Kleinsölker Gemeinde-Nachrichten - Katholische Kirche Steiermark
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Chronik<br />
„Mitterhofer, Stumpf, Berchtaler, Schwarzbauer“<br />
Obwohl die Kinder bei ihren Abenteuern scheinbar immer<br />
von Schutzengeln begleitet wurden, kam es mitunter doch<br />
zu bedrohlichen Lagen. Einmal biss den Heina beim Viehhüten<br />
„ein Wurm“ ( Kreuzotter). Obwohl die Gallerin versuchte,<br />
das Schlangengift durch einen Schnitt in die Haut<br />
auszudrücken, bekam der Bub bald eine „dicke Zung“ was<br />
hieß, ihn so schnell wie möglich ins Dorf hinunterzubringen<br />
- auf dem Fußweg , was sonst! Der Herrschaftskutscher<br />
Wegscheider brachte den sich schon im Delirium befindlichen<br />
Buben mit dem Herrschaftsgespann zum Dr. Mack<br />
nach Gröbming, wo der Bub für die Dauer der Behandlung<br />
bei der Jägerfamilie Schmid im Gröbming-Winkl einquartiert<br />
wurde.<br />
Ein andermal waren die Wieserbuben allein daheim, während<br />
die Eltern mit der Kuh „zum Stier fuhren“. Die zwei<br />
Lauser hatten plötzlich die Idee, von jedem Fläschchen,<br />
das sie im Haus fanden, zu kosten. Das „Essenzflaschl“<br />
schien dem Heina aber nicht ganz geheuer – so ermutigte<br />
er den kleinen Ferdl, zuerst zu kosten. Schon das nur-<br />
Ansetzen der Flasche reichte für eine gefährliche Verätzung.<br />
Nicht einmal der heiß begehrte Kakao, den ihnen die<br />
Mutter fürs Nachtmahl hergerichtet hatte, konnte die Ätzung<br />
lindern, auch nicht der vom Heina zur Wiedergutmachung<br />
spendierte. Die Buben verrieten nachher den Eltern nichts<br />
vom Missgeschick, denn der Heina warnte den kleineren<br />
Bruder: „Wenn du was sagst, Ferdl, sag ich dem ‚Voda‘,<br />
dass du das Glas von seinem Wehrmachtsbild zerbrochen<br />
hast!“.<br />
Ganz dramatisch sollte es aber erst kommen: Eines Tages<br />
buk Burgl, die Wiesermutter, für Mittag roggene Krapfen.<br />
Plötzlich fing das Schmalz Feuer. Es nützte nichts, dass<br />
die verzweifelte Frau um Hilfe schreiend mit einem Leintuch<br />
winkend vors Haus rannte, in der Hoffnung, irgendwer unten<br />
in der Mößna würde sie hören oder sehen! Das einfache<br />
alte Holzhaus brannte samt dem daneben stehenden<br />
Stall bis auf die Grundmauern ab. Bis der Brand unten im<br />
Dorf bemerkt wurde, kam jede Hilfe zu spät.<br />
Als die traurige Kunde auch in der Schule ankam, lief der<br />
Lehrer Zweifler mit den Schulkindern ins Freie, um zum<br />
Stumpf hinaufzuschauen. Unter den Schülern waren auch<br />
Heina und Ferdl, die „Stumpfbuben“, die nun buchstäblich<br />
nur noch das hatten, was sie am Leib trugen. Nur einen<br />
Sack weißes Mehl hatte die Wieserin noch retten können;<br />
Verschwundene Gehöftge<br />
er rollte über die Leiten, als sie ihn ins Freie gezerrt hatte,<br />
und kam unten unversehrt an. Im Dorf wurde eine Sammlung<br />
für die hart getroffene Familie organisiert und mit Hilfe<br />
vertrauensvoller Geld-Vorstrecker 4 erwarb die Familie von<br />
der Familie Traninger die Weber-Sima-Keuschn, vulgo<br />
Schneider.<br />
Nachdem die Gallerleut nach Nikolai ins Platzerhäusl zogen,<br />
lebte in den 1940er-Jahren bis etwa Anfang der<br />
Fünfziger der Holzknecht Peter Griesebner mit seiner Frau<br />
Maria und Sohn Franzl beim Höblinger. In den Jahren 1945<br />
bis 1949 wurde jeweils nach dem Almabtrieb im Herbst bis<br />
zum Almauftrieb im Frühsommer das Patenkind Jakob Holzinger<br />
im Familienverband der ‚Pedaleut‘ aufgenommen. In<br />
der Dachstube des Mitterhoferhauses hatte zu der Zeit<br />
auch Franz Schneeberger seine Dienstwohnung. Jakob<br />
Holzinger, heute Altbauer vulgo Schlein, erinnert sich noch<br />
an den Hausgarten der Miazl zwischen den ehemaligen<br />
Stallmauern. In Erinnerung geblieben ist ihm die Furcht vor<br />
Lawinen, wenn es mehrere Tage ununterbrochen stürmte<br />
und schneite. Wenn man eine Lahn befürchtete, schliefen<br />
alle Hausbewohner in einem Zimmer im Erdgeschoss, wo<br />
man sich wegen der Bergmauer sicherer fühlte als im oberen<br />
Stock, den die Naturgewalt leicht in die Tiefe reißen<br />
konnte. Auch der Weg über den Graben war an solchen<br />
Tagen viel zu gefährlich. Wenn der Jakob zur Schule und<br />
die Männer zum Forstamt hinunter zur Arbeit mussten,<br />
nahmen sie lieber den großen Umweg über den Lerkn-Berg<br />
auf sich. Der kleine Stadel vom Schmied Michl bot ihnen<br />
dabei in Extremsituationen Unterschlupf.<br />
Von 1954 bis 1963 bewohnte der Firma-Halter Sepp Gassner<br />
mit seiner Frau Irma und den Kindern Elli, Norbert, Gerti<br />
und ab 1955 noch Sepp jun., Irmi, Elfi und Manfred das<br />
Mitterhoferhaus.<br />
Bald nachdem sich die Familie beim Mitterhofer angesiedelt<br />
hatte, bekam Irmas älteste Tochter, Elli Samberger, die<br />
damals schon im Schulalter war, wahnsinniges Heimweh<br />
nach ihrer alten Heimat, dem vlg. Scherer in Schöder. Während<br />
ihre Familie bei einem Dreikönigsingen in Nikolai<br />
war, geschah es: Elli machte sich auf den Weg in Richtung<br />
Sölkpass. Als das Fehlen des Kindes bemerkt wurde, rückten<br />
Sucher aus und holten das Mädchen erst am Sölkpass<br />
ein. Sie wurde zu den Eltern zurückgebracht, kehrte aller-<br />
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