<strong>Thomas</strong> <strong>Zimmermanns</strong> <strong>Das</strong> <strong>Antidiskriminierungsgesetz</strong> ...hat seine Grenze an der Vertragsfreiheitseines potenziellen Vertragspartners; derStaat hat nicht das Recht, diesen unterAndrohung rechtlicher Sanktionen zumVertragsabschluss zu zwingen und auchnicht, bestimmte Gründe und Motiveder Ablehnung des Vertragsschlusses mitSanktionen zu belegen.6.2 Der Eingriff in das Selbstbestimmungsrechtder Religionsgesellschaftenund in dieGlaubens- und GewissensfreiheitEs wurde unter 5 herausgearbeitet, dasschristliche Kirchen und Vereinigungenv.a. auf dem Gebiet des Arbeitsrechts,aber u.U. auch im Mietrecht, in Konfliktmit dem ADG geraten können. Insoweitstellt dieses Gesetz also einen Eingriff indas grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrechtder Religionsgesellschaftendar. Dieses beinhaltet es, seineRechtsverhältnisse wie Arbeits- undDienstverhältnisse, aber auch Miet- oderKaufverträge nach eigenem Ermessen inVerantwortung vor Gott und unter Einhaltungder in seinem Wort enthaltenenGebote zu regeln und schließt es aus, dasssich eine Kirche usw. deswegen vor staatlichenGerichten zu verantworten hat.Sollte der Staat jedoch die Anstellungvon Mitarbeitern, die die Kirche aufgrunddieser Normen und Gebote nichtanstellen kann, unter Androhung vonSchadensersatzleistungen o.ä. erzwingen,so könnte die Kirche solchen staatlichenForderungen nicht nachkommen. Siemüsste sie verweigern und ggf. – nacherfolglosem Beschreiten des Rechtswegs– die entsprechenden Sanktionen auf sichnehmen, da für sie dann der Grundsatz“Man muss Gott mehr gehorchen als denMenschen“ (Apg 5,29) gelten würde.Gleiches gilt für Christen, denen es ihran die Bibel gebundenes Gewissen verbietet,ihre Wohnung an ein homosexuellesPaar zu vermieten.6.3 Die Gefahr des Missbrauchs<strong>Das</strong> ADG enthält in hohem Maße dieGefahr des Missbrauchs, indem Ansprüchewegen Diskriminierung geltendgemacht werden, ohne dass eine solchevorliegt. Begünstigt wird dies etwa durchdie bloße Glaubhaftmachung der entsprechendenTatsachen und die dann eintretendeBeweislastumkehr. Dies sowie derggf. (etwa durch die Tätigkeit der Antidiskriminierungsstelle)einsetzende politischeDruck auf Arbeitgeber, Versicherer,Vermieter usw. könnte dazu führen, dassviele Arbeitgeber usw. die in dem Gesetzgeschützten Personengruppen nicht nurnicht benachteiligen, sondern bevorzugenwerden. Dies aber geht zulasten sonstigerBewerber, potenzieller Mieter usw.6.4 Die Gefahr derRechtsunsicherheitEine ganze Anzahl von Bestimmungensowie ein Teil der Systematik diesesGesetzes sind in ihrem Verständnisunklar und mehrdeutig. <strong>Das</strong> bedeutet,dass der Bürger nicht mit Sicherheit weiß,welches Verhalten unzulässig ist und welchesnicht. Damit einhergehend wird eszu einer Vielzahl von RechtsstreitigkeitenMBS TEXTE 36 16
<strong>Thomas</strong> <strong>Zimmermanns</strong> <strong>Das</strong> <strong>Antidiskriminierungsgesetz</strong> ...und Gerichtsverfahren kommen mit derFolge, dass die Justiz noch mehr überlastetwird.6.5 Die rechtspolitischeKontraproduktivität des ADGEs ist nicht unwahrscheinlich, dassder rechtspolitische Zweck, nämlich dieAkzeptanz und gesellschaftlich Integrationder in den Gesetz geschützten Gruppen,letzten Endes nicht erreicht wird,sondern dass das Gesetz dazu führt, dassviele Arbeitgeber, Vermieter vertraglicheBeziehungen zu den betreffenden Gruppennunmehr völlig meiden und Arbeitsstellen,Wohnungen usw. nicht mehröffentlich ausschreiben, sondern unterAusschluss der Öffentlichkeit anbietenund vergeben.Insgesamt ist das ADG das Musterbeispieleines Gesetzes, in dem sich Ideologieüber Recht und Sachverstand erhebt.Anmerkungen1Von einigen Ausnahmen wie § 611 a BGBabgesehen, der die Benachteiligung wegen desGeschlechts bei der Begründung und Ausgestaltungvon Arbeitsverhältnissen verbietet.2Quelle: NJW-Dokumentation, NJW 1-2/05,S.XXXV ff.3Amtliche Begründung zum Entwurf desADG, S.69.4So Prof. Dr. Rolf Wank im Editorial vonNJW 3/2005.5Vergl. Prof. Dr. Gregor Thüsing in FAZ.6Amtlicher Entwurf des ADG (Stand05.05.2004), S.3.7Idea Spektrum 4/05, S.9.8Amtlicher Entwurf des ADG (Stand05.05.2004), S.75 f.PRO MUNDIS 17