangel, Sozialabbau und Verarmung von der Politik nicht angegangen werden und erwarten in absehbarer Zeit auch keine Lösung dieser Probleme. Sie fühlen sich von der Politik und den Erwachsenen im Stich gelassen und einflusslos. Diese Einschätzung ist eine prägende Generationenerfahrung. 15-bis 15- bis 24-Jährige 24-Jährige auf auf die die Frage Frage „Interessierst „Interessierst Du Du Dich Dich für für Politik?" Politik?“ 1984 1991 2000 2002 2006 Shellstudie im im Jahr
Bedrohte Jugendphase Jugendliche glauben, dass sie sich selbst an die neue Situation mit verstärkten Anstrengungen anpassen müssen. Lothar Böhnisch nennt dies die „Biografisierung gesellschaftlicher Lebensbedingungen“. Die Krisen im Erwerbsarbeitssektor, Globalisierung, Rationalisierung und Verlagerung von Beschäftigung sind nicht mehr „bloß“ Belastungen des Erwachsenenlebens, von denen Jugendliche in einem Schonraum entlastet ihr Jugendleben führen können. Wenn die Arbeitsgesellschaft zum Problem wird, dann muss auch die Jugendphase als Phase der biografischen Vorbereitung zum Problem werden. Arbeitslosigkeit bedroht die Jugendphase von ihrem Ende her. Die aktuellen Probleme des Arbeitsmarktes drängen als persönliche Bedrohung in die Aufmerksamkeit. Auch wer es „geschafft“ hat und bereits berufstätig ist, hat Angst davor, dass das erreichte Ufer nicht so sicher ist und man wieder zurückfallen könnte. Die Jugend ist nicht nur von der Zukunft gesellschaftlicher Entwicklungen abhängig, sondern sie muss im Rahmen dieser gesellschaftlichen Zukunft auch noch ihre eigene, biografische Zukunft suchen und finden. Ist die gesellschaftliche Zukunft bedroht, so bedroht dies junge Menschen in ihren Möglichkeiten ihr Leben zu gestalten. Leistungsbereit und zuversichtlich Mit der Vorstellung einer unpolitischen jungen Generation verbindet sich sehr häufig die Vermutung, bei jungen Leuten sei eine abnehmende Leistungsbereitschaft zusammen mit einer wachsenden Versorgungshaltung zu konstatieren. Die Jugend sei nur noch auf sich selbst bezogen, egoistisch und kaum sozial oder zivilgesellschaftlich zu engagieren. Das Gegenteil ist der Fall: Junge Menschen reagieren auf diese Verunsicherung ihrer Zukunftsperspektiven gerade nicht mit Resignation und Passivität, sondern legen eine ansteigende Leistungsbereitschaft an den Tag, wie die Shell-Studie 2006 beschreibt: „Die heutige junge Generation stellt sich mit einem ausgesprochen pragmatischen Zugang den Herausforderungen in unserer Gesellschaft […]. Vor dem Hintergrund einer sensiblen Wahrnehmung von gesellschaftlichen Problemen, die bei der großen Mehrheit der Jugendlichen mit spürbaren Ängsten vor allem in Bezug auf die Chancen am Arbeitsmarkt verbunden sind, überwiegt jedoch auch weiterhin eine positive persönliche Zukunftssicht. Von Resignation und Ausstieg in vermeintliche jugendliche Ersatzwelten kann nach wie vor keine Rede sein“. Was heißt das für die Jugendpolitik? Im Unterschied zu unseren europäischen Nachbarn gibt es in Deutschland verschiedene Auffassungen über das Verständnis von Jugendpolitik. Einige verstehen darunter nur ihren institutionellen Kern, also die Regelungsbereiche von Jugendhilfe, Jugendförderung und Jugendschutz. Weiter gefasst beschreibt Jugendpolitik die Folgen von politischen Entscheidungen für Kinder und Jugendliche in allen Politikbereichen zum Beispiel in der Wohnungs-, Verkehrs-, Umwelt- und Wirtschaftspolitik. Paul Felisch schreibt dazu: „Da die Jugendpolitik das Beste der gesamten Jugend zu fördern hat, erstreckt sich das Arbeitsfeld überall dahin, wo das Wohl der Jugend in Frage steht“. Wie oben ausgeführt deckt sich dies mit den Erwartungen von Jugendlichen an die Politik: Aus dem Blick der Jugendlichen wäre eine Adressatenpolitik vonnöten, die sich Jugend zu ihrer Klientel macht. Jugendprobleme verschmelzen jedoch mit den zentralen Zukunftsproblemen unserer Gesellschaft und überschreiten damit den Horizont von Klientelpolitik. schwerpunkt Konzepte der politischen Bildung, die auf das „Einüben“ von Demokratie abstellen, müssen wirkungslos bleiben. Entscheidend ist vielmehr, den Jugendlichen Ressourcen und Unterstützung zu bieten, ihre Zukunft zu meistern. Richard Münchmeier Prof. Richard Münchmeier[info Geboren 1944 Seit 1995 Professor für Sozialpädagogik an der Freien Universität Berlin. Wissenschaftlicher Leiter der 12. und 13. Shell-Jugendstudie („Jugend 97“ und „Jugend 2000“). Mitglied des Deutschen Bundesjugendkuratoriums, dem wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung im Bereich Jugendpolitik. Zuvor Promotion im Fach Erziehungswissenschaften an der Universität Tübingen. Habilitation im Fach Sozial- und Jugendpädagogik an der Universität Gesamthochschule Kassel. Wissenschaftlicher Leiter der Abteilung Jugend- und Jugendhilfeforschung am Deutschen Jugendinstitut, München; Professor für Sozialpädagogik an der Universität Leipzig. Der nebenstehende Artikel basiert auf dem neu erschienenen Buch: Bingel, Gabriele; Nordmann, Anja; Münchmeier, Richard (Hrsg.): Die Gesellschaft und ihre Jugend - Strukturbedingungen jugendlicher Lebenslagen; Opladen und Farmington Hills 2008. [ 5 ]
Seite 1 und 2: ISSN 1867-5026 Ausgabe 4 • Dezemb
Seite 3: Liebe Leserin, lieber Leser, [ was
Seite 7 und 8: wortet: „Wir pendeln nicht, erben
Seite 9 und 10: Verbandsmuff gibt es in Jugendverb
Seite 11 und 12: Gemeinsam am Ruder! Wie begegnen si
Seite 13 und 14: [ Und auch noch eine Nette! Was war
Seite 15 und 16: Ein guter Abend für die „Juleica
Seite 17 und 18: Demokratie liegt uns schwer am Herz
Seite 19 und 20: Tops und Flops Eindrücke und Resü
Seite 21 und 22: Schulen. Darüber hinaus werden Ken
Seite 24: www.ejw-buch.de Tipps aus dem Berth

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