Technik – Innovation – Strategie - Gneisenau Gesellschaft
Technik – Innovation – Strategie - Gneisenau Gesellschaft
Technik – Innovation – Strategie - Gneisenau Gesellschaft
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
44<br />
DIE GEOPOLITIK DER USA: SZENARIEN UND KOMMENDE KONFLIKTE<br />
das politische, strategische und wirtschaftliche Denken<br />
gehabt wie in den USA <strong>–</strong> sie prägten so das amerikanische<br />
Weltbild. Dabei wurde erst in den letzten 50 Jahren von<br />
Geopolitik gesprochen, davor waren es die Maritime Strategy<br />
(übernommen von der Royal Navy), Grand Design<br />
(Roosevelts Konzept zum Sieg über die Achsenmächte),<br />
Grand Strategy (ein britischer Begriff) oder Political Geography<br />
(aus dem Deutschen übernommen).<br />
Alfred Thayer Mahan (1840-1914) sah Amerika als kommende<br />
Seemacht. Er beschrieb die amerikanische Geopolitik<br />
bevor dieser Begriff existierte. Er betonte die engen<br />
Beziehungen zu Kanada, Großbritannien und Australien,<br />
forderte eine Verteidigung Amerikas weit vor seinen<br />
Küsten, am besten mit Verbündeten an den trans-oceanic<br />
opposite coasts. Die USA müssen sich mit Großbritannien<br />
verbinden, um das Entstehen einer starken feindlichen<br />
Seemacht im Atlantik zu verhindern. Für Amerikas sei aus<br />
wirtschaftlichen Gründen eine “open sea” and „free trade“<br />
wichtig. 8 Und: Mahan sah den kommenden Aufstieg Chinas.<br />
Seine Grundsätze waren:<br />
− Amerika ist eine Insel, die von den beiden großen<br />
Ozeanen umgeben ist.<br />
− Amerika hat eine eigene politische Kultur entwickelt,<br />
die für die ganze Welt ein Beispiel abgeben wird.<br />
− Amerika hat alle erforderlichen Rohstoffe und Industrien,<br />
um zu einer führenden Macht aufzusteigen.<br />
− Amerika benötigt eine starke Marine mit Schlachtschiffen.<br />
− Der Bau eines Kanals, am günstigsten in Panama,<br />
ist vordringlich; damit können beide Flotten, je<br />
nach Bedarf, durch eine „Swing Strategy“ verstärkt<br />
werden.<br />
− Amerikas natürliche Feinde sind Japan und<br />
Russland.<br />
Die Kontrolle der Gegenküsten begleitet daher die amerikanische<br />
Geopolitik seit einem Jahrhundert. Mahan gilt<br />
auch als Schöpfer der Begriffe Middle East, National Interest,<br />
National Strategy, National Security, National Cha-<br />
racter, National Policy, Common Defense, Political Strategy,<br />
Strategic Lines, Sea Frontier, Operations of War, Grand<br />
Tactics und von Doctrine für den Bereich Sea Power. 9<br />
Auch Halford Mackinder (1861-1947) hatte bedeutenden<br />
Einfluss auf das geopolitische Denken aller Mächte nach<br />
1918. Er versuchte nach 1918 eine Nachkriegsgestaltung<br />
Osteuropas und des Mittleren Ostens. Er befürwortete<br />
1924, wie William Stead zuvor, eine „Atlantic Community“<br />
mit den USA. Mackinder erkannte vor seinem Tod,<br />
dass die Sowjetunion, bei einem weiteren Anwachsen ihrer<br />
wirtschaftlichen und militärischen Stärke, zwangsläufig<br />
zum größten Gegner für die westlichen Demokratien<br />
werden musste, und schlug ein Bündnis der USA, von<br />
Großbritannien und Frankreich vor. 10 Er hatte maßgeblichen<br />
Einfluss auf Karl Haushofer, Isaiah Bowman, James<br />
Burnham und Nicholas Spykman, später auf Robert<br />
Strausz-Hupe, Henry Kissinger, Zbigniew Brzezinski, Colin<br />
Gray, Mackubin T. Owens, wie Mahan auf zahllose<br />
Militärs, aber auch auf die sowjetische Geopolitik. Heute<br />
kann man rund 100 bedeutende Autoren ausmachen, die<br />
das makropolitische und strategische Denken der USA<br />
prägten.<br />
Spykman sah zehn Faktoren, die darüber entscheiden, ob<br />
ein Staat schwach oder stark sei: Die Größe, seine Grenzen,<br />
die Homogenität der Bevölkerung, Rohstoffe, die<br />
zivilisatorische und industrielle Entwicklung, der technische<br />
Standard, Wohlstand, Kapital, Moral, die soziale<br />
Integration und politische Stabilität, capital accumulation,<br />
ethnic homogeneity, social integration, innere Stabilität und<br />
Moral. Betreffend der USA drehte er Mackinders Theorie<br />
um und meinte:<br />
“Who controls the Rimland rules Eurasia, who rules Eurasia,<br />
controls the destinies of the world. …The main political objective<br />
of the United States ... both in peace and war, must be<br />
… to prevent unification of the Old World centers of power in<br />
coalition hostile to her own interest.” 11<br />
8 Alfred T. Mahan: The Influence of Sea Power Upon History; Mahan on Naval Strategy. Selections from the Writings of Rear Admiral Alfred Thayer Mahan. Little, Brown & Co., Boston, 1890, Reprint by Dover Publications, New York, 1987;<br />
Alfred Thayer Mahan (With an Introduction by John B. Hattendorf): Mahan on Naval Strategy. Selections from the Writings of Rear Admiral Alfred Thayer Mahan. Naval Institute Press, Annapolis, MD, 1991.<br />
9 Mahan war bei Kaiser Wilhelm II. ebenso populär wie bei Lord Fisher und der Royal Navy, oder in der Kaiserlichen Japanischen Marine. Er konnte aber weder die Bedeutung der U-Boote erkennen noch die des Flugzeuges.<br />
10 James E. Dougherty, Robert L. Pfaltzgraff: Contending Theories of International Relations. Lippincott-Longman, London, New York, 5th Ed., 2001. S. 162-163.<br />
11 Nicholas Spykman: The Geography of Peace. Harcourt, Brace & Co., New York, 1944, S. 43-44.