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„Anno dazumal"

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Sehr bekannt war auch das Gasthaus Padowetz, welches 1838 unterm Franzensberg<br />

eröffnet wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts war die Gaststätte „Zum Fasan" von Raimund<br />

Kraus der Treffpunkt der Künstler, Professoren und Beamten.<br />

Fast märchenhaft erscheinen uns Nachfahren die Preistarife jener Zeit. So konnte man<br />

im „Goldenen Ochsen" in der Krapfengasse Nummero 30 für ganze 6 Kreuzer zwischen<br />

folgenden Speisen auswählen: 1 Portion Schnitzel, Rostbraten, Leber, Niere, 1 jungen<br />

Gans, Hasen, Krenfleisch, Kälbernen und Selchfleisch. Für 10 Kreuzer konnte man sich<br />

eine große Portion knuspriger Gans. einem halben gebratenen Huhn, oder einem<br />

Hasenlauf gütlich tun! Das Leben war für unsere Begriffe unwahrscheinlich billig!<br />

Dadurch ist es zu verstehen, daß unsere Vorfahren mit Nachkommen so reich gesegnet<br />

waren. Rückte Urgroßvater mit Eheweib und seinen 10—12 Kindern zu einem<br />

Sonntagsspaziergang aus und traf einen Gevatter mit Muhme und deren Anhang, gab es<br />

einen ganz respektablen Menschenauflauf, als ob eine ganze Schulklasse zu einem<br />

Ausflug aufgebrochen wäre. —<br />

Das erste Kaffeehaus wurde als groß bestaunte Neuigkeit 1702 in Brünn errichtet und<br />

nur von den emanzipierten Kreisen der Bürgerschaft besucht. 1719 hatte die Stadt<br />

bereits 6 Kaffeehäuser, die schon fleißig frequentiert wurden.<br />

Uns, die wir in solchen Berichten der Chronik blättern, überkommt etwas Neid und<br />

Wehmut, wenn wir daran denken, was wir heute für das bescheidenste Essen auslegen<br />

müssen!<br />

Zum Trost mag es uns gereichen, daß wir bis vor Ausbruch des 1. Weltkrieges auch noch<br />

etwas von der guten Zeit erhaschen durften. Denn 1 Paar Frankfurter, in der<br />

Zwischenpause vom Schuldiener gekauft, kostete in jenen Tagen 5 Kreuzer. Für 1<br />

Gulden führte Vater die ganze Familie auf ein Backhuhn aus!<br />

Damals freilich ahnten wir nicht, daß ein grausames Schicksal unsere Generation 2<br />

Weltkriege mit allen ihren Folgen und Auswirkungen bescheren wird.<br />

Es ist aber schon so in diesem irdischen Dasein, das Leben war und ist wechselvoll. Nach<br />

Stürmen, Erschütterungen und Katastrophen folgten immer noch ruhige Zeitläufte des<br />

Aufblühens und des Wohlstandes. Darum wollen wir nicht verzagen und den Glauben fest<br />

im Herzen tragen, daß auch uns so eine Zeit einmal erstehen wird. Auf daß auch wir, die<br />

wir vom Schicksal so satanisch gefoltert wurden, den Segnungen einer solchen Epoche<br />

teilhaftig werden!<br />

Alte Brünner Gaststätten Zu 3 F<br />

von Eugen T h ö r e s z<br />

Bevor ich mit meiner heutigen, diesmal feuchtfröhlichen Plauderei beginne, möchte ich<br />

mich kurz mit dem Charakter des waschechten Brünners beschäftigen, Denn es steht bei<br />

mir nach angestellten tiefschürfenden Forschungen fest, daß zwischen der Wesensart der<br />

männlichen Bewohner einer Stadt und deren Gaststätten gewisse unleugbare<br />

Zusammenhänge bestehen. Ich möchte mich sogar zu folgender Behauptung versteigen:<br />

Willst Du den wahren Charakter der Männer einer Stadt ganz verstehen, dann sieh Dir<br />

ihre Gasthäuser an. Und umgekehrt! Nur darfst Du, lieber Leser, Deine Studien nicht in<br />

**modernen Luxusrestaurants betreiben, denn diese haben nichts mehr Bodenständiges.<br />

Du mußt vielmehr jene Beisel aufsuchen, die in engen, winkeligen Gassen, oft am Rande<br />

der Stadt, unansehnlich, aber urgemütlich ihr Dasein verträumen.<br />

Der Brünner ist, abgesehen von einigen Ähnlichkeiten mit dem Wiener, ein Männertyp<br />

ganz eigener Art. Er ist, oder besser gesagt, er kann urgemütlich sein. Er ist niemals ein<br />

Spaßverderber, er verfügt über einen gesunden, wenn auch manchmal etwas derben<br />

Humor, er trifft mit seinem Witz und Urteil meist den Nagel auf den Kopf und ist beileibe<br />

kein Kopfhänger. Er ist ein Freund heiterer<br />

Geselligkeit und huldigt dem Grundsatz: Leben und lebenlassen! Der alte Brünner ist ein<br />

stiller Genießer und liebt als solcher ein gutes Essen und einen guten, wohlgepflegten<br />

Tropfen. Diesen Eigenschaften, besonders den beiden letzten, verdanken die alten<br />

Brünner Gaststätten ihr ureigenstes Gepräge. Ihrer will ich heute gedenken. Manche von

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