Technik – Innovation – Strategie - Gneisenau Gesellschaft
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DIE GEOPOLITIK DER USA: SZENARIEN UND KOMMENDE KONFLIKTE<br />
Der von Mackinder, Spykman und Paul Kennedy beeinflusste<br />
Robert Kaplan, sieht die Gefahren ebenfalls von<br />
Eurasien ausgehend, dort befänden sind instabile „shatter<br />
zones“, mit religionsspezifischen Paranoias, mit unkontrollierbaren<br />
und durch Bevölkerungsüberschüsse sich<br />
ausbreitenden Megastädten ohne Ordnung, die sich mit<br />
Raketen und Massenvernichtungswaffen gegenseitig bekämpfen,<br />
aber auch gegen die westliche Welt schlagen<br />
könnten. Indien kann zerfallen, so auch Pakistan und Saudi<br />
Arabien (die Ölstaaten werden nach und nach wieder<br />
verarmen), dazu neue Bündnisse vom Mittleren Osten bis<br />
China; am Ende des 21.Jahrhunderts wird nichts mehr so<br />
sein wie an dessen Beginn. 16<br />
Die überragende Kernfrage:<br />
Welche Zukunft für den Westen?<br />
Welche Zukunft steht den westlichen Demokratien und<br />
Industriestaaten in Zukunft bevor? Keine sichere und<br />
auch keine im Sinne der vergangenen 150 Jahre mit stetigem<br />
Fortschritt, Wachstum und wachsendem Wohlstand,<br />
nur unterbrochen von Kriegen, die eher Schrittmacher für<br />
den weiteren Aufstieg Europas und der USA waren. Aufgrund<br />
einer sich seit 1980 abzeichnenden Entwicklung eines<br />
nach unten weisenden Trends und demographischem<br />
Abstieg, stehen den westlichen Industriestaaten härtere<br />
Zeiten bevor. Der gegenwärtige Trend verstärkt (a) Verluste<br />
bei der globalen politischen Rolle, (b) bei Produktion,<br />
Handel und <strong>Innovation</strong>en und (c) die demographischen<br />
Entwicklungen führen vor allem in Europa und Japan zu<br />
ernsten Problemen bei der weiteren Finanzierung ökonomischen<br />
Wachstums und der sozialen Kosten. Das National<br />
Health Program von Obama ist daher, so Ökonomen,<br />
gar nicht finanzierbar.<br />
Wohlstand, Bildung, <strong>Innovation</strong>en und Investitionen verlagern<br />
sich, aber nicht im Sinne einer globalen Verbesserung<br />
für die Armen, sondern zunächst in Form von Verlusten<br />
für die klassischen Industriestaaten. Das könnte, so<br />
einige Futuristen, dazu führen, dass europäische Facharbeiter<br />
auf Job-Suche in Billiglohnländer ausweichen müs-<br />
16 Robert D. Kaplan: The Revenge of Geography, Foreign Policy, May/June 2009, http://www.foreignpolicy.com.<br />
17 Hierzu zahlreiche Kommentare und Beiträge, siehe z.B. Martin Wolf: Why the West Faces a Harsher Future, FT.com, 12. Juli 2010.<br />
sen, weil sie in 20 oder 30 Jahren in Europa keine Beschäftigung<br />
mehr finden.<br />
Stephen King, Ökonom und Berater großer Banken, ist<br />
der Autor des Buches Losing Control: the Emerging Threats<br />
to Western Prosperity (yale University Press, New Haven,<br />
CT, 2010) und er sieht eine sich verschärfende Disparität<br />
zwischen den sich abzeichnenden Entwicklungen auf<br />
der einen, und der naiven Haltung vieler Politiker auf der<br />
anderen Seite; letztere glauben, der nach 1945 eingeschlagene<br />
Weg könne weiter verfolgt werden, es bedürfe nur<br />
kleiner Korrekturen. Nur, Europa, Russland, die USA und<br />
Japan vereinigen auf sich gerade 14 % der Weltbevölkerung,<br />
Tendenz sinkend. 17<br />
Die Europäische Union ist immer dann, wenn sie auf eine<br />
eigenständige Politik pocht, fast automatisch auf einem<br />
Kurs, der sich den amerikanischen Intentionen entgegenstellt.<br />
Das zeigte sich 2009 und 2010 in mehreren Fällen,<br />
etwa bei Fragen der Terrorbekämpfung, bei der Rüstungskontrolle,<br />
den Atomwaffen in Europa, bei der Lösung der<br />
Wirtschaftskrise, Reglementierungen von Banken und<br />
diversen Abgaben. Und viele europäische Staaten stellen<br />
sich seit vielen Jahren im Streit Israels mit den arabischen<br />
Staaten und Palästinensern gegen Israel und die USA.<br />
Andererseits haben die USA unter Präsident Obama kaum<br />
klare Ziele, wenngleich solche in zahllosen <strong>Strategie</strong>papieren<br />
und außenpolitischen Richtlinien vorgegeben sind. So<br />
versucht Obama eine positive Entwicklung in Richtung<br />
Russland, China, Indien und Europa, überlagert durch<br />
eine Israel-kritische Haltung des Weißen Hauses und eine<br />
starke Anbiederung an die islamischen Staaten, während<br />
Hillary Clinton die traditionellen Wege nicht verlassen<br />
will. Viele dieser Handreichungen bleiben unerwidert,<br />
können bestehende Spannungen nicht aus der Welt schaffen.<br />
Maßgebliche Politiker, wie etwa Senator Joseph Lieberman<br />
(D, CT), haben die Politik von Präsident Obama<br />
als „politics in dissaray“ kritisiert.