Aktives Alter - Landesseniorenvertretung NRW e.V.
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<strong>Aktives</strong> <strong>Alter</strong><br />
bewältigen. Zu verschiedenen Zeiten und unter<br />
verschiedenen Regimen (= Herrschaftsform)<br />
stellen sich diese Konstruktionen oft auch<br />
als Gegensätze heraus. Es geht immer um<br />
Klassifi zierungen, Einteilungen und Abtrennungen,<br />
die der Erkenntnis der Welt als<br />
kategoriale Anschauungen und Beurteilungen<br />
der Realität zugrunde liegen. Sie basieren auf<br />
festen Dispositionen (= Anordnungen), die<br />
den verschiedenen Gruppierungen eigen<br />
sind, und sie variieren nach sozialen Klassen<br />
und historischen Lagerungen. Diese einverleibten<br />
geistigen Schemata erzeugen jene<br />
relativ verfestigten Vorstellungen oder Figurationen,<br />
mit deren Hilfe die Gegenwart Sinn<br />
annimmt, andere verstehbar werden und<br />
der soziale Raum erschlossen werden kann.<br />
Die auf solche Art gebildeten Vorstellungen<br />
der sozialen Welt entsprechen immer den<br />
Interessen jener Gruppen, die sie konstruiert<br />
haben, auch wenn sie im Gewand von<br />
vernünftigen Urteilen und allgemein verbindlich<br />
auftreten. Diese Vorstellungen über<br />
die soziale Welt sind keine neutralen Reden.<br />
Sie erzeugen Strategien und Praktiken, die<br />
Autorität beanspruchen – und zwar auf Kosten<br />
anderer, deren Vorstellungen zurückgewiesen<br />
werden, und sie sollen Reformen und<br />
Veränderungen rechtfertigen. An ihnen<br />
wird die grundsätzliche Polarisierung der<br />
Vorstellungen sichtbar. Sich mit ihnen auseinanderzusetzen,<br />
sie zu bekämpfen oder<br />
sie zu umgehen, setzt voraus, dass sie als<br />
wirkliche gesellschaftliche Institutionen aufgefasst<br />
werden, die in der Gestalt mentaler<br />
Kategorien und kollektiver Vorstellungen die<br />
gesellschaftliche Organisation verkörpern.<br />
(Chartier 1992: 13)<br />
Wirkungen der <strong>Alter</strong>sbilder –<br />
Zwei Beispiele<br />
• Diskriminierung<br />
Diskriminierung hat zwei Wirkungsweisen:<br />
Als ein System von Einstellungen, repräsentiert<br />
in gezielt vereinfachten Bildern, macht<br />
sie Menschen verächtlich, mindert ihre<br />
Wertschätzung und verweigert ihnen unvoreingenommenes<br />
Entgegenkommen (auch<br />
Stigmatisierung genannt); als ein System von<br />
Verhaltensweisen benachteiligt sie Menschen<br />
systematisch in ihren Lebenschancen. Alte<br />
Menschen als Last für die Gesellschaft zu<br />
bezeichnen, ist Stigmatisierung, ihnen medizinische<br />
Leistungen vorzuenthalten oder<br />
ihnen den Zugang zu ihnen zu erschweren,<br />
ist Diskriminierung.<br />
Solche Einstellungen und Verhaltensweisen<br />
zeigen charakteristische Muster, die empirisch<br />
nachgewiesen sind. Einstellungen<br />
gegenüber älteren Menschen sind desto diskri<br />
minierungsanfälliger, je jünger und je weniger<br />
gebildet die Urteilenden und je anonymer<br />
die Generationenbeziehungen sind. (Rosenmayr,<br />
Majce 2005) In der öffentlichen<br />
Diskussion gibt es eine extreme Position,<br />
der zufolge den Jüngeren, so heißt es, weder<br />
politische noch wirtschaftliche Gestaltungsmöglichkeiten<br />
blieben, da die Älteren auf<br />
Kosten der Jüngeren lebten und sie um ihre<br />
Chancen bringen würden. (Schmähl 2001)<br />
Während die erste Aussage, wie angemerkt,<br />
empirisch bestätigt ist, lässt sich die zweite