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«Heimat» ischt: s'Lebe i öserem Land - Heimatschutz AR

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Wissen macht Bürger<br />

Der Titel ist abgekupfert. Arthur Sturzenegger publizierte unlängst die<br />

Geschichte der Lesegesellschaft Bach in Trogen: «Wissen, Macht, Bürger».<br />

Oder «Wissen macht Bürger»? Als lesesüchtiges Kind beneidete ich Familien,<br />

in denen die imposante Lesemappe zirkulierte. Später faszinierten mich diese<br />

«Urzellen der Demokratie», wie Lesegesellschaften oft genannt werden.<br />

Dass sie sich bis heute halten konnten, ist ein appenzellisches Phänomen.<br />

Die Aufklärung, der Kampf für die Demokratisierung der Macht, bereitete<br />

den Boden für diese bildungsbürgerliche Institution. Die Lesegesellschaft<br />

ersetzt die Hierarchie der Stände durch die Plausibilität des Arguments.<br />

Ende des 19. Jahrhunderts hatte jede Ausserrhoder Gemeinde (ausser<br />

Schönengrund) mindestens eine Lesegesellschaft. Politisch und konfessionell<br />

unabhängig, organisierten sie die Meinungsbildung via Diskussion,<br />

Lesemappe, Bibliothek. «Gegenseitige Belehrung durch Vortrag und Lesen»<br />

statuierte die Lesegesellschaft Bissau in Heiden. Je ländlicher allerdings,<br />

umso praktischer: In Aussertobel (Zelg-Wolfhalden) wollte man vor allem<br />

Kenntnisse «in Viehzucht, Obstbau und Waldkultur» verbessern.<br />

Für den Soziologen Thomas S. Eberle ist die politische Kultur nach wie vor<br />

«mehr von Aussprache als von Gesinnungsschablonen» geprägt. Der Konflikt<br />

zwischen sachbezogenem Entscheid und parteistrategischen Überlegungen<br />

sei den Appenzellern weitgehend fremd geblieben («Die Appenzeller Lesegesellschaften<br />

im Fernsehzeitalter»).<br />

Von den gut 60 Lesegesellschaften überlebten 28 in 14 Gemeinden – in<br />

Rehetobel sogar vier, je drei in Wolfhalden, Reute, Trogen, Herisau, Schwell-<br />

Heimat – Ort und Gefühl<br />

05 Mai<br />

brunn. «Mitgestaltung des politischen Lebens» heisst es in Wald noch heute.<br />

Aber auch: «Suche nach neuen Vereinsaktivitäten». Die Foren, die einst<br />

liberale Ideen belebten, wandeln sich zunehmend zu Kultur- und Quartiervereinen.<br />

Der Glaube ist geschwunden, die freie Diskussion schaffe automatisch<br />

freiheitliche Zustände.<br />

Kantonsälteste ist die «Sonnengesellschaft» Speicher, 1820 begründet von<br />

Johann Heinrich Tobler. Er engagierte sich für eine moderne Kantonsverfassung,<br />

bemühte sich um einen verfeinerten Chorgesang, organisierte 1825<br />

das erste Kantonal-Sängerfest, vertonte im selben Jahr die Ode «An Gott»<br />

der deutschen Pädagogin und Dichterin Karoline Rudolphi, befreundet mit<br />

Klopstock, hochgeachtet als «weiblicher Sokrates». Ob die inbrünstig singenden<br />

<strong>Land</strong>sgemeindemänner die feminine Herkunft geahnt hatten?<br />

Frauen führen heute die «Sonnengesellschaft» – und nicht nur diese.<br />

«Treffen sich drei Schweizer, gründen sie einen Verein.» Der Spott kommt<br />

nicht von ungefähr. Verein ist Heimat, oft Freundschaft, stets Kitt. Hort zur<br />

Therapie von Heimweh? Auch das. Gleich hinter der Kantonsgrenze trifft<br />

man sich wieder: im Appenzellerverein Flawil, Gossau, Toggenburg.<br />

22 Vereine vom Oberengadin bis ins Wallis repräsentieren die beiden<br />

Appenzell. «Fünf gute Gründe» nennt die Homepage: Pflege von Lebensart,<br />

Brauchtum, der Verbundenheit mit den Heimatkantonen, der Kameradschaft.<br />

Und, man höre, staune, «Pflege unserer Weltoffenheit».<br />

Franziska Schläpfer<br />

H E I M AT S C H U T Z BETRACHTUNG<br />

Marie-Theres<br />

Biasotto,<br />

Präsidentin<br />

Frauenzentrale<br />

Appenzell A. Rh.<br />

Heimat bedeutet wohl für die meisten Menschen<br />

jener Ort, der uns vertraut ist und an den wir uns<br />

durch Beziehungen und prägende Erlebnisse gebunden<br />

fühlen. Dies kann der Ort unserer Geburt<br />

oder ein selbst gewählter Ort sein, an dem wir<br />

Wurzeln geschlagen haben. Der Ort an dem wir<br />

leben oder an den es uns immer wieder hinzieht.<br />

Heimat ist ein Gefühl, das sich entwickeln muss, es<br />

braucht Zeit dazu. Heimat hat mit Liebe zu tun –<br />

Liebe zu einem Ort, einer Region aber auch zu<br />

Menschen, die wiederum mit diesem Ort verbunden<br />

sind.<br />

Der <strong>Heimatschutz</strong> pflegt die Häuser und Orte<br />

unserer Heimat, stellt sozusagen sicher, dass die<br />

Verbindung zur Vergangenheit gewährleistet bleibt,<br />

dass unsere Heimatgefühle nach wie vor an einen<br />

realen Ort gebunden sein können. Heimat als<br />

Gefühl betrachtet, bedingt aber auch eine stetige<br />

Weiterentwicklung. Beziehungen, die wir nicht pflegen,<br />

veröden mit der Zeit. So ist es auch Aufgabe<br />

des <strong>Heimatschutz</strong>es, immer wieder die Balance<br />

zwischen «Bewahren» und «Erneuern» zu finden.<br />

Die Vereine sind ein wichtiger Faktor für die Entwicklung<br />

von Heimatgefühlen. Dort, wo wir Teil<br />

einer Gemeinschaft sind, wo wir uns engagieren,<br />

Gemeinschaftliche Lektüre in<br />

einer Lesegesellschaft ca. 1920<br />

(Staatsarchiv <strong>AR</strong>: Jb.6 Fotonachlass<br />

Rietmann, Herisau)<br />

sei es im Sport, in einem Kulturverein oder in der<br />

Politik, fühlen wir uns zu Hause. Wir sind bereit,<br />

etwas zu leisten für die Gemeinschaft, weil wir uns<br />

selbst als einen Teil dieser Gemeinschaft wahrnehmen.<br />

Die Frauenzentrale Appenzell Ausserrhoden ist einer<br />

dieser Vereine. Sie engagiert sich nicht nur für die<br />

Interessen und Anliegen der Frau, sondern ganz<br />

speziell auch für die Familie, die ein wichtiger Ort<br />

von Heimatgefühlen ist.<br />

So gesehen verfolgen sowohl der <strong>Heimatschutz</strong><br />

als auch die Frauenzentrale <strong>AR</strong> das gleiche Ziel –<br />

die Erhaltung von Lebensräumen, in der sich Menschen<br />

wohl fühlen und damit auch ein Heimatgefühl<br />

entwickeln können.<br />

Seiten 12/13<br />

<strong>«Heimat»</strong> <strong>ischt</strong>:<br />

min Verein<br />

Vereins- oder Klublokal,<br />

Spiel- und Turnplatz...<br />

05 Mai<br />

05 Waldstatt 05 Wald<br />

05 Urnäsch 05 Teufen 05 Grub<br />

05 Herisau 05 Bühler 05 Heiden<br />

05 Schwellbrunn 05 Gais 05 Wolfhalden<br />

05 Hundwil 05 Speicher 05 Lutzenberg<br />

05 Stein 05 Trogen 05 Walzenhausen<br />

05 Schönengrund 05 Rehetobel 05 Reute

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