03.12.2012 Aufrufe

„Anno dazumal"

„Anno dazumal"

„Anno dazumal"

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ihnen werden wohl nur mehr der alten Garde bekannt sein, denn sie bestehen leider<br />

nicht mehr. Viele aber haben sich ihren guten alten Ruf und ihre Beliebtheit bis in die<br />

letzte Vergangenheit bewahrt. Und nun lade ich Dich, lieber Landsmann, zu einem<br />

Erinnerungsbummel ein.<br />

Beginnen wir vielleicht in Altbrünn, wo sich echte Brünner Art wohl noch am reinsten<br />

erhalten hat. Wer kannte da nicht das alte, auch als Poststation bekannte<br />

Einkehrwirtshaus „Zum Blauen Löwen?" Es war gewissermaßen ein Brünner<br />

Kulturdenkmal, mußte aber, wie vieles andere, einer unvernünftigen Demolierungswut<br />

weichen. Vor der „Langen Brücke" erfreute sich ein Namensvetter, der „Goldene Löwe",<br />

auf der Wienergasse das Gasthaus „Ohnesorg" großer Beliebtheit.<br />

Ein Begriff für jeden Altbrünner war der „Damisch", später „Krejczirzik" in der Flurgasse.<br />

Bekannt war der dort seinerzeit verzapfte süße Strohwein und die Tanzveranstaltungen<br />

im geräumigen Tanzsaal erfreuten sich eines regen Zuspruchs. Freunde eines<br />

unverfälschten Tropfens fanden diesen im Altbrünner „Klosterstübel". In der Lehmstätte<br />

luden die Weinstube „Wo der Wolf den Gänsen predigt" und die „Prerauer Bierhalle" zu<br />

gemütlichem Verweilen ein.<br />

Am Ende eines kleinen Spaziergangs fand der wegmüde Wanderer im schattigen<br />

Schreibwaldgarten Atzung und Labung. Am Sonntag war dieser Garten das Wanderziel<br />

des guten Brünner Bürgertums. Neben leiblichen Genüssen wurde ihm auch für Herz und<br />

Gemüt ein Militärkonzert geboten. Auch war der Schreibwaldgarten der Schauplatz der<br />

unvergeßlichen Brünner Volksfeste. Wer aber die Ruhe liebte und für Natur schwärmte,<br />

der stieg auf sanft ansteigenden grünen Waldpfaden zum alten „Jägerhaus" empor oder<br />

er stärkte sich an altem Ribiselwein beim Krzipal im waldumrauschten<br />

Johannestal/Libuschatal. Jeder erinnert sich wohl auch gerne des kleinen schattigen<br />

Gartens des Gasthauses „Schulz" an den kühlen Ufern der Schwarza in der Steinmühle.<br />

Sein Pilsner Bier, seine ungarische Salami und seine Gelsenplage waren berühmt.<br />

Alle, die besonderes Verlangen nach unverfälschtem Urbrünnertum und reinstem<br />

„Brinarisch" hegten, kehrten in der Neustift beim „Simandel" oder im „Kleinen Deutschen<br />

Haus" ein. Wer dort aber Hochdeutsch sprach, setzte sich ähnlichen Gefahren aus, wie<br />

der „Preiß" in Bayern.<br />

Die Bäckergasse hinansteigend, erinnerten die längst verschollenen Namen „Weißes<br />

Kreuz" und „Weißes Lamm" an alte Brünner Geselligkeit. Sie gehören der Vergangenheit<br />

an. Wer, am Stadthofplatz angelangt, etwa schon wieder Durstgefühle empfand, dem<br />

öffnete der „Blaue Stern" seine gastliche Pforte. Er war bei Frau Leiserin bestens<br />

aufgehoben. In diesem Stadtviertel wird den ältesten noch lebenden Brünnern das<br />

„Brünner Bräuhaus" und das Gasthaus „Reiter" in der Altbrünnergasse in bester<br />

Erinnerung sein. Die „Linde" in der Dominikanergasse war ein zwar altes, aber sehr gut<br />

gepflegtes Gasthaus.<br />

Auf eine jahrhundertelange Vergangenheit kann der „Hannakkeller" auf dem Krautmarkt<br />

zurückblicken. Sein Pilsner war ganz besonders süffig. Auch ist dieser historische<br />

Bierkeller mit der Geschichte des Brünner Theaters innigst verbunden. Berühmte Sterne<br />

am Theaterhimmel, ich nenne hier nur Nestroj und Kapellmeister Wenzel Müller, den<br />

Komponisten der Musik zu Raimunds Zaubermärchen, fanden hier Entspannung und<br />

„geistige" Auffrischung. Am Krautmarkt befand sich auch Brünns ältestes Kaffeehaus<br />

zum „Tetz", später Jäger. Die „Tabakspfeife" am Dom lebt wohl nur mehr in der<br />

Erinnerung ältester Brünner.<br />

In der Ferdinandsgasse erfreute sich um die Jahrhundertwende das vornehme Hotel<br />

„Neuhauser" mit seinem angeschlossenen Restaurant erstklassigen Rufes. Sehr gut<br />

aufgehoben und verpflegt war man auch im gegenüberliegenden Restaurant „Hannak".<br />

Das Kaffee „Spranz" in der Rennergasse war eine Gaststätte von ganz eigener Note. Es<br />

war der gesellige Sammelpunkt des Offizierkorps der Brünner Garnison in Alt-Österreich.<br />

Es wich später dem neugestalteten Kaffee „Quadratel" und büßte damit vollständig seine<br />

traditionell vornehme Gemütlichkeit ein. Die „Große Maß" in der Rennergasse und das<br />

Gasthaus „Geitner" in der Jesuitengasse wecken bei allen Brünnern gewiß liebe<br />

Erinnerungen an Gabelfrühstück, Dämmer- und Abendschoppen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!