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setzen. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war die Warenproduktion in Rußlandauf einer außerordentlich niedrigen Entwicklungsstufe zurückgeblieben. Der Warenaustauschwar weder innerhalb der kollektiven Produktionsweise der russischen Dorfgemeindenoch zwischen den einzelnen Dorfgemeinden entwickelt. Es war <strong>als</strong>o keinewirkliche ökonomische Basis für einen Zusammenhang zwischen den einzelnen isoliertenProduktionseinheiten vorhanden; damit aber fehlte dem russischen Staat aucheine gesellschaftlich vermittelte ökonomische Basis, wie sie im entfalteten Warenaustauschbestanden hätte. Der Staat hatte vor allem die Aufgabe der Distribution desMehrprodukts und der Organisation jener Produktion, die naturgemäß weder von derbäuerlichen Wirtschaft noch — soweit überhaupt vorhanden — der frühkapitalistischenManufaktur übernommen werden konnte, wie Bergbau etc. Er manifestierte sich demgemäßvor allem <strong>als</strong> Bürokratie und war <strong>als</strong> wirkliches Gemeinwesen insofern eineFiktion, <strong>als</strong> er nicht die Manifestation realer ökonomisch- gesellschaftlicher Zusammenhängewar73). Das Wesen und die Bedingungen der zaristischen Bürokratie spiegelnsich noch in Lenins Bemerkungen über die Probleme der Bürokratie im sowjetischenStaatsapparat, der „in höchstem Grade ein Überbleibsel des Alten“ sei (weshalbauch das Problem der stalinistischen Bürokratie nicht ohne Analyse des Wesensdes zaristischen Staates zu erhellen ist): „Bei uns ist die ökonomische Wurzel desBürokratismus . . .: die Vereinzelung, die Zersplitterung der Kleinproduzenten, ihreArmut und Kulturlosigkeit, die Wegelosigkeit, das Analphabetentum, der mangelndeUmsatz zwischen Landwirtschaft und Industrie, das Fehlen einer Verbindung und vonWechselbeziehungen zwischen ihnen“74).Da nun bedingt durch die sprunghafte Kapitalisierung in Rußland eine ausgeprägtePeriode des liberalen Konkurrenzkapitalismus nicht Platz greifen konnte, monopolkapitalistischeProduktionsverhältnisse neben solchen frühkapitalistischer und archaisch-agrarischerArt gleichzeitig existierten, fand auch kein bürgerlicher Staat, wie wirihn im 19. Jahrhundert in Westeuropa antreffen, seine ökonomische Basis. Die aktiveund interventionistische Funktion des Zarismus beim Aufbau der russischen Produktionsmittelindustriekonnte vielmehr fast unmittelbar an seine bürokratischen Funktioneninnerhalb des vorkapitalistischen Rußland anschließen. Die Zerschlagung deralten Feudalbürokratie hinterließ <strong>als</strong>o keineswegs für einen längeren historischenZeitraum eine „Lücke“ , sondern erfolgte direkt durch die imperialistische Bürokratie.Zwischen Beginn und Ende des 19. Jahrhunderts findet „nur“ ein epochaler Funktionswandelund eine damit verbundene Umstrukturierung der zaristischen Bürokratiestatt, so daß um die Jahrhundertwende der russische Staat mit den modernen monopolkapitalistischenStaaten des Westens durchaus vergleichbar, wenn auch nichtgleichzusetzen ist. Der Begriff der „gewissen brutalen Modernität“75), die nach Rosenbergdas zaristische Rußland des 18. Jahrhunderts auszeichnete, erfaßt ebenso das73) vgl. Kramer, Ober den Sozialismus in China und Rußland, Rotes Forum 3/70, Heidelberg, S. 5 ft.Kramers Darstellung des „fiktiven“ Gemeinwesens im Zusammenhang von asiatischer Produktionsweiseund Bürokratie muß allerdings kritisch rezipiert werden, da er die (für das Rußland des19. Jhdts. ohnehin f<strong>als</strong>che) Anwendung des Begriffes der asiatischen Produktionsweise auf dieEntwicklung der russischen und chinesischen Gesellschaft teilweise in unzulässiger aud äußerstwidersprüchlicher Weise zu revolutions-theoretischen Schlußfolgerungen verallgemeinert. Vgl. z. E.auch unten S. 27 f.71) Lenin, Ober die Natur<strong>als</strong>teuer, Werke Bd. 32, S. 367.7S) Rosenberg, a. a. O., S. 66.29

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