Diplom- Psychologen - Psychotherapeutenjournal
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Die Aufgabe der Psychotherapie in der Gesundheitswirtschaft<br />
in langen Auseinandersetzungen abgerungen.<br />
Sie ist Ergebnis einer Entwicklung der<br />
Demokratisierung und Differenzierung moderner<br />
Gesellschaften. 2 Freie Berufe dürfen<br />
und müssen ihre Berufsbelange in eigener<br />
Verantwortung, aber unter staatlicher Aufsicht<br />
regeln. Um diese Aufgaben zu erfüllen,<br />
müssen sie geeignete Institutionen, wie zum<br />
Beispiel Kammern, in eigener Verantwortung<br />
bilden. Deren Funktion besteht darin, fachliche<br />
Kriterien, berufsrechtliche Normen und<br />
ethische Verpflichtungen der Berufstätigkeit<br />
zu formulieren und zu kontrollieren. Freie<br />
Berufe betreiben kein Gewerbe, sondern<br />
ihre Selbständigkeit gründet auf fachlicher<br />
Kenntnis und Verantwortung. In dieser Eigenverantwortung<br />
genießen sie das Vorrecht<br />
der freien Berufsausübung. Die freien Heilberufe<br />
sind aber nicht nur ihren fachlichen<br />
Standards und den selbstverpflichtenden<br />
Normen (Berufsordnung), sondern darüber<br />
hinaus auch dem Gemeinwohl, das heißt<br />
der Gesellschaft, verpflichtet.<br />
Das zusammen genommen macht den<br />
Kern der freiberuflichen Tätigkeit aus:<br />
Selbstverantwortung und ein berufliches<br />
Ethos, das Fachlichkeit und Gemeinwohl<br />
miteinander zu verbinden heißt.<br />
II. Selbständige Behandler<br />
in der solidarischen<br />
Krankenversorgung –<br />
Leistungserbringer in<br />
der GKV<br />
Durch das Psychotherapeutengesetz entstanden<br />
zwei neue Berufe, die der solidarischen<br />
Versichertengemeinschaft ein<br />
eigenständiges Behandlungsangebot machen.<br />
Tatsächlich wurde eine meist vorher<br />
geduldete (Erstattung) und teilgeregelte<br />
(subsidiäre Delegation) therapeutische<br />
Tätigkeit legalisiert. In der Sprache des<br />
272<br />
Gesundheitsversorgungssystems formuliert,<br />
traten zwei neue Gruppen von Leistungserbringern<br />
auf, deren Ansprüche im<br />
System berücksichtigt werden mussten.<br />
Sie wurden der Gruppe der Fachärzte zugeordnet<br />
und nahmen ab sofort an der<br />
Honorarverteilung (die sich meist eher in<br />
Honorarverteilungskämpfen darstellt) teil.<br />
Damit unterlagen sie einem sozialrechtlichen<br />
Regelwerk, das ständiger Veränderung<br />
unterliegt, um den veränderten Ansprüchen<br />
einer sich wandelnden Gesellschaft<br />
gerecht werden zu können. In der Zeit der<br />
Gesundheitsreformen und entscheidend in<br />
der Zeit nach Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes<br />
ist das Solidarsystem einem<br />
Wandel unterworfen worden, der u. E.<br />
die Grundlagen des „Systems“ betrifft.<br />
Die Öffnung der solidargemeinschaftlichen<br />
Versorgungsstrukturen hin zu Selektivverträgen<br />
kann als paradigmatischer Einschnitt<br />
verstanden werden, weil dadurch<br />
die öffentlich kontrollierbare Versorgung<br />
der gesamten Bevölkerung durch Einzelverträge<br />
privatisiert wird. 3 In einem Selektivvertrag<br />
können den Patienten durch<br />
die Vermittlung von Krankenkassen Gesundheitsleistungen<br />
unter gesonderten<br />
Vertragsbedingungen angeboten werden,<br />
die dann je nach individuellem Vertrag<br />
Psychotherapie in unterschiedlichem Umfang<br />
beinhalten können. Was sich formal<br />
durch diese selektierenden Verträge ändert,<br />
wird auch fachlich bedeutsame Veränderungen<br />
der Psychotherapie nach sich<br />
ziehen. Insofern die neuen Vertragsbedingungen<br />
für Psychotherapeuten relevant<br />
sind, beinhalten sie Risiken und Chancen,<br />
die es genau abzuwägen gilt. Es wäre dabei<br />
sicher leichtfertig, die bewährten Psychotherapierichtlinien<br />
den Gesetzen des<br />
andrängenden neuen Marktes zu opfern<br />
(vgl. Müller, Felder, Stanko, Walz-Pawlita &<br />
Winter, 2008).<br />
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Eingeleitet durch semantische Verschiebungen<br />
in der Terminologie der Gesundheitspolitik,<br />
wurde die zur Behandlung von<br />
Kranken entwickelte traditionelle solidarische<br />
Behandlungsorganisation 4 allmählich<br />
in einen Gesundheitsmarkt verwandelt, auf<br />
dem Anbieter und Kunden über den Kauf<br />
2 Diese Entwicklung zur Freiberuflichkeit trifft<br />
besonders für das Deutsche Kaiserreich zu<br />
(vgl. Tettinger, 1997). Dass Freiberuflichkeit<br />
mit einer demokratischen Verfassung eines<br />
Staates eng verbunden ist, kann man daran<br />
nachvollziehen, dass Kammern als Selbstverwaltungsorgane<br />
in totalitären Staaten wieder<br />
unter staatliche Regie übernommen wurden,<br />
wie im dritten Reich und in der DDR. Dass<br />
die demokratische Verpflichtung der freien<br />
Berufe oft hinter Eigennutz verschwunden<br />
ist, ist bedauerlich, kann aber keine Entschuldigung<br />
sein, dem Ethos der freien Berufe zu<br />
entfliehen. Die fachliche Selbstverantwortung<br />
und die Gemeinwohlverpflichtung sind von<br />
hohem gesellschaftlichen Wert. Das betonen<br />
gesetzliche Vorschriften, wie das Heilberufsgesetz<br />
und die Satzungen und Berufsordnungen<br />
der Kammern.<br />
3 Durch die Einführung privatwirtschaftlich<br />
verabredeter Selektivverträge werden wichtige<br />
Elemente der Gesundheitsversorgung<br />
der öffentlichen Verantwortung entzogen:<br />
1. Die Vertragsinhalte müssen nicht mehr<br />
vollständig zugänglich sein, weil daraus auch<br />
die Profitabilität eines Vertrages ersichtlich<br />
würde, was der immanenten Vertragslogik<br />
entspricht. 2. Die Verträge werden sich auf<br />
profitable Felder der Gesundheitswirtschaft<br />
erstrecken und führen so zu einer Trennung<br />
eines profitablen von einem subventionierten<br />
Bereich der Gesundheitsversorgung. Das<br />
solidargemeinschaftliche Versorgungssystem<br />
droht sich auf diese Weise mittelfristig<br />
zu entflechten, weil nicht alle Mitglieder der<br />
Gemeinschaft auf gleiche Weise für die Versorgung<br />
aller ihren Beitrag leisten würden.<br />
4 Die solidarische Krankenbehandlung ist<br />
nach Freuds Ansicht eine, vielleicht sogar die<br />
grundlegende Kultureinrichtung der Menschen.<br />
Der Sinn von Kultur ist gerade, das<br />
Leben durch gemeinsame äußere und innere<br />
Vorrichtungen zu sichern (Freud, 1930).<br />
Freuds Kulturbegriff ist mit den neueren Konzeptionen<br />
von Kultur, die wertneutral und an<br />
der Lebenspraxis orientiert sind, gut zu verbinden.<br />
Er bietet darüber hinaus den Vorteil,<br />
den Sinn von Kultur und eine Richtung des<br />
Kulturprozesses anzugeben.<br />
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<strong>Psychotherapeutenjournal</strong> 3/2009